L 11 AS 415/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 AS 196/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 AS 415/08
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der Anfechtbarkeit eines vor dem Sozialgericht geschlossenen Vergleiches
Die Berufung gegen den vor dem Sozialgericht Nürnberg abge-
schlossenen Vergleich vom 18.03.2008 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.




Tatbestand:


Der Kläger wendet sich gegen einen vor dem Sozialgericht Nürnberg abgeschlossenen Vergleich.

Der Kläger bezog seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), zuletzt mit Bescheid vom 22.06.2007 für die Zeit bis 31.12.2007.

Anlässlich des Fortzahlungsantrages vom 21.11.2007 forderte die Beklagte den Kläger unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten nach §§ 60, 66 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) mit den Schreiben vom 26.11.2007, 19.12.2007 und 08.01.2008 u.a. auf, die Kontoauszüge der letzten drei Monate in Papierform vorzulegen. Dies sei erforderlich, um die Leistungsvoraussetzungen zu überprüfen. Ohne die Vorlage der angeforderten Unterlagen würde die Zahlung der Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung vollständig versagt.

Nachdem zu den in den Schreiben genannten Vorlageterminen (13.12.2007, 05.01.2008 und 25.01.2008) die vom Kläger angeforderten Unterlagen bei der Beklagten nicht vorlagen, wies die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 24.01.2008 darauf hin, dass die Unterlagen bislang nicht eingegangen seien und die Vorlagefrist bis 01.02.2008 letztmalig verlängert werde. Zudem machte die Beklagte den Kläger am 31.01.2008 im Rahmen eines Telefonates nochmals auf die Notwendigkeit aufmerksam, die angeforderten Kontoauszüge vorzulegen, was der Kläger mit dem Hinweis ablehnte, er erhalte seine Kontoauszüge nur monatlich zugeschickt, so dass er einen Auszug für Januar 2008 nicht vorlegen könne.

Mit Bescheid vom 01.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides 12.02.2008 versagte die Beklagte die Bewilligung von Leistungen für die Zeit ab dem 01.01.2008 vollständig, weil der Kläger trotz Fristsetzung - und zahlreicher Verlängerungen dieser Fristen - seiner Mitwirkungspflicht, die laufenden Kontoauszüge vorzulegen, nicht nachgekommen sei.

Nach Eingang des Kontoauszuges für Januar 2008 (am 08.02.2008) bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Zeit ab dem 08.02.2008 erneut Alg II (Bescheid vom 14.02.2008).

Am 20.02.2008 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid vom 12.02.2008 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben und geltend gemacht, alles unternommen zu haben, um die angeforderten Unterlagen rechtzeitig und vollständig bei der Beklagten vorzulegen.

In der mündlichen Verhandlung am 18.03.2008, in der auch das Eilverfahren in dieser Angelegenheit (S 5 AS 192/08 ER) verhandelt worden ist, hat sich die Beklagte (ohne Anerkennung einer Rechtspflicht) verpflichtet, noch für 18 Tage ab Januar 2008 die Regelleistung sowie die anteiligen Kosten der Unterkunft und Heizung zu erbringen.

Der Kläger erklärte daraufhin: "Damit bin ich einverstanden und betrachte die beiden Streitsachen als erledigt".

Mit Schreiben vom 27.03.2008 hat die Beklagte dem Kläger mitgeteilt, dass in Vollzug des Vergleiches vor dem SG für den Zeitraum 01.01.2008 bis 07.02.2008 Leistungen für 18 Tage in Höhe von 359,48 EUR angewiesen würden.

Am 18.08.2008 hat sich der Kläger an das SG gewandt und mitgeteilt seine Erklärung zurückzuziehen, weil er sich genötigt gefühlt habe. Auch könne ein Vergleich in sozialen Angelegenheiten nicht rechtens sein.

Auf die Anfrage des SG, ob das Verfahren fortgeführt werden solle, hat der Kläger - ohne weitere Rückantwort an das SG - am 09.10.2008 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Er ziehe seine Erklärung zur Akzeptanz des Vergleiches zurück, weil er sich genötigt gefühlt habe. Ohne diesen Vergleich hätte er kein Geld erhalten. Mit dem Vergleich habe er ein Schuldeingeständnis abgeben, das er nicht aufrecht erhalten könne. Er sei seiner Mitwirkungspflicht in vollem Umfang nachgekommen. Die Verzögerung bei der Übersendung der Kontoauszüge beruhe auf einem Kommunikationsdefizit zwischen der Beklagten und seiner Bank.

Der Kläger beantragt (sinngemäß):
Das Verfahren wird fortgeführt und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2008 verpflichtet an den Kläger - entsprechend dem Bescheid vom 14.02.2008 - für den gesamten Zeitraum vom 01.01.2008 bis 07.02.2008 Leistungen nach dem SGB II nachzuzahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die Berufung des Klägers ist nicht statthaft und somit unzulässig.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften über das Rechtsmittel der Berufung nichts anderes ergibt, § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Einem Rechtsmittel zugänglich sind daher Endurteile, einerlei ob Sach- oder Prozessurteile, ebenso die Urteilen gleichstehenden Gerichtsbescheide (§ 105 Abs 2 Satz 1 SGG). Mit der Berufung anfechtbar sind auch Teilurteile, Vorbehaltsurteile und Grundurteile nach § 130 Abs 1 SGG, sowie nach Einführung des § 130 Abs 2 SGG Zwischenurteile über den Grund iS des § 304 Zivilprozessordnung (ZPO), die hinsichtlich der Rechtsmittel Endurteilen gleichstehen. Darüber hinaus findet die Berufung auch gegen Ergänzungsurteile (§ 140 Abs 2 SGG) statt (vgl. im einzelnen hierzu Leitherer in Meyer- Ladewig/
Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 143 Rn. 2).

Hierunter fällt jedoch nicht - wie vorliegend - die einvernehmliche Beendigung des Rechtsstreites durch einen Vergleich iSd § 101 SGG, denn ein Rechtsmittel ist stets nur gegen eine kontradiktorische, d.h. streitige Entscheidung eines Gerichtes gegeben.

Darüber hinaus besteht für den Senat keine Veranlassung die Wirksamkeit des Vergleiches zu überprüfen, denn soweit hierüber Streit besteht, ist der Rechtsstreit insoweit fortzusetzen, wobei für die Fortsetzung das Gericht zuständig ist, vor dem der Vergleich geschlossen worden ist (vgl. Leitherer aaO § 101 Rn. 17, 17a).

Im Ergebnis war die Berufung daher als unzulässig zu verwerfen.

Als Unterliegender hat der Kläger keinen Anspruch auf die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Gründe, nach § 160 Abs 1 Nr.1 und 2 SGG die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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