Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1315/01
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 729/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Februar 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind weder für das Klage- noch das Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung der Hauterkrankung des Kläger als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sowie die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1947 geborene Kläger war von April 1961 bis Dezember 1968 und von August 1971 bis Dezember 1976 im elterlichen Betrieb "H. Bootsbau" beschäftigt, den er 1976 übernahm und als selbständiger Einzelunternehmer weiterführte. Als solcher war er freiwillig bei der Beklagten versichert. Von April 1961 bis Dezember 1968 wurde im Betrieb neben dem Bootsbau auch eine Autolackiererei und ein Malergeschäft betrieben. Ab August 1971 wurde der Tätigkeitsbereich auf den Bootsbau beschränkt, insbesondere auf die Herstellung von Kunststoffbooten. Der Betrieb wurde zum 30. Juni 1999 (Gewerbeabmeldung 31. März 2000) aufgegeben. Seit 1. August 1999 bezieht der Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit.
In der Anzeige des Unternehmers über eine BK vom 11. November 1999 zeigte er der Beklagten eine expositionabhängige, rosaceaartige Dermatitis als BK an. Rezidivierende Entzündungsknoten im Gesicht bestünden seit ca. 2 Jahren, weshalb die Tätigkeit im August 1999 eingestellt worden sei. Ergänzend führte er aus, die Erkrankung habe sich erstmals im März 1995 bemerkbar gemacht. Seine Tätigkeit habe er zum 30. Juni 1999 eingestellt und den Betrieb zum 31.März 2000 abgemeldet (Angaben vom 29. April 2000 im Vordruck der Beklagten und in seinem Schreiben vom 25. April 2000).
In seinem beratungsärztlichen Bericht vom 20. März 2000 berichtete Dr. S., der Beginn der Hauterkrankung liege 15 Jahre zurück. Der von ihm erhobene Hautbefund habe im Fingerzwischenraum I rechts ein geringes licheninfiziertes Erythem ergeben, die Haut im Gesicht sei erscheinungsfrei gewesen. Dr. S. diagnostizierte eine rosaceaartige Dermatitis, für die eine berufliche Verursachung vorliege. Anamnestisch käme es bei Expositionsstopp regelmäßig zum Abklingen der Hauterscheinungen. Auf Anfrage der Beklagten erteilten weiter Dr. W. (Schreiben vom 01. März 1999), der Dermatologe, Umweltmediziner und Venerologe Dr. M. (Schreiben vom 29. Mai 2000) und der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B. (Schreiben vom 03. Juli 2000) Auskünfte über ihre den Kläger betreffenden Behandlungsdaten. Dr. M. gab an, den Kläger seit Februar 1997 wegen entzündlicher Veränderungen im Gesichtsbereich unter der Diagnose einer rosaceaartigen Dermatitis zu behandeln. Die wiederholt entzündlichen Reaktionen seien immer bei Arbeiten mit Epoxidharz oder bei Laminierarbeiten aufgetreten. Für ein Kontaktekzem habe es keinen Hinweis gegeben. Dr. B. teilte mit, den Kläger mehrfach seit Mai 1995 bis August 1999 wegen knotenförmiger Entzündungen im Gesichtsbereich behandelt zu haben. Die Hauterscheinungen seien nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit nicht mehr aufgetreten, jedoch habe ein nur kurzer Werkstattbesuch ausgereicht, dass die Hautveränderungen erneut aufgetreten seien.
In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 28. November 2000 und der ergänzenden Stellungnahme vom 07. Februar 2001 bejahte der Hautarzt Dr. S. einen ursächlichen Zusammenhang der rosaceaartigen Dermatitis mit der Berufstätigkeit, weil nach einem Jahr der Berufsaufgabe keine Zeichen für eine akute, floride Dermatitis mehr festzustellen seien. Die Verschlechterung der Rosacea sei berufsbedingt. Eine weitergehende Aussage könne hierzu nicht gemacht werden, da zahlreiche Faktoren zur Entstehung oder Verschlechterung einer Rosacea beitragen würden. Einige der Faktoren könnten mit dem ehemaligen Arbeitsplatz in Zusammenhang stehen. Ein chronisches, irritatives Handekzemen, welches nicht dokumentiert sei, sei ebenfalls berufsbedingt. Diesbezüglich könne man den Angaben des Klägers Glauben schenken, da auch heute noch eine sichtbare Schädigung des Säureschutzmantels der Haut im Bereich der rechten Hand erkennbar sei. Bei der Rosacea handele es sich aber nicht um eine schwere und auch nicht um eine wiederholt rückfällige Hauterkrankung. Hinsichtlich des Handekzems müsse von einem jahrelangen Verlauf der toxisch-irritativen Ekzeme ausgegangen werden. Ein Zwang zur Unterlassung der ausgeübten Tätigkeit habe wegen der Hauterkrankungen jedoch nicht bestanden. Die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit im Juni 1999 sei wegen der Hauterkrankung nicht zwingend erforderlich gewesen. Wie von Dr. S. vorgeschlagen, wäre zunächst zu einer allgemeinen Heilbehandlung zu raten gewesen.
Nach Einholung der Stellungnahme des staatlichen Gewerbearztes Dr. K. vom 08. Januar 2001 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. März 2001 die Feststellung einer Hauterkrankung als BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV ab. Eine Sensibilisierung gegenüber Berufsstoffen sei nicht festgestellt worden. Es bestehe eine anlagebedingte Neigung zu Rosacea. Ein objektiver Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit habe aber nicht bestanden.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und verwies auf den vorgelegten Laborbefund der medizinischen Laboratorien München, vom 05. Dezember 2000 und 17. März 2001 über einen Lymphozytentransformationstest, aus dem sich eine zelluläre Sensibilisierung gegenüber Benzol, Toluol und P-Xylol ergebe. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, denn die jetzt erst nachweisbaren Sensibilisierungen könnten im Hinblick auf die abgelaufene Zeit nach der Berufsaufgabe keinen wahrscheinlichen Zusammenhang mit möglichen früheren beruflich bedingten Sensibilisierungen begründen.
Der Kläger hat am 09. Juli 2001 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er hat zur Begründung u. a. auf das ärztliche Attest der Hautärztin Dr. H. vom 19. Juli 2001 verwiesen, in der sie bestätigt, den Kläger am 11.01.1994 wegen eines toxisch irritativen Handekzems behandelt zu haben. Die Behandlung an den Händen sei mit Harnstoff-Salbe im Januar, Februar, März und April 1994 erfolgt.
Das SG hat von Amts wegen das Gutachten des Dermatologen Dr. B. vom 30. Oktober 2001 eingeholt. Der Sachverständige hat als Zustand nach früheren Ekzemschüben im Bereich der rechten Hand eine Verdünnung der Haut an den Streckseiten des ersten bis vierten Fingers der rechten Hand, Infiltrationen auf den Fingerknöcheln sowie entsprechende Veränderungen an der Streckseite des rechten Handgelenks beschrieben, ebenso eine Verdickung der Haut im Fingerknöchelbereich der linken Hand und an der Streckseite des 5. Fingers im Bereich des Mittelhandknochen links. Eine chronisch rezidivierende Allergie in Form einer rosaceaartigen Dermatitis im Bereich des Gesichtes sei ebenfalls anzunehmen. Dass es sich nicht um eine allein irritativ toxische Reaktion gehandelt habe, ergebe sich aus dem positiven Lymphozytentransformationstest und der in der Bescheinigung von Dr. B. beschriebenen Symptomatik eines Juckreizes, wodurch die allergische Komponente bezüglich des Hauterscheinungsbildes belegt sei. Der Ablauf, wonach nach Berufsaufgabe die Haut im Gesicht frei von Erscheinung gewesen sei und es bei kurzfristiger Exposition, wie z. B. beim Besuch der Messe Interboot oder einem kurzen Aufenthalt in der Werkstatt, zu Rezidiven gekommen sei, unterstütze die Annahme eines berufsbedingten Zusammenhangs. Die Substanzen Benzol, Toluol und P-Xylol seien in lackverarbeitenden Berufen weit verbreitet, weshalb eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 bis 30 v.H. ab Beginn der Arbeitsaufgabe im Juni 1999 gegeben sei.
