Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 5025/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 524/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 30. Oktober 1948 geborene Klägerin türkischer Staatsangehörigkeit kam 1973 nach Deutschland; sie hat keine Berufsausbildung absolviert und war bis 1993 als Kontrollarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem steht sie im Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung, der letzte Pflichtbeitrag wurde im Dezember 2004 entrichtet. In der Türkei war die Klägerin nicht berufstätig. In der Zeit vom 06. Juli 2001 bis 05. Juli 2006 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet, insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden (vgl. Versicherungsverlauf vom 15. April 2009). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind bei der Klägerin letztmalig bis zum 30. November 2006 erfüllt.
Am 03. Dezember 2004 beantragte die Klägerin erstmalig die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Hinweis auf Bandscheiben-, Herz- sowie Kreislaufprobleme.
Die Beklagte veranlasste eine internistische Begutachtung durch Dr. R ... Diese diagnostizierte ein Lumbalsyndrom bei Bandscheibenvorfall medial linksbetont L4/5 und relativer Spinalkanalenge, Herzrhythmusstörungen bei ventrikulären Extrasystolen, einen Bluthochdruck, eine Periarthropathia der linken Schulter sowie Übergewicht. Klinisch sei die Funktion der Rumpfwirbelsäule frei, aber endgradig schmerzhaft, im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) gut entfaltbar, aktuell bestünde keine radikuläre Symptomatik. Die Funktionsbeschwerden im linken Schultergelenk führten zu einer endgradigen Funktionseinschränkung. Die Extrasystolie und der Bluthochdruck würden medikamentös mit Betablockern behandelt und seien gut eingestellt. Echokardiographisch fänden sich keine manifesten Linkshypertrophiezeichen, eine geringe Mitralinsuffizienz sowie eine regelrechte Kinetik. Die durchgeführte Dopplersonographie habe keinen Hinweis auf ein Abflusshindernis bzw. eine relevante venöse Insuffizienz ergeben. Die Klägerin sei insgesamt nur qualitativ eingeschränkt, könne aber noch leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich unter Vermeidung von Haltungskonstanz für die LWS, schwerem Heben und Tragen sowie häufigem Arbeiten oberhalb Schulterhöhe verrichten. Aufgrund der Beschwerden von Seiten des Skelettsystems werde aber eine stationäre Reha-Maßnahme empfohlen.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07. Februar 2005 den Rentenantrag mit der Begründung ab, die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich verrichten und sei deswegen nicht erwerbsgemindert. Rechtsbehelfe gegen diesen Bescheid wurden nicht eingelegt.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin ein stationäres Heilverfahren in der Reha-Klinik S., welches vom 12. April bis 03. Mai 2005 durchgeführt und aus dem die Klägerin als arbeitsfähig entlassen wurde. Die Entlassungsdiagnosen waren ein chronifiziertes Halswirbelsäulen (HWS)- und LWS-Syndrom bei degenerativer Wirbelsäulenerkrankung, ventrikuläre Extrasystolie, arterielle Hypertonie, Adipositas (BMI 35), Varikosis beider Beine sowie Verdacht auf Somatisierung.
Am 06. Juli 2006 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Versichertenrente, wobei sie zusätzlich auf Depressionen, Schlaflosigkeit, Gastritis sowie einen Grauen Star hinwies.
