Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 2848/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 5970/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. November 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. Juni 2007 hinaus.
Der Kläger ist am 1973 geboren. Er absolvierte von September 1990 bis März 1994 die Berufsausbildung als Gas- und Wasserinstallateur und war anschließend bis 12. Juni 1994 in diesem Beruf beschäftigt. Nach Arbeitslosigkeit war er vom 01. Oktober 1994 bis 29. Februar 1996 sowie vom 19. August bis 31. Dezember 1996 als Maschinenführer beschäftigt. Er bezog Krankengeld für mehrere Zeiträume zwischen 16. Juli und 28. November 1997 sowie ab 08. November 2001.
Bei ihm wurde im Januar 2002 ein Morbus Behçet diagnostiziert. Bei der Behçet-Krankheit handelt es sich um eine schubartig verlaufende systemische Vaskulitis (entzündliche Reaktionen, die von der Wand der Blutgefäße ihren Ausgang nehmen und zu Nekrosen an den Gefäßwänden führen können) mit Befall venöser und arterieller Gefäße, besonders der Haut, der Schleimhaut und am Auge (zu allem Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl. 2007, S. 221). Seit 1997 besteht außerdem eine rezidivierende Gonarthritis am rechten Knie. Im Jahre 2001 erlitt der Kläger eine segmentale rhetinale Vaskulitis bzw. Panoveitis (Entzündung der gesamten mittleren Augenhaut) am linken Auge in Folge des Morbus Behçet. Ein erneuter Schub dieser Erkrankung trat im Januar 2004 am rechten Auge auf. Auf dem linken Auge ist eine dauerhafte Sehminderung zurückgeblieben.
Wegen der Auswirkungen des Morbus Behçet bezog der Kläger von der Beklagten vom 01. Juni 2002 bis zum 31. März 2003 (Bescheid vom 13. August 2002) und aufgrund eines Anerkenntnisses vom 24. Mai 2004 in dem Rechtsstreit S 9 RJ 2874/03 vor dem Sozialgericht Ulm (SG) weiter bis zum 30. Juni 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Auf den erneuten Weiterzahlungsantrag des Klägers vom 09. Februar 2005 holte die Beklagte den Befundbericht der behandelnden Ärzte Dres. D. und L. vom 07. Februar 2005 ein. Dieser ergab "zunehmend vermehrt Arthralgien an Knien und Schultern" und die genannte Visusminderung links ("Schattensehen"). Deswegen und wegen des akuten Schubs der Erkrankung des Klägers mit nunmehriger Beteiligung des rechten Auges im Jahre 2004 bewilligte die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter bis zum 30. Juni 2007 (Bescheid vom 17. Februar 2005).
Der nunmehrige Antrag des Klägers auf Weitergewährung seiner Rente datiert vom 09. Februar 2007. Die behandelnden Ärzte Dres. D. und L. übersandten ihren Befundbericht vom 08. Februar 2007, wonach keine Änderung bestehe, sowie die Berichte der Universitätsklinik U. vom 09. November und 27. Dezember 2006. Nach dem Bericht vom 09. November 2006 zeigte sich bei dem Kläger unter der Therapie mit Methotrexat und niedrig dosierten Steroiden eine Befundkonsistenz ohne Hinweise auf eine zunehmende Krankheitsaktivität des Morbus Behçet sowie unter zusätzlicher Gabe von niedrig dosiertem Carbimazol (Thioharnstoff-Derivat aus der Gruppe der Thyreostatika) eine Besserung insbesondere der Schlafstörungen. In dem weiteren Bericht vom 27. Dezember 2006 wurde angegeben, der Kläger berichte über ein gutes Allgemeinbefinden. Die Augenbeschwerden hätten nicht zugenommen. Aphten (Entzündungen) im Mund und im genitalen Bereich seien verneint worden. Bei stabilem Krankheitsverlauf ohne Hinweise auf eine wesentliche Krankheitsaktivität sei die Reduktion der medikamentösen Behandlung mit Methotrexat gerechtfertigt. Die Therapie mit Carbimazol werde zunächst in gleicher Dosierung fortgesetzt. Aufgrund dieser Unterlagen nahm der sozialmedizinische Dienst der Beklagten (Dr. M.) unter dem 13. Februar 2007 Stellung. Er bestätigte die Befundstabilisierung und führte aus, der Kläger könne nunmehr leichte bis mittelschwere Arbeiten zeitweise im Stehen, Gehen oder überwiegend im Sitzen, in Tages- und Früh- sowie Spätschicht ohne häufiges Knien oder Hocken und ohne häufiges Klettern und Steigen und unter Beachtung des aufgehobenen räumlichen Sehvermögens sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag auf wiederholte Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Bescheid vom 16. Februar 2007 ab. Der Kläger sei nicht mehr voll oder teilweise erwerbsgemindert. Den Widerspruch, mit dem der Kläger vortrug, sein Gesundheitszustand habe sich gegenüber der Entscheidung über die zuletzt gewährte Zeitrente nicht verbessert, wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2007 zurück. Der Kläger habe vom 01. Juni 2002 bis 30. Juni 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen. Aus den medizinischen Unterlagen der vorangegangenen Verfahren, dem Befundbericht der behandelnden Ärzte und den Berichten des Universitätsklinikums U. vom 09. November und 27. Dezember 2006 sei sie (die Beklagte) zu der Auffassung gelangt, dass dem Kläger eine mindestens sechsstündige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zumutbar sei.
