L 7 R 2795/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 R 5682/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 2795/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts F. vom 27. Februar 2007 abgeändert. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Teilaufhebung eines Rentenbewilligungsbescheids der Beklagten und die Verpflichtung der Klägerin zur Erstattung überzahlter 1635,92 EUR. Die 1943 geborene Klägerin bezog ab 1. August 2003 von der Beklagten vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Bei Antragstellung am 28. Juli 2003 hatte sie angegeben, zwar versicherungspflichtig bzw. geringfügig beschäftigt zu sein, ab Rentenbeginn aber kein Arbeitsentgelt oder steuerrechtlichen Gewinn zu erzielen. Sie verpflichtete sich, nach Bewilligung der Leistung unverzüglich jede Änderung der Verhältnisse, die die Zahlung oder den Anspruch selbst beeinflussen, schriftlich mitzuteilen und überzahlte Beträge der D. P. AG zurückzuzahlen. Außerdem verpflichtete sie sich, den zuständigen Rentenversicherungsträger u. a. dann unverzüglich zu benachrichtigen, wenn nach Stellung dieses Rentenantrags bis zum Rentenbeginn eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit aufgenommen bzw. nach Arbeitsunfähigkeit wieder ausgeübt wird. Mit Rentenbescheid vom 20. August 2003 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 1. August 2003 eine monatliche Altersrente für schwerbehinderte Menschen von 1084,61 EUR, abzüglich ihres Beitragsanteils zur Krankenversicherung in Höhe von 82,43 EUR und zur Pflegeversicherung in Höhe von 9,22 EUR (monatlicher Zahlbetrag: 992,96 EUR). Für die Zeit von 1. August bis 30. September 2003 wurden ihr 1985,92 EUR nachbezahlt. In Anlage 19 des Bescheids wies die Beklagte auf die monatlichen Hinzuverdienstgrenzen für die Inanspruchnahme der Altersrente als Voll- und Teilrente hin. Sie teilte u. a. mit, dass die monatliche Hinzuverdienstgrenze für die Vollrente ab 20. August 2003 bei 340,00 EUR, für die 2/3-Rente bei 1096,65 EUR, für die 1/2-Rente bei 1640,29 EUR und für die 1/3-Rente bei 2183,93 EUR liege. Die Hinzuverdienstgrenze von 340,00 EUR ändere sich jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres, die übrigen Hinzuverdienstgrenzen veränderten sich zum 1. Juli eines jeden Jahres um den Prozentsatz, um den sich der jeweilige aktuelle Rentenwert infolge der Rentenanpassung ändere. Nachdem das LBV mit Schreiben vom 6. September 2005 an die Beklagte eine Abmeldung der Klägerin und dabei zugleich deren Beschäftigung in der Zeit vom 27. Juni bis 27. Juli 2005 angezeigt hatte, übersandte die Klägerin auf entsprechendes Ersuchen der Beklagten zwei Bescheinigungen des Regierungspräsidiums F. vom 18. Juli 2005 und 20. Februar 2006, in denen bestätigt wurde, dass der mit der Klägerin bis 28. Juli 2005 bzw. 31. Januar 2006 abgeschlossene Arbeitsvertrag durch Zeitablauf ende. Angaben zu ihrem Verdienst sind in den Schreiben nicht enthalten. Mit Schreiben vom 29. März 2006 bescheinigte das LBV, dass die Klägerin vom 28. September 2005 bis 31. Januar 2006 als Lehrerin mit einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt von 1273,14 EUR beschäftigt gewesen sei. Auf weitere Nachfragen der Beklagten bei dem LBV ergaben sich aufgrund der am 25. April 2006 bei der Beklagten eingegangenen Bestätigung des Arbeitgebers die folgenden Verdienste der Klägerin aufgrund ihrer Beschäftigung als Lehrerin an der Eduard-Spranger-Schule in Emmendingen: - 27.05.bis 27.09.2005: insges. 1285,05 EUR - 28. bis 30.09.2005: 127,31 EUR - 01. bis 31.10.2005: 1273,14 EUR - 01. bis 30.11.2005: 1680,29 EUR - 01. bis 31.12.2005: 1273,14 EUR - 01. bis 31.01.2006: 1273,14 EUR Mit Schreiben vom 4. Mai 2006 hörte die Beklagte die Klägerin dazu an, dass sie ab Oktober 2005 bis Januar 2006 aufgrund ihrer Beschäftigung beim Land Baden-Württemberg die Hinzuverdienstgrenzen überschritten habe. Da sie im Oktober und November 2005 nur Anspruch auf eine 2/3-Rente und im Dezember 2005 und Januar 2006 nur Anspruch auf eine 1/2-Rente gehabt habe, sei beabsichtigt, den Bescheid vom 20. August 2003 mit Wirkung für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 31. Januar 2006 nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen und den überzahlten Betrag von 1635,92 EUR nach § 50 SGB X zurückzufordern. Mit "Rentenbescheid" vom 28. Juni 2006 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 1. Oktober 2005 Altersrente als Teilrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente, ab 1. Dezember 2005 in Höhe der Hälfte der Vollrente und ab 1. Februar 2006 als Vollrente. Für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006 ergebe sich eine Überzahlung von 1635,92 EUR. Der überzahlte Betrag sei zu erstatten. In Anlage 10 des Bescheids wurde unter der Überschrift "Ergänzende Begründungen und Hinweise" der Rentenbescheid vom 20. August 2003 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Oktober 2005 nach § 48 SGB X aufgehoben. Hinsichtlich der Erstattung des überzahlten Betrags wurde auf Anlage 1 des Bescheids verwiesen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 als unbegründet zurück. Auf die am 16. November 2006 zum Sozialgericht F. (SG) erhobene Klage (S 6 R 5682/06) hat das SG durch Urteil vom 27. Februar 2007 unter Abweisung der Klage im Übrigen den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Oktober 2006 insoweit abgeändert, als darin der Bescheid vom 20. August 2003 für den Zeitraum vom 1. bis 31. Januar 2006 hinsichtlich der Rentenhöhe aufgehoben und festgestellt wurde, dass der Klägerin in diesem Zeitraum eine Teilrente von weniger als zwei Dritteln der Vollrente zustand und für diesen Zeitraum ein Betrag von mehr als 327,18 EUR, insgesamt mehr als 1472,32 EUR zurückgefordert wurde. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Klägerin wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen in den Monaten Oktober und November 2005 nur einen Rentenanspruch von 654,39 EUR/Monat (2/3-Rente), im Dezember 2005 von 490,79 EUR (1/2-Rente) und im Januar 2006 wiederum von 654,39 EUR (2/3-Rente) gehabt habe. Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI müsse die Überschreitung im Januar 2006 jedoch unberücksichtigt bleiben, weil es sich insoweit um die erstmalige Überschreitung im Kalenderjahr 2006 gehandelt und die Überschreitung nicht die Höhe dieser Hinzuverdienstgrenze erreicht habe. Im Januar 2006 habe der Klägerin daher ein Anspruch auf eine 2/3-Rente und nicht - wie von der Beklagten berechnet - nur auf eine 1/2-Rente zugestanden. Gegen das den damaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 25. April 2007 zugestellte Urteil richtet sich deren am 24. Mai 2007 beim SG eingelegte Berufung. Die Beklagte hat auf das ihr am 24. April 2007 zugestellte Urteil am 22. Mai 2007 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung beim Landessozialgericht (LSG) eingelegt (L 4 R 2571/07 NZB). Mit Beschluss vom 21. August 2007 hat das LSG die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, soweit sie sich gegen die im Urteil ausgesprochene Abänderung des Bescheids der Beklagten richtet. Zur Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, auf die sie im Berufungsverfahren Bezug genommen hat, hat die Beklagte im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass das Bundessozialgericht (BSG) bei seinen Entscheidungen zu § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI oder zu § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI, der für die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit dieselbe Regelung treffe, bislang stets Sachverhalte zu beurteilen gehabt habe, in denen es um für länger als ein Jahr ausgeübte Beschäftigungen oder Tätigkeiten gegangen sei. Keine der vom BSG entschiedenen Rechtsstreitigkeiten habe kurzfristige Beschäftigungen betroffen. Der Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sei auch keineswegs so klar und eindeutig formuliert, dass schon deshalb eine Auslegung der Norm nicht in Betracht komme. Keineswegs könne vorliegend ein Unterschreiten der Hinzuverdienstgrenze von zwei Dritteln allein auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts fingiert werden; denn rein theoretisch wäre nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI auch zu vertreten, dass sich das im Jahr 2006 von der Klägerin erzielte Arbeitsentgelt überhaupt nicht rentenschädlich auswirke. Dem ist die Klägerin mit Schreiben vom 22. Oktober 2007 entgegen getreten, allerdings ohne die von ihr eingelegte Berufung zu begründen. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI stelle der Gesetzgeber ausdrücklich auf das Kalenderjahr ab, sodass nach Ablauf des 31. Dezembers im Folgejahr ein zweimaliges Überschreiten unschädlich bleibe. Aufgrund des eindeutigen Gesetzeswortlauts bedürfe es hierzu auch keiner weiteren höchstrichterlichen Rechtsprechung, Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts F. vom 27. Februar 2007 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 28. Juni 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2006 vollständig aufzuheben, soweit darin der Bescheid vom 20. August 2003 ab 1. Oktober 2005 aufgehoben und von der Klägerin Erstattung des überzahlten Betrages von 1635,92 EUR gefordert wird, sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts F. vom 27. Februar 2007 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 29. Januar 2008 (Beklagte) und 11. Februar 2008 (Klägerin) ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gegeben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, die Verwaltungsakte der Beklagten (1 Band) sowie die Gerichtsakten des SG und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 151 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und auch im Übrigen kraft Gesetzes statthaft (§ 143 SGG), da die hier noch gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis zum 31. März 2008 gültigen Fassung des Sechsten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144) geltende Beschwerdewertgrenze von 500,00 EUR überschritten ist. Die selbständige Berufung der Beklagten ist nach deren Zulassung durch Beschluss des LSG vom 21. August 2007 ebenfalls zulässig.

