Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
SG Lübeck (SHS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Lübeck (SHS)
Aktenzeichen
S 15 R 486/06
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
IM NAMEN DES VOLKES TEILANERKENNTNIS- UND ENDUrteil In dem Rechtsstreit d - Klägerin -
gegen
die Deutsche Rentenversicherung Nord -Standort Hamburg-, Friedrich-Ebert-Damm 245, 22159 Hamburg - Beklagte -
hat die 15. Kammer des Sozialgerichts Lübeck gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ohne mündliche Verhandlung am 27. Februar 2009 durch ihren Vorsitzenden, Richter Dr. Leopold, den ehrenamtlichen Richter Eggert und die ehrenamtliche Richterin Rudolph für Recht erkannt:
gegen
die Deutsche Rentenversicherung Nord -Standort Hamburg-, Friedrich-Ebert-Damm 245, 22159 Hamburg - Beklagte -
hat die 15. Kammer des Sozialgerichts Lübeck gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ohne mündliche Verhandlung am 27. Februar 2009 durch ihren Vorsitzenden, Richter Dr. Leopold, den ehrenamtlichen Richter Eggert und die ehrenamtliche Richterin Rudolph für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 28. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2006 verurteilt, der Klägerin ab dem 1. August 2005 unter zusätzlicher Berücksichtigung von Beitragszeiten für die Zeit vom 1. März 1960 bis zum 31. August 1961 eine entsprechend höhere Altersrente zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Beklagte hat der Klägerin 1/3 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Anerkennung von Beitragszeiten für die Zeit vom 1. September 1957 bis zum 31. November 1961 sowie die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 1961 bis zum 31. Oktober 1962.
Die am 1940 in B geborene Klägerin ist Staatsangehörige und lebt seit dem 31. Oktober 1962 in K. Sie ist Mutter zweier am 1961 in B und am 1964 in S , K , geborener Kinder.
Am 22. April 2004 stellte die Klägerin einen Antrag auf Altersrente. In dem Antragsvordruck für Versichertenrente, bei der Beklagten eingegangen am 11. Oktober 2004, gab die Klägerin folgende Beschäftigungszeiten in Deutschland an: - 1954 bis 1957 Friseurlehrling bei J - 1957 bis 1959 Friseurin bei J - 1959 bis 1961 Friseurin bei P
Auf Nachfrage der Beklagten gab die Klägerin an, keine Versicherungsunterlagen über die geltend gemachten Beitragszeiten zu besitzen. Ermittlungen der Beklagten bei den ehemaligen Landesversicherungsanstalten (LVA) Thüringen, Hessen, B , Rheinland-Pfalz sowie dem Landesamt für Gesundheit und Soziales B , den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) Marburg-Biedenkopf, Rhein-Lahn, S und Hessen sowie der IKK für Nord- und Mittelhessen verliefen ergebnislos.
Mit Schreiben vom 23. Februar 2005 bescheinigte die Friseurinnung B , dass die Klägerin in der Zeit vom 1. September 1954 bis zum 31. August 1957 eine Ausbildung zur Friseurin ohne Abschluss im Friseurbetrieb J in B absolviert hätte.
In dem Schreiben der Stadt S vom 16. März 2005 wurde der Beklagten mitgeteilt, dass an die Klägerin am 21. März 1960 eine Quittungskarte (Nr. 1/ Ursprungsanstalt LVA Hessen) ausgestellt worden sei. Der Friseursalon, in welchem die Klägerin nach eigener Angabe beschäftigt gewesen war, existiere heute nicht mehr. Der damalige Inhaber, Herr P , sei am 4. Januar 1995 verstorben. Der Sohn des damaligen Inhabers, Herr D , sei selbst in diesem Friseursalon beschäftigt gewesen und könne eventuell Angaben zu den Beschäftigungszeiten der Klägerin machen.
Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten B teilte mit Schreiben vom 2. Mai bzw. 9. Juni 2005 mit, dass die Klägerin seit dem 18. November 1961 in B gemeldet gewesen sei.
In einem Telefonat der Beklagten mit Herrn D am 3. Juni 2005 bestätigte dieser, dass die Klägerin damals bei seinem Vater gearbeitet habe und Beiträge an die AOK Hessen entrichtet worden seien. Nachweise hierüber besitze er jedoch nicht mehr.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Regelaltersrente ab dem 1. August 2005 in Höhe von monatlich 47,83 EUR. Dabei wurde die Anerkennung der Zeit vom 1. September 1957 bis zum 31. Dezember 1961 als Beitragszeit mit der Begründung abgelehnt, diese sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der Zeit vom 1. November 1962 bis zum 1. Dezember 1966 sowie vom 20. März 1967 bis zum 23. November 1971 wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Kindererziehung in dieser Zeit im Ausland stattgefunden habe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 26. Juli 2005 Widerspruch und führte dazu im Wesentlichen aus, die seitens der Beklagten nicht anerkannte Beitragszeit untergliedere sich in den Beschäftigungszeitraum vom 1. September 1957 bis Februar 1960 im Salon W in B und in den Beschäftigungszeitraum vom 2. März 1960 bis November 1961 im Salon R in S. Ihrem Widerspruchsschreiben fügte die Klägerin eine eidesstattliche Erklärung ihres ersten Ehemannes K vom 18. Juli 2005 bei, in welcher dieser erklärte, dass die Klägerin in den Jahren 1957 bis 1961 in Deutschland als Friseurin gearbeitet habe und insbesondere im Salon W in B von September 1957 bis Februar 1960 sowie im Salon R in S von März 1960 bis November 1961 vollzeitlich beschäftigt gewesen sei. Darüber hinaus wandte sich die Klägerin in ihrem Widerspruchsschreiben gegen die Nichtanerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in dem Zeitraum von 1962 bis 1971.