Die Beklagte hat die Stellungnahme nach Aktenlage des Dermatologen Dr. T. vom 17. Dezember 2001 vorgelegt. Die Hauterkrankung der Rosacea sei fast ausschließlich im Gesicht lokalisiert. Dem Leiden lägen prädisponierende Faktoren wie endokrine Störungen, Verdauungsstörungen, klimatische Einflüsse, Alkoholabusus oder psychische Erregungen zu Grunde. Irritative Hautbelastungen am Arbeitsplatz könnten eine Befundverschlimmerung bewirken, was beim Kläger wahrscheinlich angenommen werden könne. Hinsichtlich eines allergischen Kontaktekzems sei die wichtigste diagnostische Methode die Epikutantestung. Die Empfindlichkeit des Lymphozytentransformationstests sei geringer als die des Patch-Tests, weshalb ersterer für die arbeitsdermatologische Diagnostik nicht relevant sei. Bei dem Kläger sei es durch den wiederholten Kontakt mit irritierenden Arbeitsstoffen sehr wahrscheinlich zu einer kumulativ-toxischen Hautschädigung an den Händen gekommen. Eine Kontaktsensibilisierung sei jedoch im Epikutantest nicht nachgewiesen worden. Eine schwere Hauterkrankung oder eine wiederholte Rückfälligkeit sei dagegen nicht dokumentiert. Unstreitig sei eine behandlungsbedürftige Hautveränderung, die jedoch nicht zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit gezwungen habe. Der Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit sei durch das neurologische Krankheitsbild gegeben gewesen.
Daraufhin hat das SG das hautärztliche Gutachten vom 11. April 2002 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 16. Dezember 2002 von Prof. Dr. P., Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie des Klinikums der Universität M., eingeholt. Er hat bei seiner Untersuchung des Klägers im Gesicht polsterartige Erytheme sowie insbesondere im Bereich der Stirn und der Kinnpartie Papeln und Pusteln und an den Handflächen beidseits, rechts stärker als links, diskrete, unscharf begrenzte Erytheme diagnostiziert. Auf Grund der fehlenden Kontaktsensibilisierung müsse im Bereich der Hände davon ausgegangen werden, dass die Veränderungen einem rezidivierenden, kumulativ-toxischen Handekzem entsprächen, das durch die irritativ-toxische Hautbelastung am Arbeitsplatz verschlimmert worden sei. Im Gesicht sei eine Rosacea Grad II mit lupoider Komponente zu diagnostizieren. Die Ätiopathogenese dieser Erkrankung sei unbekannt. Die Verschlechterung der Rosacea durch berufliche Umstände sei nur anamnestisch belegt, lasse sich aber nicht ausschließen. Eine allergische Ursache sei nicht bekannt. Das kumulativ-toxische Handekzem sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beruflich bedingt, die Rosacea möglicherweise durch beruflich bedingte Einwirkungen richtunggebend verschlimmert. Hinsichtlich der Rosacea liege keine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV vor. Hinsichtlich des Handekzems sei eine solche zu bejahen. Die MdE betrage 20 v.H. Durch konsequente Hautschutzmaßnahmen im Bereich der Hände sowie Intensivierung der Rosacea-Therapie sei ein Arbeitsversuch grundsätzlich vertretbar. Nach heutigem Erkenntnisstand sei die klinische Bedeutung des Lymphozytentransformationstests nicht sicher aussagefähig. Unstreitig sei, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen die Tätigkeit zum 30. Juni 1999 habe einstellen müssen. Eine Gewichtung der dermatologischen, orthopädischen, neurologischen und internistischen Beschwerden in Bezug auf die Berufsaufgabe sei und bleibe schwierig.
Mit Urteil vom 18. Februar 2004 hat das SG die Beklagte verurteilt, beim Kläger eine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV anzuerkennen und eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 01. Juli 1999 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, das beim Kläger diagnostizierte Handekzem sei wesentlich durch die berufliche Tätigkeit verursacht und die Rosacea durch die berufliche Tätigkeit richtunggebend verschlimmert worden. Eine allergische Verursachung des Handekzems liege nicht vor. Die Ursachen der Rosacea seien im Einzelnen nicht geklärt. Unter Berücksichtigung, dass die Schübe der Rosacea bei erneuter Belastung mit berufsrelevanten Stoffen aufgetreten seien, sei eine berufsbedingte richtunggebende Verschlimmerung belegt. Die Hauterkrankung sei auch schwer i. S. der BK Nr. 5101, weil von einem jahrelangen Verlauf des toxisch-irritativen Handekzems auszugehen sei. Ein objektiver Zwang zur Unterlassung der Tätigkeit habe auch vorgelegen. Die Tatsache, dass der Kläger auf Grund erheblicher Erkrankungen in anderen Fachgebieten seinen Beruf habe aufgeben müssen, spreche nicht gegen einen Unterlassungszwang wegen der Hauterkrankung. Unter Berücksichtigung einer toxischen Verursachung beziehungsweise Verschlimmerung der Hauterkrankung und der Schwere der Erkrankung sei die Fortführung der beruflichen Tätigkeit unter Hautschutzmaßnahmen, die einen Kontakt mit den Noxen nie völlig ausschließen könnten, und einer weiteren Therapie nicht zumutbar gewesen. Hinsichtlich der Bewertung der MdE hat sich das SG auf das Gutachten von Prof. Dr. P. gestützt. Eine höhere Bewertung, weil Prof. Dr. P. die Rosacea nicht als BK anerkannt habe, käme gleichwohl nicht in Betracht, da es sich nur um eine richtunggebende Verschlimmerung handle und die Rosacea zur Meidung der gleichen Noxen zwinge wie das Handekzem.
Gegen das der Beklagten am 03. Mai 2004 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat sie am 17.05.2004 Berufung eingelegt (Az.: L 1 U 1871/04) und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, ein Handekzem, die Schwere des Erkrankungsbildes bzw. die wiederholte Rückfälligkeit und der objektive Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit seien als anspruchsbegründende Tatsachen nicht mit Vollbeweis erwiesen. Hinsichtlich der Rosacea ergebe sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. P., dass eine Vielzahl von Auslösern wissenschaftlich diskutiert würden, weshalb die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs im Sinne einer Verschlimmerung durch berufliche Wirkungen nicht ausreichend sei. Ein objektiver Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit lasse sich auch hinsichtlich der Rosacea nicht beweisen, da Prof. Dr. P. eine Intensivierung der Therapie für möglich erachtet habe.
Der Kläger hat ausgeführt, dass die Lichenifikation als morphologisches Kriterium eines chronisch verlaufenden, rezidivierenden Ekzems diagnostiziert sei. Daraus ergebe sich die Schwere der Hauterkrankung. Der Zusammenhang der Rosacea mit den beruflichen Noxen ergebe sich, wie das SG zutreffend ausgeführt habe, aus dem Auftreten der Krankheitsschübe bei entsprechenden Expositionen gegenüber Berufsstoffen.
