Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1181/97
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 3827/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.09.1999 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (nur noch) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) bzw. wegen Berufsunfähigkeit (BU) für die Zeit von 1995 bis 2002 streitig.
Die am 1969 geborene Klägerin absolvierte von Dezember 1986 bis Oktober 1988 eine Ausbildung zur Verkäuferin im Bäckerhandwerk. In diesem Beruf war sie anschließend bis März 1991 tätig. Von August 1991 bis Mai 1993 war sie als Metzgereifachverkäuferin beschäftigt. Ab 02.03.1993 war die Klägerin arbeitsunfähig. Sie bezog zunächst Krankengeld und anschließend bis 07.12.1995 Arbeitslosengeld. Eine Beschäftigung hat die Klägerin danach nicht mehr aufgenommen.
Im Dezember 1995 beantragte der die Klägerin behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin T. auf deren Wunsch die Frühberentung und nannte als Diagnosen ein pseudoradikuläres Wirbelsäulensyndrom sowie an der rechten Hand ein Raynaud-Syndrom und ein Lymphödem. Im späteren Formularantrag gab die Klägerin zur Begründung ihres Rentenantrags an, auf ärztliches Anraten solle keine Berufstätigkeit mehr aufgenommen werden. Die Beklagte holte das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. St. ein, der die Klägerin im Februar 1996 untersuchte. Dabei klagte die Klägerin über stechende Schmerzen Tag und Nacht im rechten Unterarm, die in den Kopf und zum Teil auch in die Füße zögen, Übelkeit vor Schmerzen beim Autofahren in Kurven und eine Verkrampfung der rechten Hand; darüber hinaus würden sich die Wirbel verschieben, weshalb sie auch immer wieder eingerenkt werde. Auf Grund seiner Untersuchung konnte Dr. St. die geklagten Beschwerden weder einer Erkrankung auf neurologischem noch auf psychiatrischem Fachgebiet zuordnen. Ebenso wie zahlreiche Voruntersucher, bei denen die Klägerin entsprechende Beschwerden vorgebracht hatte, konnte er keine pathologischen Befunde erheben, aus denen eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Leistungsfähigkeit abgeleitet werden könne. Er diskutierte auch die Möglichkeit einer rein psychogenen Auslösung und Unterhaltung der Beschwerden im Sinne eines Konversionssyndroms, schloss diese aber nach entsprechender Exploration aus.
Mit Bescheid vom 27.03.1996 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin daraufhin im Wesentlichen mit der Begründung ab, sie könne in ihrem bisherigen Berufsbereich ebenso wie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin vollschichtig tätig sein. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, zwar hätten die durchgeführten Untersuchungen bisher keine klare Diagnose ergeben, jedoch seien ihre erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen (Verkrampfungen an Händen und Armen mit heftigen Schmerzen, extreme Bindegewebsschwäche) bestätigt worden. Inzwischen lägen im ganzen Bewegungsbereich erhebliche Schwächungen vor; es komme zu Wirbelverschiebungen. Auch eine Beckenverschiebung sei bereits diagnostiziert worden. Bewegungen führten zu erheblichen Schmerzen in den Armen, dem Genick und der übrigen Wirbelsäule. Die zweifellos glaubhaften Beschwerden führten zu einer EU. Die Beklagte holte Befundberichte bei den behandelnden Ärzten ein und zog zahlreiche Arztbriefe über neurologische, radiologische und sonographische Untersuchungen bei, wonach jeweils keine, die massiven Beschwerden erklärenden pathologischen Befunde erhoben werden konnten. Sodann veranlasste die Beklagte das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. S. , der die Klägerin im Dezember 1996 untersuchte. Er beschrieb auf seinem Fachgebiet eine wiederkehrende Cervikalgie mit linksseitigem Spannungskopfschmerz, Dorsalgien mit Verdacht auf wiederkehrende Blockierungen sowie Lumboischialgien mit pseudoradikulären Schmerzausstrahlungen bei initialer Osteochondrose L4/5 und L5/S1, eine Reizung des rechten Schultereckgelenks sowie unklare Paraesthesien des rechten Armes bei fraglichem Carpaltunnelsyndrom und angiologisch diagnostiziertem Morbus Raynaud. Eine ausreichende Erklärung für die von der Klägerin geklagten und im Vordergrund stehenden Beschwerden im Bereich des rechten Armes fand er von orthopädischer Seite nicht, auch die Diagnose Morbus Raynaud erkläre sie nicht. Insgesamt erachtete er leichte und mittelschwere Arbeiten ohne einförmige Haltung der Wirbelsäule sowie Tätigkeiten einer Verkäuferin vollschichtig für möglich. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.1997 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 23.04.1997 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Darüber hinaus hat sie geltend gemacht, insbesondere die Schmerzen im Schulter- und Armbereich hätten sich deutlich verschlimmert, wobei die geringste Berührung des Armes extreme Nervenschmerzen verursache. Sie könne den rechten Arm und die rechte Hand praktisch nicht benutzen. Ihr Zustand müsse in seiner Gesamtheit bewertet werden, wobei unerheblich sei, dass die offensichtlichen und glaubhaften Symptome bisher keinem Krankheitsbild hätten zugeordnet werden können. Es seien deshalb die Auswirkungen der festgestellten Beeinträchtigungen zu bewerten.
