L 9 U 276/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 4098/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 276/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist im Berufungsverfahren noch, ob dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. Mai 2002 ab 22. Mai 2005 eine Verletztenrente auf Dauer nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vH zusteht.

Der 1943 geborene Kläger war als Kfz-Mechaniker bei der Firma Sch. beschäftigt. Am 22. Mai 2002 arbeitete der Kläger unter einem durch die Tragarme einer Hebebühne angehobenen Pkw VW Passat, als ein Tragarm abbrach. Der Kläger wurde von dem abstürzenden Pkw erfasst und erlitt nach dem D-Arzt-Bericht von Prof. Dr. U. vom 23. Mai 2002 ein stumpfes Bauchtrauma, eine Schnittwunde am rechten Unterarm und am rechten oberen Sprunggelenk und eine Rippenfraktur der 8. Rippe rechts. Vom 22. Mai bis 6. Juni 2002 wurde der Kläger auf der unfallchirurgischen Klinik stationär überwacht (Bericht vom 21. Juni 2002). Aus einer weiteren stationären Behandlung vom 30. Oktober bis 27. November 2002 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik in Tübingen wurde der Kläger mit den Diagnosen posttraumatisches Phlebödem des linken Beines mit Stauungsekzem im Bereich des dorsalen Unterschenkels, anhaltende Beschwerden nach Hüftgelenksdistorsion und Schulterdistorsion links entlassen (Bericht von Prof. Dr. W. vom 10. Dezember 2002).

Nachdem eine anschließende Arbeitsbelastungserprobung fehlgeschlagen war, weil der Kläger am Arbeitsplatz in der Nähe der Hebebühne Angstzustände bekam, erhielt der Kläger von der Beklagten wegen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit bis 18. November 2003 (Ablauf der 78. Woche) Verletztengeld. Mit bestandskräftigem Bescheid vom 12. November 2003 stellte die Beklagte den Wegfall des Verletztengeldes fest.

Prof. Dr. Sch. führte im neurologischen Gutachten vom 5. März 2003 aus, es bestünden unfallabhängig eine mäßiggradige Läsion des oberen Armplexus links im Rahmen der Schulterdistorsion links und eine posttraumatische Belastungsreaktion. Wegen letzterer sei eine möglichst zeitnahe verhaltenstherapeutische Behandlung notwendig.

Im Rentengutachten vom 23. März 2004 gelangte Prof. Dr. W. zu dem Ergebnis, aus unfallchirurgischer Sicht bestehe eine MdE von unter 10 vH. Es würden wegen der posttraumatischen Belastungsreaktionen und der chronischen Schwellneigung des linken Unterschenkels Begutachtungen auf neurologisch-psychiatrischem und phlebologischem Gebiet empfohlen.

Prof. Dr. St. nannte im neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 11. Mai 2004 als Unfallfolgen eine folgenlos ausgeheilte Gehirnerschütterung und eine spezifische Angststörung (Angst vor Hebebühnen), welche eine ambulante Verhaltenstherapie erfordere. Die hierdurch bedingte MdE sei ab Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit mit 10 vH anzunehmen. Die Prognose einer Angststörung sei gut. Es sei mit einem vollständigen Ausheilen der Angstsymptomatik zu rechnen. Weder neurologisch noch elektrophysiologisch hätten sich Hinweise auf eine Armplexusschädigung ergeben.

Nachdem die Beklagte einen Leistungsauszug der IKK Göppingen mit einem Eintrag über eine Arbeitsunfähigkeit im Dezember 1999 wegen eines Ulcus cruris links und die vollständigen Krankenblattunterlagen der stationären Behandlung vom 22. Mai bis 6. Juni 2002 beigezogen hatte, führte Prof. Dr. S. im angiologischen Gutachten vom 6. September 2004 mit ergänzender gutachterlicher Stellungnahme vom 29. Dezember 2004 aus, zwar habe der Kläger schon prätraumatisch unter einer gewissen chronisch-venösen Insuffizienz gelitten, es sei jedoch durch ein contusionsbedingtes Lymphödem des linken Unterschenkels zu einer erheblichen Aggravierung des Krankheitsbildes gekommen. Die die Belastbarkeit erheblich einschränkende Schwellneigung des linken Unterschenkels werde mit einer MdE von 10 vH. bewertet.