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 24. September 2004 hat der Kläger gegenüber dem vormaligen Berichterstatter des Verfahrens ergänzende Ausführungen zu den Hauterscheinungen an den Händen und zu den Arbeiten mit Kunststoffen gemacht. Danach habe er Baumwollhandschuhe, d.h. innen mit Stoff gefütterte Handschuhe, bei diesen Arbeiten getragen, da er Gummihandschuhe oder Latexhandschuhe nicht vertragen habe. Bei vielen Arbeiten habe er aber auch keine Schutzhandschuhe tragen können, da der Kunststoff an ihnen haften geblieben sei. Wegen weiterer Angaben des Klägers wird auf die Niederschrift vom 24. September 2004 verwiesen.
Die Beklagte hat darüber hinaus in getrennt durchgeführten Feststellungsverfahren die Anerkennung einer geltend gemachten Wirbelsäulenerkrankung als BK-Nr. 2108 der Anlage zur BKV (Bescheid vom 27. Oktober 1999) und einer geltend gemachten Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel als BK-Nr. 1317 sowie eine BK nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV (Bescheid vom 27. November 2000) abgelehnt. Der Bescheid zur BK-Nr. 2108 der Anlage zur BKV wurde nach Rücknahme der hiergegen erhobenen Klage bestandskräftig. Gegen den Bescheid zur BK-Nr. 1303 und 1317 der Anlage zur BKV ist Klage beim SG erhoben worden (S 7 U 743/02).
Mit Aussetzungsbeschluss vom 8. März 2005 hat der vormalige Berichterstatter im Hinblick auf das laufende Verfahren vor dem SG (S 7 U 743/02) das Berufungsverfahren ausgesetzt. Im Hinblick auf die Erkrankung an den Händen komme die Gewährung einer Rente voraussichtlich lediglich nach einer MdE um 10 v.H. in Betracht. Da im vor dem SG laufenden Rentenverfahren jedoch auch eine Verletztenrente zugesprochen werden könne, sei dessen Entscheidung vorgreiflich für einen eventuellen Stützrententatbestand.
Im Verfahren S 7 U 743/02 hat das SG mit Urteil vom 24. April 2006 die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide und unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, bei dem Kläger eine BK nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV anzuerkennen und ihm Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. für die Zeit vom 1. Juni 1998 bis 31. Dezember 1999 und um 30 v.H. ab 1. Januar 2000 zu gewähren. Die dagegen von der Beklagten erhobene Berufung hat das LSG (Az.: L 6 U 3512/06) mit Urteil vom 29. Januar 2009 zurückgewiesen.
Daraufhin hat der Kläger am 12. Februar 2009 das ausgesetzte Verfahren wieder angerufen (Az.: L 1 U 729/09). Das Gericht hat den behandelnden Dermatologen Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt; auf seine Stellungnahme vom 6. Juli 2009 samt Anlagen wird inhaltlich Bezug genommen. Am 14. Juli 2009 ist ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt worden; auf die Sitzungsniederschrift wird inhaltlich Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Februar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten in den Verfahren S 7 U 1315/01, S 7 U 734/02, S 6 U 3512/06, L 1 U 1871/04 sowie L 1 U 729/09 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist begründet. Wegen der Hauterkrankungen des Klägers hat jedenfalls kein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit als Bootsbauer bestanden, so dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV nicht vorliegen.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Hauterkrankungen können als BK anerkannt werden, wenn es sich nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV um schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen handelt, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Gewährung einer Rente wegen einer BK ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Sowohl hinsichtlich der haftungsbegründenden als auch hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286), d.h. es müssen die für einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112; BSG Urt. vom 28.03.2003 B 2 U 33/03 R).
Der Zweck des bei einigen BK-Ziffern aufgeführten Unterlassungszwangs liegt darin, ein Verbleiben des Versicherten auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz zu verhindern (Präventionsgedanke) und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Entschädigungsleistung zu verhüten (vgl. u. a. BSGE 10, 286). Angesichts dessen ist es entscheidend, dass die wegen der berufsbedingten Erkrankung objektiv notwendige Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich verwirklicht ist. Hierzu genügt es nicht, dass lediglich diejenige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt wird, die die BK herbeigeführt oder verschlimmert hat. Vielmehr soll mit dem tätigkeitsbezogenen einschränkenden Tatbestandsmerkmal erreicht werden, dass auch in Zukunft die Gefahr eines Wiederauflebens oder der Verschlimmerung der BK möglichst vermieden wird. Dies hat der Verordnungsgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er auch das Unterlassen solcher Tätigkeiten verlangt, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich sein können (BSGE 40, 66; BSGE 41, 211). Ob der Zwang zum Unterlassen der bisherigen Tätigkeit medizinisch geboten war, d. h. deren Fortsetzung wegen der schon eingetretenen Gesundheitsstörungen oder der Gefahr der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit aus medizinischer Sicht nicht verantwortet werden konnte, ist aus objektiver Sicht im Sinne einer nachträglichen Betrachtung festzustellen (BSGE 50, 187-190). Bei Krankheiten, bei denen die Entschädigungspflicht an diesen Unterlassungszwang gebunden ist, kann der Versicherungsfall daher nicht eher gegeben sein, als nicht sämtliche nach der BKV genannten Voraussetzungen erfüllt sind, also auch das endgültige Unterlassen (vgl. BSGE 56, 94, 97).
Der Begriff der Tätigkeit ist dabei weit auszulegen (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 4. Auflage, Stand 6/2004 Rn. 203 zu § 9). Er setzt keine spezifische berufliche Qualifizierung voraus. Vielmehr sind sämtliche, vom Versicherten an seinem Arbeitsplatz verrichteten Tätigkeitsfelder und Arbeitsvorgänge erfasst, so dass der Versicherte von der Vielzahl der Tätigkeiten nur diejenigen zu unterlassen braucht, von denen die Gefahr ausgeht, auch wenn diese Tätigkeiten seiner Beschäftigung nicht das bestimmende Gepräge gegeben haben. Zusammenfassend setzt das Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit also voraus (Becker, Diss. "Unterlassungszwang bei Berufskrankheiten", Gießen 2003 S. 138):
- den objektiven Zwang zum Unterlassen der ausgeübten, schädigenden Tätigkeit, die nicht gegeben ist, wenn Maßnahmen nach § 3 BKV ausreichen, - die tatsächliche, objektive Aufgabe der schädigenden und gefährdenden Tätigkeit. Auf die objektiven Gründe oder subjektiven Vorstellungen und Motive des Versicherten, warum bestimmte Tätigkeiten unterlassen werden, kommt es daher nicht an. Es ist kein Ursachenzusammenhang zwischen objektivem Zwang und tatsächlichem Unterlassen erforderlich.
Es kann vorliegend offen bleiben bzw. als wahr unterstellt werden, ob bzw. dass die Erkrankung der Haut des Klägers im Bereich der Hände und des Gesichts durch berufliche Einflüsse wesentlich verursacht oder richtunggebend verschlimmert worden ist. Es kann offen bleiben, ob der Kläger zum 30. Juni oder 31. Juli 1999 seine berufliche Tätigkeit tatsächlich aufgegeben hat. Denn es mangelt in jedem Fall am objektiven Zwang zur Unterlassung der beruflichen Tätigkeit wegen der Hauterkrankungen, so dass auch die Frage der Schwere bzw. wiederholten Rückfälligkeit der Erkrankungen nicht zu entscheiden war.
Die fehlende Notwendigkeit des Unterlassens der gefährdenden Tätigkeit steht für den Senat sowohl in Bezug auf die Hände als auch die Rosacea fest aufgrund der insoweit übereinstimmenden Gutachten des Dr. Sturm und des Prof. Dr. P. sowie der Stellungnahme des Gewerbearztes Dr. K ...
