L 4 KR 4650/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 131/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4650/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt, ihm eine ambulante Konfrontationstherapie bei der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.

Der am 1985 geborene Kläger ist seit 16. Dezember 1991 über seine Mutter familienversichertes Mitglied der Beklagten. Er leidet seiner Behauptung nach als Folge eines dem staatlichen Gymnasium angeschuldigten "Mobbing" unter Schulangst, depressiven Verstimmungen und einer Selbstwertproblematik. Bei den von der Mutter des Klägers eingeholten Erkundigungen zu Behandlungsmöglichkeiten wurde ihr mehrmals die Durchführung einer Konfrontationstherapie bei der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie M., die u.a. über ein Institut in T. verfügt, empfohlen.

Am 15. August 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten, die Kosten einer Konfrontationstherapie bei der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie in T. zu übernehmen, damit die Wiedereingliederung an der Schule Schloss S. sowie dort dann das Abitur erfolgen könne. Er legte eine Informationsbroschüre der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie vor. Besonderen Schwerpunkt des Behandlungsangebots im Institut in T. stellten verhaltensmedizinische Therapien bei Menschen mit u.a. Angststörungen dar. In vielen Fällen würden hierbei Konfrontationstherapiemethoden in den für den Patienten relevanten Umgebungsbedingungen eingesetzt. So würden z.B. Angstpatienten in Begleitung ihres Bezugstherapeuten wiederholt genau den alltäglichen Situationen ausgesetzt, die sie am meisten fürchteten. Diese Informationsbroschüre enthielt auch den Hinweis, dass eine Übernahme der Behandlungskosten durch die Krankenkassen bzw. andere Träger nicht möglich sei. In einer ebenfalls beigefügten Übersicht über die Kosten einer Behandlung nannte die C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie die durchschnittlichen Gesamtkosten mit etwa zwischen EUR 2.000,00 und EUR 6.000,00 mit dem erneuten Hinweis, Krankenkassen bzw. andere Träger seien nicht verpflichtet, die entstehenden Behandlungskosten zu erstatten. In einem Eingangsfragebogen der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie gab der Kläger an, er wünsche die Behandlung wegen Kontakt- und Angstproblemen vor Gleichaltrigen ab einer Gruppenzahl von mehr als drei, die seit ca. fünf bis sieben Jahren bestünden. Weiter reichte der Kläger das ärztliche Attest des Kinder- und Jugendarztes Dr. K. vom 10. August 2005 bei der Beklagten ein. Der Kläger leide schon seit längerem an einer depressiven Verstimmung, die von einer posttraumatischen Belastungsstörung im Jugendalter herrühre. Zusätzlich sei er noch an sozialen Ängsten erkrankt, die diese Störung noch verschärften und ebenfalls dringend einer spezifischen Therapie bedürften. Die schnellstmögliche therapeutische Hilfe könne am besten die C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie leisten.

Der Kläger beantragte auch beim Landratsamt B. als Träger der Jugendhilfe bzw. Sozialhilfe, die Kosten für eine stationäre, hilfsweise ambulante psychotherapeutische Konfrontationstherapie zu übernehmen. Dies lehnte das Landratsamt B. wegen der Verpflichtung der Übernahme der Kosten als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ab und forderte die Beklagte auf, die Kosten zu übernehmen (Schreiben vom 10. August 2005). Gegen die Ablehnung durch das Landratsamt B. erhob der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage (1 K 406/05).

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Kostenübernahme für eine verhaltenstherapeutische Behandlung durch die C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie in T. ab, weil diese keine Zulassung der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg habe (Bescheid vom 17. August 2005). Dem Bescheid fügte sie Listen aus dem Internet-Verzeichnis der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg bei, in welchen ärztliche Psychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten aus dem B., die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind, aufgeführt waren.

Der Kläger erhob Widerspruch. Eine ambulante Abrechnung durch die C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie sei möglich, weil diese Einrichtung direkt dem Universitätsklinikum T. eingegliedert sei. Niedergelassene Therapeuten, auch die von der Beklagten genannten, könnten die notwendige Behandlung nicht leisten. Die Therapie sei wegen der Wiedereinschulung am 9. September 2005 in die Schule Schloss S. dringend gewesen. Dass die Beklagte die Therapie nicht genehmigt habe, habe dazu geführt, dass er nicht zum 9. September 2005 seine Wiedereinschulung habe vornehmen können. Mit Jugendlichen müsse er auch für das danach folgende Studium (Informatik/Chinesisch) interagieren können. Die Beklagte nannte dem Kläger zwei Psychotherapeuten in Friedrichshafen und Tettnang, die sofort mit der Therapie beginnen könnten (Schreiben vom 24. August 2005).

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005). Eine Kostenübernahme dürfe nicht erfolgen, weil die in der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie tätigen Diplom-Psychologen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zur psychotherapeutischen Behandlung zugelassen seien. Darüber hinaus handle es sich bei der beantragten Konfrontationstherapie um eine verhaltenstherapeutische Maßnahme, die kein nach den Psychotherapie-Richtlinien anerkanntes Verfahren darstelle.

Der Kläger erhob am 16. Januar 2006 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) und begehrte die Übernahme der Kosten der ambulant in T. durchzuführenden Konfrontationstherapie bei der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie, einschließlich der bei der ambulanten Behandlung anfallenden Reise- und Übernachtungskosten. Der Kläger legte den Bericht des Diplom-Psychologen Ki. und des Arztes für Kinder und Jugendliche Fi. vom 11. Januar 2006 (der Kläger leide unter einer sozialen Phobie und damit einhergehend unter depressiven Verstimmungen sowie einer ausgeprägten Selbstwertproblematik) sowie den Bericht des Diplom-Psychologen Ki. vom 20. November 2006 vor. Ferner reichte der Kläger das Schreiben des T. H., Bundespsychotherapeutenkammer, vom 18. Juli 2007 sowie zahlreiche weitere Unterlagen, auch die bereits der Beklagten vorgelegten, ein.

Das SG hörte Diplom-Psychologen Ki., der in der Praxis des Dr. Fi. tätig war, als sachverständigen Zeugen. Dieser berichtete in der schriftlichen Aussage vom 14. Juni 2006 über die am 31. August 2005 begonnene Behandlung und gab an, er selbst besitze keine Zulassung für die psychotherapeutische Behandlung von Versicherten. Die Abrechnung erfolge über Dr. Fi ... In dem (vom Kläger vorgelegten) Bericht vom 20. November 2006 führte er aus, seiner Erfahrung nach wäre eine intensive Konfrontationstherapie, wie sie der Kläger am C.-D.-Institut anstrebe, von großer Wichtigkeit.

Mit Urteil vom 28. Februar 2008 wies das SG die Klage ab. Die Inanspruchnahme von nicht zugelassenen Psychotherapeuten der C.-D.-Stiftung zu Lasten der Beklagten setze voraus, dass die Beklagte zur rechtzeitigen Leistung außer Stande sei. Hierfür spreche gegenwärtig aber nichts. Denn im Bezirk, in dem der Kläger wohne, seien ausreichend zugelassene Psychotherapeuten niedergelassen, die den - unterstellten - Anspruch des Klägers auf Behandlung im Wege der Dienst- und Sachleistung grundsätzlich erfüllen könnten. Dass diese hierzu nicht in der Lage seien, weil sie die vom Kläger favorisierten konfrontativen Therapiemethoden nicht einsetzten, sei nicht erwiesen. Da der Kläger sich einer Begutachtung verweigert habe, seien die entscheidungserheblichen Fragen aber ungeklärt geblieben.

Das am 5. Mai 2008 zum Zwecke der Zustellung zur Post gegebene Urteil gelangte am 9. Mai 2008 an das SG mit dem Vermerk "unbekannt" zurück. Zum Zwecke der erneuten Zustellung wurde das Urteil Anfang September 2008 erneut zur Post gegeben und der Mutter des Klägers, die Prozessbevollmächtigte ist, am 5. September 2008 zugestellt.

