Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5207/08 AK-A
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Gründe:
Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht, wenn das Verfahren - wie hier - anders als durch Urteil geendet hat, auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Für die Kostenentscheidung ist der Rechtsgedanke des § 91 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) heran zu ziehen. Es ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden, insbesondere sind die Erfolgsaussichten sowie die Gründe für den Antrag und die Erledigung zu berücksichtigen.
Ausgehend hiervon erscheint es billig, dass die Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für die einstweiligen Anordnungsverfahren in erster und zweiter Instanz trägt. Denn es spricht bei der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung viel dafür, dass die Antragsgegnerin den Anspruch des Antragstellers auf Mitgliedschaft gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu Unrecht verneint hat.
Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a.) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b.) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren.
Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in der GKV nach dieser Vorschrift ist somit, dass ein anderweitiger Versicherungsschutz nicht besteht. Dies war, worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, beim Antragsteller der Fall. Der Antragsteller erfüllt weder die Voraussetzungen der Nummern 1 bis 12 des § 5 SGB V für eine Versicherungspflicht in der GKV, noch ist er bei einer gesetzlichen Krankenkasse als freiwillig Versicherter oder als Familienversicherter Mitglied. Für eine frühere Mitgliedschaft in einer Kasse der privaten Krankenversicherung geben weder der Vortrag des Antragstellers noch der Antragsgegnerin irgendwelche Anhaltspunkte. Schließlich bezog der Antragsteller zum Zeitpunkt seiner Haftentlassung am 4. 7. 2008 und zum Zeitpunkt der Anzeige einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 keine Leistungen nach dem SGB XII (was bei einer Rente von 773,98 EUR ohne besondere Umstände auch nicht naheliegt), weswegen auch kein Anspruch auf Krankenhilfe bestand. Der Umstand, dass ihm das Landratsamt Rems-Murr-Kreis zur Abwendung einer akuten Notlage vorläufig Hilfe bei Krankheit gewährt, führt noch nicht zur Annahme eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Die Sozialhilfebedürftigkeit des Antragstellers ist gerade wegen des fehlenden Krankenversicherungsschutzes durch die angefallenen hohen Krankheitskosten entstanden, weswegen ein dadurch notwendig werdender Eintritt des Sozialhilfeträgers nicht als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall angesehen werden kann. Bei anderer Auslegung ginge die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ins Leere, weil bei Bedürftigkeit jeder Anspruch auf entsprechende Leistungen des Sozialhilfeträgers hätte. Der Krankenversicherungsschutz soll krankheitsbedingte Bedürftigkeit aber gerade verhindern. Die Auslegung der Beklagten ist somit mit dem Ziel eines umfassenden Schutzes im Krankheitsfall durch die gesetzliche oder private Krankenversicherung nicht zu vereinbaren.
Zu Unrecht beruft sich die Antragsgegnerin darauf, dass die weitere Voraussetzung einer Mitgliedschaft, nämlich zuletzt krankenversichert gewesen zu sein, nicht vorliege. Richtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger während der Zeit seiner Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt H. vom 1. 4. 2005 bis 4. 7. 2008 nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse gewesen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat er allerdings in dieser Zeit nicht Heilfürsorge nach dienstrechtlichen Vorschriften bezogen, sondern Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz (vgl. zum Unterschied § 16 Abs. 1 Nr. 3 SGB V einerseits und § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V andererseits sowie Schreiben des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 9. 10. 2008). Dieser vorübergehende Bezug von Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz ändert nichts daran, dass der Antragsteller als zuletzt gesetzlich krankenversichert im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V anzusehen ist. Dies ergibt sich aus dem Regelungsziel der Vorschrift. Mit § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V wollte der Gesetzgeber eine lückenlosen Schutz im Krankheitsfall für die gesamte Bevölkerung in Deutschland gewährleisten (BC - Drucksache 16/3100 S94). Dieser lückenlose Schutz wird jedoch nicht einheitlich sondern entweder in der gesetzlichen Krankenversicherung oder in der privaten Krankenversicherung durchgeführt. Die gesetzlichen Kriterien unter Buchstabe a und b in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V dienen der Zuordnung zur einem dieser Versicherungszweige (so Peters in KassKomm § 5 Rdnr. 165). Sind nämlich die Voraussetzungen des Buchstaben a oder die des Buchstaben b nicht erfüllt, so wird der Betreffende der privaten Krankenversicherung zugeordnet (vgl. § 12 VAG idV des Art. 44 Nr. 5 GKV-WSG).