Das SG hat den Allgemeinarzt T. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört, der über die Schwellung im rechten Unterarm und die seit 1993 geklagten Schmerzen berichtet hat, die trotz diagnostischer Maßnahmen bisher keinem Krankheitsbild zuzuordnen gewesen seien. Das SG hat sodann das nervenärztliche Gutachten des Dr. Ka. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie im Zentrum für Psychiatrie E. , eingeholt, der von einer dissoziativen Bewegungsstörung des rechten Armes ausgegangen ist. Die Art der Beschwerden, das fehlende somatische Korrelat und die Beschwerdeschilderung bei eher geringer innerer Beteiligung passten zu einer derartigen Störung. Auffällig sei die in einzelnen ärztlichen Berichten beschriebene Schwellung des rechten Armes. Da keine medizinische Ursache habe nachgewiesen werden können, sei auch an ein artefizielles Geschehen zu denken. Der Klägerin könnten lediglich noch halbschichtige Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, die vorwiegend mit der linken Hand ausgeführt werden können, zugemutet werden. Gegen dieses Gutachten hat die Beklagte eingewandt, für die Annahme einer seelisch bedingten Funktionsstörung reiche der Ausschluss einer somatischen Begründung für die Beschwerden nicht aus. Mit Urteil vom 28.09.1999 hat das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die von der Klägerin geklagten Beschwerden seien durch die somatisch zu erhebenden Befunde nicht zu erklären, sodass sich eine mit deutlichen Funktionseinschränkungen einhergehende Erkrankung nicht nachweisen lasse.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 09.11.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.12.1999 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung (L 12 RA 4874/99) eingelegt und im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie u.a. den Arztbrief des Dr. W. , D. Klinik B. , vom 22.11.2000 vorgelegt, wonach in den nächsten Wochen ein stationärer Termin zur Operation des Pronator teres-Syndroms und des Karpaltunnelsyndroms vorgesehen sei. Mit Beschluss vom 23.11.2000 ist daraufhin das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Am 03.08.2007 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen und geltend gemacht, die seinerzeit in der D. Klinik B. durchgeführte Operation habe zu keiner dauerhaften Befundveränderung geführt. Sie leide noch immer unter erheblichen Beschwerden, durch die ihre Leistungsfähigkeit erheblich herabgesetzt sei. Der Arm und die Finger würden in gewissen zeitlichen Abständen anschwellen. Zwischenzeitlich müsse von der verfestigten Diagnose eines chronischen Gelenkrheumas ausgegangen werden. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat die Klägerin angegeben, ab 2002 nur noch durch ihren Hausarzt betreut worden zu sein. Seit dem Jahr 2003 habe sich ihr Zustand leicht verbessert, weshalb die Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht mehr vorliegen dürften. Angesichts dessen helfe auch eine aktuelle Begutachtung nicht weiter. Da sie jedoch in den Jahren 1995 bis 2002 so gravierend beeinträchtigt gewesen sei, dass sie keine drei Stunden täglich hätte arbeiten können, begehre sie für diesen Zeitraum eine Entscheidung. Nach wie vor problematisch sei zwar die diagnostische Zuordnung ihrer Beschwerden, jedoch dürfe ein chronisches Rheumaleiden bzw. eine Fibromyalgie für ihre Beschwerden verantwortlich sein.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.09.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.1997 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit von 1995 bis 2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und verweist darauf, dass den vorliegenden Unterlagen zwar entnommen werden könne, dass mit einer relativen Operationsindikation im Jahr 2000 am rechten Unterarm eine Entlastung des Medianus-Nervus von komprimierenden Strukturen vorgenommen worden sei. Da anschließend jedoch keine Besserung eingetreten sei, müsse davon ausgegangen werden, dass keine Kompression vorgelegen habe, auch wenn in dem Operationsbericht von einer Vermehrung festen Bindegewebes die Rede sei. Im Übrigen sei der für das Jahr 2002 mitgeteilte Befund, der zur Diagnose einer Fibromyalgie geführt habe, so vage wie das ganze Krankheitsbild. Offenbar hätten 2002 alle diagnostischen und therapeutischen Bemühungen um das unklare Krankheitsbild abrupt nachgelassen.
