Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 18 AS 357/05
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 245/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II ist ein abgrenzbarer Teil des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und kann eigenständig geltend gemacht werden.
2. Die im Oktober 2008 veröffentlichten Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Gewährung von Krankenkostzulage in der Sozialhilfe können auch auf das erste Halbjahr 2005 angewandt werden.
3. Hyperurikämie, Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II und Typ I gehören zu den Erkrankungen, die diätetisch mit einer Vollkost zu behandeln sind.
4. Die Möglichkeit, den Streitgegenstand auf den abtrennbaren Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung zu beschränken, bedeutet nicht, dass höhere Leistungen verlangt werden können als die, die bei einer Gesamtbetrachtung bei einem aus den Komponenten Regelleistung, Kosten der Unterkunft und Mehrbedarf zusamengesetzten Gesamtanspruch bestehen.
2. Die im Oktober 2008 veröffentlichten Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge zur Gewährung von Krankenkostzulage in der Sozialhilfe können auch auf das erste Halbjahr 2005 angewandt werden.
3. Hyperurikämie, Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II und Typ I gehören zu den Erkrankungen, die diätetisch mit einer Vollkost zu behandeln sind.
4. Die Möglichkeit, den Streitgegenstand auf den abtrennbaren Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwendiger Ernährung zu beschränken, bedeutet nicht, dass höhere Leistungen verlangt werden können als die, die bei einer Gesamtbetrachtung bei einem aus den Komponenten Regelleistung, Kosten der Unterkunft und Mehrbedarf zusamengesetzten Gesamtanspruch bestehen.
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs bei kostenaufwändiger Ernährung im Zeitraum zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni 2005.
Der 1941 geborene und an Hyperurikämie, Hypertonie und Diabetes mellitus Typ IIb erkrankte Kläger bezog bis August 2003 Arbeitslosengeld und im Anschluss daran bis Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 26,27 EUR täglich. Während des Bezuges von Arbeitslosengeld beziehungsweise Arbeitslosenhilfe gab der Kläger eine Erklärung nach § 428 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) über die Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld beziehungsweise Arbeitslosenhilfe unter erleichterten Voraussetzungen ab. Der Kläger bewohnte eine 52,23 m² große Zweiraumwohnung, für die eine Gesamtmiete in Höhe von 126,56 EUR zu bezahlen war. Bereits im September 2004 wurde er von seinem bisherigen Vermieter informiert, dass ein Eigentumswechsel stattfand. Seine Schreiben, mit denen er nach einer Bankverbindung und nach den Modalitäten der Mietzahlung nachfragte, blieben ohne Reaktion. Der Kläger überwies im streitgegenständlichen Zeitraum an die neuen Eigentümer keine Miete. In der Gesamtmiete in Höhe von 126,56 EUR waren auch die Kosten für Hausstrom enthalten. Im streitgegenständlichen Zeitraum zahlte der Kläger für Strom und Gas einen zweimonatlichen Abschlag in Höhe von 34,00 EUR (Strom 24,00 EUR, Gas 10,00 EUR). Der Kläger heizte mit einem elektrischen Radiator.
Auf seinen Antrag vom 30. November 2004 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Dezember 2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 in Höhe von 568,24 EUR monatlich.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 15. Dezember 2004 Widerspruch ein. Diesen begründete er damit, dass er auf Grund der Vereinbarung mit der Bundesagentur für Arbeit nach § 428 SGB III einen Anspruch auf Leistungen in Höhe der bisher gewährten Arbeitslosenhilfe habe. Des Weiteren machte er die Übernahme von Heizkosten für die Benutzung seines elektrischen Radiators sowie die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung geltend.
Sein Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2005 zurückgewiesen. Ein höherer Anspruch bestünde nicht. Die Beklagte legte dar, wie sich der Gesamtanspruch in Höhe von 568,24 EUR monatlich zusammensetzt, nämlich: 331,00 EUR Regelleistung, 30,68 EUR wegen des Mehrbedarfs für seine Hyperurikämie/Gicht, ein befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe des Höchstbetrages von 50,00 EUR nach über einjährigem Arbeitslosengeldbezug sowie Kosten für die Unterkunft und Heizung von 126,56 EUR). Die Beklagte ging im Widerspruchsbescheid noch von 12,00 EUR Stromkosten pro Monat aus. Die Stromkosten seien in Höhe von 8 % von 331,00 EUR, also mit 8,18 EUR, bereits im Regelsatz enthalten. Daher werde nur die monatliche Grundmiete von 126,56 EUR erstattet. Der Kläger erhielt für den streitgegenständlichen Zeitraum Krankengeld, das allerdings erst nach dem 30. Juni 2005 ausgezahlt wurde.
Der Kläger hat am 17. Juni 2005 Klage erhoben.
Die Beklagte hat am 16. Dezember 2005 ein Teilanerkenntnis hinsichtlich der Heizkosten in Höhe von monatlich 8,82 EUR abgegeben, welches der Kläger angenommen hat. Dieser Betrag errechne sich aus der Stromrechnung von monatlich 17,00 EUR abzüglich der Warmwasserpauschale von 8,18 EUR. Laut einem Aktenvermerk der Sachbearbeiterin sei ihr dabei ein Rechenfehler unterlaufen. Sie habe Strom- und Gaskosten zusammengezählt. Mit Änderungsbescheid vom 28. März 2006 hat die Beklagte das Teilanerkenntnis umgesetzt und die monatlichen Leistungen auf 577,06 EUR festgesetzt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 16. Dezember 2005 die Klage des Klägers abgewiesen, der erstinstanzlich beantragt hatte, ihm über die bereits bewilligten Leistungen hinaus weitere 219,80 EUR monatlich zu gewähren. Aus dem Umstand, dass er eine so genannte "58er-Regelung" gemäß § 428 SGB III in Anspruch genommen habe, ergebe sich kein Anspruch auf SGB-II-Leistungen in Höhe der zuletzt gezahlten Arbeitslosenhilfe. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf einen höheren als den bereits bewilligten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Zwar werde bei den Erkrankungen des Klägers grundsätzlich ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung anerkannt. Wenn ein Hilfeempfänger jedoch an mehreren, die Einhaltung besonderer Kostformen erfordernden Krankheiten leide, könne eine schematische Addition der anerkannten Mehrbedarfe für jede einzelne Kostform regelmäßig nicht erfolgen. In diesem Fall sei in der Regel die Gewährung der höchsten der in Betracht kommenden Krankenkostzulagen als sachgerecht anzusehen. Dies seien, wie von der Beklagten bewilligt, 30,68 EUR monatlich.