Gegen das Urteil hat der Kläger am 5. Oktober 2008 Berufung eingelegt. Unter Vorlage zahlreiche Unterlagen macht der Kläger geltend, ein Formmangel sei, dass das Urteil vom Kammervorsitzenden und den beiden ehrenamtlichen Richtern nicht eigenhändig unterzeichnet worden sei. Auch sei das abgefasste Urteil nicht vor Ablauf von drei Wochen der Geschäftsstelle übergeben worden. Das SG habe die von ihm eingereichten Unterlagen und Empfehlungen für die Konfrontationstherapie bei der C.-D.-Stiftung, die eng mit verschiedenen Universitäten und Instituten zusammenarbeite, ignoriert sowie die bei ihm bestehende Sozialphobie und Schulangst, die aus einem jahrelangen Mobbing resultiere, verharmlost. Diplom-Psychologe Ki. sei überfordert gewesen und habe am Ende kapituliert. Dass Diplom-Psychologen Ki. die erforderliche Ausbildung für die psychologische Psychotherapie gefehlt habe, habe er (der Kläger) erst gegen Ende der Behandlung erfahren, als Diplom-Psychologe Ki. selbst die Behandlung bei der C.-D.-Stiftung vorgeschlagen habe. Die Konfrontationstherapie (auch Reiz- oder Expositionstherapie genannt) sei eine besondere Form der Verhaltenstherapie. Die Verhaltenstherapie gehöre zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Es sei nicht akzeptabel, dass die gesetzlichen Krankenkassen nicht mit professionellen Psychotherapieeinrichtungen zusammenarbeiteten. Zahlreiche Ärzte, Psychotherapeuten und Kliniken hätten die C.-D.-Stiftung empfohlen. Die Beklagte habe keinen Psychologischen Psychotherapeuten benannt, der die Konfrontationstherapie mit demselben Erfolg (ca. 80%) wie die C.-D.-Stiftung durchführen könne. Das Verfahren sei auszusetzen, bis das Bundesgesundheitsamt und das Bundeskanzleramt die merkwürdige Konstruktion von öffentlicher steuerfinanzierter Universität und privater Psychotherapieeinrichtung mit intensivem Wissenstransfer kommentiert habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 28. Februar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 17. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine ambulante Konfrontationstherapie bei der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie in T. als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Auf Anfrage des Senats hat Diplom-Psychologin Be., Institut T. der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie, mitgeteilt (Schreiben vom 6. Juli 2009), die C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie in T. verfüge nicht über eine Zulassung zur ambulanten Behandlung gesetzlich Versicherter. Abrechnungen über die gesetzlichen Krankenkassen seien in der Vergangenheit ausschließlich im Rahmen von Einzelfallentscheidungen möglich gewesen. Vor allem im Hinblick auf die Konfrontationstherapien/Intensivtherapien hätten sie des Öfteren gutachterliche Anträge an die gesetzlichen Krankenversicherungen gestellt, die in Einzelfällen auch genehmigt worden seien.

Der Senat hat vom Kläger gestellte Ablehnungsanträge wegen Besorgnis der Befangenheit gegen die am Urteil des SG mitwirkende ehrenamtliche Richterin A. Bö. verworfen (Beschluss vom 19. Februar 2009) sowie gegen Richter des erkennenden Senats zurückgewiesen bzw. verworfen (Beschlüsse vom 26. Mai und 8. Juni 2009).

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Da der Senat die Berufung des Klägers einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung für nicht erforderlich hält, entscheidet er gemäß § 153 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) durch Beschluss. Der Rechtsstreit weist nach Einschätzung des Senats keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf, die mit den Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung erörtert werden müssten. Zu der beabsichtigten Verfahrensweise hat der Senat die Beteiligten angehört.

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 17. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger eine ambulante Konfrontationstherapie bei der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie in T. als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.

1. Das angefochtene Urteil des SG ist nicht wegen der vom Kläger gerügten formellen Mängel aufzuheben.

Nach § 134 Abs. 1 SGG ist das Urteil vom Vorsitzenden zu unterschreiben. Dies ist erfolgt. Der zuständige Kammervorsitzende hat das Original des Urteils, das sich in der Akte des SG befindet, unterschrieben. Eine Unterschrift der am Urteil mitwirkenden ehrenamtlichen Richter sieht das Gesetz nicht vor. Die den Beteiligten übersandten Ausfertigungen des Urteils sind nicht vom Vorsitzenden, sondern vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu unterschreiben (§ 137 Satz 1 SGG).

Auch aus der Zustellung des Urteils an den Kläger erst am 5. September 2008 lässt sich ein Verfahrensfehler nicht ableiten. Aus dem Vorbringen des Klägers lässt sich sinngemäß die Rüge ableiten, das Urteil sei nicht mit Gründen versehen, weil das Urteil verspätet abgefasst worden sei. Nach § 134 Abs. 2 Satz 1 SGG soll das Urteil vor Ablauf eines Monats, vom Tag der Verkündung angerechnet, vollständig abgefasst der Geschäftsstelle übermittelt werden. Hierbei handelt es sich jedoch um eine so genannte Soll-Vorschrift; ein Verstoß gegen diese Vorschrift ist grundsätzlich unschädlich. Ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefasstes Urteil ist erst dann nicht mit Gründen versehen, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind (Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes SozR 3-1750 § 551 Nr. 4; Bundessozialgericht - BSG - SozR 4-1500 § 120 Nr. 1; Bundesverfassungsgericht - BVerfG - NJW 2001, 2161). Diese Frist von fünf Monaten hat das SG eingehalten. Wie sich aus der SG-Akte ergibt, ist das vollständig abgefasste Urteil am 5. Mai 2008 zum Zwecke der Zustellung zur Post gegeben worden. Der Zustellungsversuch missglückte und das Urteil gelangte mit dem Vermerk des Zustellers "unbekannt" an das SG zurück. Da die Akte zwischenzeitlich gerichtsintern versandt war, ist eine erneute Zustellung erst am 2. September 2008 veranlasst worden.

2. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung. Die Leistungen der Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) sind grundsätzlich als Sachleistungen zu erbringen. Denn nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten die Versicherten die Leistungen als Sach- und Dienstleistungen, soweit dieses oder das Neunte Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB IX) - im vorliegenden Fall nicht gegeben, weil es sich um keine Leistung zur Teilhabe im Sinne des § 15 SGB IX handelt - nichts Abweichendes vorsehen. Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V, der nach § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V u.a. für Psychologische Psychotherapeuten entsprechend gilt, können die Versicherten unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b SGB V an der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 Satz 2 SGB V, den nach § 72a Abs. 3 SGB V vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 SGB V frei wählen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Das Institut T. der C.-D.-Stiftung für Klinische Psychologie ist nicht zur ambulanten Behandlung der Versicherten zugelassen. Dies ergibt sich aus dem Schreiben des Instituts vom 6. Juli 2009. Allein daraus, dass das Institut Teil des Universitätsklinikums T. ist, ergibt sich noch keine Berechtigung, Versicherte ambulant zu behandeln. Die ambulante Behandlung der Versicherten obliegt in erster Linie den niedergelassenen Ärzten und Psychologischen Psychotherapeuten. Nur in Ausnahmefällen können Ärzte und Psychologische Psychotherapeuten an Krankenhäusern bzw. Krankenhäuser selbst zur ambulanten Behandlung durch die Zulassungsgremien der jeweils zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg zugelassen werden.

Ein Notfall im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V besteht nicht. Ein solcher Notfall, bei dem ausnahmsweise nicht zugelassene Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten oder Krankenhäuser in Anspruch genommen werden können, liegt nur dann vor, wenn ein unvermittelt auftretender Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden muss und ein fachlich zuständiger Vertragsarzt, Psychologischer Psychotherapeut oder ein Vertragskrankenhaus nicht in der gebotenen Eile herbeigerufen bzw. aufgesucht werden kann (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 9; SozR 4-2500 § 13 Nr. 2). Behandlungsbedürftigkeit mit der Erforderlichkeit baldiger Entscheidung bedingt noch keine Behandlungsdringlichkeit in diesem Sinne. Im Übrigen wäre bei Vorliegen eines Notfalls allein die Notfallbehandlung als solche - also bis zur umgehenden Verlegung des Patienten zu einem zugelassenen Leistungserbringer - zulässig (vgl. BSG SozR 4-2500 § 109 Nr. 6).

Der Kläger kann sich schließlich auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung berufen. Im Beschluss vom 06. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) hat es das BVerfG für mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht für vereinbar erklärt, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die zu einem solchen Ergebnis führende Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften des Krankenversicherungsrechts sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr - oder der Gefahr des Verlusts eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion - verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben näher konkretisiert (z.B. BSG SozR 4-2500 § 27 Nrn. 8 und 12; SozR 4-2500 § 31 Nr. 8). Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird. Ähnliches kann für den gleichzustellenden nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten. Eine solche Situation besteht bei der nach Behauptung des Klägers bei ihm vorliegenden Sozialphobie, depressiven Verstimmungen und Angststörungen nicht.

Wenn die Konfrontationstherapie eine Methode der Verhaltenstherapie ist, wie dies der Kläger insbesondere unter Verweis auf das von ihm vorgelegte Schreiben der Bundespsychotherapeutenkammer vom 18. Juli 2007 behauptet, muss sie von zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen ärztlichen Psychotherapeuten oder Psychologischen Psychotherapeuten durchgeführt werden können. Denn die Verhaltenstherapie gehört zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (§§ 13 und 15 der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie - Psychotherapie-Richtlinie - in der Fassung vom 19. Februar 2009, veröffentlicht im Bundesanzeiger 2009 Nr. 58: S. 1399, in Kraft getreten am 18. April 2009). Erforderlich ist insoweit allerdings, das dass nach den §§ 24 bis 26b der Psychotherapie-Richtlinie vorgeschriebene Genehmigungsverfahren durchgeführt wird.

Nicht Gegenstand des Verfahrens sind vom Kläger im Laufe des Berufungsverfahrens aufgeworfene Fragen zu seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten, wie die Möglichkeit, Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 SGB V zu wählen oder zur Höhe der von der Beklagten bislang für ihn aufgewendeten Kosten, sowie zur Verwendung finanzieller Mittel durch die Beklagte, zur Zulassung von Ärzten und Psychologischen Psychotherapeuten zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung oder allgemeine Fragen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung. Deshalb ist auch eine Aussetzung des Berufungsverfahrens nicht erforderlich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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