L 9 U 1607/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 U 3215/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 1607/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, den er im Jahre 1984 während seiner Beschäftigung bei der Firma A. erlitten haben will.

Der 1940 geborene Kläger stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien. Er kam 1971 in die Bundesrepublik, wo er ab März bei mehreren Arbeitgebern als Maschinenarbeiter/Maschinenschlosser, Metzgereiarbeiter/Ausfahrer, angelernter Mechaniker/Staplerfahrer, Lastwagenfahrer/Gerüstbauer, Bauhilfsarbeiter und zuletzt vom 19. November 1979 bis zum Eintritt von Arbeitsunfähigkeit am 16. Mai 1984 bei der Firma A. AG in Radolfzell als Halbzeugputzer/Kontrolleur/Staplerfahrer/Farbtaucher versicherungpflichtig beschäftigt war. Bis zum 31. März 1987 bezog er Krankengeld und Leistungen der Arbeitsverwaltung und sodann ab April 1987 Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz. Inzwischen ist der Kläger Altersrentner.

Der Kläger machte bei der Beklagten seit 2005 mehrere Arbeitsunfälle geltend. Mit Schreiben vom 4. August 2005 teilte er u. a. mit, der letzte Arbeitsunfall habe sich 1984 bei der Firma A. ereignet. Beim Schleifen hätten Stücke von Eisenteilen durch die Brille hindurch das rechte und das linke Auge schwer verletzt. Seit dieser Zeit sei er arbeitsunfähig und habe er Sehschwierigkeiten und Schwindel.

Der Augenarzt Dr. F. teilte der Beklagten unter dem 6. Dezember 2005 mit, in seiner Patientenkarte fänden sich drei Behandlungstermine am 25. September 1978 (wegen Bagatellbefunden), am 1. Oktober 1986 (Vermerk: Routinekontrolle, seit Unfall öfters Kopfschmerzen, Brennen im Bereich des linken Auges, sonst keine Beschwerden) und am 19. November 1987 (Gleiche Beschwerden wie am 1. Oktober 1986 angegeben, Visus mit Korrektur beiderseits 1,0, regelrechtes Binocularsehen, Fundusuntersuchung o.B.). Weitere Angaben, insbesondere im Zusammenhang mit einem Unfall finde er nicht. Unter dem 17. Oktober 2005 vermerkte Dr. F., der Kläger klage über Schwindel und Cephalgie seit Schädelhirntrauma vor 15 Jahren nicht oculärer Genese. Es werde eine Vorstellung beim Neurologen empfohlen.

Die Firma A. teilte am 20. Dezember 2005 mit, Unterlagen infolge eines Betriebsunfalls lägen nicht vor und ein solcher sei auch auf den Arbeitsunfähigkeitbescheinigungen nicht ersichtlich. Nach den Unterlagen der AOK Konstanz war der Kläger im Jahr 1984 vom 22. bis 30. März wegen eines allgemeinen Kopfschmerzsyndroms und vom 2. April bis 1. Mai wegen eines akuten Schubs einer schweren chronischen Bronchitis arbeitsunfähig. Danach bestand Arbeitsunfähigkeit wegen unklaren Thoraxschmerzen, chronischer Gastritis, Lumbago, Verdacht auf Ulcus ventriculi und Hämorrhoiden.

Der Bevollmächtigte des Klägers legte Unterlagen des Allgemeinarztes Dr. Z. vor, der diesem unter dem 22. Dezember 2005 mitgeteilt hatte, Berichte über die geltend gemachten Arbeitsunfälle lägen ihm nicht vor.

Der Internist und Pneumologe Dr. H. übersandte seine Unterlagen, u. a. seinen Arztbrief vom 24. Juli 1984 an den Internisten Dr. Kersting, in welchem Dr. H. ausführt, bei der klinischen Untersuchung am 10. Juli 1984 sei der physikalische Herz- und Lungenbefund regelrecht gewesen. Die Spirometrie vom 10. Juli 1984 habe eine geringfügig restriktive Ventilationsstörung bei sonst altersentsprechenden Ventilationsgrößen ergeben. Der Atemwiderstand habe im Normbereich gelegen. Beim Kläger habe sich derzeit seitens der Atemwege kein krankhafter Befund ergeben, er habe dem Kläger noch einmal dringend zur Nikotinkarenz geraten. Der Internist und Kardiologe Dr. D. berichtete Dr. H. unter dem 14. Mai 1984 über zwei Untersuchungen am 30. April und 2. Mai 1984. Der Kläger habe über diffuse Beschwerden im Brust- und Bauchbereich und in den Extremitäten geklagt. Es habe sich kein Anhalt für eine organisch bedingte Herzerkrankung gefunden.

Mit Bescheid vom 26. April 2006 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Ereignisses aus dem Jahre 1984 als Arbeitsunfall ab. Leistungen seien nicht zu gewähren. Sämtliche ärztliche Unterlagen sowie entsprechende Anfragen beim früheren Arbeitgeber hätten keine Erkenntnisse über einen Arbeitsunfall ergeben.

Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, bei der Firma A. sei ihm beim Schleifen mit einer Metallschleifmaschine eine Metallspitze ins Auge gegangen und die Schutzbrille sei kaputt gegangen. Ein Metallsplitter sei operativ aus dem Auge entfernt worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. Oktober 2006 wies die Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen erhob der Kläger am 16. November 2006 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG). Er legte eine Bescheinigung von Dr. Z. vom 5. Februar 2007 vor, wonach der Kläger bei ihm am 30. November 2006 wegen Schwindelattacken in ärztlicher Behandlung war, und in "Copie" einen unvollständigen Befundbericht ohne Datum und Name des ausstellenden Arztes, der berichtete, der Kläger habe sich notfallmäßig in der Sprechstunde vorgestellt und anamnestisch mitgeteilt, er habe 1984 einen Fremdkörper ins linke Auge bekommen und bemerke am linken Auge seit unbestimmter Zeit einen schwarzen Punkt. Es bestehe eine Glaskörpertrübung und ein Sicca-Syndrom der Augen im Sinne des Syndroms des trockenen Auges.

Mit Gerichtsbescheid vom 21. Februar 2008 wies das SG die Klage ab. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 26. Februar 2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers, die am 25. März 2008 beim SG eingegangen ist. Er hat einen Überweisungsschein der Augenärztin Dr. von P.-St. an die Augenklinik Karlsruhe und den Bericht der Augenklinik Karlsruhe vom 12. Oktober 2007 vorgelegt, wonach am 17. Oktober 2007 am linken Auge eine ambulante Cataract-Operation vorgesehen sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 21. Februar 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 26. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2006 aufzuheben und festzustellen, dass er im Jahr 1984 einen Arbeitsunfall bei der Firma A. mit Verletzung beider Augen erlitten hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Akte des SG und die Senatsakte.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, sie ist jedoch sachlich nicht begründet.

Der Gerichtsbescheid des SG vom 21. Februar 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 26. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Oktober 2006 sind nicht zu beanstanden, weil der Kläger keinen Anspruch auf Feststellung eines im Jahr 1984 während der Beschäftigung bei der Firma A. erlittenen Arbeitsunfalls mit einer Verletzung beider Augen hat.

Der damalige Arbeitgeber hat keinen Arbeitsunfall bestätigen können, wie sich aus seiner Mitteilung vom 20. Dezember 2005 ergibt. Auch die Leistungsauszüge der AOK ergeben keinen Hinweis auf einen im Jahr 1984 erlittenen Arbeitsunfall. Es sind darin auch keine Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen Erkrankungen der Augen aufgeführt.

Auch die Äußerungen des Augenarztes Dr. F. vom 6. Dezember 2005 enthalten keine Hinweise auf die vom Kläger geltend gemachte Metallsplitterverletzung am linken Auge, die sogar zu einer Operation geführt haben soll. Dr. F. fand in seiner Patientenkarte drei Behandlungstermine, nämlich am 25. September 1978 mit Bagatellbefunden und am 1. Oktober 1986 wegen einer Routinekontrolle, wobei der Kläger seit einem Unfall öfters Kopfschmerzen und Brennen im Bereich des linken Auges geltend machte. Zu dem vom Kläger erwähnten Unfall liegen Dr. F. aber keine weiteren Informationen vor. Schließlich fand am 19. November 1987 ein Vorstellungstermin mit den gleichen Beschwerden wie am 1. Oktober 1986 statt, wobei an diesem Tag die Sehschärfe mit Korrektur beiderseits 1,0 betrug. Es bestand ein regelrechtes Binocularsehen, und die Augenhintergrunduntersuchung war ohne Befund. Damit übereinstimmend sah Dr. F. am 17. Oktober 2005 den vom Kläger geklagten Schwindel und die Kopfschmerzen nicht im Zusammenhang mit den an den Augen erhobenen Befunden und empfahl eine Vorstellung beim Neurologen. Schließlich kann auch aus der Tatsache, dass im Oktober 2007 am linken Auge des Klägers eine Staroperation vorgesehen war, nichts für einen das linke Auge oder beide Augen betreffenden Arbeitsunfall im Jahre 1984 abgeleitet werden, denn das Auftreten eines Stars kann vielerlei Gründe haben, wobei die häufigste Form der Altersstar (Cataracta senilis) ist (vgl. Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch, 261. Auflage, S. 966).

Alle weiteren ärztlichen Unterlagen aus dem Jahr 1984 (Dr. H., Dr. D.) enthalten keine augenärztlichen Befunde. Der vom Kläger in Kopie vorgelegte Auszug aus einem Befundbericht ohne Datum und Name des behandelnden Arztes gibt eine etwaige unfallbedingte Verletzung des linken Auges durch einen Fremdkörper lediglich als anamnestische Angabe des Klägers wieder. Die festgestellte Glaskörpertrübung und ein Sicca-Syndrom der Augen im Sinne des Syndroms des trockenen Auges sind für den geltend gemachten Arbeitsunfall ohne Bedeutung.

Nach alledem ist ein Arbeitsunfall aus dem Jahr 1984 mit einer Verletzung beider Augen nicht feststellbar. Die Berufung des Klägers musste daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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