Weitere Ermittlungen der Beklagten bei der LVA Hessen, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, der LVA Rheinprovinz, der IKK für Nord- und Mittelhessen sowie der LVA B verliefen ergebnislos.
In einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 15. August 2005 erklärte die Klägerin an Eides statt, dass sie von September 1954 bis Februar 1957 im Salon Z , von September 1957 bis 1959 im Salon W , von 1959 bis Februar 1960 wiederum im Salon W sowie von 1960 bis August 1961 im Salon R beschäftigt gewesen sei. In dem Zeitraum September 1954 bis Februar 1960 sei sie fortlaufend bei Frau J Z beschäftigt gewesen. Es habe sich lediglich der Nachname ihrer Arbeitgeberin durch zweimalige Heirat geändert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wiederholte sie die bereits in ihrem Ausgangsbescheid dargelegten Gründe und führte ergänzend aus, dass die Klägerin Unterlagen, die eine Beitragsentrichtung vom 1. September bis zum 31. Dezember 1961 zur gesetzlichen Rentenversicherung belegen könnten, nicht vorgelegt habe. Auch die diesbezüglichen Anfragen der Beklagten bei den Versicherungsämtern B und S , bei der Handwerkskammer B sowie bei in Betracht kommenden Versicherungsanstalten und Krankenkassen seien ergebnislos verlaufen. Der Sohn des von der Klägerin genannten Arbeitgebers R habe der Beklagten zwar mitgeteilt, dass er sich an die Klägerin erinnern könne, Nachweise über eine Beitragsentrichtung lägen ihm jedoch nicht vor. Zudem sei die eidesstattliche Erklärung des Ehemannes der Klägerin zu ungenau und daher als Nachweis oder Mittel der Glaubhaftmachung ungeeignet. Da die Klägerin am 31. Oktober 1962 nach K ausgewandert sei, bestehe auch ein Anspruch auf Anerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ab dem 1. November 1962 nicht mehr.
Am 13. April 2006 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Lübeck erhoben.
Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen trägt sie vor, die Unterstellung, sie habe während der vier Jahre nicht in Deutschland gearbeitet, sei schon in Anbetracht ihrer damaligen persönlichen Verhältnisse und der damaligen gesellschaftlichen Normen absurd. Sie habe bis März 1960 bei ihren nichtvermögenden Eltern gewohnt und als sogenannte Grenzgängerin in W gearbeitet. Wenn zudem der Sohn des ehemaligen Arbeitgebers Salon R , Herr D , telefonisch bestätigt habe, dass er sich an die Klägerin erinnere, so könne dies nur als Bestätigung ihres Beschäftigungsverhältnisses verstanden werden. Dass der Nachweis über eine Beitragsentrichtung nach 45 Jahren nicht mehr vorhanden sei, sei kaum verwunderlich und dürfe daher auch nicht zu ihren Lasten gehen. Des Weiteren sei die abschätzige Bewertung der eidesstattlichen Erklärung des Herrn Kannemann unverständlich, da die von ihm gemachten Angaben sowohl die Arbeitgeber als auch die jeweiligen Beschäftigungszeiten belegen würden. Im Hinblick auf die Nichtanerkennung von Kindererziehungszeiten beanspruche sie nunmehr eine Kindererziehungszeit von 11 Monaten, beginnend mit der Geburt ihres Sohnes F am 1961 in B bis zu der Auswanderung Ende Oktober 1962. In der Einverständniserklärung zur Beiziehung der Unterlagen ihrer ehemaligen Arbeitgeber nannte die Klägerin als Beschäftigungszeiten: - Sept. 1954 bis Feb. 1957 Salon Z , - Sept. 1957 bis 1959 Salon W , - 1959 bis Feb. 1960 Salon W , - 1960 bis Aug. 1961 Salon P ,.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2006 zu verurteilen, ihr ab dem 1. August 2005 unter zusätzlicher Berücksichtigung von Beitragszeiten in der Zeit vom 1. September 1957 bis zum 31. November 1961 sowie von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 2 1961 bis zum 31. Oktober 1962 eine entsprechend höhere Altersrente zu gewähren.
Die Beklagte hat ursprünglich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verwies zunächst auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Auf Nachfrage des Gerichts zur Feststellung von Versicherungszeiten der Klägerin hat Herr D mit Schreiben vom 27. Januar 2008 bekundet, er habe als Geselle im Salon seines Vaters in S gearbeitet. Dieser habe sich um die Buchführung des Salons und auch um Fragen der Sozialversicherung der Mitarbeiter gekümmert. Die Quittungs- und Versicherungskarten der Mitarbeiter seien diesen ausgehändigt worden. Die Klägerin habe als Friseurin im Salon des Vaters in einem Zeitraum von etwa ein bis zwei Jahren gearbeitet. Es seien für sie Sozialversicherungsbeiträge an die AOK Hessen sowie die LVA Hessen abgeführt worden.