Der Senat hat Dr. S. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, den Allgemeinarzt T. , Dr. D., Oberarzt im Rheuma-Zentrum B. , PD Dr. Bo. , Handchirurgin in der D. Klinik B. , und Dr. Wu., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. S. hat von vier neurologischen Untersuchungen zwischen Oktober 2000 und Mai 2001 berichtet, anlässlich derer er keine neurologischen Auffälligkeiten bzw. Ausfälle habe feststellen können. Der Allgemeinarzt T. hat angegeben, die Klägerin zuletzt im November 2007 behandelt zu haben. Ihr Zustand habe sich in den letzten Jahren nicht verbessert. Sie könne gegenwärtig ihrer Tätigkeit als Metzgereifachverkäuferin nicht vollschichtig nachgehen; möglich sei lediglich stundenweise eine Tätigkeit als Haushaltshilfe. Dr. D. hat von einer ambulanten Vorstellung im April 2002 berichtet, bei der die Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms, eines blanden Cervikal- und Lumbalsyndroms sowie einer Adipositas per magna gestellt worden sei. PD Dr. Bo. hat ausgeführt, die Klägerin sei am 28.12.2000 operativ behandelt worden und habe sich anschließend mehrmals zu ambulanten Kontrollen vorgestellt. Insgesamt handele es sich um lokalisierte neurologische Krankheitsbilder. Dr. Wu. hat über eine einmalige Untersuchung im Februar 2002 berichtet, anlässlich derer ein organneurologisches Krankheitsbild nicht habe festgestellt werden können. Sie sei vom Vorliegen funktioneller Beschwerden ausgegangen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 27.3.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.3.1997 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. In dem Zeitraum von 1995 bis 2002, über den der Senat wegen der im Berufungsverfahren erfolgten Begrenzung des Streitgegenstandes allein noch zu befinden hat, hat die Klägerin weder Anspruch auf Rente wegen EU noch wegen BU. Denn es ist nicht festzustellen, dass die Klägerin in dem streitig gebliebenen Zeitraum erwerbsunfähig oder berufsunfähig gewesen ist.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind die §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Danach war Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen BU u.a. das Vorliegen von BU und auf Rente wegen EU u.a. das Vorliegen von EU. Die Voraussetzungen für die Annahme von BU oder EU hat das SG im Einzelnen dargelegt und es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin behaupteten massiven Beschwerden im Bereich des rechten Armes und der rechten Hand somatisch nicht zu erklären sind und die von Dr. Ka. diagnostizierte dissoziative Störung angesichts der im Gutachten dargestellten Zweifel, auf die die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 18.06.1999 ebenfalls hingewiesen hat, lediglich möglich erscheint und deshalb nicht nachgewiesen ist, was zu Lasten der Klägerin geht. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Im Ergebnis kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Klägerin ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Metzgereiverkäuferin oder ihre erlernte Tätigkeit als Bäckereifachverkäuferin im streitigen Zeitraum nicht mehr ausüben konnte. Die Frage nach einer Verweisungstätigkeit stellt sich daher nicht.
Die im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Sachaufklärung erwiesenen gesundheitlichen Störungen in Form von Wirbelsäulenbeschwerden mit Kopfschmerzen sowie gelegentlichen Schulter- und Hüftgelenksbeschwerden (Gutachten Dr. S. ) haben eine solche Tätigkeit nicht ausgeschlossen. Nach den von Dr. S. im Gutachten dargestellten Befunden und Beobachtungen war das Gangbild bei der Untersuchung unauffällig, die Beinmuskulatur normal entwickelt, die Wirbelsäulenabschnitte waren frei beweglich, die Wirbelsäulenmuskulatur war normal bis kräftig entwickelt. Abgesehen von einem Druckschmerz über dem rechten Schultereckgelenk und einem Trochanterdruckschmerz beidseits konnte Dr. S. insoweit keine Auffälligkeiten feststellen. Wenn er vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis gelangte, die Klägerin könne noch als Verkäuferin arbeiten, ist dies schlüssig und der Senat schließt sich dieser Beurteilung an.
Im Grunde führt die Klägerin den behaupteten Rentenanspruch auch nicht auf diese Gesundheitsstörungen zurück, sondern auf eine Gebrauchsunfähigkeit ihres rechten Armes und der rechten Hand. Allerdings vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin in dem streitigen Zeitraum außer Stande war, ihre rechte Hand bzw. ihren rechten Arm einzusetzen bzw. diese zu benutzen.
Insoweit fehlt es zunächst - worauf das SG zutreffend hingewiesen hat - an einer nachvollziehbaren somatischen Erklärung derartiger Beschwerden. Schließlich haben weder die bis zur Entscheidung des SG aufgesuchten Ärzte noch die im Anschluss hieran von der Klägerin zahlreich in Anspruch genommenen Untersucher die von ihr geklagten Beeinträchtigungen im Bereich des rechten Armes und der Hand einem somatischen Krankheitsbild zuordnen bzw. diese Beschwerden erklären können. Dies gilt auch für die angiologisch gestellte Diagnose eines Raynaud-Syndroms, worauf Dr. S. hingewiesen hat. Selbst mit der am 28.12.2000 in der D. Klinik B. durchgeführten operativen Behandlung, derentwegen das Berufungsverfahren mit Senatsbeschluss vom 23.11.2000 zum Ruhen gebracht worden ist, ist keine Befundsituation zu objektivieren, mit der die von der Klägerin behaupteten massiven Beschwerden hätten erklärt werden können. Zwar ist seinerzeit im Rahmen einer relativen Operationsindikation am rechten Unterarm eine Entlastung des Nervus medianus von komprimierenden Strukturen vorgenommen worden, jedoch hat diese nach den Ausführungen der Klägerin zu keiner Verbesserung der Beschwerdesituation geführt, sodass - worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat - nicht davon ausgegangen werden kann, dass tatsächlich eine solche, für die Schmerzzustände verantwortliche Kompression vorgelegen hat. Zuletzt hat Dr. Wu. ein Kompressionssyndrom als Ursache der Beschwerden sogar ausgeschlossen.