Der Kläger erhob am 24. Juli 2007 Klage zum SG. Er wiederholte sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Er verwies zudem auf das von ihm vorgelegte Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit A. (Dr. H.) vom 09. September 2007, nach dem er wegen des Morbus Behçet voraussichtlich auf Dauer für weniger als drei Stunden täglich erwerbsfähig sei und mit der medikamentösen Behandlung das Fortschreiten der Erkrankung zwar gebremst worden, eine Besserung damit aber nicht verbunden sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte die Stellungnahmen des Internisten Dr. J. vom 21. Mai und 19. August 2008 vor.
Das SG erhob Beweis durch schriftliche Vernehmung des Ärztlichen Direktors der Augenklinik Prof. Dr. La., des Ärztlichen Direktors der Klinik für Innere Medizin Prof. Dr. D. und des Direktors der Orthopädischen Klinik Prof. Dr. Re., allesamt Universitätsklinikum U ... Prof. Dr. La. teilte mit (Auskunft vom 19. November 2007), das Sehvermögen des Klägers habe sich seit 2004 weder verschlechtert noch verbessert. Der Visus betrage stabil rechts 1,0, links 1/12. Wegen des schlechten Visus links sei ein Fehlen des räumlichen Sehens anzunehmen. Dies schließe einige Berufe aus. Prof. Dr. D. bekundete (Auskunft vom 13. März 2008), unter der nunmehr vorhandenen Medikation habe ein Wiederauftreten insbesondere der Augenentzündungen und der Hautveränderungen vermieden werden können. Eine Verschlechterung sei hinsichtlich der Kniegelenksbeschwerden aufgetreten. Hier bestünden nunmehr Schmerzen bei alltäglichen Verrichtungen, beim Treppensteigen und in Ruhe. Ein genauer Zeitpunkt des Symptombeginns lasse sich nicht benennen. Bei dem Kläger werde eine dauerhafte imunsupressive Medikation notwendig sein. Sofern hierunter eine Remission der beschriebenen Symptome bestehen bleibe, sei dem Kläger eine leichte berufliche Tätigkeit, z.B. in geschlossenen Räumen sitzend, zuzumuten. Wegen der Sehminderung links sei eine vollzeitige Einsetzbarkeit, beispielsweise an einem Bildschirmarbeitsplatz, derzeit nicht als adäquat zu betrachten. Vorbehaltlich einer abschließenden orthopädischen Diagnostik hielt Prof. Dr. D. den Kläger für leichtere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine Zeit von höchstens sechs Arbeitsstunden täglich fähig. In Frage komme eine Tätigkeit als Pförtner oder ein Telefonarbeitsplatz. Prof. Dr. Re. gab unter dem 01. August 2008 an, er behandle den Kläger ambulant seit Januar 2008. Bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach diagnostischer Arthroskopie des rechten Knies am 13. Juni 2008, bei der eine Chondromalazie (Knorpelentzündung) Grad I-II am rechten Kniegelenk diagnostiziert worden sei. Über eine Verbesserung oder Verschlechterung des Gesundheitszustandes könne nichts ausgesagt werden. Aufgrund der Grunderkrankung, des Morbus Behçet, könnten rezidivierende Beschwerden bei kniegelenksbelastenden Tätigkeiten auftreten. Aufgrund des arthroskopischen Befundes seien leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden täglich möglich.