Mit Schriftsatz vom 23. April 2008, bei Gericht eingegangen am 2. Mai 2008, teilt die Beklagte mit, dass auf Grund der Angabe des Zeugen R und der am 21. März 1960 ausgestellten und nicht aufgerechneten Versicherungskarte Nr. 1 der LVA Hessen die Zeit vom 1. März 1960 bis zum 31. August 1961 als glaubhaft gemachte Beitragszeit anerkannt werde. Die anschließende Zeit bis November 1961 sei aufgrund der unterschiedlichen Angaben der Klägerin zum Beschäftigungsende und der ungenauen Angaben des Zeugen zur Beschäftigungsdauer nicht glaubhaft gemacht.
Die Klägerin trägt mit Schriftsatz vom 8. September 2008, bei Gericht eingegangen am 8. Oktober 2008, weiter vor, die Aussage des Herrn R , die Klägerin habe etwa ein bis zwei Jahre in dem Salon R gearbeitet, müsse zusammen mit der eidesstattlichen Erklärung ihres damaligen Ehemannes vom 25. Juli 2005 ausreichen, um ihren Anspruch auf Anrechnung der Beitragszeit anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt nunmehr sinngemäß,
die Klage abzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis vom 2. Mai 2008 hinausgeht.
Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und zusammen mit der Prozessakte zum Gegenstand der Entscheidungsfindung gemacht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Klage ist teilweise unzulässig, im Übrigen nur teilweise begründet.
Die Klage ist bereits teilweise unzulässig. Dem Klageantrag der Klägerin auf Anerkennung der Zeit vom 2 1961 bis zum 31. Oktober 1962 als Kindererziehungszeit bzw. Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung gemäß §§ 56, 57 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) fehlt das Rechtsschutzinteresse, da die Klage insoweit keinen irgendwie erkennbaren Vorteil für die Klägerin haben kann. Denn die Beklagte hat bereits mit Bescheid vom 28. Juni 2005 die Zeit vom 1. Dezember 1961 bis zum 31. Oktober 1962 als Kindererziehungszeit sowie die Zeit vom 2 1961 bis zum 31.Oktober 1962 für den am 1961 geborenen Sohn F anerkannt hat.
Im Übrigen ist die Klage zulässig. Sie wurde fristgerecht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG erhoben. Die örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts Lübeck ergibt sich aus § 57 Abs. 3 SGG.
Die insoweit zulässige Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. In dem Schriftsatz vom 23. April 2008 hat die Beklagte das Klagebegehren teilweise anerkannt. Da die Klägerin dieses Teilanerkenntnis nicht angenommen hat, ist die Beklagte nach § 202 SGG in Verbindung mit § 307 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ihrem (Teil-) Anerkenntnis gemäß zu verurteilen, ohne dass es der Prüfung der Berechtigung des Klageanspruchs bedarf (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.09.1977 – 5 RKn 18/76, SozR 1750 § 307 Nr. 1; BSG, Urteil vom 12.07.1988 – 4/11a RA 16/87, SozR 6580 Art. 5 Nr. 4). Ein ausdrücklich auf den Erlass eines Anerkenntnisurteils gerichteter Antrag der Klägerin ist dabei nicht erforderlich. Auch die Vorschrift des § 101 Abs. 2 SGG steht einer Verurteilung der Beklagten gemäß dem von ihr abgegebenen Anerkenntnis nicht entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 12.07.1988 – 4/11a RA 16/87, SozR 6580 Art. 5 Nr. 4 m. w. Nachw.).
Einen Anspruch auf Anerkennung von Beitragszeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 SGB VI kann die Klägerin aber weder für die Zeit vom 1. September 1957 bis Februar 1960 noch für die Zeit vom 1. September 1961 bis zum 31. Oktober 1961 geltend machen.
Zur Überzeugung des Gerichts hat die Klägerin weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, in den betreffenden Zeiträumen eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt und Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet zu haben.
Der Nachweis einer behaupteten Tatsache ist erbracht, wenn ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit besteht, dass kein vernünftiger Mensch noch an ihrer Richtigkeit zweifelt (Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, 9. Auflage 2008, § 118 Rdnr. 5).
Im vorliegenden Fall konnten Feststellungen über eine wirksame Beitragszahlung und versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 55 Abs. 1 SGB VI weder für die Zeit vom 1. September 1957 bis Februar 1960 noch für die Zeit vom 1. September 1961 bis zum 31. Oktober 1961 mit der erforderlichen Gewissheit getroffen werden.
Die Klägerin selbst verfügt über keine Unterlagen aus den betreffenden Zeiträumen, die ihre Angaben zu einer versicherungspflichtigen Beschäftigung sowie zu einer tatsächlichen Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung belegen könnten. Auch konnten Unterlagen insbesondere weder bei den in Betracht kommenden Versicherungskartenarchiven der Versicherungsanstalten noch bei den entsprechenden Krankenkassen ermittelt werden.