Während die Berufung der Beklagten auch in der Sache erfolgreich ist, ist die Berufung der Klägerin unbegründet. Die Beklagte hat zu Recht den Rentenbescheid vom 20. August 2003 für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 31. Januar 2006 teilweise aufgehoben und Erstattung des überzahlten Betrages von 1635,92 EUR gefordert.

Der streitgegenständliche Aufhebungsbescheid vom 28. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2006 genügt noch dem für Verwaltungsakte nach § 33 Abs. 1 SGB X geltenden Bestimmtheitsgebot. Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit bezieht sich auf den Verfügungssatz des Verwaltungsaktes (BSG, Urteil vom 23. Februar 1989 - 11/7 RAr 103/87 -SozR 1500 § 55 Nr. 35), aus dem für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, was die ausstellende Behörde regeln will. Unschädlich ist dabei, wenn der Regelungsgehalt erst durch Auslegung ermittelt werden muss (BSG a. a. O.; SozR 3-2500 § 85 Nr. 46; Krasney in Kasseler Kommentar, Stand Sept. 2007, § 33 SGB X Rdnr. 3 m. w. N.), wobei hierfür auf die Begründung des Verwaltungsaktes (BSG SozR 3-4100 § 242q Nr. 1) einschließlich ihm beigefügter Anlagen (BSG SozR 3-2500 § 85 Nr. 46) zurückgegriffen werden kann.

Vorliegend hat die Beklagte in dem als "Rentenbescheid" bezeichneten Verwaltungsakt vom 28. Juni 2006 der Klägerin einleitend mitgeteilt, dass sie ihre Altersrente jetzt "von uns" als Vollrente erhalte. Direkt anschließend wird verfügt, dass die Rente ab 1. Oktober 2005 als Teilrente in Höhe von zwei Dritteln der Vollrente und ab 1. Dezember 2005 als Teilrente in Höhe der Hälfte der Vollrente sowie ab 1. Februar 2006 in Höhe der Vollrente geleistet werde. Die Rente beginne am 1. Oktober 2005. Es fehlt jedoch an dieser Stelle die Bezugnahme auf den Rentenbescheid vom 20. August 2003, mit dem eine Vollrente ab 1. Oktober 2003 zeitlich unbefristet bewilligt worden war. Bei einem verständigen, objektiven Erklärungsempfänger des Bescheids, auf den bei der Prüfung der hinreichenden Bestimmtheit abzustellen ist (BSG SozR 3-2500 § 82 Nr. 3; Krasney, a. a. O.), könnte daher der Eindruck entstehen, die Beklagte wolle die Rentenzahlung ab 1. Oktober 2005 zu Lasten der Klägerin neu berechnen, ohne zugleich eine Regelung zu dem in Bestandskraft erwachsenen Bewilligungsbescheid vom 20. August 2003 zu treffen. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass die Beklagte ebenfalls im Verfügungssatz des Bescheids die Klägerin auffordert, den für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 31. Juli 2006 überzahlten Betrag von 1635,92 EUR zu erstatten, ohne den für die Zahlung bestehenden Rechtsgrund - nämlich den Bescheid vom 20. August 2003 - im Wege der Aufhebung beseitigt zu haben. Erst in Anlage 10 des Bescheids wird unter "Ergänzende Begründungen und Hinweise" der Rentenbescheid vom 20. August 2003 hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Oktober 2005 nach § 48 SGB X aufgehoben. Da zur inhaltlichen Bestimmtheit auch gehört, dass der Charakter der behördlichen Handlung als Verwaltungsakt, also als verbindliche hoheitliche Regelung, erkennbar ist (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X, 6. Auflage, § 33 Rdnr. 5 m. w. N.), ergeben sich hieraus jedoch weitere Zweifel an der notwendigen Bestimmtheit. Denn es entspricht kaum allgemeiner Verwaltungspraxis, wesentliche Regelungen in einer Anlage "zu verstecken", die auch bei einem verständigen Empfänger häufig nicht mit derselben Aufmerksamkeit zur Kenntnis genommen wird wie der eigentliche Verwaltungsakt, wenn - wie hier - in dessen Verfügungssatz nicht auf die Anlage verwiesen wird. Dies gilt ums so mehr, wenn eine solche Anlage mit Regelungsgehalt fälschlicherweise die Überschrift " Ergänzende Begründungen und Hinweise" trägt und damit noch stärker die Bedeutung der folgenden Verfügungen verschleiert.