Auch eine Erkrankung auf psychiatrischen Gebiet ist nicht nachgewiesen. Ein Konversionssyndrom wurde bereits von Dr. St. ausgeschlossen. Die von Dr. Ka. diagnostizierte dissoziative Störung ist ebenfalls nicht erwiesen, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren zuletzt vermutet hat, für ihre Beschwerden dürften ein chronisches Rheumaleiden bzw. eine Fibromyalgie verantwortlich sein, ist dies medizinisch ebenfalls nicht nachvollziehbar. Eine derartige Diagnose hat in Bezug auf die von Beginn an in den Vordergrund ihrer Beeinträchtigungen gerückten Arm- und Handbeschwerden keiner der von ihr in Anspruch genommenen Ärzte oder Gutachter gestellt. Dr. D. , bei dem die Klägerin sich am 16.4.2002 vorgestellt hatte, hat ausweislich seines seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge beigefügten Arztbriefs vielmehr eine entzündliche rheumatische Erkrankung gerade ausgeschlossen und die Auffassung vertreten, dass das Krankheitsbild überwiegend funktioneller Natur sei. Vor dem Hintergrund dieses Erklärungsversuchs kann allerdings auch seine diagnostische Einschätzung, wonach ein Fibromyalgie-Syndrom vorliege, nicht überzeugen, zumal er als Befund lediglich ganz allgemein multiple druckschmerzhafte Tenderpoints in sämtlichen Körperregionen aufführt, was die Diagnose eines Fibromyalgie-Syndroms nicht beweist und ohnehin die gerade auf die rechte Gliedmaße bezogenen massiven Beschwerden nicht erklären würde.
Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass der geltend gemachte Rentenanspruch nicht zwingend eine medizinische Diagnose voraussetzt. Auch führt eine diagnostisch gesicherte Erkrankung nicht automatisch zur Annahme einer rentenrelevanten Erwerbsminderung. Entscheidend ist vor allem das tatsächliche Bestehen von Funktionsstörungen, die die maßgebliche berufliche Tätigkeit ausschließen. Gerade hiervon kann sich der Senat nicht überzeugen.
Dass die die Klägerin behandelnden Ärzte deren Schmerzangaben für ihre Befunderhebung und Diagnostik zu Grunde gelegt haben, führt zu keinem prozessualen Nachweis dieser Beschwerden oder gar deren Ausmaßes. Von Bedeutung ist vielmehr, dass im Rahmen der durchgeführten Begutachtungen keine Hinweise auf die von der Klägerin behauptete Gebrauchsunfähigkeit der rechten Gliedmaße gefunden worden sind. So fand Dr. St. bei seiner Untersuchung im Februar 1996 keine Atrophien am rechten Arm. Dr. S. stellte im Dezember 1996 für beide oberen Gliedmaße seitengleiche Bewegungsmaße, eine normale Entwicklung der Ober- und Unterarmmuskulatur, eine normale Formgebung der Handgelenke und sämtlicher Fingergelenke und einen kräftigen Faustschluss fest. Dies spricht gegen eine relevant verminderte Einsatzfähigkeit des rechten Armes und der rechten Hand. Auch bei der Untersuchung durch Dr. Ka. im März 1999 fanden sich keine geminderten Umfangmaße der rechten oberen Gliedmaße. Zu diesem Zeitpunkt aber soll nach den Angaben der Klägerin ihr rechter Arm bereits seit Monaten kaum einzusetzen gewesen sein (Schriftsatz vom August 1998). Im Falle einer derartigen praktischen Gebrauchsunfähigkeit aber wären entsprechende Veränderungen in Form von Muskelatrophien zu erwarten gewesen. Im Ergebnis vermag der Senat deshalb für seine Beurteilung die Angaben der Klägerin über eine massive Gebrauchsbeeinträchtigung des rechten Armes und der rechten Hand seiner Beurteilung nicht zu Grunde zu legen.
Nicht auszuschließen ist zwar angesichts der früheren häufigen Inanspruchnahme von Ärzten ein gewisser Leidensdruck der Klägerin, der eine gewisse Beschwerdesituation nahelegt. Weiter gehende, belastbare Indizien für vorhandene Schmerzzustände liegen aber nicht vor. Die in den Befundberichten zum Teil berichteten Schwellungen oder Verfärbungen sind hierzu nicht aussagekräftig. Für die festgestellte teilweise verminderte Nervenleitgeschwindigkeit im Bereich der rechten Hand gilt Gleiches, nachdem - wie bereits ausgeführt - von einer daraufhin vermuteten Kompression als Schmerzursache nicht ausgegangen werden kann. In jedem Fall aber lässt sich das Ausmaß eines allenfalls zu vermutenden Schmerzsyndroms nicht klären. Damit bleiben auch eventuell vorhandene oder vorhanden gewesene funktionelle Einschränkungen unklar. Diese Unklarheit geht nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11), bei den rentenbegründenden Tatsachen wie dem Vorliegen einer Leistungseinschränkung also zu Lasten der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist (nur noch) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) bzw. wegen Berufsunfähigkeit (BU) für die Zeit von 1995 bis 2002 streitig.
Die am 1969 geborene Klägerin absolvierte von Dezember 1986 bis Oktober 1988 eine Ausbildung zur Verkäuferin im Bäckerhandwerk. In diesem Beruf war sie anschließend bis März 1991 tätig. Von August 1991 bis Mai 1993 war sie als Metzgereifachverkäuferin beschäftigt. Ab 02.03.1993 war die Klägerin arbeitsunfähig. Sie bezog zunächst Krankengeld und anschließend bis 07.12.1995 Arbeitslosengeld. Eine Beschäftigung hat die Klägerin danach nicht mehr aufgenommen.