Mit Bescheid vom 11. August 2005 anerkannte die Beklagte folgende Unfallfolgen: Links: Geringe Bewegungseinschränkungen im Bereich des Schulter- sowie des Hüftgelenks nach Verdrehung der Schulter und der Hüfte. Anteilige Lymphabflussstörungen sowie chronische Schwellung im Bereich des Unterschenkels nach Prellung des Unterschenkels bei vorbestehender chronisch-venöser Insuffizienz. Rechts: Der Bruch der 8. Rippe, die Schnittwunden am Unterarm und am oberen Sprunggelenk (folgenlos verheilt). Spezifische Angststörungen (Angst vor Hebebühnen). Das stumpfe Bauchtrauma und die Platzwunde am Hinterkopf sind folgenlos verheilt.

Die Gewährung einer Verletztenrente lehnte die Beklagte ab. Eine MdE um 20 vH werde nicht erreicht, nachdem auf unfallchirurgischem Gebiet keine messbare MdE bestehe, auf gefäßchirurgischem Gebiet eine MdE um 10 vH vorliege und die Einschätzung, dass die Unfallfolgen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet noch eine MdE um 10 vH bedingten, nicht überzeuge.

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 2005 zurück.

Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Ulm (SG) vernahm des SG die behandelnden Ärzte K. und Dr. P. als sachverständige Zeugen auf schriftlichem Weg (Auskünfte vom 23. und 30. Juli 2006) und holte jeweils auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das chirurgisch-orthopädische Gutachten von Dr. Sch. vom 24. Februar 2007 und das nervenärztlich-psychosomatische Gutachten von Dr. W. vom 11. Oktober 2007 ein.

Dr. Sch. führte aus, derzeit bestünden als Unfallfolgen noch eine Verschlimmerung einer vorbestehenden Schwellneigung des linken Unterschenkels und Unfallfolgen auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet. Auf chirurgisch-orthopädischem Fachgebiet bestehe eine weitgehend freie Funktion der linken Schulter. Die Bewegungsbeeinträchtigung der Hüftgelenke erscheine wesentlich Ausdruck des ausgeprägten Übergewichts (BMI 40). Bewegungsschmerzen habe der Kläger nicht angegeben. Die Weichteilverhältnisse seien seitengleich ausgebildet. Demgegenüber habe im Rahmen der Untersuchung durch Prof. Dr. W. am 11. März 2004 zumindest eine Bewegungsbeeinträchtigung der linken Schulter bestanden. Unter integrierender Betrachtung der Unfallfolgen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet, unfallchirurgischem Fachgebiet und angiologischem Fachgebiet sei ab dem 20. November 2003 bis zum Tag vor Beginn der Dauerrente eine MdE von 20 vH anzunehmen. Mit Beginn der Dauerrente könne keine MdE in rentenberechtigender Höhe mehr angenommen werden.

Mit Schriftsatz vom 8. Mai 2007 gab die Beklagte - den Ausführungen von Dr. Sch. folgend - ein Teilanerkenntnis ab und erklärte sich bereit, dem Kläger Rente für die Zeit vom 19. November 2003 bis zum 21. Mai 2005 als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 vH zu gewähren. Dieses Teilanerkenntnis nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 18. Mai 2007 an.

Dr. W. nannte als Unfallfolgen eine Angst vor Hebebühnen mit phobischem Vermeidungsverhalten und eine Schlafstörung mit wiederkehrenden Unfallerinnerungen. Eine Gehirnerschütterung sei folgenlos ausgeheilt. Die Schlafstörung könne auch im Zusammenhang mit der Adipositas und einem eventuellen Schlafapnoe-Syndrom auftreten. Die vom Kläger berichteten Albträume wiesen jedoch auf eine traumatische Genese hin. Die nach dem Unfall festgestellten tagsüber auftretenden Ängste und vegetativen Beschwerden seien abgeklungen. Eine Behandlungsnotwendigkeit bestehe nicht mehr. Die MdE werde mit 10 vH eingeschätzt.