Mit Urteil vom 11. November 2008 wies das SG die Klage ab. Es führte aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. Juni 2007 hinaus. Die im Gerichtsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme habe die Richtigkeit der Leistungseinschätzung durch die Beklagte bestätigt. Bei dem Kläger bestehe zweifellos ein Morbus Behçet. Wegen dieser schubweise verlaufenden Grunderkrankung seien beim Kläger seit 2004 u.a. die Augen betroffen gewesen, er habe seither kein räumliches Sehvermögen mehr. Darüber hinaus seien die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Grundkrankheit nicht so ausgeprägt, dass sich daraus eine quantitative Leistungseinschränkung zur Zeit ergebe. Zweifellos seien beim Kläger zwischenzeitlich Probleme in den Kniegelenken aufgetreten. Sie schränkten die Leistungsfähigkeit jedoch nicht so weit ein, dass dem Kläger nicht leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts zugemutet werden könnten. Dass der Kläger nach wie vor nicht stereo sehen könne, stehe der Durchführung einer leichten Arbeit sechs Stunden täglich nicht entgegen. Prof. Dr. D. habe eine Stabilisierung im Gesundheitszustand seit einer Änderung der Medikation beschrieben, wodurch die früheren Probleme an den Augen und der Haut im Fortschreiten vermieden worden seien. Er halte trotz der in der Zwischenzeit aufgetretenen Probleme der Kniegelenke eine leichte berufliche Tätigkeit in geschlossenen Räumen sitzend für zumutbar. Die von Prof. Dr. Re. diagnostizierte Chondromalazie Grad I-II rechts bedinge, dass der Kläger keine schweren oder mittelschweren Arbeiten verrichten könne, hindere ihn jedoch nicht, leichte Tätigkeiten zu verrichten. Im Hinblick auf die sehr genauen Ausführungen insbesondere von Prof. Dr. D. und Prof. Dr. Re. könne die Kammer der Einschätzung des Arbeitsamtsarztes Dr. H., dass der Kläger dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe, nicht folgen. Das Urteil des SG wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 25. November 2008 zugestellt.
Am 19. Dezember 2008 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, bei ihm lägen die Voraussetzungen für eine Weitergewährung der Rente vor, da er sich aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht in der Lage sehe, weiterhin wirtschaftlich verwertbare Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine Zeit von einschließlich sechs Stunden durchzuführen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. November 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 16. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juni 2007 zu verurteilen, ihm ab dem 01. Juli 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihren Bescheid.
Der Senat hat den Beteiligten mit Schreiben vom 25. Mai 2009 mitgeteilt, dass er ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss entscheiden werde, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30. Juni 2009 gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (2 Bd.) sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und sie daher zurückweist sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen.
1. Der Kläger hat im Gerichtsverfahren lediglich eine Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt, nicht - auch nicht hilfsweise - eine solche wegen teilweiser Erwerbsminderung. Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. Juli 2007 besteht jedoch nicht.
a) Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann jedoch auch bei einem vollen oder nur eingeschränkten Restleistungsvermögen ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehen, wenn nämlich der für den Versicherten (noch) in Betracht kommende Arbeitsmarkt verschlossen ist. So kann ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente bestehen, wenn der Versicherte nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann oder den täglichen Weg zur Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zurücklegen kann, wobei dies der Fall ist, wenn er nicht mindestens vier mal täglich 500 m in höchstens 20 min zurücklegen kann. Ebenso besteht trotz eines noch vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn der Versicherte an einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen leidet oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt. Und bei einer teilweisen Erwerbsminderung kann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ("Arbeitsmarktrente") verlangt werden, wenn der Versicherte keinen leidensgerechten Teilzeitarbeitsplatz innehat und ihm der Rentenversicherungsträger oder die Bundesagentur für Arbeit binnen eines Jahres ab Antragstellung keinen solchen Arbeitsplatz anbieten können.
b) Nach diesen Voraussetzungen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Sein maßgebliches Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist für die Zeit ab Juli 2007 beträgt mindestens sechs Stunden. Hiervon ist auch der Senat aufgrund der sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Prof. Dr. D., Prof. Dr. La. und Prof. Dr. Re. gegenüber dem SG überzeugt.