Im Dezember 1995 beantragte der die Klägerin behandelnde Facharzt für Allgemeinmedizin T. auf deren Wunsch die Frühberentung und nannte als Diagnosen ein pseudoradikuläres Wirbelsäulensyndrom sowie an der rechten Hand ein Raynaud-Syndrom und ein Lymphödem. Im späteren Formularantrag gab die Klägerin zur Begründung ihres Rentenantrags an, auf ärztliches Anraten solle keine Berufstätigkeit mehr aufgenommen werden. Die Beklagte holte das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. St. ein, der die Klägerin im Februar 1996 untersuchte. Dabei klagte die Klägerin über stechende Schmerzen Tag und Nacht im rechten Unterarm, die in den Kopf und zum Teil auch in die Füße zögen, Übelkeit vor Schmerzen beim Autofahren in Kurven und eine Verkrampfung der rechten Hand; darüber hinaus würden sich die Wirbel verschieben, weshalb sie auch immer wieder eingerenkt werde. Auf Grund seiner Untersuchung konnte Dr. St. die geklagten Beschwerden weder einer Erkrankung auf neurologischem noch auf psychiatrischem Fachgebiet zuordnen. Ebenso wie zahlreiche Voruntersucher, bei denen die Klägerin entsprechende Beschwerden vorgebracht hatte, konnte er keine pathologischen Befunde erheben, aus denen eine rentenrechtlich relevante Einschränkung der Leistungsfähigkeit abgeleitet werden könne. Er diskutierte auch die Möglichkeit einer rein psychogenen Auslösung und Unterhaltung der Beschwerden im Sinne eines Konversionssyndroms, schloss diese aber nach entsprechender Exploration aus.
Mit Bescheid vom 27.03.1996 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin daraufhin im Wesentlichen mit der Begründung ab, sie könne in ihrem bisherigen Berufsbereich ebenso wie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiterhin vollschichtig tätig sein. Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, zwar hätten die durchgeführten Untersuchungen bisher keine klare Diagnose ergeben, jedoch seien ihre erheblichen Gesundheitsbeeinträchtigungen (Verkrampfungen an Händen und Armen mit heftigen Schmerzen, extreme Bindegewebsschwäche) bestätigt worden. Inzwischen lägen im ganzen Bewegungsbereich erhebliche Schwächungen vor; es komme zu Wirbelverschiebungen. Auch eine Beckenverschiebung sei bereits diagnostiziert worden. Bewegungen führten zu erheblichen Schmerzen in den Armen, dem Genick und der übrigen Wirbelsäule. Die zweifellos glaubhaften Beschwerden führten zu einer EU. Die Beklagte holte Befundberichte bei den behandelnden Ärzten ein und zog zahlreiche Arztbriefe über neurologische, radiologische und sonographische Untersuchungen bei, wonach jeweils keine, die massiven Beschwerden erklärenden pathologischen Befunde erhoben werden konnten. Sodann veranlasste die Beklagte das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. S. , der die Klägerin im Dezember 1996 untersuchte. Er beschrieb auf seinem Fachgebiet eine wiederkehrende Cervikalgie mit linksseitigem Spannungskopfschmerz, Dorsalgien mit Verdacht auf wiederkehrende Blockierungen sowie Lumboischialgien mit pseudoradikulären Schmerzausstrahlungen bei initialer Osteochondrose L4/5 und L5/S1, eine Reizung des rechten Schultereckgelenks sowie unklare Paraesthesien des rechten Armes bei fraglichem Carpaltunnelsyndrom und angiologisch diagnostiziertem Morbus Raynaud. Eine ausreichende Erklärung für die von der Klägerin geklagten und im Vordergrund stehenden Beschwerden im Bereich des rechten Armes fand er von orthopädischer Seite nicht, auch die Diagnose Morbus Raynaud erkläre sie nicht. Insgesamt erachtete er leichte und mittelschwere Arbeiten ohne einförmige Haltung der Wirbelsäule sowie Tätigkeiten einer Verkäuferin vollschichtig für möglich. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.1997 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Dagegen hat die Klägerin am 23.04.1997 beim Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben und ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Darüber hinaus hat sie geltend gemacht, insbesondere die Schmerzen im Schulter- und Armbereich hätten sich deutlich verschlimmert, wobei die geringste Berührung des Armes extreme Nervenschmerzen verursache. Sie könne den rechten Arm und die rechte Hand praktisch nicht benutzen. Ihr Zustand müsse in seiner Gesamtheit bewertet werden, wobei unerheblich sei, dass die offensichtlichen und glaubhaften Symptome bisher keinem Krankheitsbild hätten zugeordnet werden können. Es seien deshalb die Auswirkungen der festgestellten Beeinträchtigungen zu bewerten.
