Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
11
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 44 SB 1200/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 11 SB 295/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 23. Juli 2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde, mit der der Antragsteller sinngemäß die Verpflichtung des Antragsgegners erstrebt, vorläufig das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" (erhebliche Gehbehinderung) festzustellen, ist gemäß § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, insbesondere statthaft, jedoch in der Sache unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung abgelehnt. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentliche Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Antragsteller das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung - ZPO -).
Hiervon ausgehend hat der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsanspruches nicht glaubhaft gemacht. Anspruchsgrundlage für die Feststellung einer erheblichen Gehbehinderung ist § 69 Abs. 4 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch (SGB IX), wonach die zuständigen Behörden gesundheitliche Merkmale feststellen, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Zu diesen Merkmalen gehört die erhebliche Gehbehinderung im Sinne des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Danach ist ein schwerbehinderter Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, der infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Ob eine Einschränkung des Gehvermögens im vorgenannten Sinne gegeben ist, beurteilt sich im Interesse der Gleichbehandlung aller behinderten Menschen nach Maßgabe der in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP, herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziales, aktuelle Ausgabe: 2008) bzw. der in der Anlage zu § 2 der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen, vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassenen Verordnung vom 10. Dezember 2008 zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV -) niedergelegten Maßstäbe (vgl. hierzu vorliegend: Nr. 30 Abs. 3 bis 5, S. 136 ff. AHP 2008 bzw. Teil D Nr. 1 Buchstabe d) bis f), S. 114 f. der Anlage zu § 2 der VersMedV). Ob die insbesondere bedingt durch das Wirbelsäulen- und Hüftleiden sowie das bestehende Anfallsleiden bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen sich auf das Gehvermögen des Antragstellers derart auswirken, dass danach die Zuerkennung des Merkzeichens "G" gerechtfertigt ist, ist derzeit weder glaubhaft gemacht noch sonst nachgewiesen. Insbesondere die Befundberichte der behandelnden Ärztinnen Dipl.-med. S vom 3. November 2008 und S vom 3. November 2008, die bisher vorliegen, vermögen eine erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit des Antragstellers nicht zu belegen. Für eine Entscheidung über das Vorliegen des geltend gemachten Anspruches sind daher weitere medizinische Ermittlungen, ggf. die Einholung eines unabhängigen Sachverständigengutachtens, erforderlich, die wegen ihrer voraussichtlichen Dauer nicht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anzustellen sind.
Ist - wie vorliegend - dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen sind (Bundesverfassungsgericht, u. a. Beschluss vom 25. Februar 2009 - Az: 1 BvR 120/09 -). Abzuwägen sind die Folgen, die auf der einen Seite entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellte, dass der Anspruch besteht, und auf der anderen Seite die Nachteile, die entstünden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich im Hauptsacheverfahren aber herausstellte, dass der Anspruch nicht besteht.
Diese Folgenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, dass nicht ersichtlich ist, welche wesentlichen Nachteile dem Antragsteller entstünden, wenn er die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abwarten müsste. Soweit es dem Antragsteller darum gehen sollte, die mit der Zuordnung des Merkzeichens "G" verbundene kostenfreie Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs unter den Voraussetzungen des § 145 Abs.1 SGB IX in Anspruch nehmen zu können, hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass es bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren dem Antragsteller zuzumuten ist, die hierfür aufzuwendenden Kosten selbst zu tragen. Denn der Antragsteller verfügt nach eigenen Angaben über ein monatliches Einkommen von 696,11 EUR (622,80 EUR Rente und 73,31 EUR Leistungen der Grundsicherung). Dass der Antragsteller damit nicht in der Lage wäre, auch den erforderlichen persönlichen Bedarf an der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs jedenfalls einstweilen abzudecken, wie dies offensichtlich auch vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung möglich gewesen ist, hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen. Auch diesbezüglich eingetretene Veränderungen im Bedarf sind weder ersichtlich noch sonst von dem Antragsteller glaubhaft gemacht, der sich zur Begründung seines Antrages im Wesentlichen darauf beschränkt auszuführen, dass ein Anspruch auf die Zuerkennung des Merkmals "G" gegeben sei. Ob dies der Fall ist, wird aber gerade im Hauptsacheverfahren zu klären sein.
Weitere Nachteile, für die auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur "schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare" in Betracht kommen, um die begehrte einstweilige Anordnung im Rahmen einer Folgenabwägung erlassen zu können, sind durch den Antragsteller auch im Beschwerdevorbringen weder dargetan worden noch sind diese sonst ersichtlich.
Soweit der Antragsteller im Übrigen die Arbeitsweise bzw. Sachbehandlung durch die zuständigen Sachbearbeiter des Antragsgegners bzw. des erstinstanzlichen Richters beanstandet, kommen, wie bereits mit Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 20. August 2009 ausgeführt, allein dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen in Betracht. Hierfür ist der Senat indes nicht zuständig.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde, mit der der Antragsteller sinngemäß die Verpflichtung des Antragsgegners erstrebt, vorläufig das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs "G" (erhebliche Gehbehinderung) festzustellen, ist gemäß § 172 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, insbesondere statthaft, jedoch in der Sache unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung abgelehnt. Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentliche Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Antragsteller das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Anordnung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung - ZPO -).