Für die Ekzeme im Bereich der Hände haben die genannten Ärzte ausgeführt, dass mit einem verbesserten Hautschutz die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit hätte erreicht werden können. Diese Einschätzung geht nach Auffassung des Senats auch konform mit dem Umstand, dass ärztliche Befund- und Behandlungsberichte über die an der Hand wohl schon in den 90er Jahren aufgetretenen Ekzeme so gut wie nicht existieren, die Behandlung der Hände mit einer Harnstoff-Salbe durch den Kläger selbst und offenbar auch so erfolgreich durchgeführt worden ist, dass intensivere Behandlungen oder gar Zeiten der Arbeitsunfähigkeit dadurch nicht bedingt worden sind. Diese Einschätzung wird auch durch die letzte sachverständige Zeugenaussage des Dr. M. bestätigt, der seinen Schwerpunkt auf die Rosacea legt und darüber hinaus als Krankheitsbild eine lediglich trockene und rissige Haut insbesondere im Bereich der Daumen und Kleinfinger beschreibt. Soweit der Kläger im Erörterungstermin am 24. September 2004 Ausführungen zu seiner Arbeitsweise gemacht und vor allem beschrieben hat, welche Schutzmaßnahmen er im Bereich der Hände vorgenommen hat, begründen diese Ausführungen keine abweichende Beurteilung. Denn der Kläger hat selbst ausgeführt, im Wesentlichen mit Baumwollhandschuhen zu arbeiten, lediglich bestimmte Arbeiten ohne Handschuhe, dann aber mit dick mit Hautschutzcreme eingecremten Händen zu verrichten. Berücksichtigt man den Umstand, dass der Kläger nach eigener Schilderung seine Hände teilweise nur mit Hautschutzcreme geschützt direkt in Epoxidharz getaucht und so gearbeitet hat einerseits, andererseits den Umstand, dass wegen der Erkrankungen im Bereich der Hand keine intensiven Behandlungen erfolgten oder Arbeitsunfähigkeitszeiten resultierten, kann ein objektiver Zwang zur Unterlassung der Tätigkeit nicht angenommen werden. Effektive Hautschutzmaßnahmen bzw. eine intensive Therapie bestehender Erkrankungserscheinungen hätten bei rückblickender Betrachtung das Verbleiben in der Tätigkeit gesichert bzw. es wäre dem Kläger - wie seit den 90er Jahren praktiziert - selbst ohne weitergehenden Schutz möglich gewesen, trotz der Hauterkrankung seine Tätigkeit weiter zu verrichten.
Soweit das SG auch die Rosacea im Gesicht und teilweise im Halsbereich des Klägers als durch berufliche Einflüsse richtunggebend verschlimmert angesehen hat, vermochte dies den Senat nicht zu überzeugen. Darüber hinaus ist auch insoweit ein objektiver Unterlassungszwang nicht zu bejahen.
Was die Frage des ursächlichen Zusammenhangs anbelangt, überzeugt den Senat das schlüssige und ausführliche Gutachten des Prof. Dr. P ... Er hat dargestellt, dass die Entstehung bzw. Verschlimmerung einer Rosacea auf vielfältigen Ursachen beruhen kann, die Ätiologie der Erkrankung noch nicht wissenschaftlich geklärt ist. Die Erkrankung kann einerseits durch äußere Reize, andererseits aber auch durch anlagebedingte Faktoren hervorgerufen bzw. verschlechtert werden. Deshalb kommt, stellt man auf äußere Reize ab, durchaus in Betracht, dass die - anlagebedingte - Rosacea sich verschlimmert, sobald berufliche Reizstoffe auf die Haut auftreffen. Darauf gestützt hat das SG eine wesentliche Verschlimmerung der Rosacea durch Berufsstoffe angenommen. Gleichermaßen möglich ist jedoch auch der Einfluss anderer äußerer Reize, z.B. Sonnenbestrahlung oder Temperaturbelastungen, die zu einem Erscheinen der Krankheitszeichen führen können. Dies hat letztlich auch Dr. M. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 6. Juli 2009 gegenüber dem Gericht bestätigt, in der er ausgeführt hat, dass mittlerweile beim Kläger Alltagsbelastungen genügen, um ein Aufflackern der Rosacea zu provozieren. Soweit Dr. M. weiter ausgeführt hat, dass die berufliche Tätigkeit die Krankheit ausgelöst habe und nur deshalb mittlerweile eine derartige Sensibilisierung vorliegt, vermochte dies den Senat nicht zu überzeugen, da gerade der Nachweis der beruflichen Verursachung der Erkrankung nicht erbracht werden kann. Insbesondere der von ihm durchgeführte Lymphozytentransformationstest liefert zur Frage der Verursachung allein keine valide Aussage. Es handelt sich um einen biologischen Test mit hoher Variabilität, der letztlich nur in Verbindung mit weiteren klinischen Testungen sinnvoll interpretiert werden kann (vgl. Empfehlung des Robert Koch-Instituts zur Qualitätssicherung bei Lymphozytentransformationstest, in: Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 9, 2008 S. 1070 f). Berücksichtigt man jedoch, dass Epikutantests und die Pricktestung beim Kläger negativ verlaufen sind, ist allein aus einer positiven Reaktion beim Lymphozytentransformationstest ein sicherer Verursachungsnachweis nicht ableitbar.
Die bloße Möglichkeit eines beruflichen Zusammenhangs genügt jedoch nicht den Beweisanforderungen im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung, denn wahrscheinlich ist nur diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt. Dies kann in Bezug auf die angeschuldigten Berufsstoffe jedoch nicht angenommen werden, da andere, berufsunabhängige Faktoren, gleichermaßen als auslösende Faktoren in Betracht kommen. Soweit Dr. B. in seinem Gutachten vom 30. Oktober 2001 ausgeführt hat, die Rosacea sei nicht nur beruflich richtunggebend verschlimmert, sondern verursacht, da in arbeitsfreien Intervallen die Erkrankung nicht auftrete, vermochte den Senat ebenfalls nicht zu überzeugen. Denn insbesondere die letzte sachverständige Zeugenaussage von Dr. M. gegenüber dem Senat belegt, dass trotz der Tätigkeitsaufgabe Ende Juni 1999 immer wieder Krankheitsschübe auftreten, mittlerweile sogar durch Alltagsbelastungen, wie den Besuch öffentlicher Gebäude, Baumärkten oder Ähnlichem.
Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass Dr. S. und Prof. Dr. P. auch in Bezug auf die Rosacea einen Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit nicht bejaht haben. Die Hauterkrankung im Gesicht hätte zum einen intensiver behandelt werden können; zum anderen hat der Kläger nach Auftreten der Hauterscheinungen im Gesicht etwa ab 1988 (Ausführungen des Klägers gegenüber Prof. Dr. P.) offenbar erst im Jahr 1995 einen Arzt zur Behandlung aufgesucht (Behandlung durch Dr. B.) und ohne - auch nach diesem Zeitpunkt - durch die Rosacea bedingte Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bis zur Betriebsaufgabe weiter gearbeitet. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Rosacea nicht nur kosmetisch störend, sondern auch darüber hinaus belastend wirkt. Allerdings genügt dies nicht, um einen objektiven Unterlassungszwang zu begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind weder für das Klage- noch das Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung der Hauterkrankung des Kläger als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) sowie die Gewährung einer Verletztenrente.