Nur aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte vorliegend im Anhörungsschreiben vom 4. Mai 2006 der Klägerin unzweideutig ihre Absicht kund getan hatte, den Bescheid vom 20. August 2003 mit Wirkung für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis 31. Januar 2006 nach § 48 SGB X zurücknehmen zu wollen und die Überzahlung für diesen Zeitraum in Höhe von 1635,93 EUR zurückzufordern, konnten in Verbindung mit der in Anlage 10 dann erklärten Aufhebung des Bescheids vom 20. August 2003 aus Sicht eines verständigen Erklärungsempfängers keine Zweifel daran bestehen, dass damit die angekündigte Rücknahme realisiert wird und ein dahingehender Regelungswille der Beklagten besteht.

Zu Recht hat die Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid auf § 48 SGB X gestützt. Anders als § 45 SGB X, der Rechtsgrundlage für die Rücknahme eines schon bei Erlass rechtswidrigen Bescheids ist, erlaubt § 48 Abs. 1 SGB X bei Dauerverwaltungsakten, also solchen Verwaltungsakten, die wie hier über den Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe hinaus rechtliche Wirkung entfalten (BSGE 88, 172, 174 m. w. N.), deren Aufhebung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei ihrem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Die Aufhebung geschieht nach Satz 1 der Vorschrift grundsätzlich für die Zukunft, soll aber nach Satz 2 der Bestimmung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse u. a. dann erfolgen, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Wie im Urteil des SG zutreffend festgestellt ist, kommt es bei einer so begründeten Aufhebung des Bescheids nicht auf Bösgläubigkeit oder Verschulden des Leistungsbeziehers an. Besondere Vertrauenstatbestände oder der gutgläubige Verbrauch der Leistung können jedoch für die Frage, ob aufgrund einer atypischen Situation ein Ausnahmefall gegeben ist, der einer rückwirkenden Aufhebung entgegen steht, von Bedeutung sein (Steinwedel in Kasseler Kommentar, Stand Sept. 2007, § 48 SGB X Rdnr. 51). Wird - wie hier - ein Leistungsbescheid rückwirkend aufgehoben, ist die Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids nach der Rechtslage zu beurteilen, die bei Eintritt der die Aufhebung veranlassenden Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse galt. Maßgeblich ist vorliegend somit die am 1. Oktober 2005 geltende Gesetzeslage.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X sind vorliegend für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Oktober 2005 bis 31. Januar 2006 erfüllt.

Mit dem Einkommensbezug der Klägerin in Höhe von monatlich 1273,14 EUR ab Oktober 2005 (1680,29 EUR im November 2005) haben sich die tatsächlichen Verhältnisse gegenüber dem Rentenbescheid vom 22. August 2003 nachträglich wesentlich geändert, da die für die Vollrente nach § 34 Abs 3 Nr. 1 SGB VI maßgeblichen monatlichen Hinzuverdienstgrenzen der Jahre 2005 und 2006 damit überschritten wurden, was nach § 34 Abs 2 SGB VI zu einem teilweisen Wegfall des monatlichen Rentenanspruchs der Klägerin führte.

