L 9 SF 5401/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 SF 1344/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 SF 5401/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten ein aufsichtsrechtliches Einschreiten gegen die Allgemeine Ortskrankenkasse Baden-Württemberg Mittlerer Oberrhein (AOK).

Der Kläger erlitt im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit am 22. Juni 1998 einen Arbeitsunfall. Nachdem die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG) Verletztengeld nur bis zum 28. Dezember 1998 bewilligt hatte, wurde die BG durch Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (LSG) vom 26. August 2003 - L 1 U 4023/01 - verurteilt, dem Kläger Verletztengeld auch für die Zeit vom 29. Dezember 1998 bis zum 31. März 1999 zu gewähren.

Die BG beauftragte die AOK am 11. September 2003 mit der Auszahlung des Verletztengeldes für diesen Zeitraum. Unter dem 24. Juni 2005 bat die BG die AOK, die Verletztengeldberechnung unter Berücksichtigung des Einmalzahlungsneuregelungsgesetzes zu überprüfen.

In dem vom Kläger angestrengten Klageverfahren S 1 U 4572/05 gegen die BG und die AOK vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) wurde am 10. Juli 2006 ein gerichtlicher Vergleich geschlossen, in welchem sich u.a. die AOK verpflichtete, der BG bis spätestens 20. August 2006 eine Aufstellung über die an den Kläger erbrachten Verletztengeldzahlungen zu übermitteln und eventuelle Nachzahlungsbeträge an den Kläger anzuweisen. Sie verpflichtete sich darüber hinaus, an den zuständigen Rentenversicherungsträger des Klägers bis zum 20. August 2006 eine Mitteilung über die geleisteten Verletztengeldzahlungen zu erteilen.

Dieser Vergleich wurde nicht fristgerecht ausgeführt. Die BG teilte dem SG in einem weiteren Verfahren (S 1 U 4231/06) mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2006 mit, die von der AOK in Ausführung des Vergleichs unter dem 4. August 2006 mitgeteilten Zahlungszeiträume und -beträge hätten nicht nachvollziehbare Abweichungen enthalten, die trotz mehrfacher telefonischer Nachfrage nicht hätten geklärt werden können.

Mit Schreiben vom 25. Oktober, 2. November und 19. Dezember 2006 wandte sich der Kläger an den Beklagten. Die AOK ignoriere den eingegangenen Vergleich. Auch 4 Monate nach Fristablauf lägen die Bescheinigungen für die Rentenversicherung immer noch nicht vor. Nachfragen des Klägers vom 29. Januar, 9. April und 26. Juni 2007 wurden vom Beklagten nicht beantwortet.

Am 17. Dezember 2007 erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart (VG), die er als "Beschwerde" gegen den Beklagten wegen Untätigkeit bezeichnete. Die AOK habe schon das Verletztengeld nur mit großen Verzögerungen ausgezahlt. Die nach dem gerichtlichen Vergleich vom 10. Juli 2006 bis zum 20. August 2006 vorzulegenden Bescheinigungen für den Rentenversicherungsträger habe er auch nach mehr als einem Jahr nicht erhalten. Bei dem Beklagten habe er sich über das sonderbare Verhalten der AOK beschwert und mehrfach um Sachstandsmitteilung gebeten. Der Beklagte habe nichts unternommen, obwohl sich die AOK nicht an Gerichtsurteile/Vergleiche halte.

Durch Beschluss vom 13. Februar 2008 erklärte das VG den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig und verwies den Rechtsstreit an das SG.