Der 1947 geborene Kläger war von April 1961 bis Dezember 1968 und von August 1971 bis Dezember 1976 im elterlichen Betrieb "H. Bootsbau" beschäftigt, den er 1976 übernahm und als selbständiger Einzelunternehmer weiterführte. Als solcher war er freiwillig bei der Beklagten versichert. Von April 1961 bis Dezember 1968 wurde im Betrieb neben dem Bootsbau auch eine Autolackiererei und ein Malergeschäft betrieben. Ab August 1971 wurde der Tätigkeitsbereich auf den Bootsbau beschränkt, insbesondere auf die Herstellung von Kunststoffbooten. Der Betrieb wurde zum 30. Juni 1999 (Gewerbeabmeldung 31. März 2000) aufgegeben. Seit 1. August 1999 bezieht der Kläger Rente wegen Berufsunfähigkeit.
In der Anzeige des Unternehmers über eine BK vom 11. November 1999 zeigte er der Beklagten eine expositionabhängige, rosaceaartige Dermatitis als BK an. Rezidivierende Entzündungsknoten im Gesicht bestünden seit ca. 2 Jahren, weshalb die Tätigkeit im August 1999 eingestellt worden sei. Ergänzend führte er aus, die Erkrankung habe sich erstmals im März 1995 bemerkbar gemacht. Seine Tätigkeit habe er zum 30. Juni 1999 eingestellt und den Betrieb zum 31.März 2000 abgemeldet (Angaben vom 29. April 2000 im Vordruck der Beklagten und in seinem Schreiben vom 25. April 2000).
In seinem beratungsärztlichen Bericht vom 20. März 2000 berichtete Dr. S., der Beginn der Hauterkrankung liege 15 Jahre zurück. Der von ihm erhobene Hautbefund habe im Fingerzwischenraum I rechts ein geringes licheninfiziertes Erythem ergeben, die Haut im Gesicht sei erscheinungsfrei gewesen. Dr. S. diagnostizierte eine rosaceaartige Dermatitis, für die eine berufliche Verursachung vorliege. Anamnestisch käme es bei Expositionsstopp regelmäßig zum Abklingen der Hauterscheinungen. Auf Anfrage der Beklagten erteilten weiter Dr. W. (Schreiben vom 01. März 1999), der Dermatologe, Umweltmediziner und Venerologe Dr. M. (Schreiben vom 29. Mai 2000) und der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B. (Schreiben vom 03. Juli 2000) Auskünfte über ihre den Kläger betreffenden Behandlungsdaten. Dr. M. gab an, den Kläger seit Februar 1997 wegen entzündlicher Veränderungen im Gesichtsbereich unter der Diagnose einer rosaceaartigen Dermatitis zu behandeln. Die wiederholt entzündlichen Reaktionen seien immer bei Arbeiten mit Epoxidharz oder bei Laminierarbeiten aufgetreten. Für ein Kontaktekzem habe es keinen Hinweis gegeben. Dr. B. teilte mit, den Kläger mehrfach seit Mai 1995 bis August 1999 wegen knotenförmiger Entzündungen im Gesichtsbereich behandelt zu haben. Die Hauterscheinungen seien nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit nicht mehr aufgetreten, jedoch habe ein nur kurzer Werkstattbesuch ausgereicht, dass die Hautveränderungen erneut aufgetreten seien.
In dem von der Beklagten veranlassten Gutachten vom 28. November 2000 und der ergänzenden Stellungnahme vom 07. Februar 2001 bejahte der Hautarzt Dr. S. einen ursächlichen Zusammenhang der rosaceaartigen Dermatitis mit der Berufstätigkeit, weil nach einem Jahr der Berufsaufgabe keine Zeichen für eine akute, floride Dermatitis mehr festzustellen seien. Die Verschlechterung der Rosacea sei berufsbedingt. Eine weitergehende Aussage könne hierzu nicht gemacht werden, da zahlreiche Faktoren zur Entstehung oder Verschlechterung einer Rosacea beitragen würden. Einige der Faktoren könnten mit dem ehemaligen Arbeitsplatz in Zusammenhang stehen. Ein chronisches, irritatives Handekzemen, welches nicht dokumentiert sei, sei ebenfalls berufsbedingt. Diesbezüglich könne man den Angaben des Klägers Glauben schenken, da auch heute noch eine sichtbare Schädigung des Säureschutzmantels der Haut im Bereich der rechten Hand erkennbar sei. Bei der Rosacea handele es sich aber nicht um eine schwere und auch nicht um eine wiederholt rückfällige Hauterkrankung. Hinsichtlich des Handekzems müsse von einem jahrelangen Verlauf der toxisch-irritativen Ekzeme ausgegangen werden. Ein Zwang zur Unterlassung der ausgeübten Tätigkeit habe wegen der Hauterkrankungen jedoch nicht bestanden. Die Aufgabe der beruflichen Tätigkeit im Juni 1999 sei wegen der Hauterkrankung nicht zwingend erforderlich gewesen. Wie von Dr. S. vorgeschlagen, wäre zunächst zu einer allgemeinen Heilbehandlung zu raten gewesen.
Nach Einholung der Stellungnahme des staatlichen Gewerbearztes Dr. K. vom 08. Januar 2001 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 15. März 2001 die Feststellung einer Hauterkrankung als BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV ab. Eine Sensibilisierung gegenüber Berufsstoffen sei nicht festgestellt worden. Es bestehe eine anlagebedingte Neigung zu Rosacea. Ein objektiver Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit habe aber nicht bestanden.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und verwies auf den vorgelegten Laborbefund der medizinischen Laboratorien München, vom 05. Dezember 2000 und 17. März 2001 über einen Lymphozytentransformationstest, aus dem sich eine zelluläre Sensibilisierung gegenüber Benzol, Toluol und P-Xylol ergebe. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, denn die jetzt erst nachweisbaren Sensibilisierungen könnten im Hinblick auf die abgelaufene Zeit nach der Berufsaufgabe keinen wahrscheinlichen Zusammenhang mit möglichen früheren beruflich bedingten Sensibilisierungen begründen.
Der Kläger hat am 09. Juli 2001 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Er hat zur Begründung u. a. auf das ärztliche Attest der Hautärztin Dr. H. vom 19. Juli 2001 verwiesen, in der sie bestätigt, den Kläger am 11.01.1994 wegen eines toxisch irritativen Handekzems behandelt zu haben. Die Behandlung an den Händen sei mit Harnstoff-Salbe im Januar, Februar, März und April 1994 erfolgt.
Das SG hat von Amts wegen das Gutachten des Dermatologen Dr. B. vom 30. Oktober 2001 eingeholt. Der Sachverständige hat als Zustand nach früheren Ekzemschüben im Bereich der rechten Hand eine Verdünnung der Haut an den Streckseiten des ersten bis vierten Fingers der rechten Hand, Infiltrationen auf den Fingerknöcheln sowie entsprechende Veränderungen an der Streckseite des rechten Handgelenks beschrieben, ebenso eine Verdickung der Haut im Fingerknöchelbereich der linken Hand und an der Streckseite des 5. Fingers im Bereich des Mittelhandknochen links. Eine chronisch rezidivierende Allergie in Form einer rosaceaartigen Dermatitis im Bereich des Gesichtes sei ebenfalls anzunehmen. Dass es sich nicht um eine allein irritativ toxische Reaktion gehandelt habe, ergebe sich aus dem positiven Lymphozytentransformationstest und der in der Bescheinigung von Dr. B. beschriebenen Symptomatik eines Juckreizes, wodurch die allergische Komponente bezüglich des Hauterscheinungsbildes belegt sei. Der Ablauf, wonach nach Berufsaufgabe die Haut im Gesicht frei von Erscheinung gewesen sei und es bei kurzfristiger Exposition, wie z. B. beim Besuch der Messe Interboot oder einem kurzen Aufenthalt in der Werkstatt, zu Rezidiven gekommen sei, unterstütze die Annahme eines berufsbedingten Zusammenhangs. Die Substanzen Benzol, Toluol und P-Xylol seien in lackverarbeitenden Berufen weit verbreitet, weshalb eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 25 bis 30 v.H. ab Beginn der Arbeitsaufgabe im Juni 1999 gegeben sei.
