Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AS 1497/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 1949/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufungen der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.01.2009 werden zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Umzugskosten in Höhe von 3584,40 EUR als verlorener Zuschuss anstelle der bewilligten darlehensweisen Gewährung im Streit.
Die Klägerin zu 1. ist 1964 geboren und alleinerziehende Mutter ihrer am 10.01.1997 geborenen Zwillingskinder, der Klägerin zu 2. und des Klägers zu 3. Bis zum 31.07.2006 haben die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Jobcenter S. bezogen. Zum 01.08.2006 zogen die Kläger von S. nach K.-B. in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten und bezogen von dieser nahtlos weiterhin Leistungen nach dem SGB II. Für den Umzug von Baden-Württemberg nach Nordrhein-Westfalen hatte das Jobcenter S. im Hinblick auf eine beabsichtigte Arbeitsaufnahme der Klägerin zu 1. eine Umzugskostenbeihilfe in Höhe von 4146,33 EUR gewährt. Allerdings erfolgte nach dem Umzug keine Arbeitsaufnahme der Klägerin zu 1. Am neuen Wohnort taten gehäuft Erkrankungen der Kläger zu 2. und 3. und Konflikte in der Schule sowie mit der Klägerin zu 1. auf, da insbesondere die Klägerin zu 2. sich am neuen Wohnort nicht wohl fühlte. Die Klägerin zu 2. hatte Schwierigkeiten, die Trennung von ihren Freundinnen und der in Stuttgart verbliebenen Großmutter zu akzeptieren, und reagierte unter anderem mit einer Verweigerung des Schulbesuchs.
Daraufhin reisten die Kläger bereits Anfang Oktober 2006 wieder zurück zu der weiterhin in Stuttgart wohnenden Mutter der Klägerin zu 1. bzw. Großmutter der Kläger zu 2. und 3. Die Stuttgarter Fachärztin für Kinder und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie E. Z., bei der die Kinder bereits im Jahr 2003 aufgrund psychischer Erkrankungen in Behandlung gewesen waren, riet dazu, wieder in das gewohnte Umfeld nach Stuttgart zurückzukehren. Daraufhin blieben die Kläger zu 2. und 3. bei ihrer Großmutter in S. und besuchten nach dem Ende der Herbstferien wieder ihre dortige, frühere Schule. Die Klägerin zu 1. kehrte zunächst nach Nordrhein-Westfalen zurück und beantragte am 02.11.2006 bei der Beklagten die Gewährung einer Beihilfe zum Rückumzug der Familie nach S ... Ihrem Antrag waren ein ärztliches Attest der Ärztin Z. vom 16.10.2006, Kostenvoranschläge für einen Umzug sowie verbindliche Wohnungsangebote für eine Drei-Zimmer-Wohnung in Stuttgart beigefügt. Die Klägerin zu 1. gab an, keine Freunde oder Bekannte zu haben, die ihr beim Umzug helfen könnten. Danach zog die Klägerin zu 1. noch im November 2006 ebenfalls zu ihrer Mutter nach S ...
Mit Bescheid vom 22.11.2006 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung ab dem 01.12.2006 auf.
Mit weiterem Bescheid vom 29.11.2006 bewilligte sie für den Umzug Leistungen bis zu einem Höchstbetrag von 3584,40 EUR als zinsloses Darlehen. Dieses Darlehen könne mit einer anschließenden Leistungsgewährung grundsätzlich bis zu einer Höhe von 10 % der monatlich gewährten Regelleistungen verrechnet werden, sofern keine besonderen Gesichtspunkte dagegen sprächen. Für den danach am 16.12.2006 durchgeführten Umzug legte die Klägerin zu 1. eine Umzugskostenrechnung in Höhe von genau 3584,40 EUR vor, welche von der Beklagten beglichen wurde.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 29.11.2006 legten die Bevollmächtigten der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, die Umzugskosten sollten als Zuschuss und nicht als Darlehen übernommen werden. Der Umzug sei medizinisch notwendig gewesen. Außerdem sehe die gesetzliche Regelung eine Übernahme als Darlehen nur für die Mietkaution vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Umzug nach S. sei weder von der Beklagten veranlasst noch aus anderen Gründen erforderlich gewesen. Die Kläger seien erst am 01.08.2006 mittels einer Umzugskostenbeihilfe des Jobcenters S. nach K. umgezogen. Die tatsächlichen Umstände des Umzugs nach K. seien unklar. Das schlechte Einleben der Klägerin zu 2. am neuen Wohnort habe nur kurze Zeit gedauert, da die Klägerin zu 1. durch Zurücksendung ihrer Kinder nach S. nach dem Ende der Herbstferien im Oktober 2006 die Beklagte vor vollendete Tatsachen gestellt habe. Ein ernsthafter Versuch, die Kinder doch noch in K. einzugewöhnen, sei damit unmöglich gemacht worden. Die für die Zusicherung erforderliche Notwendigkeit aus anderen Gründen im Sinne des § 22 SGB II habe nicht vorgelegen. Es liege auch kein atypischer Fall vor und es hätten auch vor Ort ärztliche und persönliche Hilfen in Anspruch genommen werden können. Allein zur Vermeidung einer finanziellen Notlage habe die Beklagte trotz Zweifel an der Notwendigkeit des Rückumzugs das Darlehen bewilligt. Im übrigen sei auch die Frage der Erforderlichkeit der Umzugskosten ungeklärt, da die Klägerin zu 1. offensichtlich nicht versucht habe, durch selbst angemietete Fahrzeuge oder Hilfe von Verwandten, Freunden und Bekannten die Umzugskosten zu begrenzen.