Ein Anspruch der Klägerin auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a Abs 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2002 gültigen Fassung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754) bestand vor Erreichen der Altersgrenze nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze des § 34 Abs 2 Satz 1 i. V. m. Abs 3 SGB VI nicht überschritten wird. Anders als bei der für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltenden Regelung in § 96a SGB VI wirkt sich die Einhaltung der Verdienstgrenzen nicht nur auf die Höhe der Rentenzahlung aus, sondern berührt den Rentenanspruch unmittelbar (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks. 13/3150 S. 41; BSG SozR 3-2600 § 34 Nrn. 1 und 4; Niesel in Kasseler Kommentar, § 34 SGB VI Rdnr. 4).

Die Hinzuverdienstgrenze betrug im hier streitigen Zeitraum nach § 34 Abs. 3 SGB VI in der maßgeblichen, ab 1. August 2004 bis 31. Dezember 2007 gültigen Fassung vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1791) 1. bei einer Rente wegen Alters als Vollrente ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße, 2. bei einer Rente wegen Alters als Teilrente von a) einem Drittel der Vollrente das 23,3fache, b) der Hälfte der Vollrente das 17,5fache c) zwei Dritteln der Vollrente das 11,7fache des aktuellen Rentenwerts (68 SGB VI), vervielfältigt mit der Summe der Entgeltpunkte (§ 66 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI) der letzten drei Kalenderjahre vor Beginn der ersten Rente wegen Alters, mindestens jedoch mit 1,5 Entgeltpunkten. Hieraus errechnen sich für die Klägerin, die in den letzten drei Jahren vor Beginn der ersten Rente 3,5871 Entgeltpunkte erzielt hatte, betragsmäßig die folgenden Grenzwerte: - Für die Vollrente: 345,00 EUR (1/7 von 2415,00 EUR) bis 31. Dezember 2005 und 350,00 EUR (1/7 von 2450,00 EUR) ab 1. Januar 2006 - für die 1/3-Rente: 2183,93 EUR (26,13 EUR Rentenwert x 23,3 x 3,5871 Entgeltpunkte) - für die 1/2-Rente: 1640,29 EUR (26,13 EUR Rentenwert x 17,5 x 3,5871 Entgeltpunkte) - für die 2/3-Rente: 1096,65 EUR (26,13 EUR Rentenwert x 11,7 x 3,5871 Entgeltpunkte).

Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI wird die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Absatz 3 genannten Beträge nicht übersteigt (Halbsatz 1), wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt (Halbsatz 2).

Soweit die Klägerin geltend gemacht hat, ihr seien regelmäßig für die Fahrt zum 42 km entfernt gelegenen Arbeitsplatz Fahrtkosten entstanden, die ihr nicht erstattet worden seien, führt dies - abgesehen davon, dass diese Kosten nicht konkretisiert worden sind - nicht zu einer Minderung des Arbeitsentgelts. Nach der Legaldefinition in § 14 Abs. 1 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sind Arbeitsentgelt alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung. Wie sich aus § 14 Abs. 2 SGB IV ergibt, ist grundsätzlich das Bruttoarbeitsentgelt maßgeblich. Nach § 17 Abs. 1 SGB IV i. V. m. §§ 1, 2 der Verordnung über die Bestimmung des Arbeitsentgelts in der Sozialversicherung - Arbeitsentgeltverordnung - rechnen bestimmte Einnahmen aus dem Beschäftigungsverhältnis zwar nicht zum Arbeitsentgelt. Auch hier findet sich jedoch keine Grundlage dafür, steuerrechtlich absetzbare Aufwendungen, wie die von der Klägerin behaupteten Fahrtkosten, vom Arbeitsentgelt abziehen zu können.