Das SG hat den Allgemeinarzt T. schriftlich als sachverständigen Zeugen angehört, der über die Schwellung im rechten Unterarm und die seit 1993 geklagten Schmerzen berichtet hat, die trotz diagnostischer Maßnahmen bisher keinem Krankheitsbild zuzuordnen gewesen seien. Das SG hat sodann das nervenärztliche Gutachten des Dr. Ka. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie im Zentrum für Psychiatrie E. , eingeholt, der von einer dissoziativen Bewegungsstörung des rechten Armes ausgegangen ist. Die Art der Beschwerden, das fehlende somatische Korrelat und die Beschwerdeschilderung bei eher geringer innerer Beteiligung passten zu einer derartigen Störung. Auffällig sei die in einzelnen ärztlichen Berichten beschriebene Schwellung des rechten Armes. Da keine medizinische Ursache habe nachgewiesen werden können, sei auch an ein artefizielles Geschehen zu denken. Der Klägerin könnten lediglich noch halbschichtige Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, die vorwiegend mit der linken Hand ausgeführt werden können, zugemutet werden. Gegen dieses Gutachten hat die Beklagte eingewandt, für die Annahme einer seelisch bedingten Funktionsstörung reiche der Ausschluss einer somatischen Begründung für die Beschwerden nicht aus. Mit Urteil vom 28.09.1999 hat das SG die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die von der Klägerin geklagten Beschwerden seien durch die somatisch zu erhebenden Befunde nicht zu erklären, sodass sich eine mit deutlichen Funktionseinschränkungen einhergehende Erkrankung nicht nachweisen lasse.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 09.11.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 07.12.1999 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung (L 12 RA 4874/99) eingelegt und im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sie u.a. den Arztbrief des Dr. W. , D. Klinik B. , vom 22.11.2000 vorgelegt, wonach in den nächsten Wochen ein stationärer Termin zur Operation des Pronator teres-Syndroms und des Karpaltunnelsyndroms vorgesehen sei. Mit Beschluss vom 23.11.2000 ist daraufhin das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Am 03.08.2007 hat die Klägerin das Verfahren wieder angerufen und geltend gemacht, die seinerzeit in der D. Klinik B. durchgeführte Operation habe zu keiner dauerhaften Befundveränderung geführt. Sie leide noch immer unter erheblichen Beschwerden, durch die ihre Leistungsfähigkeit erheblich herabgesetzt sei. Der Arm und die Finger würden in gewissen zeitlichen Abständen anschwellen. Zwischenzeitlich müsse von der verfestigten Diagnose eines chronischen Gelenkrheumas ausgegangen werden. Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat die Klägerin angegeben, ab 2002 nur noch durch ihren Hausarzt betreut worden zu sein. Seit dem Jahr 2003 habe sich ihr Zustand leicht verbessert, weshalb die Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht mehr vorliegen dürften. Angesichts dessen helfe auch eine aktuelle Begutachtung nicht weiter. Da sie jedoch in den Jahren 1995 bis 2002 so gravierend beeinträchtigt gewesen sei, dass sie keine drei Stunden täglich hätte arbeiten können, begehre sie für diesen Zeitraum eine Entscheidung. Nach wie vor problematisch sei zwar die diagnostische Zuordnung ihrer Beschwerden, jedoch dürfe ein chronisches Rheumaleiden bzw. eine Fibromyalgie für ihre Beschwerden verantwortlich sein.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28.09.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 27.03.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.1997 zu verurteilen, ihr Rente wegen Erwerbsunfähigkeit bzw. wegen Berufsunfähigkeit von 1995 bis 2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig und verweist darauf, dass den vorliegenden Unterlagen zwar entnommen werden könne, dass mit einer relativen Operationsindikation im Jahr 2000 am rechten Unterarm eine Entlastung des Medianus-Nervus von komprimierenden Strukturen vorgenommen worden sei. Da anschließend jedoch keine Besserung eingetreten sei, müsse davon ausgegangen werden, dass keine Kompression vorgelegen habe, auch wenn in dem Operationsbericht von einer Vermehrung festen Bindegewebes die Rede sei. Im Übrigen sei der für das Jahr 2002 mitgeteilte Befund, der zur Diagnose einer Fibromyalgie geführt habe, so vage wie das ganze Krankheitsbild. Offenbar hätten 2002 alle diagnostischen und therapeutischen Bemühungen um das unklare Krankheitsbild abrupt nachgelassen.