Hiergegen richtet sich die am 3. Februar 2006 eingelegte Berufung des Klägers gegen das ihm am 5. Januar 2006 zugestellte Urteil des Sozialgerichts, mit welcher der Kläger zunächst beantragt hat, "das Urteil vom 16. Dezember 2005 teilweise aufzuheben in dem Punkt, dass der § 428 SGB III Anwendung findet". Der Kläger begründet seine Berufung damit, dass seiner Meinung nach die Bundesagentur für Arbeit auf Grund der Regelung des § 428 SGB III verpflichtet sei, den mit ihm vereinbarten Betrag (Arbeitslosenhilfe) von täglich 26,27 EUR bis zur Rente weiterzuzahlen. Bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld II sei zudem sein Aufwand für elektrische Heizung und den elektrischen Boiler nicht berücksichtigt worden. Außerdem sei er auch mit dem Mehrbedarfszuschlag für kostenaufwändige Ernährung von lediglich 30,68 EUR pro Monat nicht einverstanden. Diese Summe decke auf keinen Fall seine Aufwendungen für eine geeignete Krankenkost. Er sei nunmehr auch an Krebs erkrankt, was er auf seine Erkrankung an Diabetes mellitus Typ IIb zurückführe. In der mündlichen Verhandlung vom 27. August 2009 hat der Kläger erklärt, dass es ihm im Berufungsverfahren nur noch um den ernährungsbedingten Mehrbedarf ginge. Auf den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. sei Druck ausgeübt worden. Die aktuelle Empfehlung dieses Vereins habe im Jahr 2005 noch nicht vorgelegen und könne daher nicht angewandt werden.
Der Kläger beantragt nunmehr,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für Diabetes mellitus Typ IIa monatlich einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von 51,13 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte macht sich die medizinische Beurteilung in dem vom Landessozialgericht eingeholten ärztlichen Gutachten zu eigen, welches das Bestehen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs bei dem Kläger verneint. In Übereinstimmung mit den im Oktober 2008 veröffentlichten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. gehe die Beklagte davon aus, dass nach nunmehrigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand bei Erkrankungen wie denen, an denen der Kläger leide, regelmäßig Vollkost angezeigt sei. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Regelsatz beim Kläger den notwendigen Aufwand für eine Vollkost decke.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisanordnung vom 11. August 2006, mit welcher insbesondere geklärt werden sollte, welche Erkrankungen bestehen und welche spezielle Kostform erforderlich ist. Ausweislich des Gutachtens des Klinikums St. G. gGmbH (L.) vom 8. September 2006 und der ergänzenden Stellungnahme vom 30. Januar 2007 ergibt sich, dass keine spezielle kostenaufwändige Diät erforderlich ist. Des Weiteren wurde eine Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. eingeholt, welcher ebenfalls davon ausgeht, dass ein über die Regelleistung hinausgehender Mehrbedarf für die Erkrankungen, an welchen der Kläger leidet, nicht besteht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Berufung ist zulässig, obwohl zuletzt der Berufungsantrag beschränkt wurde und der Beschwerdewert (6 x 51,13 EUR = 306,78 EUR) den erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstands nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht mehr erreicht. Denn der Kläger hatte zunächst keine Beschränkung des Berufungsantrages vorgenommen, sondern die vollumfängliche Überprüfung der angefochtenen Bescheide verfolgt. Es reicht aus, dass im Zeitpunkt der Einlegung der Berufung der Beschwerdewert von vorliegend 500,00 EUR erreicht wurde (vgl. BSG, Urteil vom 17. November 2005 – B 11a/11 AL 57/04 R – SozR 4-1500 § 96 Nr. 4 Rdnr. 14). Ein späteres Sinken des Beschwerdewertes durch Beschränkung des Berufungsantrags macht die Berufung grundsätzlich nicht unzulässig (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 1977 – 5 RJ 50/76 – SozR 1500 § 146 Nr. 3; BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 – 4 RJ 127/76 – SozR 1500 § 146 Nr. 6; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, [9. Aufl., 2008], § 144 Rdnr. 19, m. w. N.). Anhaltspunkte für eine willkürliche Beschränkung des Berufungsantrages liegen nicht vor. Die Berufung ist auch im Übrigen statthaft, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG).
2. Streitgegenstand ist allein ein Anspruch des Klägers auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005, der als abgrenzbarer Teil des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes eigenständig geltend gemacht werden kann (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. März 2008 – L 12 AS 43/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 28; sowie allgemein zur Frage abgrenzbarer Streitgegenstände bei Streitigkeiten nach dem SGB II: BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – BSGE 97, 217 Rdnr. 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 Rdnr. 18 ff; Lang/Knickrehm, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 21 SGB II Rdnr. 9). Der Kläger hat in diesem Sinne ausweislich seines zuletzt gestellten Klageantrags lediglich diesen Mehrbedarf geltend gemacht.
Maßgebend ist insoweit der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2005 und in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 28. März 2006 gefunden hat.
3. Die Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. März 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da ihm ein höherer Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II nicht zusteht.
Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Der Kläger gehört zwar grundsätzlich zum berechtigten Personenkreis der erwerbsbedürftigen Hilfebedürftigen. Allerdings bedarf er keiner kostenaufwändigen Ernährung aus medizinischen Gründen. Denn dies erfordert, dass ein medizinischer Sachverhalt gegeben ist, also Krankheiten oder Behinderungen vorliegen, die so ausgeprägt sind, dass sie nicht nur eine besondere Ernährung erfordern, um eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu verhindern, sondern darüber hinaus eine Ernährung verlangen, die mit besonderen Kosten verbunden ist. Die Feststellung, ob ein Hilfebedürftiger auf Grund einer Erkrankung einer besonderen, kostenintensiven Ernährung bedarf, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig, auch wenn diese verallgemeinert werden können. Maßgebend sind gleichwohl die individuellen Verhältnisse des Hilfebedürftigen. Dementsprechend hat das Bundessozialgericht entschieden, dass der im Streit stehende Mehrbedarf jeweils im Einzelfall zu ermitteln ist (Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 64/06 R – SozR 4-4200 § 21 Nr. 2 Rdnr. 28 = JURIS-Dokument Rdnr. 28; vgl. auch: SächsLSG, Beschluss vom 12. Februar 2009 – L 3 B 428/08 AS-NZB – JURIS-Dokument Rdnr. 13). Im Rahmen der Beweiswürdigung hat eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen sachkundigen Stellungnahmen zu dieser Frage zu erfolgen. Auch insofern hat das Bundessozialgericht allerdings bereits entschieden, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. im Regelfall als Orientierungshilfe dienen können und die weitere Amtsermittlung von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängt (BSG, a. a. O.).
Im Falle des Klägers ist eine besondere, kostenintensive Ernährung nicht erforderlich. Dies ergibt sich bereits aus der eingeholten Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. vom 2. Januar 2007. Diese Stellungnahme entspricht der aktuellen Empfehlung dieses Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen, die am 1. Oktober 2008 vom Präsidium des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. verabschiedet worden ist (veröffentlicht unter www.deutscher-verein.de/05-empfehlungen/empfehlungen2008/oktober/). Nach diesen Empfehlungen zählen Hyperurikämie, Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II und I zu den Erkrankungen, die diätetisch mit einer Vollkost zu behandeln sind. Bei den genannten Erkrankungen ist in der Regel ein krankheitsbedingter erhöhter Ernährungsbedarf zu verneinen. Es ist davon auszugehen, dass der auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (EVS 2003) bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost deckt (vgl. Ziffer II.2 Nr. 4.1 der Empfehlung). Zu derselben Auffassung gelangten auch die vom Verband für Ernährung und Diätetik (VFED) herausgegeben "Ernährungsempfehlungen für Diabetiker" (www.vfed.de), die auch Vollkosternährung für ausreichend erachten.
Da es sich bei dem Begriff der "angemessenen Höhe" des Mehrbedarfs um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, dessen Ausfüllung in vollem Umfang der rechtlichen Überprüfung durch das Gericht unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 64/06 R – SozR 4-4200 § 21 Nr. 2 Rdnr. 24 = JURIS-Dokument Rdnr. 24; SächsLSG, Urteil vom 26. Februar 2009 – L 2 AS 152/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 30), können nach dem Willen des Gesetzgebers zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden (BT-Drs. 15/1516 S. 57). Dies entspricht der generellen Anknüpfung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II an das Referenzsystem der Sozialhilfe (vgl. BT-Drs. 15/1516 S. 46, 57). In der Praxis und Rechtsprechung zur früheren Parallelvorschrift des § 23 Abs. 4 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) fanden die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. allgemein Anwendung (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, a. a. O., Rdnr. 25, m. w. N.). Das Bundessozialgericht hat sich auf die "Empfehlungen" aus dem Jahr 1997 bezogen. In der zitierten Entscheidung hat das Bundessozialgericht darauf abgestellt, dass im Hinblick auf das Alter der Empfehlungen diese nur noch als Orientierungshilfe im Regelfall dienen könnten. Da mittlerweile die Empfehlungen aktualisiert wurden, hat der erkennende Senat keine Bedenken, die im Oktober 2008 veröffentlichten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. vorliegend auch für den streitigen Zeitraum im Jahr 2005 (Januar bis Juni 2005) anzuwenden (so auch SächsLSG, Urteil vom 26. Februar 2009 – L 2 AS 152/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 37 ff.; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Dezember 2008, L 8 B 386/08, JURIS-Dokument Rdnr. 19).
Die Erkenntnisse, welche der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. in den Empfehlungen aus dem Jahr 2008 veröffentlicht hat, basieren im Wesentlichen auf den Arbeitsgrundlagen, die das "Rationalisierungsschema 2004" des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner und anderer Fachverbände zusammengetragen hatte (vgl. Ziffer II.1 der Empfehlung). Daher sind in die Empfehlungen aus dem Jahr 2008 Erkenntnisse der Ernährungsmediziner auch aus den davorliegenden Jahren eingeflossen. Damit sind die in den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. aus Oktober 2008 zusammengeflossene Erkenntnisse nicht als neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu werten, die erst ab diesem Zeitpunkt Gültigkeit beanspruchen könnten.
Das Gericht hat seiner Entscheidung die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Grunde zu legen. Dies sind aber nicht die überholten Empfehlungen aus dem Jahr 1997, sondern die aus dem Jahr 2008.
Ein Vertrauensschutz dahingehend, dass der Kläger ein schutzwürdiges Interesse daran hätte, dass der Entscheidung des Gerichtes der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Empfehlungen aus dem Jahr 1997 zugrunde zu legen wäre, besteht nicht (vgl. SächsLSG, Urteil vom 26. Februar 2009 – L 2 AS 152/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 41).