Die Klägerin zu 1. hat deswegen am 27.02.2007 Klage zum Sozialgericht S. (SG) erhoben. Die Klägerin zu 1. hat klargestellt, dass sie die Klage auch im Namen ihrer Kinder erhoben hat. Die Kläger haben vorgetragen, nach § 22 SGB II bestehe vorliegend ein Anspruch auf die vollständige Übernahme der Umzugskosten als Beihilfe. Eine Ausnahme sei im Gesetz nur für die Mietkaution vorgesehen, die vorliegend nicht im Streit stehe. Zudem sei der Umzug aus gesundheitlichen Gründen notwendig gewesen, wozu ein Attest des Hausarztes Dr. S. aus K. vom 22.02.2007 vorgelegt wurde, wonach alle drei Kläger den Umzug nach Nordrhein-Westfalen psychisch nicht verkraftet hätten und es zu häufigen Erkrankungen der Kinder gekommen sei, was die Notwendigkeit zu einem Rückumzug nach S. begründet habe.
Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegen getreten, dass bei einer Gesamtschau des Falles vermutet werden könne, dass die angeblich kranken Kinder vorgeschoben würden, um die Umzugskosten als Beihilfe zu erhalten. Insgesamt sei der Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen äußerst kurz gewesen. Die Klägerin habe zunächst angegeben, in S. eine Arbeit in Aussicht zu haben, außerdem sei die fehlende Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen ein Problem gewesen; nunmehr werde jedoch der psychische Zustand der Kinder als hauptsächlicher Grund für den Umzug angegeben. Nachdem bereits der Umzug nach Nordrhein-Westfalen durch die öffentliche Hand finanziert worden sei, könne der Rückumzug der Kläger nur als Darlehen gefördert werden.
Das SG hat die behandelnden Ärzte Z. und Dr. S. als sachverständige Zeugen befragt. Die Ärztin Z. hat am 04.10.2007 mitgeteilt, dass sie die Kläger zu 2. und 3. im Jahr 2006 erstmalig wieder nach dem Rückumzug nach S. am 09.10.2006 behandelt habe, und zwar ab diesem Zeitpunkt regelmäßig. Bei der Klägerin zu 2. habe eine gemischte Angst- und depressive Störung mit zunehmender Schulunlust wegen des als belastend empfundenen Umzugs nach Nordrhein-Westfalen vorgelegen. Beim Kläger zu 3. hat die Ärztin eine emotionale Störung des Kindesalters (nicht näher bezeichnet) und eine ausgeprägte isolierte Rechtsschreibstörung festgestellt. Sie habe empfohlen, die Kinder in ihre alte Umgebung zurückzuführen, da kein Therapeut den Kindern die Oma an ihrem Heimatort ersetzen könne. Gleichzeitig ist in der sachverständigen Zeugenaussage angegeben, dass die Klägerin zu 1. mit den Kindern in den Norden gezogen sei, da neue Bekannte sie überredet hätten, aufs Land zu ziehen. Der Hausarzt Dr. S. hat die Kläger zu 1. bis 3. in der Zeit vom 18.08.2006 bis zum 13.11.2006 regelmäßig in Kalletal behandelt. Er teilte in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 11.10.2007 eine depressive Reaktion der Klägerin zu 2. mit psychosomatischen Beschwerden (Reizmagen, Kopfschmerzen, Muskelverspannungen), und eine psychische Dekompensation der Klägerin zu 1. am 28.09.2006 aufgrund der unbewältigten Umzugsproblematik mit. Die psychische Erkrankung der Klägerin zu 2. hätte in Kalletal nicht behandelt werden können, da eine Psychotherapie bei Kindern dieses Alters kaum möglich bzw. sinnvoll sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20.01.2009 als unbegründet abgewiesen. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der Fassung vom 20.07.2006 könnten Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die Übernahme von Umzugskosten stehe damit grundsätzlich im Ermessen des Leistungsträgers und setze dessen vorherige Zusicherung voraus. Im Falle eines erforderlichen Umzugs oder wenn eine Unterkunft ansonsten in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden könne, solle die Zusicherung nach Satz 2 der Vorschrift erteilt werden. Das Zusicherungserteilungsermessen sei demnach eingeschränkt, wenn die Voraussetzungen des Satz 2 vorlägen, und könne dann nur in atypischen Fällen versagt werden. Vorliegend sei die Gewährung der Kostenübernahme lediglich in Form eines Darlehens anstelle einer Beihilfe rechts- und ermessensfehlerfrei erfolgt. Zunächst liege ein Umzug am 16.12.2006 vor, obwohl bereits zuvor die wesentlichen Sachen im November 2006 bereits zur Mutter der Klägerin zu Ziffer 1 verbracht worden seien. Insoweit sei der Antrag rechtzeitig gestellt worden. Die Beklagte habe den Umzug nicht veranlasst, insbesondere die Kläger nicht zur Kostensenkung aufgefordert. Auch aus anderen Gründen sei der Umzug zurück nach S. nicht notwendig gewesen. Die Vier-Zimmer-Wohnung in K. sei sowohl nach Lage als auch der Ausstattung angemessen zur Deckung des Wohnbedarfs der Kläger gewesen, von der Wohnung seien keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgegangen. Die Klägerin zu 1. habe auch keine Arbeitsstelle in S. in Aussicht gehabt.