Der Senat hat Dr. S. , Arzt für Neurologie und Psychiatrie, den Allgemeinarzt T. , Dr. D., Oberarzt im Rheuma-Zentrum B. , PD Dr. Bo. , Handchirurgin in der D. Klinik B. , und Dr. Wu., Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. S. hat von vier neurologischen Untersuchungen zwischen Oktober 2000 und Mai 2001 berichtet, anlässlich derer er keine neurologischen Auffälligkeiten bzw. Ausfälle habe feststellen können. Der Allgemeinarzt T. hat angegeben, die Klägerin zuletzt im November 2007 behandelt zu haben. Ihr Zustand habe sich in den letzten Jahren nicht verbessert. Sie könne gegenwärtig ihrer Tätigkeit als Metzgereifachverkäuferin nicht vollschichtig nachgehen; möglich sei lediglich stundenweise eine Tätigkeit als Haushaltshilfe. Dr. D. hat von einer ambulanten Vorstellung im April 2002 berichtet, bei der die Diagnose eines Fibromyalgiesyndroms, eines blanden Cervikal- und Lumbalsyndroms sowie einer Adipositas per magna gestellt worden sei. PD Dr. Bo. hat ausgeführt, die Klägerin sei am 28.12.2000 operativ behandelt worden und habe sich anschließend mehrmals zu ambulanten Kontrollen vorgestellt. Insgesamt handele es sich um lokalisierte neurologische Krankheitsbilder. Dr. Wu. hat über eine einmalige Untersuchung im Februar 2002 berichtet, anlässlich derer ein organneurologisches Krankheitsbild nicht habe festgestellt werden können. Sie sei vom Vorliegen funktioneller Beschwerden ausgegangen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 27.3.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.3.1997 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. In dem Zeitraum von 1995 bis 2002, über den der Senat wegen der im Berufungsverfahren erfolgten Begrenzung des Streitgegenstandes allein noch zu befinden hat, hat die Klägerin weder Anspruch auf Rente wegen EU noch wegen BU. Denn es ist nicht festzustellen, dass die Klägerin in dem streitig gebliebenen Zeitraum erwerbsunfähig oder berufsunfähig gewesen ist.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind die §§ 43, 44 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung. Danach war Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen BU u.a. das Vorliegen von BU und auf Rente wegen EU u.a. das Vorliegen von EU. Die Voraussetzungen für die Annahme von BU oder EU hat das SG im Einzelnen dargelegt und es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von der Klägerin behaupteten massiven Beschwerden im Bereich des rechten Armes und der rechten Hand somatisch nicht zu erklären sind und die von Dr. Ka. diagnostizierte dissoziative Störung angesichts der im Gutachten dargestellten Zweifel, auf die die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 18.06.1999 ebenfalls hingewiesen hat, lediglich möglich erscheint und deshalb nicht nachgewiesen ist, was zu Lasten der Klägerin geht. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung gemäß § 153 Abs. 2 SGG aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Im Ergebnis kann sich der Senat nicht davon überzeugen, dass die Klägerin ihre zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Metzgereiverkäuferin oder ihre erlernte Tätigkeit als Bäckereifachverkäuferin im streitigen Zeitraum nicht mehr ausüben konnte. Die Frage nach einer Verweisungstätigkeit stellt sich daher nicht.
Die im Rahmen der von der Beklagten durchgeführten Sachaufklärung erwiesenen gesundheitlichen Störungen in Form von Wirbelsäulenbeschwerden mit Kopfschmerzen sowie gelegentlichen Schulter- und Hüftgelenksbeschwerden (Gutachten Dr. S. ) haben eine solche Tätigkeit nicht ausgeschlossen. Nach den von Dr. S. im Gutachten dargestellten Befunden und Beobachtungen war das Gangbild bei der Untersuchung unauffällig, die Beinmuskulatur normal entwickelt, die Wirbelsäulenabschnitte waren frei beweglich, die Wirbelsäulenmuskulatur war normal bis kräftig entwickelt. Abgesehen von einem Druckschmerz über dem rechten Schultereckgelenk und einem Trochanterdruckschmerz beidseits konnte Dr. S. insoweit keine Auffälligkeiten feststellen. Wenn er vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis gelangte, die Klägerin könne noch als Verkäuferin arbeiten, ist dies schlüssig und der Senat schließt sich dieser Beurteilung an.
Im Grunde führt die Klägerin den behaupteten Rentenanspruch auch nicht auf diese Gesundheitsstörungen zurück, sondern auf eine Gebrauchsunfähigkeit ihres rechten Armes und der rechten Hand. Allerdings vermag sich der Senat nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin in dem streitigen Zeitraum außer Stande war, ihre rechte Hand bzw. ihren rechten Arm einzusetzen bzw. diese zu benutzen.
Insoweit fehlt es zunächst - worauf das SG zutreffend hingewiesen hat - an einer nachvollziehbaren somatischen Erklärung derartiger Beschwerden. Schließlich haben weder die bis zur Entscheidung des SG aufgesuchten Ärzte noch die im Anschluss hieran von der Klägerin zahlreich in Anspruch genommenen Untersucher die von ihr geklagten Beeinträchtigungen im Bereich des rechten Armes und der Hand einem somatischen Krankheitsbild zuordnen bzw. diese Beschwerden erklären können. Dies gilt auch für die angiologisch gestellte Diagnose eines Raynaud-Syndroms, worauf Dr. S. hingewiesen hat. Selbst mit der am 28.12.2000 in der D. Klinik B. durchgeführten operativen Behandlung, derentwegen das Berufungsverfahren mit Senatsbeschluss vom 23.11.2000 zum Ruhen gebracht worden ist, ist keine Befundsituation zu objektivieren, mit der die von der Klägerin behaupteten massiven Beschwerden hätten erklärt werden können. Zwar ist seinerzeit im Rahmen einer relativen Operationsindikation am rechten Unterarm eine Entlastung des Nervus medianus von komprimierenden Strukturen vorgenommen worden, jedoch hat diese nach den Ausführungen der Klägerin zu keiner Verbesserung der Beschwerdesituation geführt, sodass - worauf die Beklagte zu Recht hingewiesen hat - nicht davon ausgegangen werden kann, dass tatsächlich eine solche, für die Schmerzzustände verantwortliche Kompression vorgelegen hat. Zuletzt hat Dr. Wu. ein Kompressionssyndrom als Ursache der Beschwerden sogar ausgeschlossen.