Der Auffassung des SG, dass die Voraussetzung "zuletzt gesetzlich krankenversichert" nicht erfüllt ist, wenn zwischen dem Ausscheiden aus der gesetzlichen Krankenversicherung und der begehrten Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall vorgelegen hat, ist nur dann zutreffend, wenn der Betreffende für den zukünftigen Versicherungsschutz auf eine weitere Inanspruchnahme des bisherigen Systems verwiesen werden kann. Ob dies bei einem Heilfürsorgeberechtigten bezüglich eines evtl. privaten Krankenversicherungsschutzes der Fall ist, kann hier offen bleiben. Jedenfalls hinsichtlich der vom Antragsteller (unfreiwillig) in Anspruch genommenen Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz schließt sich eine weitere Inanspruchnahme mit der Entlassung aus. In diesem Fall ist darauf abzustellen, in welchem Sicherungssystem der Antragsteller bisher krankenversichert war. Dies war beim Kläger die gesetzliche Krankenversicherung, zumal irgendwelche Anhaltspunkte für einen vorherigen privaten Versicherungsschutz fehlen.
Nach alle dem kann der Rechtsauffassung von SG und Antragsgegnerin nicht gefolgt werden, weil sie im vorliegenden Fall zur Folge hat, dass der Antragsteller ohne jeden Krankenversicherungsschutz bleibt. Die Antragsgegnerin hat deswegen die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das einstweilige Anordnungsverfahren in beiden Instanzen zu tragen.
Dieser Beschluss ist mit der (weiteren) Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
Nach § 193 Abs. 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das Gericht, wenn das Verfahren - wie hier - anders als durch Urteil geendet hat, auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Für die Kostenentscheidung ist der Rechtsgedanke des § 91 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) heran zu ziehen. Es ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden, insbesondere sind die Erfolgsaussichten sowie die Gründe für den Antrag und die Erledigung zu berücksichtigen.
Ausgehend hiervon erscheint es billig, dass die Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für die einstweiligen Anordnungsverfahren in erster und zweiter Instanz trägt. Denn es spricht bei der im einstweiligen Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung viel dafür, dass die Antragsgegnerin den Anspruch des Antragstellers auf Mitgliedschaft gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zu Unrecht verneint hat.
Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V sind versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a.) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b.) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren.
Voraussetzung für eine Mitgliedschaft in der GKV nach dieser Vorschrift ist somit, dass ein anderweitiger Versicherungsschutz nicht besteht. Dies war, worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, beim Antragsteller der Fall. Der Antragsteller erfüllt weder die Voraussetzungen der Nummern 1 bis 12 des § 5 SGB V für eine Versicherungspflicht in der GKV, noch ist er bei einer gesetzlichen Krankenkasse als freiwillig Versicherter oder als Familienversicherter Mitglied. Für eine frühere Mitgliedschaft in einer Kasse der privaten Krankenversicherung geben weder der Vortrag des Antragstellers noch der Antragsgegnerin irgendwelche Anhaltspunkte. Schließlich bezog der Antragsteller zum Zeitpunkt seiner Haftentlassung am 4. 7. 2008 und zum Zeitpunkt der Anzeige einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 keine Leistungen nach dem SGB XII (was bei einer Rente von 773,98 EUR ohne besondere Umstände auch nicht naheliegt), weswegen auch kein Anspruch auf Krankenhilfe bestand. Der Umstand, dass ihm das Landratsamt Rems-Murr-Kreis zur Abwendung einer akuten Notlage vorläufig Hilfe bei Krankheit gewährt, führt noch nicht zur Annahme eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Die Sozialhilfebedürftigkeit des Antragstellers ist gerade wegen des fehlenden Krankenversicherungsschutzes durch die angefallenen hohen Krankheitskosten entstanden, weswegen ein dadurch notwendig werdender Eintritt des Sozialhilfeträgers nicht als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall angesehen werden kann. Bei anderer Auslegung ginge die Vorschrift des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ins Leere, weil bei Bedürftigkeit jeder Anspruch auf entsprechende Leistungen des Sozialhilfeträgers hätte. Der Krankenversicherungsschutz soll krankheitsbedingte Bedürftigkeit aber gerade verhindern. Die Auslegung der Beklagten ist somit mit dem Ziel eines umfassenden Schutzes im Krankheitsfall durch die gesetzliche oder private Krankenversicherung nicht zu vereinbaren.
