Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 3 AS 251/08 ER
Datum
-
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 155/09 AS RG
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Anhörungsrügen des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats vom 14.05.2009 werden zurückgewiesen. Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten. Prozesskostenhilfe für das Verfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Der Antragsteller ist mit seinem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entscheidungen der Antragsgegnerin über die Absenkung von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um 30 vom Hundert (Bescheid vom 22.09.2008), um 60 vom Hundert (Bescheid vom 23.10.2008) und 100 vom Hundert (Bescheid vom 25.11.2008) erfolglos geblieben (Beschluss des Sozialgerichts - SG - Münster vom 30.12.2008).
Nachdem die Antragsgegnerin den Bescheid vom 25.11.2008 aufgehoben hatte, hat der Senat mit Beschluss vom 14.05.2009 die Beschwerden des Antragstellers zurückgewiesen.
Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen die Entscheidung des Senats bezüglich der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist statthaft.
§ 178a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wonach auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen ist, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und 2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, unterscheidet nicht zwischen Hauptsacheverfahren und Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Gegen Beschwerdeentscheidungen der Landessozialgerichte in letzteren Verfahren, die nach § 177 SGG unanfechtbar sind, kann daher uneingeschränkt die Anhörungsrüge erhoben werden (vgl. LSG NW Beschl. v. 15.11.2007 -L 7 B 87/07 AS ER unter www.juris.de; Berchtold in Hennig, SGG, § 178a Rn. 75, 79; Frehse in Jansen, SGG, 3. Aufl., § 178a Rn. 6a; im Ergebnis ebenso LSG NW Beschl. v. 06.07.2007 - L 20 B 23/07 SO ER RG und Bayrisches LSG Beschl. v. 13.05.2009 - L 11 AS 242/09 B ER RG - beide unter www.juris.de ).
Die Gegenmeinung, die die Anhörungsrüge in vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf Fälle, in denen bei einer erst im Hauptsacheverfahren stattfindenden Korrektur unzumutbare Nachteile für den Rechtsschutzsuchenden entstünden, beschränken will (vgl. LSG NW, Beschl. v. 30.10.2008 - L 1 B 59/09 AS ER RG unter www.juris.de; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl.,§ 178a Rn 3a; Zeihe, SGG, § 178a Rn 16b), findet weder im Wortlaut der Bestimmung noch in der Gesetzesbegründung ihre Stütze. § 178a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG erfasst alle Entscheidungen, gegen die ein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf nicht gegeben ist. Eine Ausnahme besteht nur bezüglich einer der Endentscheidung vorausgehenden Entscheidung, gegen die nach § 178a Abs. 1 S. 2 SGG die Rüge nicht stattfindet. Um eine solche vorausgehende Entscheidung handelt es sich jedoch bei dem Beschluss über den Beschwerdeantrag in vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht (LSG NW Beschl. v. 15.11.2007 - L 7 B 287/07 AS ER = www.juris.de Rn 6; a.A. Zeihe a.a.O.). Sie sind vielmehr rechtskraftfähige Entscheidungen, die die Entscheidung in der Hauptsache regelmäßig weder präjudizieren noch fördern noch sonst - bis auf die Fälle der Vorwegnahme der Hauptsache - beeinflussen.