Mit Urteil vom 20. Dezember 2007 wies das SG die Klage, die noch auf die Gewährung von Verletztenrente als Dauerrente ab 22. Mai 2005 nach einer MdE um 20 vH gerichtet war, ab. In den Entscheidungsgründen führte es aus, aus dem Gutachten von Dr. Sch. ergebe sich zuverlässig, dass ab dem 22. Mai 2005 auf unfallchirurgisch/angiologischem Fachgebiet nur noch eine unfallbedingte MdE von 10 vH vorliege. Die von Prof. Dr. St. und Dr. W. für die Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet angenommene MdE um 10 vH liege an der obersten Grenze, wenn man berücksichtige, dass der Kläger wegen der psychischen Störung keiner Behandlung bedürfe. In der gebotenen Gesamtschau der unfallbedingten Beeinträchtigungen werde eine MdE um 20 vH nicht erreicht. Eine gewisse Überschneidung der Auswirkung des Lymphödems und der psychischen Beeinträchtigung bestehe insofern, als die Schlafstörungen sowie die erhöhte Reizbarkeit und mangelnde Belastbarkeit auch durch die Beschwerden im linken Unterschenkel mit verursacht würden.

Gegen das am 14. Januar 2008 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, die am 17. Januar 2008 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg eingegangen ist. Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei bisher die Schmerzproblematik am linken Arm nicht neurologisch abgeklärt worden, zumal vor der Untersuchung durch Prof. Dr. St. bei ihm eine Armplexusläsion festgestellt worden sei. Auch müssten die Folgen der Hüftgelenksdistorsion links weiter aufgeklärt werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 20. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 2005, sowie in der Fassung des angenommenen Teilanerkenntnisses vom Mai 2007 zu verurteilen, ihm Verletztenrente als Dauerrente ab 22. Mai 2005 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 vH zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie hält das angefochtene Urteil des SG für zutreffend.

Der Senat hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das neurologische Fachgutachten von Prof. Dr. H. vom 24. November 2008 eingeholt. Prof. Dr. H. hat ausgeführt, unter Berücksichtigung der elektrophysiologischen Befunde von Prof. Dr. Sch. im Gutachten vom 5. März 2003 und der Ergebnisse der eigenen Untersuchungen gehe er davon aus, dass es durch den Unfall vom 22. Mai 2002 mit Wahrscheinlichkeit zu einer leichten Armplexusschädigung links gekommen sei. Eine anhaltende Gesundheitsstörung im Sinne von sensiblen oder motorischen Störungen bestehe jedoch nicht. Auch im Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. Sch. seien keine eindeutigen klinischen Defizite beschrieben worden. Die hieraus resultierende MdE sei damit zum Zeitpunkt der Voruntersuchungen mit unter 10 vH zu bewerten. Aktuell bestünden auf neurologischem Fachgebiet keine Unfallfolgen, die zu einer MdE aktuell oder ab 22. Mai 2005 führten. Für ihn sei aber aus den vorliegenden Unterlagen nicht ersichtlich, wie die Schultergelenksdistorsion und die Hüftgelenksdistorsion bewertet würden. Möglicherweise müsse auch die MdE für die durch den Unfall verursachte psychiatrische Erkrankung zumindest bis Frühjahr 2004 höher bewertet werden. In Abhängigkeit von dieser Beurteilung dürfte die Gesamt-MdE bei 20 oder 30 vH liegen.

Zu weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Akten des SG und die Senatsakten.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 151 SGG zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat für die Zeit ab 22. Mai 2005 keinen Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 22. Mai 2002, denn sie begründen ab diesem Zeitpunkt auch nach dem Ergebnis der weiteren Beweisaufnahme im Berufungsverfahren keine rentenberechtigende MdE von 20 vH.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir¬kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Gemessen hieran können die Unfallfolgen ab dem 22. Mai 2005, d.h. nach Ablauf des dritten Jahres nach dem Unfallereignis, nicht mehr mit einer MdE um 20 vH bewertet werden.