Der Kläger leidet an einem Morbus Behçet. Wie Prof. Dr. D. beschrieben hat, handelt es sich hierbei um eine chronische Autoimmunerkrankung, die bei dem Kläger eine dauerhafte immunsuppressive Medikation notwendig macht. Für die Frage der Leistungsfähigkeit im Rentenversicherungsrecht sind jedoch nicht die Art der Erkrankung oder ihre Dauer und auch nicht ihre Medikation maßgebend, sondern allein die aus ihr folgenden Leistungseinschränkungen. Bei dem Kläger hat der Morbus Behçet zu einer erheblichen Sehminderung links und damit zu einem Verlust des räumlichen Sehens geführt. Prof. Dr. La. hat hierzu vor dem SG bekundet, der Visus des Klägers betrage stabil rechts 1,0 und links nur noch ein Zwölftel. Dies ist eine qualitative Leistungseinschränkung. Sie schließt z.B. Tätigkeiten im Kfz-Verkehr und möglicherweise auch Bildschirmarbeitsplätze aus. Ansonsten hat der Morbus Behçet nach den insoweit übereinstimmenden Aussagen der behandelnden Ärzte im Augenblick keine Leistungseinschränkungen zur Folge. Prof. Dr. D. hat beschrieben, die Symptome dieser Krankheit, bei dem Kläger nämlich im Wesentlichen Augenentzündungen und Hautveränderungen, hätten unter der heute durchgeführten Medikation mit Methotrexat und Carbimazol vermieden werden können. Wenn aber die Grunderkrankung des Klägers im Augenblick keine Aktivitäten und keine weitergehenden Symptome zeigt, so folgen hieraus auch keine Leistungseinschränkungen.
Weiterhin leidet der Kläger an Kniegelenksbeschwerden, nämlich einer Chondromalazie Grad I-II am rechten Kniegelenk. Ob dieser Knorpelschaden ebenfalls eine Folgeerkrankung des Morbus Behçet ist oder eigenständige Ursachen hat, kann offenbleiben. Jedenfalls beeinträchtigt er das Leistungsvermögen des Klägers nicht so weit, dass Tätigkeiten z.B. im Sitzen oder in Wechselhaltung ausgeschlossen wären. Prof. Dr. Re. hat hierzu bekundet, nach dem bei der Arthroskopie des rechten Kniegelenks am 13. Juni 2008 erhobenen Befund seien leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden täglich möglich. Aus der Beschreibung der Krankheit sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Einschätzung nicht zutreffen könnte. Insbesondere hat keiner der vernommenen sachverständigen Zeugen von Bewegungseinschränkungen am Knie berichtet.
Den Feststellungen und Schlussfolgerungen der sachverständigen Zeugen kann auch deswegen gefolgt werden, weil sie sich mit den ärztlichen Unterlagen decken, die die Beklagte im Antragsverfahren eingeholt hat. Insbesondere der Bericht der Universitätsklinik Ulm, wiederum von Prof. Dr. D., vom 27. Dezember 2006 bestätigt, dass bei dem Kläger ein gutes Allgemeinbefinden vorliegt und Aphten im Mund und im genitalen Bereich nicht (mehr) vorkommen und dass die Augenbeschwerden nicht zugenommen haben. Prof. Dr. D. hat in jenem Bericht auch mitgeteilt, dass die serologisch ermittelten Blutwerte des Klägers in den Jahren 2005 und 2006 weitgehend im Normbereich gelegen hätten. Bereits in jenem Bericht hatte er ausgeführt, es gebe derzeit kein Hinweise auf eine wesentliche Krankheitsaktivität wegen des Morbus Behçet.
c) Bei dem Kläger liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Die Visusminderung und der Verlust des räumlichen Sehens stehen Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an das Sehvermögen entgegen. Die Kniegelenksbeschwerden schließen möglicherweise - eine Tätigkeit überwiegend im Gehen oder Stehen aus (Prof. Dr. Re. hat sinngemäß von kniegelenksbelastenden Tätigkeiten abgeraten). Diese Einschränkungen sind aber nicht so erheblich, dass dem Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine leidensgerechte Tätigkeit mehr zugänglich wäre.
2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Weitergewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. Juni 2007 hinaus.
Der Kläger ist am 1973 geboren. Er absolvierte von September 1990 bis März 1994 die Berufsausbildung als Gas- und Wasserinstallateur und war anschließend bis 12. Juni 1994 in diesem Beruf beschäftigt. Nach Arbeitslosigkeit war er vom 01. Oktober 1994 bis 29. Februar 1996 sowie vom 19. August bis 31. Dezember 1996 als Maschinenführer beschäftigt. Er bezog Krankengeld für mehrere Zeiträume zwischen 16. Juli und 28. November 1997 sowie ab 08. November 2001.