Der Beklagte trat der Klage entgegen. Die Klage sei unzulässig, da der Kläger keinen Anspruch auf das Tätigwerden des Beklagten habe. Davon unabhängig seien die Klage und die vom Kläger eingereichte Petition zum Anlass genommen worden, bei der AOK nachzufragen. Nach deren Auskunft sei die AOK ihrer Verpflichtung, bis spätestens 20. August 2006 eine Aufstellung über die an den Kläger erbrachten Verletztengeldzahlungen zu übermitteln und eventuelle Nachzahlungsbeträge an den Kläger anzuweisen, mit Schreiben vom 4. August 2006 nachgekommen. Eine Nachzahlung sei bereits am 20. Juli 2006 angewiesen worden. Die Meldung an den Rentenversicherungsträger sei für die Zeit vom 4. August 1998 bis 28. Dezember 1998 unzutreffend gewesen (gemeldet 10.950,80 EUR statt 12.047,00 EUR). Dies sei durch eine erneute Erfassung der einschlägigen Beträge am 24. Januar 2008 korrigiert worden.

Mit Gerichtsbescheid vom 13. Oktober 2008 wies das SG die Klage ab. In den Gründen führte es aus, das SG sei aufgrund des vom Kläger nicht rechtsförmlich angefochtenen Verweisungsbeschlusses des VG bindend zur Streitentscheidung berufen. Die Klage sei jedoch unzulässig, da dem Kläger kein subjektiv-öffentliches Recht zur Seite stehe, mit dem er vom Beklagten ein bestimmtes, seinen individuellen Rechtsschutzinteressen dienendes Einschreiten gegen die AOK verlangen könnte. Die Rechtsaufsicht des Beklagten über die AOK nach den Vorgaben der §§ 87 bis 89 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV - werde allein im öffentlichen Interesse wahrgenommen. Sie diene gerade nicht dazu, Individualinteressen zur Durchsetzung zu verhelfen. Im Übrigen seien BG und AOK inzwischen ihren Verpflichtungen aus dem Vergleich vom 10. Juli 2006 nachgekommen.

Gegen den am 15. Oktober 2008 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die Berufung des Klägers, die am 12. November 2008 beim LSG eingegangen ist. Er trägt vor, es gehe ihm nicht um seinen Individualfall. Angesichts der vielen Fehler, die die AOK in seinem Fall begangen habe, habe sein Begehren an den Beklagten darin bestanden, die AOK einer gründlichen Durchleuchtung hinsichtlich der Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften zu unterziehen, um die aufgezeigten Fehler bei anderen Bürgern zu vermeiden. Eine Aufsichtsbehörde sei dazu da, für die Einhaltung der Gesetzesvorgaben zu sorgen und nicht zu schweigen. Schweigen sei Untätigkeit und dagegen gebe es etwas zu tun.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. Oktober 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Allgemeine Ortskrankenkasse Baden-Württemberg Mittlerer Oberrhein einer gründlichen Durchleuchtung hinsichtlich der Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften zu unterziehen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Zu weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die Akte des SG und die Senatsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, sie ist jedoch sachlich nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen, weil der Kläger durch die Unterlassung oder Ablehnung eines Einschreitens des Beklagten gegen die AOK nicht in seinen Rechten unmittelbar betroffen und daher nicht klagebefugt ist. Der Senat weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Ergänzend ist auszuführen, dass auch die Berufungsbegründung des Klägers zu keiner anderen Beurteilung führt. Das Aufsichtsrecht des Beklagten gegenüber der AOK ist nicht dazu bestimmt dem Individualinteresse Einzelner zu dienen. Dem Kläger steht auch als Versichertem der AOK kein Recht zu, zugunsten anderer Bürger zu verlangen, dass der Beklagte die AOK "einer gründlichen Durchleuchtung hinsichtlich der Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften" unterzieht. Es ist ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, dass an dem Aufsichtsverhältnis allein der aufsichtsführende Staat und die beaufsichtigte Krankenkasse beteiligt sind. Die Rechtskontrolle ist ein interner Vorgang innerhalb der öffentlichen Verwaltung, bei der nur über Rechte und Pflichten der Krankenkasse, nicht aber Dritter (Versicherter oder Leistungserbringer) entschieden wird. Dritte habe somit keinen Anspruch auf ein aufsichtsrechtliches Einschreiten (BSG SozR 2200 § 182 Nr 112 und SozR 4-2400 § 35a Nr 1 mwN). Dies gilt auch für den Kläger.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved