L 31 U 337/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 69 U 530/02 Berlin
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 31 U 337/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Entschädigung von Beeinträchtigungen seines rechten Handgelenkes als Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen. Streitig sind noch die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung von Entschädigungsleistungen.

Der 1964 geborene Kläger war nach seinen Angaben von 1983 bis 1990 als Offizier der türkischen Armee, von Oktober 1996 bis April 1999 als Trockenbauer und im Anschluss hieran als Asbestsanierer tätig. Am 12. Juni 2001 erstattete der Arzt für Orthopädie Dr. S eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit, angenommen werde eine vorzeitige Abnutzung in beiden Handgelenken aufgrund einer Überlastung der Handgelenke durch Stemmarbeiten. Beigefügt war ein Arztbrief der Dr. E/Dr. B/Z, Unfallkrankenhaus B, vom 30. Mai 2001 über eine stationäre Behandlung vom 29. bis 31. Mai 2001 wegen einer Arthrose des rechten Handgelenkes. Die Beklagte befragte den Kläger zu seinem beruflichen Werdegang und die Arbeitgeber des Klägers zu dessen Belastung bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen, sie holte Befundberichte des Dr. S vom 24. Juli 2001 und des Dr. K vom 23. Juli 2001 ein, zog Unterlagen über eine am 17. Januar 2001 stattgefundene Zerrung des rechten Handgelenkes mit Symptomatik im Diskus-Triangularis bei und holte ein Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse des Klägers, der IKK Sachsen Anhalt, ein. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten teilte durch Stellungnahme des Herrn S vom 23. November 2001 mit, dass der Kläger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit seit 09. April 1999 bei seinen Tätigkeiten Vibrationsbelastungen mit vibrierenden handgehaltenen und handgeführten Geräten ausgesetzt sei, während er in seiner Tätigkeit als Trockenbauer in der Zeit zuvor keine Druckluftwerkzeuge bedient habe.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Dr. S, Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und Technische Sicherheit Berlin, vom 02. Januar 2002 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Januar 2002 die Entschädigung wegen einer BK Nr. 2103 ab, da eine ausreichende Gesamtbelastungsdosis bei den vom Kläger benutzten Werkzeugen nicht erreicht worden sei. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des TAD vom 18. Juni 2002 mit Widerspruchsbescheid vom 26. Juli 2002 zurück.

Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Berlin ein Gutachten des Facharztes für Arbeitsmedizin Dr. W vom 15. Dezember 2002 eingeholt, der zu dem Ergebnis kam, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt seien. Zu den medizinischen Voraussetzungen führte Dr. W aus, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20 v. H. vorgeschlagen werde. Der Kläger beklage eine Beeinflussung der Sensibilität und zeige eine sehr deutliche Druckempfindlichkeit, die Funktionsbeeinträchtigungen begrenzten seinen Handlungsspielraum beträchtlich, da Gegenstände nicht sicher gehalten werden könnten und auch in ihrer Struktur schlecht zu erkennen seien. Allerdings sei es noch zu keinen Bewegungseinschränkungen und keinen Atrophien der Muskulatur gekommen. An der linken Hand seien die gleichen Beschwerden aufgetreten, allerdings sei ein pathologischer Befund nur für die reche Hand zu objektivieren. Dies bestätigte Dr. W nach Einwänden der Beklagten mit Rückäußerungen vom 30. Dezember 2003 und vom 11. Juli 2004. Hiergegen wandte sich die Beklagte. Eine Arbeitsplatz-Vibrationsanalyse der Dipl. Ing. K/ Dr.- Ing. F, Berufsgenossenschaftliches Institut für Arbeitssicherheit – BIA - vom 25. Juni/07. Juli 2003 habe zwar eine Überschreitung der vorgeschlagenen Mindestbelastungsdosis für eine Gefährdung im Sinne der BK Nr. 2103 ergeben. Der von ihr befragte Arzt für Chirurgie Dr. L habe mit Stellungnahmen zu dem Gutachten des Dr. W vom 16. Oktober 2003 und vom 18. März 2004 jedoch dargelegt, dass die medizinischen Voraussetzungen der BK Nr. 2103 sich aufgrund der von Dr. W erhobenen Befunde nicht begründen ließen.