Soweit der Kläger einwendet, dass auf den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. Druck ausgeübt worden sei, die Empfehlungen mithin auf sachfremden Erwägungen beruhten, sind für diese Mutmaßung keine Anhaltspunkte gegeben.
Diese typisierenden Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. werden im Fall des Klägers durch das ihn betreffende Gutachten des Sachverständigen Dr. med. J. K. vom Klinikum St. G. gGmbH gedeckt. Auf Grund dieses Gutachtens ist ein signifikanter Mehrbedarf für die Ernährung im konkreten Fall des Klägers zu verneinen. Der Gutachter hat ausgeführt, dass die Unterscheidung Diabetes mellitus Typ IIa und Typ IIb nicht mehr benutzt werde. Ursprünglich sei damit die Unterscheidung zwischen einem Diabetes mellitus Typ II ohne Übergewicht (a) beziehungsweise mit Übergewicht (b) gemeint gewesen. Beim Kläger sei auf Grund des Fehlens eines signifikanten Übergewichts von einem Typ IIa auszugehen. In dem Gutachten wird ausgeführt, dass bezüglich des Körpergewichts das Ziel der Ernährungsberatung darin bestehe, das jetzige Körpergewicht zu halten beziehungsweise eine Gewichtszunahme zu vermeiden. Da die Creatininwerte nur diskret erhöht sind, gibt der Gutachter keine Ernährungsempfehlung ab, die mit finanziellem Mehraufwand verbunden ist. Auf Grund der neueren Erkenntnisse werde auf eine Diabetesdiät weitgehend verzichtet. So genannte diätetische Nahrungsmittel, die sich insbesondere durch ihren Gehalt an Zuckeraustausch- oder Zuckerersatzstoffen auszeichnen, würden im Rahmen der Therapieempfehlung vor allem als Süßstoff für zum Beispiel Kaffee oder Tee beziehungsweise im Rahmen des Erwerbs von Obstkonserven empfohlen. Darüber hinaus seien bezüglich des Diabetes mellitus keine speziellen Kostformen zu beachten. So genannte Diabetikernahrungsmittel würden im Allgemeinen von der Ärzteschaft, namentlich den Diabetologen und Endokrinologen, abgelehnt, da deren Nutzen für die Qualität der Stoffwechseleinstellung sowie für die weitere Entwicklung der Erkrankung und ihrer Komplikationen wissenschaftlich nicht bewiesen und für den Patienten bei Nutzung dieser speziellen Nahrungsmittel mit Zusatzkosten verbunden sei. Auch für die Therapie der Hyperurikämie und zur Vorbeugung von Gichtanfällen gebe es keine diätischen Empfehlungen, die auf eine Ernährung abzielten, die arm an Substanzen ist, die im Körper dann zu Harnsäure umgewandelt werden. Gleichermaßen sei für Stoffwechselstörungen und Bluthochdruck keine spezielle kostenaufwändige Diät erforderlich. Diesen gutachterlichen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat an, weil das Gutachten sachkundig erstellt, nachvollziehbar und wissenschaftlich begründet ist.
Weitere Ermittlungen erübrigen sich, da sowohl die typisierende Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. als auch das eingeholte ärztliche Gutachten bestätigen, dass eine kostenaufwändige Diätkost durch die Krankheiten des Klägers nicht bedingt war.
Nach alledem war der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung vorliegend zu verneinen mit der Folge, dass der Kläger jedenfalls keinen höheren Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 5 SGB II geltend machen kann.
4. Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum (1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005) nicht zu hohe Kosten der Unterkunft erhalten hat.
Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II sind nur die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu zahlen. Kosten der Unterkunft sind aber nur solche, die im jeweiligen Bewilligungszeitraum fällig wurden und auch tatsächlich bezahlt wurden. Diesbezüglich konnte der Kläger keine Antwort darauf geben, ob er die Miete tatsächlich zu zahlen hatte und gezahlt hat. Dass dem nicht so gewesen sein dürfte, legt seine Äußerung in dem Interview mit der L. Volkszeitung am 16. Dezember 2005 nahe. Dort heißt es, dass er "zumindest vorläufig mietfrei" wohne.
Sofern der Kläger tatsächlich keine Miete zu zahlen hatte und gezahlt hat, wäre der angefochtene Bewilligungsbescheid rechtswidrig, weil zu hohes Arbeitslosengeld II bewilligt worden wäre. Gleichwohl wäre die Beklagte an den Verfügungssatz des Änderungsbescheides vom 28. März 2006, mit welchem sie die monatlichen Leistungen auf 577,06 EUR festgesetzt hat, gebunden. Der Bescheid war nach § 39 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) mit seiner Bekanntgabe gegenüber dem Kläger wirksam geworden. Er bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Die Anfechtbarkeit gibt dem vom Verwaltungsakt Betroffenen die Möglichkeit, eine Änderung zu seinen Gunsten herbeizuführen, begründet aber kein Recht der Behörde, ihre Entscheidung zum Nachteil des Anfechtenden zu ändern (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/11b AS 67/06 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 13 Rdnr. 18 = JURIS-Dokument Rdnr. 18). Entsprechendes gilt für das Gericht im nachfolgenden Gerichtsverfahren.
Andererseits bedeutet dies aber nicht, dass der Kläger, nur weil er seinen Streitgegenstand zuletzt auf den Mehrbedarf beschränkte, eine 577,06 EUR übersteigende Leistung verlangen könnte, wenn bei einer Gesamtbetrachtung ihm ein höherer Gesamtanspruch zusammengesetzt aus den Komponenten Regelleistung, Kosten der Unterkunft und Mehrbedarf nicht zustand. Denn die prozessrechtliche Möglichkeit, die Klage oder das Rechtsmittel zu beschränken, führt nicht dazu, dass dem Betroffenen höhere Leistungen zuzusprechen wären als die, auf die er nach materiellem Recht einen Anspruch hat.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. III. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs bei kostenaufwändiger Ernährung im Zeitraum zwischen dem 1. Januar und dem 30. Juni 2005.