Der Grund für den Umzug nach S. sei gewesen, dass die Klägerin zu 2. den Umzug bereits nach kurzer Zeit bereut habe und mit der Umstellung nicht zurecht gekommen sei, was sich zu einer Schulverweigerung entwickelt habe. Diese Umstände stellten aber keine Notwendigkeit im Sinne des § 22 Abs. 3 SGB II für einen Rückumzug nach S. dar. Vielmehr dürfte es der Lebenswirklichkeit entsprechen, dass aufgrund der von berufstätigen und arbeitsuchenden Personen geforderten räumlichen Flexibilität auch Personen mit minderjährigen Kindern gelegentlich das gewohnte Umfeld verlassen und einen weiter entfernten Wohnsitz begründen müssten, und dass in allen diesen Fällen zunächst eine ggf. auch schwierige Eingewöhnungsphase erforderlich sei. Die Betrachtung des Umzugs als gescheitert nach Ablauf einer Frist von lediglich acht Wochen sei für die Kammer kein hinreichender Grund für den Umzug nach S., da sich aus der Kürze des Eingliederungsversuchs keine ausreichend ernsthaften Bemühungen für eine Eingliederung in K. erkennen ließen. Hierbei gehe die Kammer davon aus, dass eine nichthilfebedürftige alleinerziehende Mutter in einer vergleichbaren Situation, nachdem ein kostenaufwendiger Umzug gerade erst erfolgt sei, keinen kostenaufwendigen Rück-Umzug vornehmen würde, bevor sie nicht alles versucht hätte, die Eingewöhnung doch noch erfolgreich abzuschließen. Nach Überzeugung der Kammer hätten die Kläger jedoch nicht alles versucht, um eine Eingewöhnung in K. zum Erfolg zu führen, obwohl sie hierzu durchaus in der Lage gewesen wären. Die gehäuft aufgetretenen Erkrankungen in K. seien allesamt keine Erkrankungen, die von der Wohnung oder der Region ausgegangen seien und deshalb einen Wegzug erforderlich gemacht hätten, sondern solche, die auch in S. hätten eintreten können. Gegen eine schwerwiegende Ausprägung der von der sachverständigen Zeugin Z. mitgeteilten Erkrankungen der Klägerin zu 2. spreche, dass nach der einmaligen Vorstellung bei der sachverständigen Zeugin am 09.10.2006 keine weiteren Termine vereinbart worden seien und auch keine sonstige Therapie erfolgt sei. Zwar sei es offenkundig, dass der Rück-Umzug aus Nordrhein-Westfalen die einfachste Möglichkeit gewesen sei, den Eingewöhnungsschwierigkeiten der Klägerin zu 2. in K. aus dem Weg zu gehen, jedoch sei hierdurch nicht die Erforderlichkeit einer Aufgabe der Wohnung in K. indiziert. Es hätte auch weitere fachkundige Hilfe für eine Eingewöhnung in Anspruch genommen werden können. Hinsichtlich des Klägers zu 3. seien von der sachverständigen Zeugin wesentlich geringere Schwierigkeiten festgestellt worden, die ebenfalls nicht die Notwendigkeit des Umzugs begründeten. Auch eine Ermessensreduzierung auf Null liege insoweit nicht vor, da die Beklagte nach Berücksichtigung der genannten Umstände zu Recht lediglich von der Gewährung eines Darlehens habe ausgehen dürfen. Das Urteil des SG ist dem früheren Bevollmächtigten der Kläger am 30.03.2009 zugestellt worden.
Am 28.04.2009 haben die Kläger (die Kläger zu 2. und 3. hierbei vertreten durch die Klägerin zu 1.) Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung trägt die Klägerin zu 1. vor, dass sie aufgrund des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II und weiterer finanzieller Belastungen (hohe Arztkosten und Kosten für monatliche Fahrscheine für die Kläger zu 2. und 3.) die Kosten des zweiten Umzugs nicht aufbringen könne.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2007 zu verurteilen, das bewilligte Darlehen in eine Beihilfe für alle drei Kläger umzuwandeln. Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts und die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 ff. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und zulässigen Berufungen sind nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der vom 01.08. bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die Zusicherung soll nach Absatz 3 Satz 2 der Vorschrift erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden.