Mit Urteil vom 28. Januar 2005 hat das Sozialgericht Berlin die Beklagte verurteilt, die Gesundheitsstörungen der rechten Hand als BK Nr. 2103 der Anlage zur BKV anzuerkennen und die Klage im Übrigen, d. h. hinsichtlich der geltend gemachten Entschädigungsleistungen, abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Astbestsanierer Vibrationen ausgesetzt gewesen sei, die geeignet gewesen seien, eine BK zu verursachen. Die verlässlichste Beurteilung der Exposition habe das Berufsgenossenschaftliche Institut für Arbeitssicherheit (BIA) mit dem Bericht über eine Arbeitsplatzvibrationsanalyse vom 25. Juni/07. Juli 2003 vorgenommen, auf die man sich diesbezüglich stütze. Die berufliche Exposition habe auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Arthrose des rechten Handgelenkes im Sinne der erstmaligen Entstehung verursacht, was sich aus dem Gutachten des Dr. W i. V. m. mit seinen ergänzenden Stellungnahmen ergebe. Eine MdE von mindestens 20 v. H. sei dem Gutachten des Dr. W jedoch nicht zu entnehmen. Denn er habe ausgeführt, dass es zu noch keinen Bewegungseinschränkungen und keinen Atrophien der Muskulatur gekommen sei. Funktionelle Störungen in einem objektivierbaren Ausmaß habe er nicht feststellen können. Insgesamt lasse sich dem Gutachten daher kein Zustand der rechten Hand entnehmen, der eine MdE von 20 v. H. rechtfertigen würde.

Gegen dieses ihm am 14. Februar 2005 zugegangene Urteil richtet sich die am 03. März 2005 eingegangene Berufung des Klägers. Die Beklagte hatte gegen das ihr am 16. Februar 2005 zugegangene Urteil mit einem am 02. März 2005 eingegangenen Schriftsatz ebenfalls Berufung eingelegt, die sie im Anschluss an weitere Ermittlungen zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen mit Schriftsatz vom 13. Januar 2009 zurückgenommen hat; zugleich hat sie ausgeführt, die Gesundheitsstörungen der rechten Hand als BK Nr. 2103 der Anlage zur BKV ohne Anspruch auf eine Rente anzuerkennen.

Der Kläger trägt weiterhin vor, dass entsprechend den Ausführungen des Dr. W eine MdE von mindestens 20 v. H. infolge der BK bestehe. Diese habe mittlerweile auch zu Beschwerden im psychiatrischen Bereich geführt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Januar 2005 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 25. Januar 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2002 zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. zu gewähren,

hilfsweise die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist auf das Ergebnis der Ermittlungen im Berufungsverfahren.

Im Berufungsverfahren hat das Gericht zunächst weiter zum Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen ermittelt durch Vernehmung der vom Kläger benannten Zeugen A W und A J im Erörterungstermin vom 25. April 2006 und durch Einholung eines Gutachtens des Dipl. Ing. K, Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung – BGIA - vom 04. Oktober 2007, der zu dem Ergebnis kam, dass bei der außerordentlich hohen Belastung des Klägers trotz des lediglich geringen Belastungszeitraums von 1,8 Jahren, der unter dem Orientierungswert von zwei Jahren liege, von der Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen auszugehen sei, woraufhin die Beklagte - wie bereits ausgeführt - nach erneuter Befragung ihres TAD ihre Berufung zurückgenommen hat.

Das Gericht hat sodann ein Gutachten des Arztes für Chirurgie - Unfallchirurgie - Handchirurgie Dr. W, Krankenhaus W, vom 28. Oktober 2008 eingeholt, der beim Kläger an den Händen/Armen folgende krankhaften Befunde feststellte:

1. reizlose Narbenbildung am rechten Handgelenk durch Arthroskopie, 2. Druckschmerzen auf der radialen Seite des rechten sowie des linken Handgelenkes, 3. Minderung der Kraft beider Hände und beider Daumen, 4. Behinderung der primären Greifformen beider Hände, 5. radiologisch geringe Minderung des Kalksalzgehaltes am Skelett der rechten Hand, 6. zum Teil glaubhafte subjektive Beschwerden.