Der 1941 geborene und an Hyperurikämie, Hypertonie und Diabetes mellitus Typ IIb erkrankte Kläger bezog bis August 2003 Arbeitslosengeld und im Anschluss daran bis Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 26,27 EUR täglich. Während des Bezuges von Arbeitslosengeld beziehungsweise Arbeitslosenhilfe gab der Kläger eine Erklärung nach § 428 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) über die Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld beziehungsweise Arbeitslosenhilfe unter erleichterten Voraussetzungen ab. Der Kläger bewohnte eine 52,23 m² große Zweiraumwohnung, für die eine Gesamtmiete in Höhe von 126,56 EUR zu bezahlen war. Bereits im September 2004 wurde er von seinem bisherigen Vermieter informiert, dass ein Eigentumswechsel stattfand. Seine Schreiben, mit denen er nach einer Bankverbindung und nach den Modalitäten der Mietzahlung nachfragte, blieben ohne Reaktion. Der Kläger überwies im streitgegenständlichen Zeitraum an die neuen Eigentümer keine Miete. In der Gesamtmiete in Höhe von 126,56 EUR waren auch die Kosten für Hausstrom enthalten. Im streitgegenständlichen Zeitraum zahlte der Kläger für Strom und Gas einen zweimonatlichen Abschlag in Höhe von 34,00 EUR (Strom 24,00 EUR, Gas 10,00 EUR). Der Kläger heizte mit einem elektrischen Radiator.
Auf seinen Antrag vom 30. November 2004 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Dezember 2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 in Höhe von 568,24 EUR monatlich.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 15. Dezember 2004 Widerspruch ein. Diesen begründete er damit, dass er auf Grund der Vereinbarung mit der Bundesagentur für Arbeit nach § 428 SGB III einen Anspruch auf Leistungen in Höhe der bisher gewährten Arbeitslosenhilfe habe. Des Weiteren machte er die Übernahme von Heizkosten für die Benutzung seines elektrischen Radiators sowie die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung geltend.
Sein Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juni 2005 zurückgewiesen. Ein höherer Anspruch bestünde nicht. Die Beklagte legte dar, wie sich der Gesamtanspruch in Höhe von 568,24 EUR monatlich zusammensetzt, nämlich: 331,00 EUR Regelleistung, 30,68 EUR wegen des Mehrbedarfs für seine Hyperurikämie/Gicht, ein befristeter Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe des Höchstbetrages von 50,00 EUR nach über einjährigem Arbeitslosengeldbezug sowie Kosten für die Unterkunft und Heizung von 126,56 EUR). Die Beklagte ging im Widerspruchsbescheid noch von 12,00 EUR Stromkosten pro Monat aus. Die Stromkosten seien in Höhe von 8 % von 331,00 EUR, also mit 8,18 EUR, bereits im Regelsatz enthalten. Daher werde nur die monatliche Grundmiete von 126,56 EUR erstattet. Der Kläger erhielt für den streitgegenständlichen Zeitraum Krankengeld, das allerdings erst nach dem 30. Juni 2005 ausgezahlt wurde.
Der Kläger hat am 17. Juni 2005 Klage erhoben.
Die Beklagte hat am 16. Dezember 2005 ein Teilanerkenntnis hinsichtlich der Heizkosten in Höhe von monatlich 8,82 EUR abgegeben, welches der Kläger angenommen hat. Dieser Betrag errechne sich aus der Stromrechnung von monatlich 17,00 EUR abzüglich der Warmwasserpauschale von 8,18 EUR. Laut einem Aktenvermerk der Sachbearbeiterin sei ihr dabei ein Rechenfehler unterlaufen. Sie habe Strom- und Gaskosten zusammengezählt. Mit Änderungsbescheid vom 28. März 2006 hat die Beklagte das Teilanerkenntnis umgesetzt und die monatlichen Leistungen auf 577,06 EUR festgesetzt.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 16. Dezember 2005 die Klage des Klägers abgewiesen, der erstinstanzlich beantragt hatte, ihm über die bereits bewilligten Leistungen hinaus weitere 219,80 EUR monatlich zu gewähren. Aus dem Umstand, dass er eine so genannte "58er-Regelung" gemäß § 428 SGB III in Anspruch genommen habe, ergebe sich kein Anspruch auf SGB-II-Leistungen in Höhe der zuletzt gezahlten Arbeitslosenhilfe. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf einen höheren als den bereits bewilligten Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung. Zwar werde bei den Erkrankungen des Klägers grundsätzlich ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung anerkannt. Wenn ein Hilfeempfänger jedoch an mehreren, die Einhaltung besonderer Kostformen erfordernden Krankheiten leide, könne eine schematische Addition der anerkannten Mehrbedarfe für jede einzelne Kostform regelmäßig nicht erfolgen. In diesem Fall sei in der Regel die Gewährung der höchsten der in Betracht kommenden Krankenkostzulagen als sachgerecht anzusehen. Dies seien, wie von der Beklagten bewilligt, 30,68 EUR monatlich.