Die Klägerin kann sich nicht auf die Beweiserleichterung der Regelung in § 286 Abs. 4 SGB VI berufen, die sich auf Zeiten bis zum 31. Dezember 1972 bezieht. Danach werden verlorene, unbrauchbare oder zerstörte Versicherungskarten durch die Träger der Rentenversicherung vorbehaltlich des § 286a Abs. 1 SGB VI ersetzt. Wie sich aus § 286 Abs. 4 Satz 2 SGB VI ergibt, setzt dies wiederum den Nachweis von Beiträgen und Arbeitsentgelten voraus. Daran fehlte es hier jedoch gerade.
Der Klägerin ist auch nicht die Glaubhaftmachung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und einer Beitragszahlung gemäß § 286 Abs. 5 SGB VI gelungen. Machen danach die Versicherten für Zeiten vor dem 1. Januar 1973 glaubhaft, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben, die vor dem Ausstellungstag der Versicherungskarte liegt oder nicht auf der Karte bescheinigt ist, und für diese Beschäftigungszeit entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, ist die Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen. Voraussetzung dafür ist, dass die Beschäftigung in einer Versicherungskarte einzutragen gewesen wäre. Dabei ist es unerheblich, ob eine Versicherungskarte überhaupt ausgestellt wurde oder die Eintragung tatsächlich erfolgt ist (Gürtner, in: Niesel u. a. (Hrsg.), Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 286 SGB VI Rdnr. 20 (2005)).
Die Glaubhaftmachung richtet sich nach § 23 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist eine Tatsache als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet demnach das Dartun der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1977 – 10 RV 15/77, BSGE 45, 1, 9 ff.; BSG, Urteil vom 17.12.1980 – 12 RK 42/80, SozR 5070 § 3 Nr. 1). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht absolut mehr für als gegen die glaubhaft gemachte Tatsache sprechen. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht hingegen nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
Das erkennende Gericht hält es jedoch nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. September 1957 bis Februar 1960 Beiträge im Rahmen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in dem Salon W in B entrichtet hat.
Hierbei kommt den von der Klägerin mit Schreiben vom 15. August 2005 sowie den von dem damaligen Ehegatten K mit Schreiben vom 18. Juli 2005 abgegeben Erklärungen zu den Beschäftigungszeiten rechtlich kein größerer Beweiswert als formlose Erklärungen eines Beteiligten oder eines Zeugen zu. Denn gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 SGB X kann die Versicherung an Eides Statt nur dann zugelassen werden, wenn eine solche durch eine entsprechende Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Dies wird in § 286 Abs. 5 SGB VI jedoch gerade nicht angeordnet.
Die insoweit als formlose Erklärung zu bewertenden Angaben der Klägerin stimmen zwar mit der Erklärung ihres Ehemannes im Hinblick auf die geltend gemachte Dauer der Beschäftigung im Salon W in B von September 1967 bis Februar 1960 überein. Das Vorliegen einer Beitragszahlung allein auf Grund der Aussagen über eine mögliche Beschäftigungsdauer ist damit hingegen nicht glaubhaft gemacht im Sinne des § 286 Abs. 5 SGB VI. Weitere erreichbare Beweismittel wie beispielsweise Arbeitgeberbescheinigungen, Arbeitszeugnisse oder Arbeitsverträge, die generell geeignet sind, die Wahrscheinlichkeit der Tatsache in einem ausreichenden Maß darzutun, sind vorliegend nicht ersichtlich. Auch die durchgeführten Ermittlungen haben die Erklärungen der Klägerin nicht bestätigen können.
Auch im Hinblick auf den geltend gemachten Beschäftigungszeitraum ab dem 1. September 1961 ist der Klägerin die Glaubhaftmachung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gemäß § 286 Abs. 5 SGB VI nicht gelungen. Zwar hat die Beklagte die Zeit vom 1. März 1960 bis zum 31. August 1961 als glaubhaft gemachte Beitragszeit unter Zugrundelegung der Angaben des Zeugen D und der am 21. März 1960 ausgestellten Versicherungskarte anerkannt. Gleichwohl lässt dies nicht den Schluss auf eine sich an diesen Zeitraum anschließende versicherungspflichtige Beschäftigung in dem Salon R zu. Vielmehr hat die Klägerin im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens unterschiedliche Angaben zu dem Beschäftigungsende gemacht. So machte sie beispielsweise in der Klagebegründung vom 18. April 2006 einen Zeitraum bis Ende November 1961 geltend, während in ihrer Erklärung vom 16. Mai 2006 wie auch bereits in der Erklärung vom 15. August 2005 ein Zeitraum bis August 1961 angegeben wurde. In der schriftlichen Erklärung des damaligen Ehemannes vom 25. Juli 2005 ist wiederum November 1961 als Beschäftigungsende angeführt. Dass Herr D sich nicht mehr an die genaue Beschäftigungsdauer der Klägerin in dem Betrieb seines Vaters erinnern konnte, ist aufgrund des langen Zeitablaufs zwar nachvollziehbar. Allerdings erscheint es dem Gericht auf Grund der insoweit ungenauen Bekundung und der unterschiedlichen Angaben der Klägerin zum Beschäftigungsende nicht überwiegend wahrscheinlich, dass über den von der Beklagten anerkannten Zeitraum hinaus ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 286 Abs. 5 SGB VI tatsächlich noch bestand.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dr. Leopold
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Anerkennung von Beitragszeiten für die Zeit vom 1. September 1957 bis zum 31. November 1961 sowie die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 1961 bis zum 31. Oktober 1962.