Im Vordergrund stehen die Unfallfolgen auf angiologischem Fachgebiet, nämlich die von der Beklagten anerkannten anteiligen Lymphabflussstörungen sowie die chronische Schwellung im Bereich des Unterschenkels links nach Prellung des Unterschenkels bei vorbestehender chronisch-venöser Insuffizienz. Dadurch wird die Belastbarkeit des Klägers der Gestalt eingeschränkt, dass er trotz Tragens eines Kompressionsstrumpfes wegen Spannungsgefühl und Schmerzen gezwungen ist, das Bein mehrfach täglich hoch zu lagern. Übereinstimmend haben Prof. Dr. S. und Dr. Sch. wegen der vorbestehenden chronisch-venösen Insuffizienz (Ulcus cruris links im Jahr 1999 und 2000 nach der sachverständigen Zeugenaussage des Hausarztes K. vom 23. Juli 2006) die chronische Schwellung des linken Unterschenkels durch die unfallbedingte Kontusion lediglich anteilig verursacht angesehen und ebenfalls übereinstimmend mit einer MdE von 10 vH bewertet, nachdem ein chronisches Stauungsödem bei einem mittleren Mehrumfang an Ober- und Unterschenkel von mehr als 2 cm nach Schönberger/Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 673, eine MdE um 20 vH bedingt. Dem schließt sich der Senat nach eigener Prüfung in vollem Umfang an.

Die als Unfallfolge von der Beklagten anerkannten spezifischen Angststörungen (Angst vor Hebebühnen), die nach den insoweit übereinstimmenden Feststellungen von Prof. Dr. Sch. und Prof. Dr. St. zum Zeitpunkt ihrer Untersuchungen des Klägers (bei Prof. Dr. Sch. am 19. Februar 2003 und bei Prof. Dr. St. am 26. April 2004) behandlungsbedürftig waren, wobei Prof. Dr. St. insoweit eine gute Heilungsprognose stellte, waren bei der Untersuchung durch Dr. W. am 12. September 2007 auch ohne spezifische Behandlung insoweit abgeklungen, als tagsüber keine Ängste mehr auftreten und auch keine vegetativen Beschwerden mehr bestehen. Damit verbleiben lediglich gewisse Schlafstörungen und ein Vermeidungsverhalten in Bezug auf Hebebühnen. Auf neurologischem Fachgebiet bestehen nach den Feststellungen von Prof. Dr. H. im Gutachten vom 24. November 2008 keine Unfallfolgen, die zu einer MdE aktuell oder schon ab 22. Mai 2005 führten. In Übereinstimmung mit dem SG sieht auch der Senat die Bewertung der Unfallfolgen auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet mit einer MdE um 10 vH, die durch Prof. Dr. St. zu einem Zeitpunkt erfolgte, als die Auswirkungen der Angststörung noch als behandlungsbedürftig angesehen wurden, und durch Dr. W. wegen fehlender therapeutischer Konsequenzen als eine großzügige Bewertung an.

Auf chirurgisch-orthopädischem Gebiet schließlich bewirken die Folgen der von der Beklagten als Unfallfolgen anerkannten Distorsion der linken Schulter und des linken Hüftgelenks keine MdE messbaren Grades. Entgegen der Auffassung von Prof. Dr. H. lassen sich dem Gutachten von Dr. Sch. ausreichende Feststellungen zur Bewertung der Folgen der Schultergelenksdistorsion und der Hüftgelenksdistorsion entnehmen. Im Bereich des linken Schultergelenks fand Dr. Sch. eine geringfügige Einschränkung der Beweglichkeit im Vergleich zu rechts, die segmentale Prüfung der Rotatorenmanschette ergab eine konzentrische und schmerzfreie Kraftentwicklung. Bei der Untersuchung der Hüftgelenke konnte das linke Hüftgelenk im Vergleich zum rechten um 10 Grad weniger gebeugt werden (90 Grad links und 100 Grad rechts). Nachdem die Beugung nach der Neutral-Null-Methode bis 130 Grad möglich ist, überzeugt die Auffassung von Dr. Sch., dass die auf beiden Seiten vorhandene Bewegungsbeeinträchtigung im Wesentlichen Ausdruck des ausgeprägten Übergewichts ist. Im Zeitpunkt der Untersuchung bestand ein BMI von 40 bei 176 cm Größe und 125 kg Gewicht. Die Besserung der Beweglichkeit im linken Schultergelenk war für Dr. Sch. auch der überzeugende Grund, bei der integrierenden Bewertung aller Unfallfolgen für den vor dem 22. Mai 2005 liegenden Zeitraum noch eine MdE von 20 vH anzunehmen, während danach dieser MdE-Grad nicht mehr erreicht wird. Zutreffend hat das SG darauf hingewiesen, dass die verminderte Belastbarkeit durch die Unfallfolgen auf angiologischem und neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet bewirkt wird und sich somit die Auswirkungen dieser Unfallfolgen überschneiden.

Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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