Die Folgen der Berufskrankheit seien am rechten Handgelenk abgelaufen und manifestiert und als solche Folge der beruflichen Exposition im Sinne der BK Nr. 2103 der Anlage zur BKV. Die hieraus folgende MdE betrage unter 10 v. H. Denn um eine MdE in messbarem Grade festzustellen, bedürfe es einer Bewegungseinschränkung im rechten Handgelenk. Nach der medizinisch-wissenschaftlichen Literatur werde eine geringe Achsenabknickung im Speichenknochen und Einschränkungen der Handgelenksbewegung um insgesamt 40 Grad mit einer MdE von 10 v. H. bewertet; eine Minderung der Beweglichkeit im rechten Handgelenk liege beim Kläger jedoch überhaupt nicht vor. Die gute Beweglichkeit im rechten wie im linken Handgelenk bestätige, dass die MdE gering und nicht mehr messbar sei. Bereits die von Dr. W gemessenen diesbezüglichen Werte hätten keine Abweichungen nach der Neutral Null Methode für die Beweglichkeit des rechten Handgelenkes gegenüber dem linken ergeben. Die Beweglichkeit betrage rechts wie links für die Handrücken-/Hohlhandwärtsführung 60/0/60 Grad und für die Ellen /Speichenwärtsführung rechts wie links 30/0/30 Grad; dies seien insgesamt sehr gute Werte. Dies gelte auch für die von ihm selbst festgestellten Bewegungsausmaße. Die Beweglichkeit im rechten wie im linken Handgelenk habe sich bei Dr. W auf 180 Grad, bei ihm auf 160 Grad im rechten und 165 Grad im linken Handgelenk belaufen, diese Differenz sei als minimal zu bezeichnen, von einer Verschlechterung der Beweglichkeit könne eigentlich nicht gesprochen werden. Die Kraftausbildung sei bereits durch Dr. W als gut beschrieben worden, eine Minderung des Gefühls an den Fingerkuppen habe nicht nachgewiesen werden können.

Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht sodann ein Gutachten des Arztes für Orthopädie und Unfallchirurgie, Rheumatologie, Handchirurgie und Physikalische Medizin Prof. Dr. S vom 30. März 2009 eingeholt. Dieser führte aus, es habe sich bei der orthopädisch-traumatologischen Untersuchung der Hände keine schwerwiegende Funktionsbehinderung objektivieren lassen. Es bestehe keine ausgeprägte Verschmächtigung der das Handgelenk führenden Muskulatur. Es lägen keine Hinweise auf eine wesentliche Nervenstörung vor. Eine MdE von mehr als 10 v. H. sei wegen der fehlenden funktionellen Einschränkungen nicht erkennbar. Der erst- bis zweitgradige Knorpelschaden sei sehr gering und könne durchaus bei einem 37 jährigen körperlich tätigen Menschen auftreten. Mit der Annahme einer berufsbedingten Veränderung für diese Handgelenksveränderung sei durch die Beklagte eine sehr großzügige Interpretation des Befundes vorgenommen worden. Die angegebenen erheblichen Beschwerden im Bereich des Handgelenkes hätten kein klinisches Korrelat. Die vom Kläger angegebenen schwerstgradigen Beschwerden und schwerstgradigen funktionellen Ausfälle seien Folge eines ausgeprägten psychosomatischen Syndroms, welches zu einem fast vollständigen Verlust der Handfunktion rechts geführt habe. Die psychosomatische Erkrankung sei die wesentliche Ursache der vorgetragenen Beschwerden, während der objektive Befund im Bereich der Hand insgesamt sehr gering sei.

Das Gericht hat ferner am 04. Juni 2009 einen Erörterungstermin durchgeführt. In diesem Termin haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden zu sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den der Verwaltungsakte der Beklagten.

Entscheidungsgründe:

Über die Berufung konnte mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2, § 153 Abs. 1 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden werden.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente aufgrund der erstinstanzlich durch Urteil vom 28. Januar 2005 festgestellten und mittlerweile auch durch die Beklagte anerkannten BK Nr. 2103.