Zu Unrecht beruft sich die Antragsgegnerin darauf, dass die weitere Voraussetzung einer Mitgliedschaft, nämlich zuletzt krankenversichert gewesen zu sein, nicht vorliege. Richtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger während der Zeit seiner Inhaftierung in der Justizvollzugsanstalt H. vom 1. 4. 2005 bis 4. 7. 2008 nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse gewesen ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat er allerdings in dieser Zeit nicht Heilfürsorge nach dienstrechtlichen Vorschriften bezogen, sondern Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz (vgl. zum Unterschied § 16 Abs. 1 Nr. 3 SGB V einerseits und § 16 Abs. 1 Nr. 4 SGB V andererseits sowie Schreiben des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 9. 10. 2008). Dieser vorübergehende Bezug von Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz ändert nichts daran, dass der Antragsteller als zuletzt gesetzlich krankenversichert im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V anzusehen ist. Dies ergibt sich aus dem Regelungsziel der Vorschrift. Mit § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V wollte der Gesetzgeber eine lückenlosen Schutz im Krankheitsfall für die gesamte Bevölkerung in Deutschland gewährleisten (BC - Drucksache 16/3100 S94). Dieser lückenlose Schutz wird jedoch nicht einheitlich sondern entweder in der gesetzlichen Krankenversicherung oder in der privaten Krankenversicherung durchgeführt. Die gesetzlichen Kriterien unter Buchstabe a und b in § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V dienen der Zuordnung zur einem dieser Versicherungszweige (so Peters in KassKomm § 5 Rdnr. 165). Sind nämlich die Voraussetzungen des Buchstaben a oder die des Buchstaben b nicht erfüllt, so wird der Betreffende der privaten Krankenversicherung zugeordnet (vgl. § 12 VAG idV des Art. 44 Nr. 5 GKV-WSG).
Der Auffassung des SG, dass die Voraussetzung "zuletzt gesetzlich krankenversichert" nicht erfüllt ist, wenn zwischen dem Ausscheiden aus der gesetzlichen Krankenversicherung und der begehrten Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a SGB V eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall vorgelegen hat, ist nur dann zutreffend, wenn der Betreffende für den zukünftigen Versicherungsschutz auf eine weitere Inanspruchnahme des bisherigen Systems verwiesen werden kann. Ob dies bei einem Heilfürsorgeberechtigten bezüglich eines evtl. privaten Krankenversicherungsschutzes der Fall ist, kann hier offen bleiben. Jedenfalls hinsichtlich der vom Antragsteller (unfreiwillig) in Anspruch genommenen Gesundheitsfürsorge nach dem Strafvollzugsgesetz schließt sich eine weitere Inanspruchnahme mit der Entlassung aus. In diesem Fall ist darauf abzustellen, in welchem Sicherungssystem der Antragsteller bisher krankenversichert war. Dies war beim Kläger die gesetzliche Krankenversicherung, zumal irgendwelche Anhaltspunkte für einen vorherigen privaten Versicherungsschutz fehlen.
Nach alle dem kann der Rechtsauffassung von SG und Antragsgegnerin nicht gefolgt werden, weil sie im vorliegenden Fall zur Folge hat, dass der Antragsteller ohne jeden Krankenversicherungsschutz bleibt. Die Antragsgegnerin hat deswegen die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für das einstweilige Anordnungsverfahren in beiden Instanzen zu tragen.
Dieser Beschluss ist mit der (weiteren) Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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