Danach bestand für die Klägerin in den Monaten Oktober und Dezember 2005 sowie Januar 2006 bei einem Verdienst von 1273,14 EUR nach § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1, Abs. 3 SGB VI an sich nur ein Anspruch auf eine 1/2-Rente, im November 2005 wegen ihres Verdienstes von 1680,29 EUR ein Anspruch auf 1/3-Rente. Wie im angegriffenen Bescheid der Beklagten aber zutreffend zu Gunsten der Klägerin berücksichtigt, kann sie sich für das Jahr 2005 aber auf eine Besserstellung nach § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI berufen, da sie erstmals im Oktober die Hinzuverdienstgrenze für eine 2/3-Rente (1096,65 EUR) überschritten hat. Zwei Monatsverdienste der Klägerin durften im Jahr 2005 nach § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI diese Grenze um bis zu 1096,65 EUR überschreiten ohne Absenkung des Rentenanspruchs auf eine 1/2-Rente. Die Klägerin hätte daher im Oktober und November 2005 bis zu 2193,30 EUR verdienen können und gleichwohl ihren Anspruch auf eine 2/3-Rente behalten (Nähreres zum Berechnungsverfahren nach § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI s. u.).

Fehl geht hingegen ihr Einwand, die Privilegierung nach § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI greife auch hinsichtlich der Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze im Januar 2006. Denn für Januar 2006 lagen die Voraussetzungen eines privilegierten ("rentenunschädlichen") Überschreitens nicht vor. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG richtet sich die Prüfung, ob ein (privilegiertes) Überschreiten der Hinzuverdienstgrenzen nach § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI vorliegt, grundsätzlich nach der im Vormonat eingehaltenen Hinzuverdienstgrenze (sog. Vormonatsprinzip, vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2008 - B 13 R 119/07 R - (juris); Urteil vom 6. Februar 2007 - B 8 KN 3/06 R - SozR 4-2600 § 96a Nr. 9). Die Prüfung, ob der Versicherte mit dem erzielten Arbeitsentgelt die Hinzuverdienstgrenze überschreitet, ist ausgehend von der Regel, Hinzuverdienst und Hinzuverdienstgrenze jeweils "Monat für Monat" gegenüberzustellen, chronologisch vorzunehmen. Ob ein Überschreiten vorliegt, ist an der zuvor, d. h. der im Vormonat eingehaltenen Hinzuverdienstgrenze zu beurteilen (hierzu und zum Folgenden: BSG, Urteil vom 26. Juni 2008, a. a. O.). Wird die Hinzuverdienstgrenze des Vormonats eingehalten, ist die Rente vom Rentenversicherungsträger ohne Weiteres in der dieser Hinzuverdienstgrenze zugeordneten Höhe zu leisten. Der Rentenanspruch bleibt so lange unverändert, bis sich der Hinzuverdienst ändert. Wird hierdurch die bislang maßgebende (d. h. die im Vormonat noch eingehaltene) Hinzuverdienstgrenze überschritten, ist weiter zu prüfen, ob ein sog. privilegiertes Überschreiten vorliegt. Dies setzt voraus, dass der Hinzuverdienst innerhalb des Doppelten dieser Hinzuverdienstgrenze liegt. Ist aber Prüfungsmaßstab für die Feststellung eines Überschreitens die im Vormonat noch eingehaltene Hinzuverdienstgrenze, kann denknotwendigerweise bei gleichbleibendem Arbeitsentgelt ein privilegiertes Überschreiten nicht vorliegen.

Bezogen auf den vorliegenden Fall führt dies dazu, dass für den Monat Januar 2006 die Voraussetzungen des privilegierten Überschreitens nach § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI nicht gegeben waren. Ausgehend vom Vormonatsprinzip war Prüfungsmaßstab für die Feststellung eines Überschreitens die im Dezember 2005 noch eingehaltene Hinzuverdienstgrenze, mithin diejenige für eine 1/2-Rente, die von der Klägerin weder im Dezember 2005 noch im Januar 2006 überschritten wurde. Der Kalenderjahreswechsel - hier von 2005 auf 2006 - stellt bei einem Beschäftigungsverhältnis mit einem - zuvor über Monate hinweg - gleichbleibenden monatlichen Hinzuverdienst insoweit keine rechtserhebliche Zäsur dar, weil sich hier keine Änderung des Hinzuverdiensts im Vergleich zum Vormonat ergibt. Vielmehr ist das "Vormonatsprinzip" kalenderjahresübergreifend anzuwenden. Der Beginn eines neuen Kalenderjahres allein ist in diesen Fällen kein Grund für eine neue Einstufung (BSG, Urteil vom 26. Juni 2006, a. a. O.).

Auch die weiteren Voraussetzungen für die (Teil-)Aufhebungsentscheidung der Beklagten sind erfüllt. Die Beklagte war nach § 48 Abs 1 Satz 2 SGB X berechtigt, eine Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheids für die Vergangenheit - mit Wirkung vom Eintritt der Änderung der Verhältnisse - zu verfügen. Zwar kann eine rückwirkende Aufhebung des Rentenbescheids auf der Grundlage des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X nur in Höhe des die Hinzuverdienstgrenze übersteigenden Teils des Arbeitsentgelts erfolgen (BSG, Urteil vom 26. Juni 2008, a. a. O), da nur insoweit eine die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung rechtfertigende Doppelleistung von Sozialleistung und Arbeitsentgelt vorliegt. Eine solche Doppelleistung liegt vor, soweit sich die Leistung, die zum Wegfall des Anspruchs geführt hat, mit dem weggefallenen Anspruch deckt (BSG, Urteil vom 23. März 1995 - 13 RJ 39/94 - (juris)). Auch wenn als Leistung, die zum Wegfall des Anspruchs geführt hat, nur der die Verdienstgrenze übersteigende Teil des Arbeitsentgelts und nicht das gesamte Bruttoarbeitsentgelt angesehen werden kann, wirkt sich aufgrund des relativ hohen Hinzuverdienstes der Klägerin diese Einschränkung nicht aus. Der zu Unrecht bewilligte Rentenbetrag für Oktober und November 2005 von jeweils 327,18 EUR (Differenz zwischen Vollrente und 2/3-Rente) sowie für Dezember 2005 und Januar 2006 von jeweils 490,78 EUR (Differenz zwischen Vollrente und 1/2-Rente) liegt noch erheblich unterhalb des Betrages, der sich aus der Differenz des Hinzuverdienstes der Klägerin und der für eine Vollrente geltenden Hinzuverdienstgrenze ergibt. Im Übrigen gilt die Beschränkung der Rückforderung auf die Höhe des Mehrverdienstes nur, soweit die Aufhebung des Bescheids auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt wird. Liegen hingegen (auch) die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder 4 SGB X vor, hat der Leistungsempfänger also grob fahrlässig seine Mitteilungspflicht bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze verletzt (Nr. 2 a. a. O.), kann der Rentenbescheid auch weitergehend aufgehoben werden (BSG, Urteil vom 26. Juni 2008 , a. a. O.; Urteil vom 23.3.1995 - 13 RJ 39/94 - SozR 3-1300 § 48 Nr. 37; Fichte in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand 10/2007, § 34 Rdnr. 79; VerbKomm, SGB X, Stand 8/2007, § 48 Rdnr. 5; Waschull in Lehr- und Praxis Komm, SGB X, 2. Aufl. 2007, § 48 Rdnr. 69; Cirsovius, ZFSH/SGB 2007, 648, 656). Auch wenn vorliegend Vieles dafür spricht, dass die Klägerin grob fahrlässig i. S. des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X ihre gegenüber der Beklagten bestehende Mitteilungspflicht bei Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze, auf die sie im Rentenbescheid vom 20. August 2003 mit eindeutiger Bezifferung hingewiesen worden ist, verletzt hat, indem sie ihre Angaben bei Antragstellung am 28. Juli 2003, ab Rentenbeginn kein Arbeitsentgelt oder steuerrechtlichen Gewinn zu erzielen, gegenüber der Beklagten jedenfalls ab Oktober 2005 nicht richtig gestellt hat, bedarf es letztlich hierzu keiner gerichtlichen Entscheidung, da die Beklagte den Aufhebungsbescheid zu Recht (auch) auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X gestützt hat.

Anzeichen für einen atypischen Fall, der die Beklagte im Rahmen ihrer (Teil-)Aufhebungsentscheidung zur Ermessensausübung verpflichtet hätte, sind nicht ersichtlich.

Da somit die Teilaufhebung der Bewilligung der Altersrente für die Zeit von 1. Oktober 2005 bis 31. Januar 2006 rechtmäßig war, steht zugleich fest, dass die Klägerin gemäß § 50 Abs 1 SGB X zur Erstattung der überzahlten Leistungen (Differenzbetrag zwischen der Rente in voller Höhe und der 2/3-Rente für Oktober und November 2005 sowie der 1/2-Rente für Dezember 2005 und Januar 2006) verpflichtet ist. Dabei begegnet die Berechnung des Erstattungsbetrags von 1635,92 EUR keinen rechtlichen Bedenken. Solche werden von der Klägerin insoweit auch nicht geltend gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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