Wohnungsbeschaffungskosten im Sinne des § 22 Abs. 3 SGB II sind (nur) die Aufwendungen, die mit dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind. Die in § 22 Abs. 3 SGB II genannten Umzugskosten sind im Interesse einer klaren Abgrenzung zu den Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II auf die Kosten des Umzugs, wie die Kosten für Transport, Hilfskräfte, erforderliche Versicherungen, Benzin, Verpackungsmaterial und dergleichen zu begrenzen (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R -). Daraus folgt, dass die Anspruchsgrundlage für die Umzugskosten ausschließlich in § 22 Abs. 3 SGB II und nicht in § 22 Abs. 1 SGB II zu verorten ist.
Vorliegend hat die Beklagte ermessensfehlerfrei die Übernahme der Kosten für den Rückumzug der Kläger nach S. abgelehnt, da die Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 SGB II für eine Zusicherung der Übernahme der Kosten als Zuschuss nicht vorlagen.
Unstreitig ist, dass der Umzug nicht durch die Beklagte veranlasst worden ist. Aber auch eine anderweitige Notwendigkeit für den Umzug kann nicht erkannt werden. Insoweit verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Darlegungen in der angegriffenen Entscheidung des SG. Danach ist davon auszugehen, dass auch die durch die sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte dokumentierten Gesundheitsprobleme - insbesondere der Kläger zu 2. und zu 3. - eine kostenbewusste Vergleichsperson nicht bereits nach so kurzem Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen zu einem Rückumzug veranlasst hätten, da weitergehende Hilfsangebote in Anspruch hätten genommen werden können. Da die Klägerin zu 1. sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in S. keine Arbeitsstelle in Aussicht hatte, war der kurzfristig entschiedene Rückumzug insofern nicht veranlasst.
Da aufgrund fehlender Veranlassung durch die Beklagte und auch nicht gegebener Notwendigkeit des Umzugs die Soll-Vorschrift des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II nicht einschlägig ist, war der Beklagten bei der Frage der Übernahme der Umzugskosten das in § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II bestimmte Ermessen eingeräumt (hierzu Wieland in Estelmann, SGB II, Stand Mai 2009, § 22 Rdnr. 85 ff.).
Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I haben die durch eine leistungsrechtliche Ermessensnorm des SGB Begünstigten gegen den zuständigen Leistungsträger einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens, dies aber nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Pflicht des Leistungsträgers zur Ermessensbetätigung vorliegen. Nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG unterliegt die Erfüllung der Voraussetzungen für das Bestehen der Ermessensbetätigungspflicht der vollen gerichtlichen Überprüfung. Hingegen sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit bezüglich der Ermessensbetätigung und ihres Ergebnisses, der Ermessensentscheidung, gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG darauf beschränkt zu kontrollieren, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), mit seiner Ermessensentscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, das heißt eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (Ermessensüberschreitung) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmissbrauch; vgl. BSG SozR 3-1200 § 39 Nr. 1 m.w.N.).
Ermessensfehler, die insoweit zu einer anderen Entscheidung der Beklagten hätten führen müssen, sind nicht erkennbar. Die Beklagte hat zu Recht maßgeblich berücksichtigt, dass der Umzug der Kläger nach Nordrhein-Westfalen bereits kurz zuvor vom Jobcenter S. mit 4.146,33 EUR bezuschusst worden war und dass bereits bei diesem Umzug die Eingliederungsperspektive nicht eindeutig geklärt war. Dies wird dadurch bestätigt, dass die Ärztin Z. als sachverständige Zeugin vor dem SG am 04.10.2007 angegeben hat, dass der Umzug "aufs Land" im Wesentlichen im Interesse der Kinder durchgeführt worden sei, und dass es nicht zu der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gekommen ist. Unter diesen Umständen hätte ein Bürger, der seinen Umzug selbst zu bezahlen hätte, bei der Entscheidung für einen Rück-Umzug (diesmal gänzlich ohne Beschäftigungsperspektive) mit Sicherheit längere Zeit gezögert und zunächst ernsthaftere Eingliederungsbemühungen am neuen Wohnort entwickelt. Zu Recht weist das SG darauf hin, dass insoweit außer der Vorsprache bei Dr. S. keinerlei Inanspruchnahme von Hilfeangeboten dokumentiert ist oder von der Klägerin zu 1. auch nur behauptet wird. Insoweit kann es bei einer Gesamtbetrachtung des Ablaufs der Ereignisse und der innerhalb von 4 ½ Monaten durchgeführten zwei Umzüge nicht beanstandet werden, eine weitergehende Förderung des Rück-Umzugs durch die Beklagte nicht erfolgt ist.
Insofern ist nicht weiter darauf einzugehen, dass es dem Bezieher von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig zuzumuten ist, seinen Umzug selbst durchzuführen, es sei denn, es lägen besondere Gründe in der Person des Hilfebedürftigen vor, die einen privat organisierten Umzug unzumutbar machen könnten (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.10.2007 - L 19 B 93/07 AS -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme von Umzugskosten in Höhe von 3584,40 EUR als verlorener Zuschuss anstelle der bewilligten darlehensweisen Gewährung im Streit.