Hiervon ausgehend hat der Antragsteller das Vorliegen eines Anordnungsanspruches nicht glaubhaft gemacht. Anspruchsgrundlage für die Feststellung einer erheblichen Gehbehinderung ist § 69 Abs. 4 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch (SGB IX), wonach die zuständigen Behörden gesundheitliche Merkmale feststellen, die Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Zu diesen Merkmalen gehört die erhebliche Gehbehinderung im Sinne des § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Danach ist ein schwerbehinderter Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt, der infolge einer Einschränkung des Gehvermögens (auch durch innere Leiden oder infolge von Anfällen oder Störungen der Orientierungsfähigkeit) nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Ob eine Einschränkung des Gehvermögens im vorgenannten Sinne gegeben ist, beurteilt sich im Interesse der Gleichbehandlung aller behinderten Menschen nach Maßgabe der in den "Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP, herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziales, aktuelle Ausgabe: 2008) bzw. der in der Anlage zu § 2 der zum 1. Januar 2009 in Kraft getretenen, vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassenen Verordnung vom 10. Dezember 2008 zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV -) niedergelegten Maßstäbe (vgl. hierzu vorliegend: Nr. 30 Abs. 3 bis 5, S. 136 ff. AHP 2008 bzw. Teil D Nr. 1 Buchstabe d) bis f), S. 114 f. der Anlage zu § 2 der VersMedV). Ob die insbesondere bedingt durch das Wirbelsäulen- und Hüftleiden sowie das bestehende Anfallsleiden bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen sich auf das Gehvermögen des Antragstellers derart auswirken, dass danach die Zuerkennung des Merkzeichens "G" gerechtfertigt ist, ist derzeit weder glaubhaft gemacht noch sonst nachgewiesen. Insbesondere die Befundberichte der behandelnden Ärztinnen Dipl.-med. S vom 3. November 2008 und S vom 3. November 2008, die bisher vorliegen, vermögen eine erhebliche Einschränkung der Gehfähigkeit des Antragstellers nicht zu belegen. Für eine Entscheidung über das Vorliegen des geltend gemachten Anspruches sind daher weitere medizinische Ermittlungen, ggf. die Einholung eines unabhängigen Sachverständigengutachtens, erforderlich, die wegen ihrer voraussichtlichen Dauer nicht im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes anzustellen sind.
Ist - wie vorliegend - dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen sind (Bundesverfassungsgericht, u. a. Beschluss vom 25. Februar 2009 - Az: 1 BvR 120/09 -). Abzuwägen sind die Folgen, die auf der einen Seite entstehen würden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung nicht erließe, sich jedoch im Hauptsacheverfahren herausstellte, dass der Anspruch besteht, und auf der anderen Seite die Nachteile, die entstünden, wenn das Gericht die einstweilige Anordnung erließe, sich im Hauptsacheverfahren aber herausstellte, dass der Anspruch nicht besteht.
Diese Folgenabwägung fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, dass nicht ersichtlich ist, welche wesentlichen Nachteile dem Antragsteller entstünden, wenn er die Entscheidung im Hauptsacheverfahren abwarten müsste. Soweit es dem Antragsteller darum gehen sollte, die mit der Zuordnung des Merkzeichens "G" verbundene kostenfreie Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs unter den Voraussetzungen des § 145 Abs.1 SGB IX in Anspruch nehmen zu können, hat das Sozialgericht zutreffend ausgeführt, dass es bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren dem Antragsteller zuzumuten ist, die hierfür aufzuwendenden Kosten selbst zu tragen. Denn der Antragsteller verfügt nach eigenen Angaben über ein monatliches Einkommen von 696,11 EUR (622,80 EUR Rente und 73,31 EUR Leistungen der Grundsicherung). Dass der Antragsteller damit nicht in der Lage wäre, auch den erforderlichen persönlichen Bedarf an der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs jedenfalls einstweilen abzudecken, wie dies offensichtlich auch vor dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung möglich gewesen ist, hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgetragen. Auch diesbezüglich eingetretene Veränderungen im Bedarf sind weder ersichtlich noch sonst von dem Antragsteller glaubhaft gemacht, der sich zur Begründung seines Antrages im Wesentlichen darauf beschränkt auszuführen, dass ein Anspruch auf die Zuerkennung des Merkmals "G" gegeben sei. Ob dies der Fall ist, wird aber gerade im Hauptsacheverfahren zu klären sein.
Weitere Nachteile, für die auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nur "schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare" in Betracht kommen, um die begehrte einstweilige Anordnung im Rahmen einer Folgenabwägung erlassen zu können, sind durch den Antragsteller auch im Beschwerdevorbringen weder dargetan worden noch sind diese sonst ersichtlich.
Soweit der Antragsteller im Übrigen die Arbeitsweise bzw. Sachbehandlung durch die zuständigen Sachbearbeiter des Antragsgegners bzw. des erstinstanzlichen Richters beanstandet, kommen, wie bereits mit Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 20. August 2009 ausgeführt, allein dienstaufsichtsrechtliche Maßnahmen in Betracht. Hierfür ist der Senat indes nicht zuständig.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§177 SGG).
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