Auch eine Erkrankung auf psychiatrischen Gebiet ist nicht nachgewiesen. Ein Konversionssyndrom wurde bereits von Dr. St. ausgeschlossen. Die von Dr. Ka. diagnostizierte dissoziative Störung ist ebenfalls nicht erwiesen, wie das SG zutreffend ausgeführt hat.
Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren zuletzt vermutet hat, für ihre Beschwerden dürften ein chronisches Rheumaleiden bzw. eine Fibromyalgie verantwortlich sein, ist dies medizinisch ebenfalls nicht nachvollziehbar. Eine derartige Diagnose hat in Bezug auf die von Beginn an in den Vordergrund ihrer Beeinträchtigungen gerückten Arm- und Handbeschwerden keiner der von ihr in Anspruch genommenen Ärzte oder Gutachter gestellt. Dr. D. , bei dem die Klägerin sich am 16.4.2002 vorgestellt hatte, hat ausweislich seines seiner Auskunft als sachverständiger Zeuge beigefügten Arztbriefs vielmehr eine entzündliche rheumatische Erkrankung gerade ausgeschlossen und die Auffassung vertreten, dass das Krankheitsbild überwiegend funktioneller Natur sei. Vor dem Hintergrund dieses Erklärungsversuchs kann allerdings auch seine diagnostische Einschätzung, wonach ein Fibromyalgie-Syndrom vorliege, nicht überzeugen, zumal er als Befund lediglich ganz allgemein multiple druckschmerzhafte Tenderpoints in sämtlichen Körperregionen aufführt, was die Diagnose eines Fibromyalgie-Syndroms nicht beweist und ohnehin die gerade auf die rechte Gliedmaße bezogenen massiven Beschwerden nicht erklären würde.
Allerdings weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass der geltend gemachte Rentenanspruch nicht zwingend eine medizinische Diagnose voraussetzt. Auch führt eine diagnostisch gesicherte Erkrankung nicht automatisch zur Annahme einer rentenrelevanten Erwerbsminderung. Entscheidend ist vor allem das tatsächliche Bestehen von Funktionsstörungen, die die maßgebliche berufliche Tätigkeit ausschließen. Gerade hiervon kann sich der Senat nicht überzeugen.
Dass die die Klägerin behandelnden Ärzte deren Schmerzangaben für ihre Befunderhebung und Diagnostik zu Grunde gelegt haben, führt zu keinem prozessualen Nachweis dieser Beschwerden oder gar deren Ausmaßes. Von Bedeutung ist vielmehr, dass im Rahmen der durchgeführten Begutachtungen keine Hinweise auf die von der Klägerin behauptete Gebrauchsunfähigkeit der rechten Gliedmaße gefunden worden sind. So fand Dr. St. bei seiner Untersuchung im Februar 1996 keine Atrophien am rechten Arm. Dr. S. stellte im Dezember 1996 für beide oberen Gliedmaße seitengleiche Bewegungsmaße, eine normale Entwicklung der Ober- und Unterarmmuskulatur, eine normale Formgebung der Handgelenke und sämtlicher Fingergelenke und einen kräftigen Faustschluss fest. Dies spricht gegen eine relevant verminderte Einsatzfähigkeit des rechten Armes und der rechten Hand. Auch bei der Untersuchung durch Dr. Ka. im März 1999 fanden sich keine geminderten Umfangmaße der rechten oberen Gliedmaße. Zu diesem Zeitpunkt aber soll nach den Angaben der Klägerin ihr rechter Arm bereits seit Monaten kaum einzusetzen gewesen sein (Schriftsatz vom August 1998). Im Falle einer derartigen praktischen Gebrauchsunfähigkeit aber wären entsprechende Veränderungen in Form von Muskelatrophien zu erwarten gewesen. Im Ergebnis vermag der Senat deshalb für seine Beurteilung die Angaben der Klägerin über eine massive Gebrauchsbeeinträchtigung des rechten Armes und der rechten Hand seiner Beurteilung nicht zu Grunde zu legen.
Nicht auszuschließen ist zwar angesichts der früheren häufigen Inanspruchnahme von Ärzten ein gewisser Leidensdruck der Klägerin, der eine gewisse Beschwerdesituation nahelegt. Weiter gehende, belastbare Indizien für vorhandene Schmerzzustände liegen aber nicht vor. Die in den Befundberichten zum Teil berichteten Schwellungen oder Verfärbungen sind hierzu nicht aussagekräftig. Für die festgestellte teilweise verminderte Nervenleitgeschwindigkeit im Bereich der rechten Hand gilt Gleiches, nachdem - wie bereits ausgeführt - von einer daraufhin vermuteten Kompression als Schmerzursache nicht ausgegangen werden kann. In jedem Fall aber lässt sich das Ausmaß eines allenfalls zu vermutenden Schmerzsyndroms nicht klären. Damit bleiben auch eventuell vorhandene oder vorhanden gewesene funktionelle Einschränkungen unklar. Diese Unklarheit geht nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90 in SozR 3-2200 § 548 Nr. 11), bei den rentenbegründenden Tatsachen wie dem Vorliegen einer Leistungseinschränkung also zu Lasten der Klägerin.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Für die Zulassung der Revision bestand keine Veranlassung.
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