Der Gesetzgeber wollte die Anhörungsrüge auch ausnahmslos auf unanfechtbare Entscheidungen in vorläufigen Rechtsschutzverfahren erstrecken (vgl. Berchtold a.a.O., § 178a Rn 79). Allerdings hatte das Bundesverfassungsgericht die Anhörungsrüge im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes nur in den Verfahren als zwingend angesehen, in denen dem Rechtsschutzsuchenden unzumutbare Nachteile bei einem Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache entstünden (BVerfG Beschl. v. 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 = SozR 4-1100 Art. 103 Nr. 1 Rn 44). Der Gesetzgeber ist jedoch über diese Vorgabe hinausgegangen und hat ausdrücklich eine Unterscheidung zwischen Hauptsacheverfahren und vorläufigen Rechtsschutzverfahren abgelehnt (BT-Drucks. 15/3706 S. 14 unter 3. Satz 1). Damit sind aber grundsätzlich alle unanfechtbaren Entscheidungen in einstweiligen Anordnungs- und Regelungsverfahren der Anhörungsrüge zugänglich. Ob in Fällen, in denen die vom Gericht einstweilen angeordnete Maßnahme hinter dem Antrag des Rechtschutzsuchenden zurückbleibt, im Hinblick auf die Bestimmung des § 86b Abs. 1 S. 4 SGG etwas anderes zu gelten hat (so wohl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O.), kann hier dahinstehen.
Die Rüge ist aber nicht begründet, weil das rechtliche Gehör des Antragstellers nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist. Durch den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Grundgesetz -GG -, §§ 62, 128 Abs. 2 SGG) ist zu gewährleisten, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung nicht überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten, und dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen einbezogen wird (BSG Urt. v. 11.11.2003 - B 2 U 32/02 R = NZS 2004, 660, 661). Diese Rechte des Antragstellers sind jedoch gewahrt worden.
Soweit der Antragsteller rügt, der Senat habe die Bekanntgabe des Bescheides vom 22.09.2008 über die Leistungskürzung um 30 v. H. in unzulässiger, die Antragsgegnerin begünstigender Weise unterstellt, hat er in offensichtlich zweckgerichteter Weise den Sachverhalt unzutreffend und die Ausführungen des Senats verkürzt wiedergegeben. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller nicht erst vier Monate später auf die entsprechende Kürzung hingewiesen. Vielmehr enthielt der Bescheid vom 23.10.2008 über die weitere Leistungsabsenkung den unmissverständlichen Hinweis auf die zuvor erteilte Kürzungsentscheidung um 30 v. H. der Leistungen. Dass der Antragsteller gleichwohl in seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.10.2008 keinerlei Ausführungen über den Nichterhalt des Bescheides über die erste Kürzung gemacht und auch vor dem SG hierzu nichts vorgetragen hat, hat der Senat als Beleg für die Bekanntgabe des ersten Absenkungsbescheides vom 22.09.2008 genommen. Der Senat hat daher auch nicht unterstellt, der Antragsteller habe gegen einen nicht erhaltenen Bescheid Widerspruch einlegen müssen, sondern er hat dem Antragsteller vorgehalten, dass, wenn seine Behauptung zutreffend wäre, es nicht nachvollziehbar ist, dass dieser Umstand erst im Beschwerdeverfahren vorgebracht worden ist. Daher hält der Senat das Vorbringen des Antragstellers nicht für glaubhaft. Unter diesen Umständen kann auch dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.10.2008 nicht inzident ein Widerspruch gegen den ersten Absenkungsbescheid beigemessen werden.
Ebenso wenig trifft es zu, dass der Antragsteller eine "Glaubhaftmachung" eines Dritten (D I) vorgelegt hat, "worin erklärt wurde, dass der Antragsteller bei der ersten Kenntnisnahme umfänglich Widerspruch erhebt". Herr I hat in seiner Erklärung vom 15.01.2009 diesbezüglich lediglich an Eides statt versichert, "dass Herr S T am 18.12.2008 bei Frau Q persönlich vorstellig war und dort erklärt hat, dass Herr T gegen den Bescheid vom 25.11.2008 Widerspruch erhoben hat. Dies hat Frau Q zur Kenntnis genommen und gefragt, ob es bei den Inhalten und Begründungen wie im ersten Widerspruch bliebe. Daraufhin stimmte Herr S T zu." Daraus folgt gerade kein umfänglicher Widerspruch, sondern nur, dass bei der Vorsprache Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.11.2008 erhoben werden sollte und dass bereits ein erster Widerspruch existierte. Hiervon ist auch der Senat bei seiner Entscheidung ausgegangen.