Berufskrankheiten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Zu den vom Verordnungsgeber bezeichneten Berufskrankheiten gehören nach Nr. 2103 der Anlage zur BKV Erkrankungen durch Erschütterung bei der Arbeit mit Druckluftwerkzeugen; das Vorliegen dieser BK ist aufgrund der Berufungsrücknahme durch die Beklagte gegen die im erstinstanzlichen Urteil getroffenen Feststellungen rechtskräftig festgestellt.

Voraussetzung für die Entschädigung einer Erkrankung als Berufskrankheit ist, dass die vorliegende Erkrankung konkret individuell durch entsprechende Einwirkungen des Stoffes wesentlich verursacht bzw. verschlimmert worden ist und dass die Einwirkungen wesentlich durch die versicherte Tätigkeit verursacht worden sind. Dabei müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß im Sinne eines Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden. Lediglich für den ursächlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung einerseits und zwischen der schädigenden Einwirkung und der eingetretenen Erkrankung andererseits reicht die hinreichende Wahrscheinlichkeit – nicht allerdings die bloße Möglichkeit – aus (Bundessozialgericht (BSG), SozR 3-2200 § 551 Nr. 16 m. w. N., und Urteil vom 2. April 2009, Az. B 2 U 7/08 R, zitiert nach juris).

Die Bemessung der MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenen verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 SGB VII). Bei der Bemessung der MdE werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden. Die Bemessung der MdE hängt also von den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten ab. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Die Bemessung des Grades der MdE ist dabei Tatsachenfeststellung, die nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu treffen ist. Die von der Rechtsprechung sowie von dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis (so insgesamt: BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, Az.: B 2 U 14/03 R, SozR 4-2700 § 56 Nr. 1, und Urteil vom 5. September 2006, Az.: B 2 U 25/05 R, SozR 4-2700 § 56 Nr. 2, zitiert nach juris). Anspruch auf Rente besteht, wenn die MdE wenigstens 20 v. H. beträgt (§ 56 Abs. 1 S. 2 SGB VII).

Unter Beachtung dieser Vorgaben hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung einer Rente, weil die aus der BK resultierende MdE nicht wenigstens 20 v. H. beträgt. Zur Begründung wird zunächst gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt. Zu Recht ist hier ausgeführt, dass den Feststellungen des Dr. W in dessen Gutachten vom 15. Dezember 2002 zu einer MdE von 20 v. H. angesichts des Fehlens von funktionellen Einschränkungen im Handgelenk nicht gefolgt werden kann.

Die im Berufungsverfahren durchgeführten Ermittlungen haben die erstinstanzliche Entscheidung in jeder Hinsicht bestätigt. Zunächst hat der vom Gericht beauftragte Dr. W ausgeführt, dass die MdE des Klägers durch die Erkrankung im rechten Handgelenk nicht gemindert ist und dass sie auf unter 10 v. H. einzustufen sei. Dr. W ist ausgewiesener Spezialist für Hand- und Handgelenkserkrankungen und hat auch in diesem Gutachten überzeugend aufgrund einer sorgfältigen Untersuchung des Klägers und einer umfassenden Würdigung der geringen festzustellenden Einschränkungen unter Darlegung der in der wissenschaftlichen Literatur niedergelegten Grundsätze für die MdE-Bemessung dargelegt, weshalb die Zuerkennung einer MdE vorliegend – insbesondere angesichts des Fehlens von Bewegungsdefiziten - nicht in Betracht kommt. Das Gericht schließt sich den Feststellungen dieses Gutachters an.