Hiergegen richtet sich die am 3. Februar 2006 eingelegte Berufung des Klägers gegen das ihm am 5. Januar 2006 zugestellte Urteil des Sozialgerichts, mit welcher der Kläger zunächst beantragt hat, "das Urteil vom 16. Dezember 2005 teilweise aufzuheben in dem Punkt, dass der § 428 SGB III Anwendung findet". Der Kläger begründet seine Berufung damit, dass seiner Meinung nach die Bundesagentur für Arbeit auf Grund der Regelung des § 428 SGB III verpflichtet sei, den mit ihm vereinbarten Betrag (Arbeitslosenhilfe) von täglich 26,27 EUR bis zur Rente weiterzuzahlen. Bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld II sei zudem sein Aufwand für elektrische Heizung und den elektrischen Boiler nicht berücksichtigt worden. Außerdem sei er auch mit dem Mehrbedarfszuschlag für kostenaufwändige Ernährung von lediglich 30,68 EUR pro Monat nicht einverstanden. Diese Summe decke auf keinen Fall seine Aufwendungen für eine geeignete Krankenkost. Er sei nunmehr auch an Krebs erkrankt, was er auf seine Erkrankung an Diabetes mellitus Typ IIb zurückführe. In der mündlichen Verhandlung vom 27. August 2009 hat der Kläger erklärt, dass es ihm im Berufungsverfahren nur noch um den ernährungsbedingten Mehrbedarf ginge. Auf den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. sei Druck ausgeübt worden. Die aktuelle Empfehlung dieses Vereins habe im Jahr 2005 noch nicht vorgelegen und könne daher nicht angewandt werden.
Der Kläger beantragt nunmehr,
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 16. Dezember 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für Diabetes mellitus Typ IIa monatlich einen ernährungsbedingten Mehrbedarf in Höhe von 51,13 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte macht sich die medizinische Beurteilung in dem vom Landessozialgericht eingeholten ärztlichen Gutachten zu eigen, welches das Bestehen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs bei dem Kläger verneint. In Übereinstimmung mit den im Oktober 2008 veröffentlichten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. gehe die Beklagte davon aus, dass nach nunmehrigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand bei Erkrankungen wie denen, an denen der Kläger leide, regelmäßig Vollkost angezeigt sei. Es könne davon ausgegangen werden, dass der Regelsatz beim Kläger den notwendigen Aufwand für eine Vollkost decke.
Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisanordnung vom 11. August 2006, mit welcher insbesondere geklärt werden sollte, welche Erkrankungen bestehen und welche spezielle Kostform erforderlich ist. Ausweislich des Gutachtens des Klinikums St. G. gGmbH (L.) vom 8. September 2006 und der ergänzenden Stellungnahme vom 30. Januar 2007 ergibt sich, dass keine spezielle kostenaufwändige Diät erforderlich ist. Des Weiteren wurde eine Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. eingeholt, welcher ebenfalls davon ausgeht, dass ein über die Regelleistung hinausgehender Mehrbedarf für die Erkrankungen, an welchen der Kläger leidet, nicht besteht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die Berufung ist zulässig, obwohl zuletzt der Berufungsantrag beschränkt wurde und der Beschwerdewert (6 x 51,13 EUR = 306,78 EUR) den erforderlichen Wert des Beschwerdegegenstands nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht mehr erreicht. Denn der Kläger hatte zunächst keine Beschränkung des Berufungsantrages vorgenommen, sondern die vollumfängliche Überprüfung der angefochtenen Bescheide verfolgt. Es reicht aus, dass im Zeitpunkt der Einlegung der Berufung der Beschwerdewert von vorliegend 500,00 EUR erreicht wurde (vgl. BSG, Urteil vom 17. November 2005 – B 11a/11 AL 57/04 R – SozR 4-1500 § 96 Nr. 4 Rdnr. 14). Ein späteres Sinken des Beschwerdewertes durch Beschränkung des Berufungsantrags macht die Berufung grundsätzlich nicht unzulässig (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 1977 – 5 RJ 50/76 – SozR 1500 § 146 Nr. 3; BSG, Urteil vom 19. Januar 1978 – 4 RJ 127/76 – SozR 1500 § 146 Nr. 6; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, [9. Aufl., 2008], § 144 Rdnr. 19, m. w. N.). Anhaltspunkte für eine willkürliche Beschränkung des Berufungsantrages liegen nicht vor. Die Berufung ist auch im Übrigen statthaft, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG).
2. Streitgegenstand ist allein ein Anspruch des Klägers auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung gemäß § 21 Abs. 5 SGB II im Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005, der als abgrenzbarer Teil des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes eigenständig geltend gemacht werden kann (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. März 2008 – L 12 AS 43/06 – JURIS-Dokument Rdnr. 28; sowie allgemein zur Frage abgrenzbarer Streitgegenstände bei Streitigkeiten nach dem SGB II: BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 8/06 R – BSGE 97, 217 Rdnr. 18 ff = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 Rdnr. 18 ff; Lang/Knickrehm, in: Eicher/Spellbrink, SGB II [2. Aufl., 2008], § 21 SGB II Rdnr. 9). Der Kläger hat in diesem Sinne ausweislich seines zuletzt gestellten Klageantrags lediglich diesen Mehrbedarf geltend gemacht.
Maßgebend ist insoweit der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2005 und in der Fassung, die er durch den Änderungsbescheid vom 28. März 2006 gefunden hat.
3. Die Berufung ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juni 2005 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. März 2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da ihm ein höherer Anspruch auf Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs. 5 SGB II nicht zusteht.