Die am 1940 in B geborene Klägerin ist Staatsangehörige und lebt seit dem 31. Oktober 1962 in K. Sie ist Mutter zweier am 1961 in B und am 1964 in S , K , geborener Kinder.
Am 22. April 2004 stellte die Klägerin einen Antrag auf Altersrente. In dem Antragsvordruck für Versichertenrente, bei der Beklagten eingegangen am 11. Oktober 2004, gab die Klägerin folgende Beschäftigungszeiten in Deutschland an: - 1954 bis 1957 Friseurlehrling bei J - 1957 bis 1959 Friseurin bei J - 1959 bis 1961 Friseurin bei P
Auf Nachfrage der Beklagten gab die Klägerin an, keine Versicherungsunterlagen über die geltend gemachten Beitragszeiten zu besitzen. Ermittlungen der Beklagten bei den ehemaligen Landesversicherungsanstalten (LVA) Thüringen, Hessen, B , Rheinland-Pfalz sowie dem Landesamt für Gesundheit und Soziales B , den Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) Marburg-Biedenkopf, Rhein-Lahn, S und Hessen sowie der IKK für Nord- und Mittelhessen verliefen ergebnislos.
Mit Schreiben vom 23. Februar 2005 bescheinigte die Friseurinnung B , dass die Klägerin in der Zeit vom 1. September 1954 bis zum 31. August 1957 eine Ausbildung zur Friseurin ohne Abschluss im Friseurbetrieb J in B absolviert hätte.
In dem Schreiben der Stadt S vom 16. März 2005 wurde der Beklagten mitgeteilt, dass an die Klägerin am 21. März 1960 eine Quittungskarte (Nr. 1/ Ursprungsanstalt LVA Hessen) ausgestellt worden sei. Der Friseursalon, in welchem die Klägerin nach eigener Angabe beschäftigt gewesen war, existiere heute nicht mehr. Der damalige Inhaber, Herr P , sei am 4. Januar 1995 verstorben. Der Sohn des damaligen Inhabers, Herr D , sei selbst in diesem Friseursalon beschäftigt gewesen und könne eventuell Angaben zu den Beschäftigungszeiten der Klägerin machen.
Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten B teilte mit Schreiben vom 2. Mai bzw. 9. Juni 2005 mit, dass die Klägerin seit dem 18. November 1961 in B gemeldet gewesen sei.
In einem Telefonat der Beklagten mit Herrn D am 3. Juni 2005 bestätigte dieser, dass die Klägerin damals bei seinem Vater gearbeitet habe und Beiträge an die AOK Hessen entrichtet worden seien. Nachweise hierüber besitze er jedoch nicht mehr.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin eine Regelaltersrente ab dem 1. August 2005 in Höhe von monatlich 47,83 EUR. Dabei wurde die Anerkennung der Zeit vom 1. September 1957 bis zum 31. Dezember 1961 als Beitragszeit mit der Begründung abgelehnt, diese sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Die Anerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in der Zeit vom 1. November 1962 bis zum 1. Dezember 1966 sowie vom 20. März 1967 bis zum 23. November 1971 wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Kindererziehung in dieser Zeit im Ausland stattgefunden habe.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 26. Juli 2005 Widerspruch und führte dazu im Wesentlichen aus, die seitens der Beklagten nicht anerkannte Beitragszeit untergliedere sich in den Beschäftigungszeitraum vom 1. September 1957 bis Februar 1960 im Salon W in B und in den Beschäftigungszeitraum vom 2. März 1960 bis November 1961 im Salon R in S. Ihrem Widerspruchsschreiben fügte die Klägerin eine eidesstattliche Erklärung ihres ersten Ehemannes K vom 18. Juli 2005 bei, in welcher dieser erklärte, dass die Klägerin in den Jahren 1957 bis 1961 in Deutschland als Friseurin gearbeitet habe und insbesondere im Salon W in B von September 1957 bis Februar 1960 sowie im Salon R in S von März 1960 bis November 1961 vollzeitlich beschäftigt gewesen sei. Darüber hinaus wandte sich die Klägerin in ihrem Widerspruchsschreiben gegen die Nichtanerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung in dem Zeitraum von 1962 bis 1971.
Weitere Ermittlungen der Beklagten bei der LVA Hessen, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, der LVA Rheinprovinz, der IKK für Nord- und Mittelhessen sowie der LVA B verliefen ergebnislos.
In einem an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 15. August 2005 erklärte die Klägerin an Eides statt, dass sie von September 1954 bis Februar 1957 im Salon Z , von September 1957 bis 1959 im Salon W , von 1959 bis Februar 1960 wiederum im Salon W sowie von 1960 bis August 1961 im Salon R beschäftigt gewesen sei. In dem Zeitraum September 1954 bis Februar 1960 sei sie fortlaufend bei Frau J Z beschäftigt gewesen. Es habe sich lediglich der Nachname ihrer Arbeitgeberin durch zweimalige Heirat geändert.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wiederholte sie die bereits in ihrem Ausgangsbescheid dargelegten Gründe und führte ergänzend aus, dass die Klägerin Unterlagen, die eine Beitragsentrichtung vom 1. September bis zum 31. Dezember 1961 zur gesetzlichen Rentenversicherung belegen könnten, nicht vorgelegt habe. Auch die diesbezüglichen Anfragen der Beklagten bei den Versicherungsämtern B und S , bei der Handwerkskammer B sowie bei in Betracht kommenden Versicherungsanstalten und Krankenkassen seien ergebnislos verlaufen. Der Sohn des von der Klägerin genannten Arbeitgebers R habe der Beklagten zwar mitgeteilt, dass er sich an die Klägerin erinnern könne, Nachweise über eine Beitragsentrichtung lägen ihm jedoch nicht vor. Zudem sei die eidesstattliche Erklärung des Ehemannes der Klägerin zu ungenau und daher als Nachweis oder Mittel der Glaubhaftmachung ungeeignet. Da die Klägerin am 31. Oktober 1962 nach K ausgewandert sei, bestehe auch ein Anspruch auf Anerkennung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung ab dem 1. November 1962 nicht mehr.
Am 13. April 2006 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Lübeck erhoben.
Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen trägt sie vor, die Unterstellung, sie habe während der vier Jahre nicht in Deutschland gearbeitet, sei schon in Anbetracht ihrer damaligen persönlichen Verhältnisse und der damaligen gesellschaftlichen Normen absurd. Sie habe bis März 1960 bei ihren nichtvermögenden Eltern gewohnt und als sogenannte Grenzgängerin in W gearbeitet. Wenn zudem der Sohn des ehemaligen Arbeitgebers Salon R , Herr D , telefonisch bestätigt habe, dass er sich an die Klägerin erinnere, so könne dies nur als Bestätigung ihres Beschäftigungsverhältnisses verstanden werden. Dass der Nachweis über eine Beitragsentrichtung nach 45 Jahren nicht mehr vorhanden sei, sei kaum verwunderlich und dürfe daher auch nicht zu ihren Lasten gehen. Des Weiteren sei die abschätzige Bewertung der eidesstattlichen Erklärung des Herrn Kannemann unverständlich, da die von ihm gemachten Angaben sowohl die Arbeitgeber als auch die jeweiligen Beschäftigungszeiten belegen würden. Im Hinblick auf die Nichtanerkennung von Kindererziehungszeiten beanspruche sie nunmehr eine Kindererziehungszeit von 11 Monaten, beginnend mit der Geburt ihres Sohnes F am 1961 in B bis zu der Auswanderung Ende Oktober 1962. In der Einverständniserklärung zur Beiziehung der Unterlagen ihrer ehemaligen Arbeitgeber nannte die Klägerin als Beschäftigungszeiten: - Sept. 1954 bis Feb. 1957 Salon Z , - Sept. 1957 bis 1959 Salon W , - 1959 bis Feb. 1960 Salon W , - 1960 bis Aug. 1961 Salon P ,.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 28. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2006 zu verurteilen, ihr ab dem 1. August 2005 unter zusätzlicher Berücksichtigung von Beitragszeiten in der Zeit vom 1. September 1957 bis zum 31. November 1961 sowie von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vom 2 1961 bis zum 31. Oktober 1962 eine entsprechend höhere Altersrente zu gewähren.
Die Beklagte hat ursprünglich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verwies zunächst auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.
Auf Nachfrage des Gerichts zur Feststellung von Versicherungszeiten der Klägerin hat Herr D mit Schreiben vom 27. Januar 2008 bekundet, er habe als Geselle im Salon seines Vaters in S gearbeitet. Dieser habe sich um die Buchführung des Salons und auch um Fragen der Sozialversicherung der Mitarbeiter gekümmert. Die Quittungs- und Versicherungskarten der Mitarbeiter seien diesen ausgehändigt worden. Die Klägerin habe als Friseurin im Salon des Vaters in einem Zeitraum von etwa ein bis zwei Jahren gearbeitet. Es seien für sie Sozialversicherungsbeiträge an die AOK Hessen sowie die LVA Hessen abgeführt worden.
Mit Schriftsatz vom 23. April 2008, bei Gericht eingegangen am 2. Mai 2008, teilt die Beklagte mit, dass auf Grund der Angabe des Zeugen R und der am 21. März 1960 ausgestellten und nicht aufgerechneten Versicherungskarte Nr. 1 der LVA Hessen die Zeit vom 1. März 1960 bis zum 31. August 1961 als glaubhaft gemachte Beitragszeit anerkannt werde. Die anschließende Zeit bis November 1961 sei aufgrund der unterschiedlichen Angaben der Klägerin zum Beschäftigungsende und der ungenauen Angaben des Zeugen zur Beschäftigungsdauer nicht glaubhaft gemacht.