Die Beklagte hat die Stellungnahme nach Aktenlage des Dermatologen Dr. T. vom 17. Dezember 2001 vorgelegt. Die Hauterkrankung der Rosacea sei fast ausschließlich im Gesicht lokalisiert. Dem Leiden lägen prädisponierende Faktoren wie endokrine Störungen, Verdauungsstörungen, klimatische Einflüsse, Alkoholabusus oder psychische Erregungen zu Grunde. Irritative Hautbelastungen am Arbeitsplatz könnten eine Befundverschlimmerung bewirken, was beim Kläger wahrscheinlich angenommen werden könne. Hinsichtlich eines allergischen Kontaktekzems sei die wichtigste diagnostische Methode die Epikutantestung. Die Empfindlichkeit des Lymphozytentransformationstests sei geringer als die des Patch-Tests, weshalb ersterer für die arbeitsdermatologische Diagnostik nicht relevant sei. Bei dem Kläger sei es durch den wiederholten Kontakt mit irritierenden Arbeitsstoffen sehr wahrscheinlich zu einer kumulativ-toxischen Hautschädigung an den Händen gekommen. Eine Kontaktsensibilisierung sei jedoch im Epikutantest nicht nachgewiesen worden. Eine schwere Hauterkrankung oder eine wiederholte Rückfälligkeit sei dagegen nicht dokumentiert. Unstreitig sei eine behandlungsbedürftige Hautveränderung, die jedoch nicht zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit gezwungen habe. Der Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit sei durch das neurologische Krankheitsbild gegeben gewesen.
Daraufhin hat das SG das hautärztliche Gutachten vom 11. April 2002 sowie die ergänzende Stellungnahme vom 16. Dezember 2002 von Prof. Dr. P., Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie des Klinikums der Universität M., eingeholt. Er hat bei seiner Untersuchung des Klägers im Gesicht polsterartige Erytheme sowie insbesondere im Bereich der Stirn und der Kinnpartie Papeln und Pusteln und an den Handflächen beidseits, rechts stärker als links, diskrete, unscharf begrenzte Erytheme diagnostiziert. Auf Grund der fehlenden Kontaktsensibilisierung müsse im Bereich der Hände davon ausgegangen werden, dass die Veränderungen einem rezidivierenden, kumulativ-toxischen Handekzem entsprächen, das durch die irritativ-toxische Hautbelastung am Arbeitsplatz verschlimmert worden sei. Im Gesicht sei eine Rosacea Grad II mit lupoider Komponente zu diagnostizieren. Die Ätiopathogenese dieser Erkrankung sei unbekannt. Die Verschlechterung der Rosacea durch berufliche Umstände sei nur anamnestisch belegt, lasse sich aber nicht ausschließen. Eine allergische Ursache sei nicht bekannt. Das kumulativ-toxische Handekzem sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beruflich bedingt, die Rosacea möglicherweise durch beruflich bedingte Einwirkungen richtunggebend verschlimmert. Hinsichtlich der Rosacea liege keine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV vor. Hinsichtlich des Handekzems sei eine solche zu bejahen. Die MdE betrage 20 v.H. Durch konsequente Hautschutzmaßnahmen im Bereich der Hände sowie Intensivierung der Rosacea-Therapie sei ein Arbeitsversuch grundsätzlich vertretbar. Nach heutigem Erkenntnisstand sei die klinische Bedeutung des Lymphozytentransformationstests nicht sicher aussagefähig. Unstreitig sei, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen die Tätigkeit zum 30. Juni 1999 habe einstellen müssen. Eine Gewichtung der dermatologischen, orthopädischen, neurologischen und internistischen Beschwerden in Bezug auf die Berufsaufgabe sei und bleibe schwierig.
Mit Urteil vom 18. Februar 2004 hat das SG die Beklagte verurteilt, beim Kläger eine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV anzuerkennen und eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. ab 01. Juli 1999 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat das SG ausgeführt, das beim Kläger diagnostizierte Handekzem sei wesentlich durch die berufliche Tätigkeit verursacht und die Rosacea durch die berufliche Tätigkeit richtunggebend verschlimmert worden. Eine allergische Verursachung des Handekzems liege nicht vor. Die Ursachen der Rosacea seien im Einzelnen nicht geklärt. Unter Berücksichtigung, dass die Schübe der Rosacea bei erneuter Belastung mit berufsrelevanten Stoffen aufgetreten seien, sei eine berufsbedingte richtunggebende Verschlimmerung belegt. Die Hauterkrankung sei auch schwer i. S. der BK Nr. 5101, weil von einem jahrelangen Verlauf des toxisch-irritativen Handekzems auszugehen sei. Ein objektiver Zwang zur Unterlassung der Tätigkeit habe auch vorgelegen. Die Tatsache, dass der Kläger auf Grund erheblicher Erkrankungen in anderen Fachgebieten seinen Beruf habe aufgeben müssen, spreche nicht gegen einen Unterlassungszwang wegen der Hauterkrankung. Unter Berücksichtigung einer toxischen Verursachung beziehungsweise Verschlimmerung der Hauterkrankung und der Schwere der Erkrankung sei die Fortführung der beruflichen Tätigkeit unter Hautschutzmaßnahmen, die einen Kontakt mit den Noxen nie völlig ausschließen könnten, und einer weiteren Therapie nicht zumutbar gewesen. Hinsichtlich der Bewertung der MdE hat sich das SG auf das Gutachten von Prof. Dr. P. gestützt. Eine höhere Bewertung, weil Prof. Dr. P. die Rosacea nicht als BK anerkannt habe, käme gleichwohl nicht in Betracht, da es sich nur um eine richtunggebende Verschlimmerung handle und die Rosacea zur Meidung der gleichen Noxen zwinge wie das Handekzem.
Gegen das der Beklagten am 03. Mai 2004 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat sie am 17.05.2004 Berufung eingelegt (Az.: L 1 U 1871/04) und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, ein Handekzem, die Schwere des Erkrankungsbildes bzw. die wiederholte Rückfälligkeit und der objektive Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit seien als anspruchsbegründende Tatsachen nicht mit Vollbeweis erwiesen. Hinsichtlich der Rosacea ergebe sich aus dem Gutachten von Prof. Dr. P., dass eine Vielzahl von Auslösern wissenschaftlich diskutiert würden, weshalb die bloße Möglichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs im Sinne einer Verschlimmerung durch berufliche Wirkungen nicht ausreichend sei. Ein objektiver Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit lasse sich auch hinsichtlich der Rosacea nicht beweisen, da Prof. Dr. P. eine Intensivierung der Therapie für möglich erachtet habe.
Der Kläger hat ausgeführt, dass die Lichenifikation als morphologisches Kriterium eines chronisch verlaufenden, rezidivierenden Ekzems diagnostiziert sei. Daraus ergebe sich die Schwere der Hauterkrankung. Der Zusammenhang der Rosacea mit den beruflichen Noxen ergebe sich, wie das SG zutreffend ausgeführt habe, aus dem Auftreten der Krankheitsschübe bei entsprechenden Expositionen gegenüber Berufsstoffen.