Dieses Ergebnis ist durch den vom Kläger nach § 109 SGG benannten Prof. Dr. S insoweit vollinhaltlich bestätigt worden, als auch dieser eine MdE in rentenberechtigender Höhe nicht festgestellt hat. Eine Differenz bestand lediglich insoweit, als Dr. W eine MdE von unter 10 v. H. feststellte, während Prof. Dr. S die MdE zwar mit 10 v. H. bewertete, zugleich aber ausführte, die Anerkennung dieser Handgelenksveränderung als berufsbedingte Veränderung als "eine sehr großzügige Interpretation des Befundes" anzusehen, also nicht einmal die geringgradigen gefundenen objektivierbaren Veränderungen als berufsbedingt anzusehen. Überzeugend war das gefundene Ergebnis insbesondere auch deshalb, weil sich die Muskulatur insgesamt unauffällig darstellte. So bezeichnete der Gutachter die Unterarmmuskulatur als seitengleich entwickelt, die Handbinnenmuskulatur als unauffällig, eine Verschmächtigung einzelner Muskelgruppen an Ober- und Unterarmen habe sich nicht gefunden. Dies stimmt überein mit den Feststellungen des Dr. W, der ebenfalls Atrophien der Muskulatur, die als Rückbildungen bei ihrem fehlenden Gebrauch jedoch auftreten, auch nicht feststellen konnte.

Der Beweisanregung des Klägers, ein psychiatrisches Gutachten einzuholen, war nicht zu folgen. Zunächst einmal handelt es sich insoweit nicht um einen Beweisantrag, da ein solcher den Erfordernissen des § 403 Zivilprozessordnung in Verbindung mit § 118 Abs. 1 SGG hätte genügen müssen. Hierzu hätte insbesondere das genaue Beweisthema unter Trennung von Rechts- und Tatfragen gehört (BSG, Beschluss vom 27. April 2006, Az. B 7 a AL 242/05 B, zitiert nach juris). Dies konnte der allgemeinen Anregung, ein weiteres Gutachten einzuholen, nicht ausreichend entnommen werden. Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen bestand diesbezüglich nicht. Der Kläger hat während des gesamten Verfahrens seit Juni 2001 bis zum Zeitpunkt des Erörterungstermins im Juni 2009 weder selbst noch im Rahmen der Untersuchungen bei Sachverständigen eine psychische Beeinträchtigung geltend gemacht noch wurde diese von den behandelnden Ärzten in deren Befundberichten erwähnt. Erstmals Prof. Dr. S stellte eine Depression mit schwerer psychosomatischer Komponente fest. Es kann dahingestellt bleiben, ob Erkrankungen auf psychiatrischem Gebiet im Rahmen der BK Nr. 2103 überhaupt anerkennungsfähig wären. Jedenfalls käme deren Anerkennung allenfalls als Folgeschaden einer bestehenden berufskrankheitsbedingten Erkrankung in Betracht. An einer derartigen Erkrankung fehlt es jedoch. Zum einen hat Dr. W, dem sich der erkennende Senat aus den bereits genannten Gründen anschließt, festgestellt, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers durch die Erkrankung nicht gemindert ist und dass die MdE auf unter 10 v. H. einzustufen ist. Wenn jedoch wie vorliegend keinerlei MdE auf dem durch die BK Nr. 2103 zuerst erfassten Gebiet der körperlichen Beeinträchtigungen feststellbar ist, so kann aus diesen nicht vorhandenen Einschränkungen auch kein anerkennenswerter Folgezustand resultieren. Abgesehen davon aber hat sich der vom Kläger nach § 109 SGG benannte Prof. Dr. S mit dieser Problematik auch bereits auseinandergesetzt und ausgeführt, dass die vom Kläger angegebenen schwerstgradigen Beschwerden und schwerstgradigen funktionellen Ausfälle, die er als Gutachter nicht nachvollziehbar fand, Folge eines ausgeprägten psychosomatischen Syndroms sind. Selbst bei Annahme, dass auch aus nicht vorhandenen BK-bedingten Einschränkungen körperlicher Natur solche seelischer Natur überhaupt folgen könnten, wäre also jedenfalls für den vorliegenden Fall geklärt, dass die psychischen Erkrankungen des Klägers nicht Folge der Beeinträchtigungen auf körperlichem Gebiet sind, da die Kausalität diesbezüglich durch Prof. Dr. S, dem diesbezüglich gefolgt wird, gerade im umgekehrten Sinne festgestellt ist.

Nach alledem war die Berufung des Klägers daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Beklagte zwischenzeitlich ebenfalls Berufung eingelegt und diese im Hinblick auf das Ergebnis der durchgeführten Ermittlungen zurückgenommen hat.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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