Nach § 21 Abs. 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Der Kläger gehört zwar grundsätzlich zum berechtigten Personenkreis der erwerbsbedürftigen Hilfebedürftigen. Allerdings bedarf er keiner kostenaufwändigen Ernährung aus medizinischen Gründen. Denn dies erfordert, dass ein medizinischer Sachverhalt gegeben ist, also Krankheiten oder Behinderungen vorliegen, die so ausgeprägt sind, dass sie nicht nur eine besondere Ernährung erfordern, um eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu verhindern, sondern darüber hinaus eine Ernährung verlangen, die mit besonderen Kosten verbunden ist. Die Feststellung, ob ein Hilfebedürftiger auf Grund einer Erkrankung einer besonderen, kostenintensiven Ernährung bedarf, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig, auch wenn diese verallgemeinert werden können. Maßgebend sind gleichwohl die individuellen Verhältnisse des Hilfebedürftigen. Dementsprechend hat das Bundessozialgericht entschieden, dass der im Streit stehende Mehrbedarf jeweils im Einzelfall zu ermitteln ist (Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 64/06 R – SozR 4-4200 § 21 Nr. 2 Rdnr. 28 = JURIS-Dokument Rdnr. 28; vgl. auch: SächsLSG, Beschluss vom 12. Februar 2009 – L 3 B 428/08 AS-NZB – JURIS-Dokument Rdnr. 13). Im Rahmen der Beweiswürdigung hat eine Auseinandersetzung mit den verschiedenen sachkundigen Stellungnahmen zu dieser Frage zu erfolgen. Auch insofern hat das Bundessozialgericht allerdings bereits entschieden, dass die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. im Regelfall als Orientierungshilfe dienen können und die weitere Amtsermittlung von den Besonderheiten des Einzelfalls abhängt (BSG, a. a. O.).
Im Falle des Klägers ist eine besondere, kostenintensive Ernährung nicht erforderlich. Dies ergibt sich bereits aus der eingeholten Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. vom 2. Januar 2007. Diese Stellungnahme entspricht der aktuellen Empfehlung dieses Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen, die am 1. Oktober 2008 vom Präsidium des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. verabschiedet worden ist (veröffentlicht unter www.deutscher-verein.de/05-empfehlungen/empfehlungen2008/oktober/). Nach diesen Empfehlungen zählen Hyperurikämie, Hypertonie und Diabetes mellitus Typ II und I zu den Erkrankungen, die diätetisch mit einer Vollkost zu behandeln sind. Bei den genannten Erkrankungen ist in der Regel ein krankheitsbedingter erhöhter Ernährungsbedarf zu verneinen. Es ist davon auszugehen, dass der auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (EVS 2003) bemessene Regelsatz den notwendigen Aufwand für eine Vollkost deckt (vgl. Ziffer II.2 Nr. 4.1 der Empfehlung). Zu derselben Auffassung gelangten auch die vom Verband für Ernährung und Diätetik (VFED) herausgegeben "Ernährungsempfehlungen für Diabetiker" (www.vfed.de), die auch Vollkosternährung für ausreichend erachten.
Da es sich bei dem Begriff der "angemessenen Höhe" des Mehrbedarfs um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, dessen Ausfüllung in vollem Umfang der rechtlichen Überprüfung durch das Gericht unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 64/06 R – SozR 4-4200 § 21 Nr. 2 Rdnr. 24 = JURIS-Dokument Rdnr. 24; SächsLSG, Urteil vom 26. Februar 2009 – L 2 AS 152/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 30), können nach dem Willen des Gesetzgebers zur Konkretisierung der Angemessenheit des Mehrbedarfs die vom Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. entwickelten und an typisierbaren Fallgestaltungen ausgerichteten Empfehlungen herangezogen werden (BT-Drs. 15/1516 S. 57). Dies entspricht der generellen Anknüpfung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II an das Referenzsystem der Sozialhilfe (vgl. BT-Drs. 15/1516 S. 46, 57). In der Praxis und Rechtsprechung zur früheren Parallelvorschrift des § 23 Abs. 4 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) fanden die Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. allgemein Anwendung (vgl. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, a. a. O., Rdnr. 25, m. w. N.). Das Bundessozialgericht hat sich auf die "Empfehlungen" aus dem Jahr 1997 bezogen. In der zitierten Entscheidung hat das Bundessozialgericht darauf abgestellt, dass im Hinblick auf das Alter der Empfehlungen diese nur noch als Orientierungshilfe im Regelfall dienen könnten. Da mittlerweile die Empfehlungen aktualisiert wurden, hat der erkennende Senat keine Bedenken, die im Oktober 2008 veröffentlichten Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. vorliegend auch für den streitigen Zeitraum im Jahr 2005 (Januar bis Juni 2005) anzuwenden (so auch SächsLSG, Urteil vom 26. Februar 2009 – L 2 AS 152/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 37 ff.; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 19. Dezember 2008, L 8 B 386/08, JURIS-Dokument Rdnr. 19).
Die Erkenntnisse, welche der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. in den Empfehlungen aus dem Jahr 2008 veröffentlicht hat, basieren im Wesentlichen auf den Arbeitsgrundlagen, die das "Rationalisierungsschema 2004" des Bundesverbandes Deutscher Ernährungsmediziner und anderer Fachverbände zusammengetragen hatte (vgl. Ziffer II.1 der Empfehlung). Daher sind in die Empfehlungen aus dem Jahr 2008 Erkenntnisse der Ernährungsmediziner auch aus den davorliegenden Jahren eingeflossen. Damit sind die in den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. aus Oktober 2008 zusammengeflossene Erkenntnisse nicht als neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu werten, die erst ab diesem Zeitpunkt Gültigkeit beanspruchen könnten.
Das Gericht hat seiner Entscheidung die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Grunde zu legen. Dies sind aber nicht die überholten Empfehlungen aus dem Jahr 1997, sondern die aus dem Jahr 2008.
Ein Vertrauensschutz dahingehend, dass der Kläger ein schutzwürdiges Interesse daran hätte, dass der Entscheidung des Gerichtes der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den Empfehlungen aus dem Jahr 1997 zugrunde zu legen wäre, besteht nicht (vgl. SächsLSG, Urteil vom 26. Februar 2009 – L 2 AS 152/07 – JURIS-Dokument Rdnr. 41).
Soweit der Kläger einwendet, dass auf den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V. Druck ausgeübt worden sei, die Empfehlungen mithin auf sachfremden Erwägungen beruhten, sind für diese Mutmaßung keine Anhaltspunkte gegeben.