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 24. September 2004 hat der Kläger gegenüber dem vormaligen Berichterstatter des Verfahrens ergänzende Ausführungen zu den Hauterscheinungen an den Händen und zu den Arbeiten mit Kunststoffen gemacht. Danach habe er Baumwollhandschuhe, d.h. innen mit Stoff gefütterte Handschuhe, bei diesen Arbeiten getragen, da er Gummihandschuhe oder Latexhandschuhe nicht vertragen habe. Bei vielen Arbeiten habe er aber auch keine Schutzhandschuhe tragen können, da der Kunststoff an ihnen haften geblieben sei. Wegen weiterer Angaben des Klägers wird auf die Niederschrift vom 24. September 2004 verwiesen.
Die Beklagte hat darüber hinaus in getrennt durchgeführten Feststellungsverfahren die Anerkennung einer geltend gemachten Wirbelsäulenerkrankung als BK-Nr. 2108 der Anlage zur BKV (Bescheid vom 27. Oktober 1999) und einer geltend gemachten Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel als BK-Nr. 1317 sowie eine BK nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV (Bescheid vom 27. November 2000) abgelehnt. Der Bescheid zur BK-Nr. 2108 der Anlage zur BKV wurde nach Rücknahme der hiergegen erhobenen Klage bestandskräftig. Gegen den Bescheid zur BK-Nr. 1303 und 1317 der Anlage zur BKV ist Klage beim SG erhoben worden (S 7 U 743/02).
Mit Aussetzungsbeschluss vom 8. März 2005 hat der vormalige Berichterstatter im Hinblick auf das laufende Verfahren vor dem SG (S 7 U 743/02) das Berufungsverfahren ausgesetzt. Im Hinblick auf die Erkrankung an den Händen komme die Gewährung einer Rente voraussichtlich lediglich nach einer MdE um 10 v.H. in Betracht. Da im vor dem SG laufenden Rentenverfahren jedoch auch eine Verletztenrente zugesprochen werden könne, sei dessen Entscheidung vorgreiflich für einen eventuellen Stützrententatbestand.
Im Verfahren S 7 U 743/02 hat das SG mit Urteil vom 24. April 2006 die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide und unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, bei dem Kläger eine BK nach Nr. 1303 der Anlage zur BKV anzuerkennen und ihm Verletztenrente nach einer MdE um 40 v.H. für die Zeit vom 1. Juni 1998 bis 31. Dezember 1999 und um 30 v.H. ab 1. Januar 2000 zu gewähren. Die dagegen von der Beklagten erhobene Berufung hat das LSG (Az.: L 6 U 3512/06) mit Urteil vom 29. Januar 2009 zurückgewiesen.
Daraufhin hat der Kläger am 12. Februar 2009 das ausgesetzte Verfahren wieder angerufen (Az.: L 1 U 729/09). Das Gericht hat den behandelnden Dermatologen Dr. M. schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt; auf seine Stellungnahme vom 6. Juli 2009 samt Anlagen wird inhaltlich Bezug genommen. Am 14. Juli 2009 ist ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt worden; auf die Sitzungsniederschrift wird inhaltlich Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 18. Februar 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten in den Verfahren S 7 U 1315/01, S 7 U 734/02, S 6 U 3512/06, L 1 U 1871/04 sowie L 1 U 729/09 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat (§ 124 Abs. 2 SGG), ist begründet. Wegen der Hauterkrankungen des Klägers hat jedenfalls kein Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit als Bootsbauer bestanden, so dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV nicht vorliegen.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente.
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).
Hauterkrankungen können als BK anerkannt werden, wenn es sich nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV um schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen handelt, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Für die Gewährung einer Rente wegen einer BK ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Sowohl hinsichtlich der haftungsbegründenden als auch hinsichtlich der haftungsausfüllenden Kausalität genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286), d.h. es müssen die für einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Umstände deutlich überwiegen. Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30, 121, 123; 43, 110, 112; BSG Urt. vom 28.03.2003 B 2 U 33/03 R).
Der Zweck des bei einigen BK-Ziffern aufgeführten Unterlassungszwangs liegt darin, ein Verbleiben des Versicherten auf dem ihn gefährdenden Arbeitsplatz zu verhindern (Präventionsgedanke) und dadurch eine Verschlimmerung der Krankheit mit der Folge einer erhöhten Entschädigungsleistung zu verhüten (vgl. u. a. BSGE 10, 286). Angesichts dessen ist es entscheidend, dass die wegen der berufsbedingten Erkrankung objektiv notwendige Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich verwirklicht ist. Hierzu genügt es nicht, dass lediglich diejenige Tätigkeit nicht mehr ausgeübt wird, die die BK herbeigeführt oder verschlimmert hat. Vielmehr soll mit dem tätigkeitsbezogenen einschränkenden Tatbestandsmerkmal erreicht werden, dass auch in Zukunft die Gefahr eines Wiederauflebens oder der Verschlimmerung der BK möglichst vermieden wird. Dies hat der Verordnungsgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er auch das Unterlassen solcher Tätigkeiten verlangt, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich sein können (BSGE 40, 66; BSGE 41, 211). Ob der Zwang zum Unterlassen der bisherigen Tätigkeit medizinisch geboten war, d. h. deren Fortsetzung wegen der schon eingetretenen Gesundheitsstörungen oder der Gefahr der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens der Krankheit aus medizinischer Sicht nicht verantwortet werden konnte, ist aus objektiver Sicht im Sinne einer nachträglichen Betrachtung festzustellen (BSGE 50, 187-190). Bei Krankheiten, bei denen die Entschädigungspflicht an diesen Unterlassungszwang gebunden ist, kann der Versicherungsfall daher nicht eher gegeben sein, als nicht sämtliche nach der BKV genannten Voraussetzungen erfüllt sind, also auch das endgültige Unterlassen (vgl. BSGE 56, 94, 97).
Der Begriff der Tätigkeit ist dabei weit auszulegen (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 4. Auflage, Stand 6/2004 Rn. 203 zu § 9). Er setzt keine spezifische berufliche Qualifizierung voraus. Vielmehr sind sämtliche, vom Versicherten an seinem Arbeitsplatz verrichteten Tätigkeitsfelder und Arbeitsvorgänge erfasst, so dass der Versicherte von der Vielzahl der Tätigkeiten nur diejenigen zu unterlassen braucht, von denen die Gefahr ausgeht, auch wenn diese Tätigkeiten seiner Beschäftigung nicht das bestimmende Gepräge gegeben haben. Zusammenfassend setzt das Unterlassen der gefährdenden Tätigkeit also voraus (Becker, Diss. "Unterlassungszwang bei Berufskrankheiten", Gießen 2003 S. 138):
- den objektiven Zwang zum Unterlassen der ausgeübten, schädigenden Tätigkeit, die nicht gegeben ist, wenn Maßnahmen nach § 3 BKV ausreichen, - die tatsächliche, objektive Aufgabe der schädigenden und gefährdenden Tätigkeit. Auf die objektiven Gründe oder subjektiven Vorstellungen und Motive des Versicherten, warum bestimmte Tätigkeiten unterlassen werden, kommt es daher nicht an. Es ist kein Ursachenzusammenhang zwischen objektivem Zwang und tatsächlichem Unterlassen erforderlich.
Es kann vorliegend offen bleiben bzw. als wahr unterstellt werden, ob bzw. dass die Erkrankung der Haut des Klägers im Bereich der Hände und des Gesichts durch berufliche Einflüsse wesentlich verursacht oder richtunggebend verschlimmert worden ist. Es kann offen bleiben, ob der Kläger zum 30. Juni oder 31. Juli 1999 seine berufliche Tätigkeit tatsächlich aufgegeben hat. Denn es mangelt in jedem Fall am objektiven Zwang zur Unterlassung der beruflichen Tätigkeit wegen der Hauterkrankungen, so dass auch die Frage der Schwere bzw. wiederholten Rückfälligkeit der Erkrankungen nicht zu entscheiden war.