Ebenso zweckgerichtet ist die Darstellung des Antragstellers bezüglich der Rücknahme der Absenkung um 100 v. H. durch die Antragsgegnerin. Diese hat in der Mitteilung an den Senat vom 04.03.2009 über die Aufhebung des Sanktionsbescheides nicht, wie der Antragsteller behauptet,angegeben, sie werde alles erstatten. Soweit die Absenkung um 30 bzw. 60 v. H. der Leistungen Bestand behielt, konnte der Antragsteller daher nicht davon ausgehen, die Erklärung der Antragsgegnerin beinhalte auch die Abänderung der Entscheidung über die vorherigen Absenkungen, so dass die Antragsgegnerin auch zu Recht nur die Differenz ausgezahlt hat. Dass der Senat dies seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, ist evident, denn andernfalls wären seine Ausführungen zu den ersten beiden Absenkungsentscheidungen unverständlich und überflüssig gewesen.
Es trifft erst recht nicht zu, dass der Senat bezüglich der Maßnahme, deren Ablehnung durch den Antragsteller die Sanktionen begründet hat, einen unrichtigen Sachverhalt von der Antragsgegnerin übernommen hat. Dass diese Maßnahme am 16.01.2008 begonnen hat, hat der Senat entgegen der Behauptung des Antragstellers nicht festgestellt, sondern lediglich, dass an diesem Tag eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen worden ist. Der Senat hat bei seiner Entscheidung auch keine inhaltliche Prüfung vorgenommen, ob der Antragsteller verpflichtet war, an der Maßnahme teilzunehmen, so dass das Rügevorbringen des Antragstellers insoweit ins Leere geht (lediglich vorsorglich sei der Antragsteller darauf hingewiesen, dass der Sanktionszeitraum nicht mit dem Maßnahmezeitraum identisch ist, § 31 Abs. 6 SGB II). Die Entscheidung beruht vielmehr zum einen darauf, dass der Bescheid vom 22.09.2008 bestandskräftig geworden ist. Da auch ein rechtswidriger Bescheid, der nicht angefochten wird, Bestandskraft (§ 77 SGG) erlangt, ist der Antragsteller daher gehindert, diesbezüglich Rechte geltend zu machen. Zum anderen hat der Senat bezüglich der weiteren Absenkung um 60 v. H. der Leistungen keinen Anordnungsgrund - also die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung - gesehen. Diesbezüglich hat der Antragsteller aber nichts vorgebracht, was eine Revidierung der Entscheidung des Senats als notwendig erscheinen lassen könnte. Vielmehr sieht sich der Senat in seiner Entscheidung durch die zögerliche Art, mit der der Antragsteller das Rügeverfahren betrieben hat, bestätigt. Soweit der Antragsteller auf eine Notlage aufgrund weiterer Maßnahmen der Antragsgegnerin verweist, ist dies nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Anhörungsrüge ist daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Aus vorgenannten Gründen kann auch die Rüge gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe durch das SG keinen Erfolg haben. Dies gilt um so mehr, als eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren nicht mehr in Betracht kommt, weil dem Antragsteller keine durch die Prozesskostenhilfe übernahmefähigen Kosten entstanden sind (vgl. dazu Beschl. des Senats vom 02.10.2009 - L 19 B 270/09 AS ).
Da die Rüge keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 73a Abs. 1 SGG, 114 Zivilprozessordnung (ZPO) bietet, ist auch keine Prozesskostenhilfe für das Rügeverfahren zu bewilligen.
Gegen diesen Beschluss ist kein weiterer Rechtsbehelf - auch keine weitere Anhörungsrüge - statthaft.
Gründe:
Der Antragsteller ist mit seinem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entscheidungen der Antragsgegnerin über die Absenkung von Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) um 30 vom Hundert (Bescheid vom 22.09.2008), um 60 vom Hundert (Bescheid vom 23.10.2008) und 100 vom Hundert (Bescheid vom 25.11.2008) erfolglos geblieben (Beschluss des Sozialgerichts - SG - Münster vom 30.12.2008).
Nachdem die Antragsgegnerin den Bescheid vom 25.11.2008 aufgehoben hatte, hat der Senat mit Beschluss vom 14.05.2009 die Beschwerden des Antragstellers zurückgewiesen.
Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen die Entscheidung des Senats bezüglich der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist statthaft.
§ 178a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), wonach auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen ist, wenn 1. ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und 2. das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, unterscheidet nicht zwischen Hauptsacheverfahren und Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Gegen Beschwerdeentscheidungen der Landessozialgerichte in letzteren Verfahren, die nach § 177 SGG unanfechtbar sind, kann daher uneingeschränkt die Anhörungsrüge erhoben werden (vgl. LSG NW Beschl. v. 15.11.2007 -L 7 B 87/07 AS ER unter www.juris.de; Berchtold in Hennig, SGG, § 178a Rn. 75, 79; Frehse in Jansen, SGG, 3. Aufl., § 178a Rn. 6a; im Ergebnis ebenso LSG NW Beschl. v. 06.07.2007 - L 20 B 23/07 SO ER RG und Bayrisches LSG Beschl. v. 13.05.2009 - L 11 AS 242/09 B ER RG - beide unter www.juris.de ).
Die Gegenmeinung, die die Anhörungsrüge in vorläufigen Rechtsschutzverfahren auf Fälle, in denen bei einer erst im Hauptsacheverfahren stattfindenden Korrektur unzumutbare Nachteile für den Rechtsschutzsuchenden entstünden, beschränken will (vgl. LSG NW, Beschl. v. 30.10.2008 - L 1 B 59/09 AS ER RG unter www.juris.de; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl.,§ 178a Rn 3a; Zeihe, SGG, § 178a Rn 16b), findet weder im Wortlaut der Bestimmung noch in der Gesetzesbegründung ihre Stütze. § 178a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG erfasst alle Entscheidungen, gegen die ein Rechtsmittel oder Rechtsbehelf nicht gegeben ist. Eine Ausnahme besteht nur bezüglich einer der Endentscheidung vorausgehenden Entscheidung, gegen die nach § 178a Abs. 1 S. 2 SGG die Rüge nicht stattfindet. Um eine solche vorausgehende Entscheidung handelt es sich jedoch bei dem Beschluss über den Beschwerdeantrag in vorläufigen Rechtsschutzverfahren nicht (LSG NW Beschl. v. 15.11.2007 - L 7 B 287/07 AS ER = www.juris.de Rn 6; a.A. Zeihe a.a.O.). Sie sind vielmehr rechtskraftfähige Entscheidungen, die die Entscheidung in der Hauptsache regelmäßig weder präjudizieren noch fördern noch sonst - bis auf die Fälle der Vorwegnahme der Hauptsache - beeinflussen.
Der Gesetzgeber wollte die Anhörungsrüge auch ausnahmslos auf unanfechtbare Entscheidungen in vorläufigen Rechtsschutzverfahren erstrecken (vgl. Berchtold a.a.O., § 178a Rn 79). Allerdings hatte das Bundesverfassungsgericht die Anhörungsrüge im Rahmen vorläufigen Rechtsschutzes nur in den Verfahren als zwingend angesehen, in denen dem Rechtsschutzsuchenden unzumutbare Nachteile bei einem Zuwarten auf die Entscheidung in der Hauptsache entstünden (BVerfG Beschl. v. 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 = SozR 4-1100 Art. 103 Nr. 1 Rn 44). Der Gesetzgeber ist jedoch über diese Vorgabe hinausgegangen und hat ausdrücklich eine Unterscheidung zwischen Hauptsacheverfahren und vorläufigen Rechtsschutzverfahren abgelehnt (BT-Drucks. 15/3706 S. 14 unter 3. Satz 1). Damit sind aber grundsätzlich alle unanfechtbaren Entscheidungen in einstweiligen Anordnungs- und Regelungsverfahren der Anhörungsrüge zugänglich. Ob in Fällen, in denen die vom Gericht einstweilen angeordnete Maßnahme hinter dem Antrag des Rechtschutzsuchenden zurückbleibt, im Hinblick auf die Bestimmung des § 86b Abs. 1 S. 4 SGG etwas anderes zu gelten hat (so wohl Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer a.a.O.), kann hier dahinstehen.
Die Rüge ist aber nicht begründet, weil das rechtliche Gehör des Antragstellers nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist. Durch den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Grundgesetz -GG -, §§ 62, 128 Abs. 2 SGG) ist zu gewährleisten, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung nicht überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten, und dass ihr Vorbringen vom Gericht in seine Erwägungen einbezogen wird (BSG Urt. v. 11.11.2003 - B 2 U 32/02 R = NZS 2004, 660, 661). Diese Rechte des Antragstellers sind jedoch gewahrt worden.
Soweit der Antragsteller rügt, der Senat habe die Bekanntgabe des Bescheides vom 22.09.2008 über die Leistungskürzung um 30 v. H. in unzulässiger, die Antragsgegnerin begünstigender Weise unterstellt, hat er in offensichtlich zweckgerichteter Weise den Sachverhalt unzutreffend und die Ausführungen des Senats verkürzt wiedergegeben. Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller nicht erst vier Monate später auf die entsprechende Kürzung hingewiesen. Vielmehr enthielt der Bescheid vom 23.10.2008 über die weitere Leistungsabsenkung den unmissverständlichen Hinweis auf die zuvor erteilte Kürzungsentscheidung um 30 v. H. der Leistungen. Dass der Antragsteller gleichwohl in seinem Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.10.2008 keinerlei Ausführungen über den Nichterhalt des Bescheides über die erste Kürzung gemacht und auch vor dem SG hierzu nichts vorgetragen hat, hat der Senat als Beleg für die Bekanntgabe des ersten Absenkungsbescheides vom 22.09.2008 genommen. Der Senat hat daher auch nicht unterstellt, der Antragsteller habe gegen einen nicht erhaltenen Bescheid Widerspruch einlegen müssen, sondern er hat dem Antragsteller vorgehalten, dass, wenn seine Behauptung zutreffend wäre, es nicht nachvollziehbar ist, dass dieser Umstand erst im Beschwerdeverfahren vorgebracht worden ist. Daher hält der Senat das Vorbringen des Antragstellers nicht für glaubhaft. Unter diesen Umständen kann auch dem Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.10.2008 nicht inzident ein Widerspruch gegen den ersten Absenkungsbescheid beigemessen werden.
Ebenso wenig trifft es zu, dass der Antragsteller eine "Glaubhaftmachung" eines Dritten (D I) vorgelegt hat, "worin erklärt wurde, dass der Antragsteller bei der ersten Kenntnisnahme umfänglich Widerspruch erhebt". Herr I hat in seiner Erklärung vom 15.01.2009 diesbezüglich lediglich an Eides statt versichert, "dass Herr S T am 18.12.2008 bei Frau Q persönlich vorstellig war und dort erklärt hat, dass Herr T gegen den Bescheid vom 25.11.2008 Widerspruch erhoben hat. Dies hat Frau Q zur Kenntnis genommen und gefragt, ob es bei den Inhalten und Begründungen wie im ersten Widerspruch bliebe. Daraufhin stimmte Herr S T zu." Daraus folgt gerade kein umfänglicher Widerspruch, sondern nur, dass bei der Vorsprache Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.11.2008 erhoben werden sollte und dass bereits ein erster Widerspruch existierte. Hiervon ist auch der Senat bei seiner Entscheidung ausgegangen.
Ebenso zweckgerichtet ist die Darstellung des Antragstellers bezüglich der Rücknahme der Absenkung um 100 v. H. durch die Antragsgegnerin. Diese hat in der Mitteilung an den Senat vom 04.03.2009 über die Aufhebung des Sanktionsbescheides nicht, wie der Antragsteller behauptet,angegeben, sie werde alles erstatten. Soweit die Absenkung um 30 bzw. 60 v. H. der Leistungen Bestand behielt, konnte der Antragsteller daher nicht davon ausgehen, die Erklärung der Antragsgegnerin beinhalte auch die Abänderung der Entscheidung über die vorherigen Absenkungen, so dass die Antragsgegnerin auch zu Recht nur die Differenz ausgezahlt hat. Dass der Senat dies seiner Entscheidung zugrundegelegt hat, ist evident, denn andernfalls wären seine Ausführungen zu den ersten beiden Absenkungsentscheidungen unverständlich und überflüssig gewesen.
Es trifft erst recht nicht zu, dass der Senat bezüglich der Maßnahme, deren Ablehnung durch den Antragsteller die Sanktionen begründet hat, einen unrichtigen Sachverhalt von der Antragsgegnerin übernommen hat. Dass diese Maßnahme am 16.01.2008 begonnen hat, hat der Senat entgegen der Behauptung des Antragstellers nicht festgestellt, sondern lediglich, dass an diesem Tag eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen worden ist. Der Senat hat bei seiner Entscheidung auch keine inhaltliche Prüfung vorgenommen, ob der Antragsteller verpflichtet war, an der Maßnahme teilzunehmen, so dass das Rügevorbringen des Antragstellers insoweit ins Leere geht (lediglich vorsorglich sei der Antragsteller darauf hingewiesen, dass der Sanktionszeitraum nicht mit dem Maßnahmezeitraum identisch ist, § 31 Abs. 6 SGB II). Die Entscheidung beruht vielmehr zum einen darauf, dass der Bescheid vom 22.09.2008 bestandskräftig geworden ist. Da auch ein rechtswidriger Bescheid, der nicht angefochten wird, Bestandskraft (§ 77 SGG) erlangt, ist der Antragsteller daher gehindert, diesbezüglich Rechte geltend zu machen. Zum anderen hat der Senat bezüglich der weiteren Absenkung um 60 v. H. der Leistungen keinen Anordnungsgrund - also die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung - gesehen. Diesbezüglich hat der Antragsteller aber nichts vorgebracht, was eine Revidierung der Entscheidung des Senats als notwendig erscheinen lassen könnte. Vielmehr sieht sich der Senat in seiner Entscheidung durch die zögerliche Art, mit der der Antragsteller das Rügeverfahren betrieben hat, bestätigt. Soweit der Antragsteller auf eine Notlage aufgrund weiterer Maßnahmen der Antragsgegnerin verweist, ist dies nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Die Anhörungsrüge ist daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Aus vorgenannten Gründen kann auch die Rüge gegen die Ablehnung der Prozesskostenhilfe durch das SG keinen Erfolg haben. Dies gilt um so mehr, als eine nachträgliche Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Verfahren nicht mehr in Betracht kommt, weil dem Antragsteller keine durch die Prozesskostenhilfe übernahmefähigen Kosten entstanden sind (vgl. dazu Beschl. des Senats vom 02.10.2009 - L 19 B 270/09 AS ).
Da die Rüge keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 73a Abs. 1 SGG, 114 Zivilprozessordnung (ZPO) bietet, ist auch keine Prozesskostenhilfe für das Rügeverfahren zu bewilligen.
Gegen diesen Beschluss ist kein weiterer Rechtsbehelf - auch keine weitere Anhörungsrüge - statthaft.
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