Bei ihm wurde im Januar 2002 ein Morbus Behçet diagnostiziert. Bei der Behçet-Krankheit handelt es sich um eine schubartig verlaufende systemische Vaskulitis (entzündliche Reaktionen, die von der Wand der Blutgefäße ihren Ausgang nehmen und zu Nekrosen an den Gefäßwänden führen können) mit Befall venöser und arterieller Gefäße, besonders der Haut, der Schleimhaut und am Auge (zu allem Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl. 2007, S. 221). Seit 1997 besteht außerdem eine rezidivierende Gonarthritis am rechten Knie. Im Jahre 2001 erlitt der Kläger eine segmentale rhetinale Vaskulitis bzw. Panoveitis (Entzündung der gesamten mittleren Augenhaut) am linken Auge in Folge des Morbus Behçet. Ein erneuter Schub dieser Erkrankung trat im Januar 2004 am rechten Auge auf. Auf dem linken Auge ist eine dauerhafte Sehminderung zurückgeblieben.
Wegen der Auswirkungen des Morbus Behçet bezog der Kläger von der Beklagten vom 01. Juni 2002 bis zum 31. März 2003 (Bescheid vom 13. August 2002) und aufgrund eines Anerkenntnisses vom 24. Mai 2004 in dem Rechtsstreit S 9 RJ 2874/03 vor dem Sozialgericht Ulm (SG) weiter bis zum 30. Juni 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Auf den erneuten Weiterzahlungsantrag des Klägers vom 09. Februar 2005 holte die Beklagte den Befundbericht der behandelnden Ärzte Dres. D. und L. vom 07. Februar 2005 ein. Dieser ergab "zunehmend vermehrt Arthralgien an Knien und Schultern" und die genannte Visusminderung links ("Schattensehen"). Deswegen und wegen des akuten Schubs der Erkrankung des Klägers mit nunmehriger Beteiligung des rechten Auges im Jahre 2004 bewilligte die Beklagte Rente wegen voller Erwerbsminderung weiter bis zum 30. Juni 2007 (Bescheid vom 17. Februar 2005).
Der nunmehrige Antrag des Klägers auf Weitergewährung seiner Rente datiert vom 09. Februar 2007. Die behandelnden Ärzte Dres. D. und L. übersandten ihren Befundbericht vom 08. Februar 2007, wonach keine Änderung bestehe, sowie die Berichte der Universitätsklinik U. vom 09. November und 27. Dezember 2006. Nach dem Bericht vom 09. November 2006 zeigte sich bei dem Kläger unter der Therapie mit Methotrexat und niedrig dosierten Steroiden eine Befundkonsistenz ohne Hinweise auf eine zunehmende Krankheitsaktivität des Morbus Behçet sowie unter zusätzlicher Gabe von niedrig dosiertem Carbimazol (Thioharnstoff-Derivat aus der Gruppe der Thyreostatika) eine Besserung insbesondere der Schlafstörungen. In dem weiteren Bericht vom 27. Dezember 2006 wurde angegeben, der Kläger berichte über ein gutes Allgemeinbefinden. Die Augenbeschwerden hätten nicht zugenommen. Aphten (Entzündungen) im Mund und im genitalen Bereich seien verneint worden. Bei stabilem Krankheitsverlauf ohne Hinweise auf eine wesentliche Krankheitsaktivität sei die Reduktion der medikamentösen Behandlung mit Methotrexat gerechtfertigt. Die Therapie mit Carbimazol werde zunächst in gleicher Dosierung fortgesetzt. Aufgrund dieser Unterlagen nahm der sozialmedizinische Dienst der Beklagten (Dr. M.) unter dem 13. Februar 2007 Stellung. Er bestätigte die Befundstabilisierung und führte aus, der Kläger könne nunmehr leichte bis mittelschwere Arbeiten zeitweise im Stehen, Gehen oder überwiegend im Sitzen, in Tages- und Früh- sowie Spätschicht ohne häufiges Knien oder Hocken und ohne häufiges Klettern und Steigen und unter Beachtung des aufgehobenen räumlichen Sehvermögens sechs Stunden und mehr arbeitstäglich ausüben. Daraufhin lehnte die Beklagte den Antrag auf wiederholte Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Bescheid vom 16. Februar 2007 ab. Der Kläger sei nicht mehr voll oder teilweise erwerbsgemindert. Den Widerspruch, mit dem der Kläger vortrug, sein Gesundheitszustand habe sich gegenüber der Entscheidung über die zuletzt gewährte Zeitrente nicht verbessert, wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2007 zurück. Der Kläger habe vom 01. Juni 2002 bis 30. Juni 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung bezogen. Aus den medizinischen Unterlagen der vorangegangenen Verfahren, dem Befundbericht der behandelnden Ärzte und den Berichten des Universitätsklinikums U. vom 09. November und 27. Dezember 2006 sei sie (die Beklagte) zu der Auffassung gelangt, dass dem Kläger eine mindestens sechsstündige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch zumutbar sei.