Die fehlende Notwendigkeit des Unterlassens der gefährdenden Tätigkeit steht für den Senat sowohl in Bezug auf die Hände als auch die Rosacea fest aufgrund der insoweit übereinstimmenden Gutachten des Dr. Sturm und des Prof. Dr. P. sowie der Stellungnahme des Gewerbearztes Dr. K ...
Für die Ekzeme im Bereich der Hände haben die genannten Ärzte ausgeführt, dass mit einem verbesserten Hautschutz die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit hätte erreicht werden können. Diese Einschätzung geht nach Auffassung des Senats auch konform mit dem Umstand, dass ärztliche Befund- und Behandlungsberichte über die an der Hand wohl schon in den 90er Jahren aufgetretenen Ekzeme so gut wie nicht existieren, die Behandlung der Hände mit einer Harnstoff-Salbe durch den Kläger selbst und offenbar auch so erfolgreich durchgeführt worden ist, dass intensivere Behandlungen oder gar Zeiten der Arbeitsunfähigkeit dadurch nicht bedingt worden sind. Diese Einschätzung wird auch durch die letzte sachverständige Zeugenaussage des Dr. M. bestätigt, der seinen Schwerpunkt auf die Rosacea legt und darüber hinaus als Krankheitsbild eine lediglich trockene und rissige Haut insbesondere im Bereich der Daumen und Kleinfinger beschreibt. Soweit der Kläger im Erörterungstermin am 24. September 2004 Ausführungen zu seiner Arbeitsweise gemacht und vor allem beschrieben hat, welche Schutzmaßnahmen er im Bereich der Hände vorgenommen hat, begründen diese Ausführungen keine abweichende Beurteilung. Denn der Kläger hat selbst ausgeführt, im Wesentlichen mit Baumwollhandschuhen zu arbeiten, lediglich bestimmte Arbeiten ohne Handschuhe, dann aber mit dick mit Hautschutzcreme eingecremten Händen zu verrichten. Berücksichtigt man den Umstand, dass der Kläger nach eigener Schilderung seine Hände teilweise nur mit Hautschutzcreme geschützt direkt in Epoxidharz getaucht und so gearbeitet hat einerseits, andererseits den Umstand, dass wegen der Erkrankungen im Bereich der Hand keine intensiven Behandlungen erfolgten oder Arbeitsunfähigkeitszeiten resultierten, kann ein objektiver Zwang zur Unterlassung der Tätigkeit nicht angenommen werden. Effektive Hautschutzmaßnahmen bzw. eine intensive Therapie bestehender Erkrankungserscheinungen hätten bei rückblickender Betrachtung das Verbleiben in der Tätigkeit gesichert bzw. es wäre dem Kläger - wie seit den 90er Jahren praktiziert - selbst ohne weitergehenden Schutz möglich gewesen, trotz der Hauterkrankung seine Tätigkeit weiter zu verrichten.
Soweit das SG auch die Rosacea im Gesicht und teilweise im Halsbereich des Klägers als durch berufliche Einflüsse richtunggebend verschlimmert angesehen hat, vermochte dies den Senat nicht zu überzeugen. Darüber hinaus ist auch insoweit ein objektiver Unterlassungszwang nicht zu bejahen.
Was die Frage des ursächlichen Zusammenhangs anbelangt, überzeugt den Senat das schlüssige und ausführliche Gutachten des Prof. Dr. P ... Er hat dargestellt, dass die Entstehung bzw. Verschlimmerung einer Rosacea auf vielfältigen Ursachen beruhen kann, die Ätiologie der Erkrankung noch nicht wissenschaftlich geklärt ist. Die Erkrankung kann einerseits durch äußere Reize, andererseits aber auch durch anlagebedingte Faktoren hervorgerufen bzw. verschlechtert werden. Deshalb kommt, stellt man auf äußere Reize ab, durchaus in Betracht, dass die - anlagebedingte - Rosacea sich verschlimmert, sobald berufliche Reizstoffe auf die Haut auftreffen. Darauf gestützt hat das SG eine wesentliche Verschlimmerung der Rosacea durch Berufsstoffe angenommen. Gleichermaßen möglich ist jedoch auch der Einfluss anderer äußerer Reize, z.B. Sonnenbestrahlung oder Temperaturbelastungen, die zu einem Erscheinen der Krankheitszeichen führen können. Dies hat letztlich auch Dr. M. in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 6. Juli 2009 gegenüber dem Gericht bestätigt, in der er ausgeführt hat, dass mittlerweile beim Kläger Alltagsbelastungen genügen, um ein Aufflackern der Rosacea zu provozieren. Soweit Dr. M. weiter ausgeführt hat, dass die berufliche Tätigkeit die Krankheit ausgelöst habe und nur deshalb mittlerweile eine derartige Sensibilisierung vorliegt, vermochte dies den Senat nicht zu überzeugen, da gerade der Nachweis der beruflichen Verursachung der Erkrankung nicht erbracht werden kann. Insbesondere der von ihm durchgeführte Lymphozytentransformationstest liefert zur Frage der Verursachung allein keine valide Aussage. Es handelt sich um einen biologischen Test mit hoher Variabilität, der letztlich nur in Verbindung mit weiteren klinischen Testungen sinnvoll interpretiert werden kann (vgl. Empfehlung des Robert Koch-Instituts zur Qualitätssicherung bei Lymphozytentransformationstest, in: Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 9, 2008 S. 1070 f). Berücksichtigt man jedoch, dass Epikutantests und die Pricktestung beim Kläger negativ verlaufen sind, ist allein aus einer positiven Reaktion beim Lymphozytentransformationstest ein sicherer Verursachungsnachweis nicht ableitbar.
Die bloße Möglichkeit eines beruflichen Zusammenhangs genügt jedoch nicht den Beweisanforderungen im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung, denn wahrscheinlich ist nur diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt. Dies kann in Bezug auf die angeschuldigten Berufsstoffe jedoch nicht angenommen werden, da andere, berufsunabhängige Faktoren, gleichermaßen als auslösende Faktoren in Betracht kommen. Soweit Dr. B. in seinem Gutachten vom 30. Oktober 2001 ausgeführt hat, die Rosacea sei nicht nur beruflich richtunggebend verschlimmert, sondern verursacht, da in arbeitsfreien Intervallen die Erkrankung nicht auftrete, vermochte den Senat ebenfalls nicht zu überzeugen. Denn insbesondere die letzte sachverständige Zeugenaussage von Dr. M. gegenüber dem Senat belegt, dass trotz der Tätigkeitsaufgabe Ende Juni 1999 immer wieder Krankheitsschübe auftreten, mittlerweile sogar durch Alltagsbelastungen, wie den Besuch öffentlicher Gebäude, Baumärkten oder Ähnlichem.
Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass Dr. S. und Prof. Dr. P. auch in Bezug auf die Rosacea einen Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit nicht bejaht haben. Die Hauterkrankung im Gesicht hätte zum einen intensiver behandelt werden können; zum anderen hat der Kläger nach Auftreten der Hauterscheinungen im Gesicht etwa ab 1988 (Ausführungen des Klägers gegenüber Prof. Dr. P.) offenbar erst im Jahr 1995 einen Arzt zur Behandlung aufgesucht (Behandlung durch Dr. B.) und ohne - auch nach diesem Zeitpunkt - durch die Rosacea bedingte Zeiten der Arbeitsunfähigkeit bis zur Betriebsaufgabe weiter gearbeitet. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Rosacea nicht nur kosmetisch störend, sondern auch darüber hinaus belastend wirkt. Allerdings genügt dies nicht, um einen objektiven Unterlassungszwang zu begründen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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