Diese typisierenden Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. werden im Fall des Klägers durch das ihn betreffende Gutachten des Sachverständigen Dr. med. J. K. vom Klinikum St. G. gGmbH gedeckt. Auf Grund dieses Gutachtens ist ein signifikanter Mehrbedarf für die Ernährung im konkreten Fall des Klägers zu verneinen. Der Gutachter hat ausgeführt, dass die Unterscheidung Diabetes mellitus Typ IIa und Typ IIb nicht mehr benutzt werde. Ursprünglich sei damit die Unterscheidung zwischen einem Diabetes mellitus Typ II ohne Übergewicht (a) beziehungsweise mit Übergewicht (b) gemeint gewesen. Beim Kläger sei auf Grund des Fehlens eines signifikanten Übergewichts von einem Typ IIa auszugehen. In dem Gutachten wird ausgeführt, dass bezüglich des Körpergewichts das Ziel der Ernährungsberatung darin bestehe, das jetzige Körpergewicht zu halten beziehungsweise eine Gewichtszunahme zu vermeiden. Da die Creatininwerte nur diskret erhöht sind, gibt der Gutachter keine Ernährungsempfehlung ab, die mit finanziellem Mehraufwand verbunden ist. Auf Grund der neueren Erkenntnisse werde auf eine Diabetesdiät weitgehend verzichtet. So genannte diätetische Nahrungsmittel, die sich insbesondere durch ihren Gehalt an Zuckeraustausch- oder Zuckerersatzstoffen auszeichnen, würden im Rahmen der Therapieempfehlung vor allem als Süßstoff für zum Beispiel Kaffee oder Tee beziehungsweise im Rahmen des Erwerbs von Obstkonserven empfohlen. Darüber hinaus seien bezüglich des Diabetes mellitus keine speziellen Kostformen zu beachten. So genannte Diabetikernahrungsmittel würden im Allgemeinen von der Ärzteschaft, namentlich den Diabetologen und Endokrinologen, abgelehnt, da deren Nutzen für die Qualität der Stoffwechseleinstellung sowie für die weitere Entwicklung der Erkrankung und ihrer Komplikationen wissenschaftlich nicht bewiesen und für den Patienten bei Nutzung dieser speziellen Nahrungsmittel mit Zusatzkosten verbunden sei. Auch für die Therapie der Hyperurikämie und zur Vorbeugung von Gichtanfällen gebe es keine diätischen Empfehlungen, die auf eine Ernährung abzielten, die arm an Substanzen ist, die im Körper dann zu Harnsäure umgewandelt werden. Gleichermaßen sei für Stoffwechselstörungen und Bluthochdruck keine spezielle kostenaufwändige Diät erforderlich. Diesen gutachterlichen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat an, weil das Gutachten sachkundig erstellt, nachvollziehbar und wissenschaftlich begründet ist.
Weitere Ermittlungen erübrigen sich, da sowohl die typisierende Stellungnahme des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e. V. als auch das eingeholte ärztliche Gutachten bestätigen, dass eine kostenaufwändige Diätkost durch die Krankheiten des Klägers nicht bedingt war.
Nach alledem war der Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung vorliegend zu verneinen mit der Folge, dass der Kläger jedenfalls keinen höheren Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 5 SGB II geltend machen kann.
4. Daher kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum (1. Januar 2005 bis 30. Juni 2005) nicht zu hohe Kosten der Unterkunft erhalten hat.
Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II sind nur die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu zahlen. Kosten der Unterkunft sind aber nur solche, die im jeweiligen Bewilligungszeitraum fällig wurden und auch tatsächlich bezahlt wurden. Diesbezüglich konnte der Kläger keine Antwort darauf geben, ob er die Miete tatsächlich zu zahlen hatte und gezahlt hat. Dass dem nicht so gewesen sein dürfte, legt seine Äußerung in dem Interview mit der L. Volkszeitung am 16. Dezember 2005 nahe. Dort heißt es, dass er "zumindest vorläufig mietfrei" wohne.
Sofern der Kläger tatsächlich keine Miete zu zahlen hatte und gezahlt hat, wäre der angefochtene Bewilligungsbescheid rechtswidrig, weil zu hohes Arbeitslosengeld II bewilligt worden wäre. Gleichwohl wäre die Beklagte an den Verfügungssatz des Änderungsbescheides vom 28. März 2006, mit welchem sie die monatlichen Leistungen auf 577,06 EUR festgesetzt hat, gebunden. Der Bescheid war nach § 39 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) mit seiner Bekanntgabe gegenüber dem Kläger wirksam geworden. Er bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist (§ 39 Abs. 2 SGB X). Die Anfechtbarkeit gibt dem vom Verwaltungsakt Betroffenen die Möglichkeit, eine Änderung zu seinen Gunsten herbeizuführen, begründet aber kein Recht der Behörde, ihre Entscheidung zum Nachteil des Anfechtenden zu ändern (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/11b AS 67/06 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 13 Rdnr. 18 = JURIS-Dokument Rdnr. 18). Entsprechendes gilt für das Gericht im nachfolgenden Gerichtsverfahren.
Andererseits bedeutet dies aber nicht, dass der Kläger, nur weil er seinen Streitgegenstand zuletzt auf den Mehrbedarf beschränkte, eine 577,06 EUR übersteigende Leistung verlangen könnte, wenn bei einer Gesamtbetrachtung ihm ein höherer Gesamtanspruch zusammengesetzt aus den Komponenten Regelleistung, Kosten der Unterkunft und Mehrbedarf nicht zustand. Denn die prozessrechtliche Möglichkeit, die Klage oder das Rechtsmittel zu beschränken, führt nicht dazu, dass dem Betroffenen höhere Leistungen zuzusprechen wären als die, auf die er nach materiellem Recht einen Anspruch hat.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. III. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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