Der Kläger erhob am 24. Juli 2007 Klage zum SG. Er wiederholte sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Er verwies zudem auf das von ihm vorgelegte Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit A. (Dr. H.) vom 09. September 2007, nach dem er wegen des Morbus Behçet voraussichtlich auf Dauer für weniger als drei Stunden täglich erwerbsfähig sei und mit der medikamentösen Behandlung das Fortschreiten der Erkrankung zwar gebremst worden, eine Besserung damit aber nicht verbunden sei.
Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte die Stellungnahmen des Internisten Dr. J. vom 21. Mai und 19. August 2008 vor.
Das SG erhob Beweis durch schriftliche Vernehmung des Ärztlichen Direktors der Augenklinik Prof. Dr. La., des Ärztlichen Direktors der Klinik für Innere Medizin Prof. Dr. D. und des Direktors der Orthopädischen Klinik Prof. Dr. Re., allesamt Universitätsklinikum U ... Prof. Dr. La. teilte mit (Auskunft vom 19. November 2007), das Sehvermögen des Klägers habe sich seit 2004 weder verschlechtert noch verbessert. Der Visus betrage stabil rechts 1,0, links 1/12. Wegen des schlechten Visus links sei ein Fehlen des räumlichen Sehens anzunehmen. Dies schließe einige Berufe aus. Prof. Dr. D. bekundete (Auskunft vom 13. März 2008), unter der nunmehr vorhandenen Medikation habe ein Wiederauftreten insbesondere der Augenentzündungen und der Hautveränderungen vermieden werden können. Eine Verschlechterung sei hinsichtlich der Kniegelenksbeschwerden aufgetreten. Hier bestünden nunmehr Schmerzen bei alltäglichen Verrichtungen, beim Treppensteigen und in Ruhe. Ein genauer Zeitpunkt des Symptombeginns lasse sich nicht benennen. Bei dem Kläger werde eine dauerhafte imunsupressive Medikation notwendig sein. Sofern hierunter eine Remission der beschriebenen Symptome bestehen bleibe, sei dem Kläger eine leichte berufliche Tätigkeit, z.B. in geschlossenen Räumen sitzend, zuzumuten. Wegen der Sehminderung links sei eine vollzeitige Einsetzbarkeit, beispielsweise an einem Bildschirmarbeitsplatz, derzeit nicht als adäquat zu betrachten. Vorbehaltlich einer abschließenden orthopädischen Diagnostik hielt Prof. Dr. D. den Kläger für leichtere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine Zeit von höchstens sechs Arbeitsstunden täglich fähig. In Frage komme eine Tätigkeit als Pförtner oder ein Telefonarbeitsplatz. Prof. Dr. Re. gab unter dem 01. August 2008 an, er behandle den Kläger ambulant seit Januar 2008. Bei dem Kläger bestehe ein Zustand nach diagnostischer Arthroskopie des rechten Knies am 13. Juni 2008, bei der eine Chondromalazie (Knorpelentzündung) Grad I-II am rechten Kniegelenk diagnostiziert worden sei. Über eine Verbesserung oder Verschlechterung des Gesundheitszustandes könne nichts ausgesagt werden. Aufgrund der Grunderkrankung, des Morbus Behçet, könnten rezidivierende Beschwerden bei kniegelenksbelastenden Tätigkeiten auftreten. Aufgrund des arthroskopischen Befundes seien leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden täglich möglich.