Die Klägerin zu 1. ist 1964 geboren und alleinerziehende Mutter ihrer am 10.01.1997 geborenen Zwillingskinder, der Klägerin zu 2. und des Klägers zu 3. Bis zum 31.07.2006 haben die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) vom Jobcenter S. bezogen. Zum 01.08.2006 zogen die Kläger von S. nach K.-B. in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten und bezogen von dieser nahtlos weiterhin Leistungen nach dem SGB II. Für den Umzug von Baden-Württemberg nach Nordrhein-Westfalen hatte das Jobcenter S. im Hinblick auf eine beabsichtigte Arbeitsaufnahme der Klägerin zu 1. eine Umzugskostenbeihilfe in Höhe von 4146,33 EUR gewährt. Allerdings erfolgte nach dem Umzug keine Arbeitsaufnahme der Klägerin zu 1. Am neuen Wohnort taten gehäuft Erkrankungen der Kläger zu 2. und 3. und Konflikte in der Schule sowie mit der Klägerin zu 1. auf, da insbesondere die Klägerin zu 2. sich am neuen Wohnort nicht wohl fühlte. Die Klägerin zu 2. hatte Schwierigkeiten, die Trennung von ihren Freundinnen und der in Stuttgart verbliebenen Großmutter zu akzeptieren, und reagierte unter anderem mit einer Verweigerung des Schulbesuchs.
Daraufhin reisten die Kläger bereits Anfang Oktober 2006 wieder zurück zu der weiterhin in Stuttgart wohnenden Mutter der Klägerin zu 1. bzw. Großmutter der Kläger zu 2. und 3. Die Stuttgarter Fachärztin für Kinder und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie E. Z., bei der die Kinder bereits im Jahr 2003 aufgrund psychischer Erkrankungen in Behandlung gewesen waren, riet dazu, wieder in das gewohnte Umfeld nach Stuttgart zurückzukehren. Daraufhin blieben die Kläger zu 2. und 3. bei ihrer Großmutter in S. und besuchten nach dem Ende der Herbstferien wieder ihre dortige, frühere Schule. Die Klägerin zu 1. kehrte zunächst nach Nordrhein-Westfalen zurück und beantragte am 02.11.2006 bei der Beklagten die Gewährung einer Beihilfe zum Rückumzug der Familie nach S ... Ihrem Antrag waren ein ärztliches Attest der Ärztin Z. vom 16.10.2006, Kostenvoranschläge für einen Umzug sowie verbindliche Wohnungsangebote für eine Drei-Zimmer-Wohnung in Stuttgart beigefügt. Die Klägerin zu 1. gab an, keine Freunde oder Bekannte zu haben, die ihr beim Umzug helfen könnten. Danach zog die Klägerin zu 1. noch im November 2006 ebenfalls zu ihrer Mutter nach S ...
Mit Bescheid vom 22.11.2006 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung ab dem 01.12.2006 auf.
Mit weiterem Bescheid vom 29.11.2006 bewilligte sie für den Umzug Leistungen bis zu einem Höchstbetrag von 3584,40 EUR als zinsloses Darlehen. Dieses Darlehen könne mit einer anschließenden Leistungsgewährung grundsätzlich bis zu einer Höhe von 10 % der monatlich gewährten Regelleistungen verrechnet werden, sofern keine besonderen Gesichtspunkte dagegen sprächen. Für den danach am 16.12.2006 durchgeführten Umzug legte die Klägerin zu 1. eine Umzugskostenrechnung in Höhe von genau 3584,40 EUR vor, welche von der Beklagten beglichen wurde.
Gegen den Bewilligungsbescheid vom 29.11.2006 legten die Bevollmächtigten der Kläger mit der Begründung Widerspruch ein, die Umzugskosten sollten als Zuschuss und nicht als Darlehen übernommen werden. Der Umzug sei medizinisch notwendig gewesen. Außerdem sehe die gesetzliche Regelung eine Übernahme als Darlehen nur für die Mietkaution vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.02.2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Umzug nach S. sei weder von der Beklagten veranlasst noch aus anderen Gründen erforderlich gewesen. Die Kläger seien erst am 01.08.2006 mittels einer Umzugskostenbeihilfe des Jobcenters S. nach K. umgezogen. Die tatsächlichen Umstände des Umzugs nach K. seien unklar. Das schlechte Einleben der Klägerin zu 2. am neuen Wohnort habe nur kurze Zeit gedauert, da die Klägerin zu 1. durch Zurücksendung ihrer Kinder nach S. nach dem Ende der Herbstferien im Oktober 2006 die Beklagte vor vollendete Tatsachen gestellt habe. Ein ernsthafter Versuch, die Kinder doch noch in K. einzugewöhnen, sei damit unmöglich gemacht worden. Die für die Zusicherung erforderliche Notwendigkeit aus anderen Gründen im Sinne des § 22 SGB II habe nicht vorgelegen. Es liege auch kein atypischer Fall vor und es hätten auch vor Ort ärztliche und persönliche Hilfen in Anspruch genommen werden können. Allein zur Vermeidung einer finanziellen Notlage habe die Beklagte trotz Zweifel an der Notwendigkeit des Rückumzugs das Darlehen bewilligt. Im übrigen sei auch die Frage der Erforderlichkeit der Umzugskosten ungeklärt, da die Klägerin zu 1. offensichtlich nicht versucht habe, durch selbst angemietete Fahrzeuge oder Hilfe von Verwandten, Freunden und Bekannten die Umzugskosten zu begrenzen.
Die Klägerin zu 1. hat deswegen am 27.02.2007 Klage zum Sozialgericht S. (SG) erhoben. Die Klägerin zu 1. hat klargestellt, dass sie die Klage auch im Namen ihrer Kinder erhoben hat. Die Kläger haben vorgetragen, nach § 22 SGB II bestehe vorliegend ein Anspruch auf die vollständige Übernahme der Umzugskosten als Beihilfe. Eine Ausnahme sei im Gesetz nur für die Mietkaution vorgesehen, die vorliegend nicht im Streit stehe. Zudem sei der Umzug aus gesundheitlichen Gründen notwendig gewesen, wozu ein Attest des Hausarztes Dr. S. aus K. vom 22.02.2007 vorgelegt wurde, wonach alle drei Kläger den Umzug nach Nordrhein-Westfalen psychisch nicht verkraftet hätten und es zu häufigen Erkrankungen der Kinder gekommen sei, was die Notwendigkeit zu einem Rückumzug nach S. begründet habe.
Die Beklagte ist der Klage mit der Begründung entgegen getreten, dass bei einer Gesamtschau des Falles vermutet werden könne, dass die angeblich kranken Kinder vorgeschoben würden, um die Umzugskosten als Beihilfe zu erhalten. Insgesamt sei der Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen äußerst kurz gewesen. Die Klägerin habe zunächst angegeben, in S. eine Arbeit in Aussicht zu haben, außerdem sei die fehlende Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen ein Problem gewesen; nunmehr werde jedoch der psychische Zustand der Kinder als hauptsächlicher Grund für den Umzug angegeben. Nachdem bereits der Umzug nach Nordrhein-Westfalen durch die öffentliche Hand finanziert worden sei, könne der Rückumzug der Kläger nur als Darlehen gefördert werden.
Das SG hat die behandelnden Ärzte Z. und Dr. S. als sachverständige Zeugen befragt. Die Ärztin Z. hat am 04.10.2007 mitgeteilt, dass sie die Kläger zu 2. und 3. im Jahr 2006 erstmalig wieder nach dem Rückumzug nach S. am 09.10.2006 behandelt habe, und zwar ab diesem Zeitpunkt regelmäßig. Bei der Klägerin zu 2. habe eine gemischte Angst- und depressive Störung mit zunehmender Schulunlust wegen des als belastend empfundenen Umzugs nach Nordrhein-Westfalen vorgelegen. Beim Kläger zu 3. hat die Ärztin eine emotionale Störung des Kindesalters (nicht näher bezeichnet) und eine ausgeprägte isolierte Rechtsschreibstörung festgestellt. Sie habe empfohlen, die Kinder in ihre alte Umgebung zurückzuführen, da kein Therapeut den Kindern die Oma an ihrem Heimatort ersetzen könne. Gleichzeitig ist in der sachverständigen Zeugenaussage angegeben, dass die Klägerin zu 1. mit den Kindern in den Norden gezogen sei, da neue Bekannte sie überredet hätten, aufs Land zu ziehen. Der Hausarzt Dr. S. hat die Kläger zu 1. bis 3. in der Zeit vom 18.08.2006 bis zum 13.11.2006 regelmäßig in Kalletal behandelt. Er teilte in seiner sachverständigen Zeugenaussage vom 11.10.2007 eine depressive Reaktion der Klägerin zu 2. mit psychosomatischen Beschwerden (Reizmagen, Kopfschmerzen, Muskelverspannungen), und eine psychische Dekompensation der Klägerin zu 1. am 28.09.2006 aufgrund der unbewältigten Umzugsproblematik mit. Die psychische Erkrankung der Klägerin zu 2. hätte in Kalletal nicht behandelt werden können, da eine Psychotherapie bei Kindern dieses Alters kaum möglich bzw. sinnvoll sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 20.01.2009 als unbegründet abgewiesen. Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der Fassung vom 20.07.2006 könnten Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die Übernahme von Umzugskosten stehe damit grundsätzlich im Ermessen des Leistungsträgers und setze dessen vorherige Zusicherung voraus. Im Falle eines erforderlichen Umzugs oder wenn eine Unterkunft ansonsten in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden könne, solle die Zusicherung nach Satz 2 der Vorschrift erteilt werden. Das Zusicherungserteilungsermessen sei demnach eingeschränkt, wenn die Voraussetzungen des Satz 2 vorlägen, und könne dann nur in atypischen Fällen versagt werden. Vorliegend sei die Gewährung der Kostenübernahme lediglich in Form eines Darlehens anstelle einer Beihilfe rechts- und ermessensfehlerfrei erfolgt. Zunächst liege ein Umzug am 16.12.2006 vor, obwohl bereits zuvor die wesentlichen Sachen im November 2006 bereits zur Mutter der Klägerin zu Ziffer 1 verbracht worden seien. Insoweit sei der Antrag rechtzeitig gestellt worden. Die Beklagte habe den Umzug nicht veranlasst, insbesondere die Kläger nicht zur Kostensenkung aufgefordert. Auch aus anderen Gründen sei der Umzug zurück nach S. nicht notwendig gewesen. Die Vier-Zimmer-Wohnung in K. sei sowohl nach Lage als auch der Ausstattung angemessen zur Deckung des Wohnbedarfs der Kläger gewesen, von der Wohnung seien keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen ausgegangen. Die Klägerin zu 1. habe auch keine Arbeitsstelle in S. in Aussicht gehabt.
Der Grund für den Umzug nach S. sei gewesen, dass die Klägerin zu 2. den Umzug bereits nach kurzer Zeit bereut habe und mit der Umstellung nicht zurecht gekommen sei, was sich zu einer Schulverweigerung entwickelt habe. Diese Umstände stellten aber keine Notwendigkeit im Sinne des § 22 Abs. 3 SGB II für einen Rückumzug nach S. dar. Vielmehr dürfte es der Lebenswirklichkeit entsprechen, dass aufgrund der von berufstätigen und arbeitsuchenden Personen geforderten räumlichen Flexibilität auch Personen mit minderjährigen Kindern gelegentlich das gewohnte Umfeld verlassen und einen weiter entfernten Wohnsitz begründen müssten, und dass in allen diesen Fällen zunächst eine ggf. auch schwierige Eingewöhnungsphase erforderlich sei. Die Betrachtung des Umzugs als gescheitert nach Ablauf einer Frist von lediglich acht Wochen sei für die Kammer kein hinreichender Grund für den Umzug nach S., da sich aus der Kürze des Eingliederungsversuchs keine ausreichend ernsthaften Bemühungen für eine Eingliederung in K. erkennen ließen. Hierbei gehe die Kammer davon aus, dass eine nichthilfebedürftige alleinerziehende Mutter in einer vergleichbaren Situation, nachdem ein kostenaufwendiger Umzug gerade erst erfolgt sei, keinen kostenaufwendigen Rück-Umzug vornehmen würde, bevor sie nicht alles versucht hätte, die Eingewöhnung doch noch erfolgreich abzuschließen. Nach Überzeugung der Kammer hätten die Kläger jedoch nicht alles versucht, um eine Eingewöhnung in K. zum Erfolg zu führen, obwohl sie hierzu durchaus in der Lage gewesen wären. Die gehäuft aufgetretenen Erkrankungen in K. seien allesamt keine Erkrankungen, die von der Wohnung oder der Region ausgegangen seien und deshalb einen Wegzug erforderlich gemacht hätten, sondern solche, die auch in S. hätten eintreten können. Gegen eine schwerwiegende Ausprägung der von der sachverständigen Zeugin Z. mitgeteilten Erkrankungen der Klägerin zu 2. spreche, dass nach der einmaligen Vorstellung bei der sachverständigen Zeugin am 09.10.2006 keine weiteren Termine vereinbart worden seien und auch keine sonstige Therapie erfolgt sei. Zwar sei es offenkundig, dass der Rück-Umzug aus Nordrhein-Westfalen die einfachste Möglichkeit gewesen sei, den Eingewöhnungsschwierigkeiten der Klägerin zu 2. in K. aus dem Weg zu gehen, jedoch sei hierdurch nicht die Erforderlichkeit einer Aufgabe der Wohnung in K. indiziert. Es hätte auch weitere fachkundige Hilfe für eine Eingewöhnung in Anspruch genommen werden können. Hinsichtlich des Klägers zu 3. seien von der sachverständigen Zeugin wesentlich geringere Schwierigkeiten festgestellt worden, die ebenfalls nicht die Notwendigkeit des Umzugs begründeten. Auch eine Ermessensreduzierung auf Null liege insoweit nicht vor, da die Beklagte nach Berücksichtigung der genannten Umstände zu Recht lediglich von der Gewährung eines Darlehens habe ausgehen dürfen. Das Urteil des SG ist dem früheren Bevollmächtigten der Kläger am 30.03.2009 zugestellt worden.
Am 28.04.2009 haben die Kläger (die Kläger zu 2. und 3. hierbei vertreten durch die Klägerin zu 1.) Berufung beim Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung trägt die Klägerin zu 1. vor, dass sie aufgrund des Bezugs von Leistungen nach dem SGB II und weiterer finanzieller Belastungen (hohe Arztkosten und Kosten für monatliche Fahrscheine für die Kläger zu 2. und 3.) die Kosten des zweiten Umzugs nicht aufbringen könne.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2007 zu verurteilen, das bewilligte Darlehen in eine Beihilfe für alle drei Kläger umzuwandeln. Die Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des Sozialgerichts und die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 ff. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaften und zulässigen Berufungen sind nicht begründet. Der Senat hat vorliegend mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der vom 01.08. bis zum 31.12.2006 geltenden Fassung können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger übernommen werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger übernommen werden. Die Zusicherung soll nach Absatz 3 Satz 2 der Vorschrift erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden.
Wohnungsbeschaffungskosten im Sinne des § 22 Abs. 3 SGB II sind (nur) die Aufwendungen, die mit dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind. Die in § 22 Abs. 3 SGB II genannten Umzugskosten sind im Interesse einer klaren Abgrenzung zu den Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II auf die Kosten des Umzugs, wie die Kosten für Transport, Hilfskräfte, erforderliche Versicherungen, Benzin, Verpackungsmaterial und dergleichen zu begrenzen (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R -). Daraus folgt, dass die Anspruchsgrundlage für die Umzugskosten ausschließlich in § 22 Abs. 3 SGB II und nicht in § 22 Abs. 1 SGB II zu verorten ist.
Vorliegend hat die Beklagte ermessensfehlerfrei die Übernahme der Kosten für den Rückumzug der Kläger nach S. abgelehnt, da die Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 SGB II für eine Zusicherung der Übernahme der Kosten als Zuschuss nicht vorlagen.
Unstreitig ist, dass der Umzug nicht durch die Beklagte veranlasst worden ist. Aber auch eine anderweitige Notwendigkeit für den Umzug kann nicht erkannt werden. Insoweit verweist der Senat nach § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführlichen Darlegungen in der angegriffenen Entscheidung des SG. Danach ist davon auszugehen, dass auch die durch die sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte dokumentierten Gesundheitsprobleme - insbesondere der Kläger zu 2. und zu 3. - eine kostenbewusste Vergleichsperson nicht bereits nach so kurzem Aufenthalt in Nordrhein-Westfalen zu einem Rückumzug veranlasst hätten, da weitergehende Hilfsangebote in Anspruch hätten genommen werden können. Da die Klägerin zu 1. sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in S. keine Arbeitsstelle in Aussicht hatte, war der kurzfristig entschiedene Rückumzug insofern nicht veranlasst.
Da aufgrund fehlender Veranlassung durch die Beklagte und auch nicht gegebener Notwendigkeit des Umzugs die Soll-Vorschrift des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II nicht einschlägig ist, war der Beklagten bei der Frage der Übernahme der Umzugskosten das in § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II bestimmte Ermessen eingeräumt (hierzu Wieland in Estelmann, SGB II, Stand Mai 2009, § 22 Rdnr. 85 ff.).
Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I haben die durch eine leistungsrechtliche Ermessensnorm des SGB Begünstigten gegen den zuständigen Leistungsträger einen Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung des Ermessens, dies aber nur dann, wenn die Voraussetzungen für die Pflicht des Leistungsträgers zur Ermessensbetätigung vorliegen. Nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG unterliegt die Erfüllung der Voraussetzungen für das Bestehen der Ermessensbetätigungspflicht der vollen gerichtlichen Überprüfung. Hingegen sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit bezüglich der Ermessensbetätigung und ihres Ergebnisses, der Ermessensentscheidung, gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG darauf beschränkt zu kontrollieren, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist (Ermessensnichtgebrauch), mit seiner Ermessensentscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten, das heißt eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt (Ermessensüberschreitung) oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (Abwägungsdefizit und Ermessensmissbrauch; vgl. BSG SozR 3-1200 § 39 Nr. 1 m.w.N.).
Ermessensfehler, die insoweit zu einer anderen Entscheidung der Beklagten hätten führen müssen, sind nicht erkennbar. Die Beklagte hat zu Recht maßgeblich berücksichtigt, dass der Umzug der Kläger nach Nordrhein-Westfalen bereits kurz zuvor vom Jobcenter S. mit 4.146,33 EUR bezuschusst worden war und dass bereits bei diesem Umzug die Eingliederungsperspektive nicht eindeutig geklärt war. Dies wird dadurch bestätigt, dass die Ärztin Z. als sachverständige Zeugin vor dem SG am 04.10.2007 angegeben hat, dass der Umzug "aufs Land" im Wesentlichen im Interesse der Kinder durchgeführt worden sei, und dass es nicht zu der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gekommen ist. Unter diesen Umständen hätte ein Bürger, der seinen Umzug selbst zu bezahlen hätte, bei der Entscheidung für einen Rück-Umzug (diesmal gänzlich ohne Beschäftigungsperspektive) mit Sicherheit längere Zeit gezögert und zunächst ernsthaftere Eingliederungsbemühungen am neuen Wohnort entwickelt. Zu Recht weist das SG darauf hin, dass insoweit außer der Vorsprache bei Dr. S. keinerlei Inanspruchnahme von Hilfeangeboten dokumentiert ist oder von der Klägerin zu 1. auch nur behauptet wird. Insoweit kann es bei einer Gesamtbetrachtung des Ablaufs der Ereignisse und der innerhalb von 4 ½ Monaten durchgeführten zwei Umzüge nicht beanstandet werden, eine weitergehende Förderung des Rück-Umzugs durch die Beklagte nicht erfolgt ist.
Insofern ist nicht weiter darauf einzugehen, dass es dem Bezieher von Leistungen nach dem SGB II regelmäßig zuzumuten ist, seinen Umzug selbst durchzuführen, es sei denn, es lägen besondere Gründe in der Person des Hilfebedürftigen vor, die einen privat organisierten Umzug unzumutbar machen könnten (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.10.2007 - L 19 B 93/07 AS -).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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