Die Klägerin trägt mit Schriftsatz vom 8. September 2008, bei Gericht eingegangen am 8. Oktober 2008, weiter vor, die Aussage des Herrn R , die Klägerin habe etwa ein bis zwei Jahre in dem Salon R gearbeitet, müsse zusammen mit der eidesstattlichen Erklärung ihres damaligen Ehemannes vom 25. Juli 2005 ausreichen, um ihren Anspruch auf Anrechnung der Beitragszeit anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt nunmehr sinngemäß,
die Klage abzuweisen, soweit sie über das Teilanerkenntnis vom 2. Mai 2008 hinausgeht.
Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten beigezogen und zusammen mit der Prozessakte zum Gegenstand der Entscheidungsfindung gemacht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die Klage ist teilweise unzulässig, im Übrigen nur teilweise begründet.
Die Klage ist bereits teilweise unzulässig. Dem Klageantrag der Klägerin auf Anerkennung der Zeit vom 2 1961 bis zum 31. Oktober 1962 als Kindererziehungszeit bzw. Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung gemäß §§ 56, 57 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) fehlt das Rechtsschutzinteresse, da die Klage insoweit keinen irgendwie erkennbaren Vorteil für die Klägerin haben kann. Denn die Beklagte hat bereits mit Bescheid vom 28. Juni 2005 die Zeit vom 1. Dezember 1961 bis zum 31. Oktober 1962 als Kindererziehungszeit sowie die Zeit vom 2 1961 bis zum 31.Oktober 1962 für den am 1961 geborenen Sohn F anerkannt hat.
Im Übrigen ist die Klage zulässig. Sie wurde fristgerecht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 87 Abs. 1 Satz 2 SGG erhoben. Die örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts Lübeck ergibt sich aus § 57 Abs. 3 SGG.
Die insoweit zulässige Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. In dem Schriftsatz vom 23. April 2008 hat die Beklagte das Klagebegehren teilweise anerkannt. Da die Klägerin dieses Teilanerkenntnis nicht angenommen hat, ist die Beklagte nach § 202 SGG in Verbindung mit § 307 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) ihrem (Teil-) Anerkenntnis gemäß zu verurteilen, ohne dass es der Prüfung der Berechtigung des Klageanspruchs bedarf (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.09.1977 – 5 RKn 18/76, SozR 1750 § 307 Nr. 1; BSG, Urteil vom 12.07.1988 – 4/11a RA 16/87, SozR 6580 Art. 5 Nr. 4). Ein ausdrücklich auf den Erlass eines Anerkenntnisurteils gerichteter Antrag der Klägerin ist dabei nicht erforderlich. Auch die Vorschrift des § 101 Abs. 2 SGG steht einer Verurteilung der Beklagten gemäß dem von ihr abgegebenen Anerkenntnis nicht entgegen (vgl. BSG, Urteil vom 12.07.1988 – 4/11a RA 16/87, SozR 6580 Art. 5 Nr. 4 m. w. Nachw.).
Einen Anspruch auf Anerkennung von Beitragszeiten im Sinne des § 55 Abs. 1 SGB VI kann die Klägerin aber weder für die Zeit vom 1. September 1957 bis Februar 1960 noch für die Zeit vom 1. September 1961 bis zum 31. Oktober 1961 geltend machen.
Zur Überzeugung des Gerichts hat die Klägerin weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, in den betreffenden Zeiträumen eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt und Beiträge zur Rentenversicherung entrichtet zu haben.
Der Nachweis einer behaupteten Tatsache ist erbracht, wenn ein so hoher Grad an Wahrscheinlichkeit besteht, dass kein vernünftiger Mensch noch an ihrer Richtigkeit zweifelt (Meyer-Ladewig, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (Hrsg.), SGG, 9. Auflage 2008, § 118 Rdnr. 5).
Im vorliegenden Fall konnten Feststellungen über eine wirksame Beitragszahlung und versicherungspflichtige Beschäftigung im Sinne des § 55 Abs. 1 SGB VI weder für die Zeit vom 1. September 1957 bis Februar 1960 noch für die Zeit vom 1. September 1961 bis zum 31. Oktober 1961 mit der erforderlichen Gewissheit getroffen werden.
Die Klägerin selbst verfügt über keine Unterlagen aus den betreffenden Zeiträumen, die ihre Angaben zu einer versicherungspflichtigen Beschäftigung sowie zu einer tatsächlichen Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung belegen könnten. Auch konnten Unterlagen insbesondere weder bei den in Betracht kommenden Versicherungskartenarchiven der Versicherungsanstalten noch bei den entsprechenden Krankenkassen ermittelt werden.
Die Klägerin kann sich nicht auf die Beweiserleichterung der Regelung in § 286 Abs. 4 SGB VI berufen, die sich auf Zeiten bis zum 31. Dezember 1972 bezieht. Danach werden verlorene, unbrauchbare oder zerstörte Versicherungskarten durch die Träger der Rentenversicherung vorbehaltlich des § 286a Abs. 1 SGB VI ersetzt. Wie sich aus § 286 Abs. 4 Satz 2 SGB VI ergibt, setzt dies wiederum den Nachweis von Beiträgen und Arbeitsentgelten voraus. Daran fehlte es hier jedoch gerade.
Der Klägerin ist auch nicht die Glaubhaftmachung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung und einer Beitragszahlung gemäß § 286 Abs. 5 SGB VI gelungen. Machen danach die Versicherten für Zeiten vor dem 1. Januar 1973 glaubhaft, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben, die vor dem Ausstellungstag der Versicherungskarte liegt oder nicht auf der Karte bescheinigt ist, und für diese Beschäftigungszeit entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, ist die Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen. Voraussetzung dafür ist, dass die Beschäftigung in einer Versicherungskarte einzutragen gewesen wäre. Dabei ist es unerheblich, ob eine Versicherungskarte überhaupt ausgestellt wurde oder die Eintragung tatsächlich erfolgt ist (Gürtner, in: Niesel u. a. (Hrsg.), Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 286 SGB VI Rdnr. 20 (2005)).
Die Glaubhaftmachung richtet sich nach § 23 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist eine Tatsache als glaubhaft gemacht anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Glaubhaftmachung bedeutet demnach das Dartun der guten Möglichkeit, dass der Vorgang sich so zugetragen hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG, Urteil vom 22.09.1977 – 10 RV 15/77, BSGE 45, 1, 9 ff.; BSG, Urteil vom 17.12.1980 – 12 RK 42/80, SozR 5070 § 3 Nr. 1). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht absolut mehr für als gegen die glaubhaft gemachte Tatsache sprechen. Es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber einer das Übergewicht zukommen Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht hingegen nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001 – B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
Das erkennende Gericht hält es jedoch nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. September 1957 bis Februar 1960 Beiträge im Rahmen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung in dem Salon W in B entrichtet hat.
Hierbei kommt den von der Klägerin mit Schreiben vom 15. August 2005 sowie den von dem damaligen Ehegatten K mit Schreiben vom 18. Juli 2005 abgegeben Erklärungen zu den Beschäftigungszeiten rechtlich kein größerer Beweiswert als formlose Erklärungen eines Beteiligten oder eines Zeugen zu. Denn gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 SGB X kann die Versicherung an Eides Statt nur dann zugelassen werden, wenn eine solche durch eine entsprechende Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Dies wird in § 286 Abs. 5 SGB VI jedoch gerade nicht angeordnet.
Die insoweit als formlose Erklärung zu bewertenden Angaben der Klägerin stimmen zwar mit der Erklärung ihres Ehemannes im Hinblick auf die geltend gemachte Dauer der Beschäftigung im Salon W in B von September 1967 bis Februar 1960 überein. Das Vorliegen einer Beitragszahlung allein auf Grund der Aussagen über eine mögliche Beschäftigungsdauer ist damit hingegen nicht glaubhaft gemacht im Sinne des § 286 Abs. 5 SGB VI. Weitere erreichbare Beweismittel wie beispielsweise Arbeitgeberbescheinigungen, Arbeitszeugnisse oder Arbeitsverträge, die generell geeignet sind, die Wahrscheinlichkeit der Tatsache in einem ausreichenden Maß darzutun, sind vorliegend nicht ersichtlich. Auch die durchgeführten Ermittlungen haben die Erklärungen der Klägerin nicht bestätigen können.
Auch im Hinblick auf den geltend gemachten Beschäftigungszeitraum ab dem 1. September 1961 ist der Klägerin die Glaubhaftmachung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gemäß § 286 Abs. 5 SGB VI nicht gelungen. Zwar hat die Beklagte die Zeit vom 1. März 1960 bis zum 31. August 1961 als glaubhaft gemachte Beitragszeit unter Zugrundelegung der Angaben des Zeugen D und der am 21. März 1960 ausgestellten Versicherungskarte anerkannt. Gleichwohl lässt dies nicht den Schluss auf eine sich an diesen Zeitraum anschließende versicherungspflichtige Beschäftigung in dem Salon R zu. Vielmehr hat die Klägerin im Laufe des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens unterschiedliche Angaben zu dem Beschäftigungsende gemacht. So machte sie beispielsweise in der Klagebegründung vom 18. April 2006 einen Zeitraum bis Ende November 1961 geltend, während in ihrer Erklärung vom 16. Mai 2006 wie auch bereits in der Erklärung vom 15. August 2005 ein Zeitraum bis August 1961 angegeben wurde. In der schriftlichen Erklärung des damaligen Ehemannes vom 25. Juli 2005 ist wiederum November 1961 als Beschäftigungsende angeführt. Dass Herr D sich nicht mehr an die genaue Beschäftigungsdauer der Klägerin in dem Betrieb seines Vaters erinnern konnte, ist aufgrund des langen Zeitablaufs zwar nachvollziehbar. Allerdings erscheint es dem Gericht auf Grund der insoweit ungenauen Bekundung und der unterschiedlichen Angaben der Klägerin zum Beschäftigungsende nicht überwiegend wahrscheinlich, dass über den von der Beklagten anerkannten Zeitraum hinaus ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 286 Abs. 5 SGB VI tatsächlich noch bestand.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dr. Leopold
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