Mit Urteil vom 11. November 2008 wies das SG die Klage ab. Es führte aus, der Kläger habe keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 30. Juni 2007 hinaus. Die im Gerichtsverfahren durchgeführte Beweisaufnahme habe die Richtigkeit der Leistungseinschätzung durch die Beklagte bestätigt. Bei dem Kläger bestehe zweifellos ein Morbus Behçet. Wegen dieser schubweise verlaufenden Grunderkrankung seien beim Kläger seit 2004 u.a. die Augen betroffen gewesen, er habe seither kein räumliches Sehvermögen mehr. Darüber hinaus seien die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Grundkrankheit nicht so ausgeprägt, dass sich daraus eine quantitative Leistungseinschränkung zur Zeit ergebe. Zweifellos seien beim Kläger zwischenzeitlich Probleme in den Kniegelenken aufgetreten. Sie schränkten die Leistungsfähigkeit jedoch nicht so weit ein, dass dem Kläger nicht leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts zugemutet werden könnten. Dass der Kläger nach wie vor nicht stereo sehen könne, stehe der Durchführung einer leichten Arbeit sechs Stunden täglich nicht entgegen. Prof. Dr. D. habe eine Stabilisierung im Gesundheitszustand seit einer Änderung der Medikation beschrieben, wodurch die früheren Probleme an den Augen und der Haut im Fortschreiten vermieden worden seien. Er halte trotz der in der Zwischenzeit aufgetretenen Probleme der Kniegelenke eine leichte berufliche Tätigkeit in geschlossenen Räumen sitzend für zumutbar. Die von Prof. Dr. Re. diagnostizierte Chondromalazie Grad I-II rechts bedinge, dass der Kläger keine schweren oder mittelschweren Arbeiten verrichten könne, hindere ihn jedoch nicht, leichte Tätigkeiten zu verrichten. Im Hinblick auf die sehr genauen Ausführungen insbesondere von Prof. Dr. D. und Prof. Dr. Re. könne die Kammer der Einschätzung des Arbeitsamtsarztes Dr. H., dass der Kläger dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe, nicht folgen. Das Urteil des SG wurde den Bevollmächtigten des Klägers am 25. November 2008 zugestellt.
Am 19. Dezember 2008 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er trägt vor, bei ihm lägen die Voraussetzungen für eine Weitergewährung der Rente vor, da er sich aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht in der Lage sehe, weiterhin wirtschaftlich verwertbare Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für eine Zeit von einschließlich sechs Stunden durchzuführen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 11. November 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 16. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juni 2007 zu verurteilen, ihm ab dem 01. Juli 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und ihren Bescheid.
Der Senat hat den Beteiligten mit Schreiben vom 25. Mai 2009 mitgeteilt, dass er ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss entscheiden werde, und Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 30. Juni 2009 gegeben.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten (2 Bd.) sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte über die Berufung des Klägers nach § 153 Abs. 4 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet hält und sie daher zurückweist sowie eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Die Beteiligten sind zu dieser Verfahrensweise gehört worden.
Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch sonst zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage des Klägers zu Recht abgewiesen.
1. Der Kläger hat im Gerichtsverfahren lediglich eine Rente wegen voller Erwerbsminderung begehrt, nicht - auch nicht hilfsweise - eine solche wegen teilweiser Erwerbsminderung. Ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01. Juli 2007 besteht jedoch nicht.
a) Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann jedoch auch bei einem vollen oder nur eingeschränkten Restleistungsvermögen ein Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehen, wenn nämlich der für den Versicherten (noch) in Betracht kommende Arbeitsmarkt verschlossen ist. So kann ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente bestehen, wenn der Versicherte nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann oder den täglichen Weg zur Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zurücklegen kann, wobei dies der Fall ist, wenn er nicht mindestens vier mal täglich 500 m in höchstens 20 min zurücklegen kann. Ebenso besteht trotz eines noch vollschichtigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn der Versicherte an einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen leidet oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt. Und bei einer teilweisen Erwerbsminderung kann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ("Arbeitsmarktrente") verlangt werden, wenn der Versicherte keinen leidensgerechten Teilzeitarbeitsplatz innehat und ihm der Rentenversicherungsträger oder die Bundesagentur für Arbeit binnen eines Jahres ab Antragstellung keinen solchen Arbeitsplatz anbieten können.
b) Nach diesen Voraussetzungen ist der Kläger nicht erwerbsgemindert. Sein maßgebliches Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist für die Zeit ab Juli 2007 beträgt mindestens sechs Stunden. Hiervon ist auch der Senat aufgrund der sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Prof. Dr. D., Prof. Dr. La. und Prof. Dr. Re. gegenüber dem SG überzeugt.
