L 2 B 642/08 U

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 115/05
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 B 642/08 U
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1) Zum Nachweis einer säumigen Sachverständigen gesetzte Nachfrist
2) Kostenentscheidung bei erfolgreicher Beschwerde
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Landshut vom 18. Juni 2008 aufgehoben.
Dem Kläger sind seine außergerichtlichen Kosten aus der Staatskasse zu erstatten.
Im Übrigen werden keine Kosten erhoben.



Gründe:

I.

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Ordnungsgeldbeschlusses des Sozialgerichts Landshut (SG) vom 18.06.2008.

Im Hauptsacheverfahren vor dem SG (Az.: S 9 U 115/05) macht der dortige Kläger geltend, die Folgen seiner Unfallverletzung vom 11.01.1993 hätten sich inzwischen verschlimmert. Der Kläger benannte den Beschwerdeführer als Arzt seines Vertrauens nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zum Sachverständigen. Das SG erteilte diesem am 20.03.2007 einen Gutachtensauftrag.

Mahnungen vom 17.12.2007 und 28.01.2008 beantwortete der Beschwerdeführer nicht. Mit Schreiben vom 20.03.2008 setzte das SG ihm eine Nachfrist bis 15.04.2008 und wies auf die Möglichkeit hin, dass gegen ihn Ordnungsgeld verhängt werden könne, falls die Frist fruchtlos verstreichen sollte. Auf diesem Schreiben ist handschriftlich ein weiteres Aktenzeichen, nämlich S 9 U 321/05, aufgeführt.

Am 15.04.2008 teilte der Beschwerdeführer zum Az.: S 9 U 115/05 mit, er habe den Kläger zu einem Untersuchungstermin auf den 18.04.2008 einbestellt und werde das Gutachten mit Sicherheit bis zum 30.05.2008 fertiggestellt haben.

Mit Beschluss vom 18.06.2008 zu den Az.: S 9 U 115/05 und S 9 U 321/05 verhängte das SG gegen den Beschwerdeführer Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR. Zur Begründung heißt es, es habe nach Erinnerungen am 30.07.2007, 17.12.2007 und 28.01.2008 dem Beschwerdeführer eine Nachfrist bis 15.04.2008 gesetzt und auf dessen Schreiben vom 15.04.2008 erneut am 06.06.2008 eine weitere Nachfrist bis 16.06.2008. Auch in letzterem Schreiben habe es auf die Folgen der nicht rechtzeitigen Abgabe des Gutachtens, nämlich die Verhängung von Ordnungsgeld, hingewiesen. Das Gutachten sei aber nicht eingegangen. In der vom SG übersandten Restakte befindet sich weder der Beschluss vom 18.06.2008 noch die Nachfristsetzung vom 06.06.2008. Aus der Postzustellungsurkunde vom 05.07.2008 geht hervor, dass ein Beschluss zu den Az.: S 9 U 115/05 und 321/05 dem Beschwerdeführer zugestellt worden ist.

Mit am 23.07.2008 per Fax eingegangenem Schreiben legte der Beschwerdeführer Beschwerde ein. Zur Begründung bezog er sich auf sein Schreiben vom 11.06.2008, in dem er gesundheitliche Probleme dargestellt habe, auf die die Verzögerung zurückzuführen sei. Zugleich bat er, das Ordnungsgeld aufzuheben bzw. zu reduzieren.

Auf die Anforderung des Senats, die Akten zu den Az.: S 9 U 115/05 und 321/05 zu übersenden, erklärte das SG, die Akten befänden sich seit 20.03.2007 beim Beschwerdeführer und auf die Bitte vom 29.09.2008, die Restakten zu beiden Aktenzeichen zu übersenden, dass ein Verbindungsbeschluss und das vom Beschwerdeführer erwähnte Schreiben vom 11.06.2008 nicht unter den noch vorhandenen und übersandten Kopien (ohne Blattzahlenangabe) enthalten seien. Ein Verbindungsbeschluss sei nicht erlassen worden. Das vom Beschwerdeführer angeführte Schreiben befände sich in einer anderen Akte, einen anderen Kläger betreffend.

Der Beschwerdeführer beantragt, den Ordnungsgeldbeschluss vom 18.06.2008 aufzuheben, hilfsweise das Ordnungsgeld zu reduzieren.

Das SG legte den Vorgang dem Bayer. Landessozialgericht zur Entscheidung vor.

II.

Die Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 SGG) und begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss vom 18.06.2008 war aufzuheben.

Nach § 118 SGG in Verbindung mit § 411 Abs.1 und 2 Zivilprozessordnung (ZPO) kann gegen den Sachverständigen nach Fristsetzung und fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist ein zuvor angedrohtes Ordnungsgeld verhängt werden, wenn der Sachverständige seiner Verpflichtung zur Erstattung des Gutachtens bis dahin nicht nachgekommen ist.

In der vom SG überlassenen Heftung ohne Blattzahlangabe lässt sich das Schreiben des SG vom 06.06.2008 mit Nachfristsetzung zum 16.06.2008 nicht auffinden. Auf dieses Schreiben stützt das SG den Ordnungsgeldbeschluss. § 411 Abs.2 ZPO schreibt zwingend vor, dass vor der Verhängung von Ordnungsgeld eine Nachfrist zur Abgabe des Gutachtens gesetzt sein und auf die Möglichkeit der Verhängung von Ordnungsgeld hingewiesen worden sein muss. Zwar hatte das SG dem Beschwerdeführer bereits mit Schreiben vom 20.03.2008 eine Nachfrist bis 15.04.2008 gesetzt, jedoch offensichtlich die Frist als durch das Schreiben des Beschwerdeführers vom 15.04.2008 überholt angesehen. Hierfür spricht, dass sich das SG im Ordnungsgeldbeschluss nicht auf die Nachfristsetzung vom 20.03.2008, sondern auf die vom 06.06.2008 beruft. Dem Senat ist es, da sich dieses Schreiben nicht in den überlassenen Akten befindet, nicht möglich zu überprüfen, ob die zwingenden gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Im Übrigen ist der Ordnungsgeldbeschluss nicht hinreichend bestimmt. Diesem lässt sich - nachdem die Verfahren S 9 U 115/05 und S 9 U 321/05 nicht verbunden waren - nicht entnehmen, ob und gegebenenfalls aus welchen Gründen und in welchem Verhältnis sich das Ordnungsgeld in Höhe von 500,00 EUR auf die beiden Verfahren bezieht oder aufteilt. Auch insoweit leidet der Beschluss des SG vom 18.06.2008 an einem Mangel, der zur Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses führt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG, der hier Anwendung findet, weil der Beschwerdeführer nicht zu dem kostenprivilegierten Personenkreis des § 183 SGG gehört. Da die Beschwerde zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führt, hat die Staatskasse dem Beschwerdeführer die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Senat folgt damit der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg (Beschluss vom 01.07.2003 - L 13 KN 2951/02 B) sowie der im Zivilrecht und in der Rechtsprechung des Bundesfinanz-

hofes vertretenen Auffassung (OLG Hamm, Beschluss vom 13.08.1991 - 12 W 16/91 und BFH/NV 1994, 733 ff.). Danach sind in entsprechender Anwendung des § 467 Abs.1 Strafprozessordnung und § 46 Abs.1 Ordnungswidrigkeitengesetzes der Staatskasse die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers für die Durchführung einer erfolgreichen Beschwerde aufzuerlegen. Von der Erhebung von Gerichtskosten war gemäß § 21 Gerichtskostengesetz abzusehen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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