Der Kläger leidet an einem Morbus Behçet. Wie Prof. Dr. D. beschrieben hat, handelt es sich hierbei um eine chronische Autoimmunerkrankung, die bei dem Kläger eine dauerhafte immunsuppressive Medikation notwendig macht. Für die Frage der Leistungsfähigkeit im Rentenversicherungsrecht sind jedoch nicht die Art der Erkrankung oder ihre Dauer und auch nicht ihre Medikation maßgebend, sondern allein die aus ihr folgenden Leistungseinschränkungen. Bei dem Kläger hat der Morbus Behçet zu einer erheblichen Sehminderung links und damit zu einem Verlust des räumlichen Sehens geführt. Prof. Dr. La. hat hierzu vor dem SG bekundet, der Visus des Klägers betrage stabil rechts 1,0 und links nur noch ein Zwölftel. Dies ist eine qualitative Leistungseinschränkung. Sie schließt z.B. Tätigkeiten im Kfz-Verkehr und möglicherweise auch Bildschirmarbeitsplätze aus. Ansonsten hat der Morbus Behçet nach den insoweit übereinstimmenden Aussagen der behandelnden Ärzte im Augenblick keine Leistungseinschränkungen zur Folge. Prof. Dr. D. hat beschrieben, die Symptome dieser Krankheit, bei dem Kläger nämlich im Wesentlichen Augenentzündungen und Hautveränderungen, hätten unter der heute durchgeführten Medikation mit Methotrexat und Carbimazol vermieden werden können. Wenn aber die Grunderkrankung des Klägers im Augenblick keine Aktivitäten und keine weitergehenden Symptome zeigt, so folgen hieraus auch keine Leistungseinschränkungen.
Weiterhin leidet der Kläger an Kniegelenksbeschwerden, nämlich einer Chondromalazie Grad I-II am rechten Kniegelenk. Ob dieser Knorpelschaden ebenfalls eine Folgeerkrankung des Morbus Behçet ist oder eigenständige Ursachen hat, kann offenbleiben. Jedenfalls beeinträchtigt er das Leistungsvermögen des Klägers nicht so weit, dass Tätigkeiten z.B. im Sitzen oder in Wechselhaltung ausgeschlossen wären. Prof. Dr. Re. hat hierzu bekundet, nach dem bei der Arthroskopie des rechten Kniegelenks am 13. Juni 2008 erhobenen Befund seien leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden täglich möglich. Aus der Beschreibung der Krankheit sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Einschätzung nicht zutreffen könnte. Insbesondere hat keiner der vernommenen sachverständigen Zeugen von Bewegungseinschränkungen am Knie berichtet.
Den Feststellungen und Schlussfolgerungen der sachverständigen Zeugen kann auch deswegen gefolgt werden, weil sie sich mit den ärztlichen Unterlagen decken, die die Beklagte im Antragsverfahren eingeholt hat. Insbesondere der Bericht der Universitätsklinik Ulm, wiederum von Prof. Dr. D., vom 27. Dezember 2006 bestätigt, dass bei dem Kläger ein gutes Allgemeinbefinden vorliegt und Aphten im Mund und im genitalen Bereich nicht (mehr) vorkommen und dass die Augenbeschwerden nicht zugenommen haben. Prof. Dr. D. hat in jenem Bericht auch mitgeteilt, dass die serologisch ermittelten Blutwerte des Klägers in den Jahren 2005 und 2006 weitgehend im Normbereich gelegen hätten. Bereits in jenem Bericht hatte er ausgeführt, es gebe derzeit kein Hinweise auf eine wesentliche Krankheitsaktivität wegen des Morbus Behçet.
c) Bei dem Kläger liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Die Visusminderung und der Verlust des räumlichen Sehens stehen Tätigkeiten mit erhöhten Anforderungen an das Sehvermögen entgegen. Die Kniegelenksbeschwerden schließen möglicherweise - eine Tätigkeit überwiegend im Gehen oder Stehen aus (Prof. Dr. Re. hat sinngemäß von kniegelenksbelastenden Tätigkeiten abgeraten). Diese Einschränkungen sind aber nicht so erheblich, dass dem Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine leidensgerechte Tätigkeit mehr zugänglich wäre.
2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
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