Die Beklagte veranlasste eine weitere Untersuchung. Die Anästhesistin/Sozialmedizinerin Dr. S. diagnostizierte ein chronifiziertes rezidivierendes HWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen der unteren HWS und LWS sowie relativer Spinalkanalstenose in Höhe L3 bis L5, eine ventrikuläre Extrasystolie, einen Bluthochdruck, medikamentös eingestellt, eine Adipositas Grad II ohne Stoffwechselstörungen sowie Angst und depressive Stimmung gemischt. Bei der Untersuchung sei das erhebliche Übergewicht mit Stamm- und Reithosenadipositas auffällig gewesen. Die im Bereich der Unterschenkel und der Knöchel nachgewiesenen Ödeme seien am ehesten auf das erhebliche Übergewicht zurückzuführen und imponierten als Lipödeme. Wegen der geklagten Magenbeschwerden sei zuletzt im Mai 2006 eine Magenspiegelung durchgeführt worden, die lediglich eine geringe Entzündung im Eingangsbereich des Magens gezeigt habe und bei Bedarf durch Magentropfen behandelt werde. Die Graue Star-Operation an beiden Seiten sei erfolgreich durchgeführt worden. Die Klägerin habe sich im Mai 2006 einmalig in nervenärztliche Behandlung begeben. Bis auf die angeregte niedrig dosierte antidepressive Medikation sei bislang keine Therapie durchgeführt worden. Die geklagten Schlafstörungen seien am ehesten auf ein klimakterisches Syndrom zurückzuführen. Es verbleibe daher bei der Einschätzung eines sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, möglichst im Wechselrhythmus, ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne Nachtschicht und ohne Akkordarbeiten. Auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kontrolleurin und Montiererin von Kleinteilen in einer Elektronikfirma sei der Klägerin weiterhin über sechs Stunden nicht zumutbar. Ein erneutes stationäres Heilverfahren sei nicht indiziert.
Mit Bescheid vom 28. Juli 2006 wies die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert.
Der dagegen mit der Begründung eingelegte Widerspruch, aufgrund der dauernden Schmerzsymptomatik habe sich auch der psychische Zustand verschlechtert, sie müsse viel weinen und könne auch das Haus tagelang nicht mehr verlassen, blieb nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S. erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2006). Zur Begründung führte die Beklagte ergänzend aus, die Klägerin habe zuletzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Hilfsarbeiterin ausgeführt, welche dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei. Sie müsse sich deshalb auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen. Da sie noch mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt berufstätig sein könne, sei sie auch nicht berufsunfähig.
Mit ihrer dagegen am 25. Oktober 2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Kläger geltend gemacht, aufgrund des Zusammenwirkens der orthopädischen und psychischen Erkrankung sei ihr quantitatives Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört und die Klägerin anschließend orthopädisch und zweimalig nervenärztlich begutachten lassen.
Der Orthopäde Dr. W., bei dem die Klägerin seit Januar 2006 in regelmäßiger Behandlung steht, hat über therapieresistente Schmerzen in der LWS-Region berichtet. Die LWS-Beweglichkeit sei eingeschränkt, neurologische Ausfallerscheinungen bestünden nicht. Der Internist Dr. B. hat über einen im Wesentlichen unauffälligen Befund der Gastroskopie berichtet. Er habe des Weiteren symptomatische Extrasystolie bei geringer Mitralinsuffizienz und arterieller Hypertonie sowie Adipositas erhoben. Seine Befunde wichen nicht vom Rentengutachten ab. Der Neurologe und Psychiater Dr. L., der die Klägerin seit Mai 2006 insgesamt vier Mal behandelt hat, hat ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund der heftigen Schmerzen (Lumboischialgie) in Verbindung mit dem psychischen Befund nicht arbeiten könne. Der motorische Befund sei nicht sicher zu klären. Die Fußheber, Fußsenker würden nicht bewegt, ebenso Großzehheber, dies möglicherweise schmerzreflektorisch. Der Allgemeinmediziner T., der die Klägerin seit Januar 2006 regelmäßig behandelt, hat zwar den Befunden in dem Rentengutachten, nicht aber der Schlussfolgerung zugestimmt. Nachdem die ambulanten Maßnahmen keinen zufriedenstellenden Zustand erreicht hätten, sei die Belastungsgrenze schon im Alltag deutlich reduziert. Sie könne daher seiner Auffassung nach nur noch leichte Tätigkeiten höchstens vier Stunden Dauer pro Tag verrichten.
Der Orthopäde Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten ein degeneratives HWS-Syndrom mit intermittierenden Muskelverspannungen der paravertebralen Muskulatur ohne radikuläre Kompressionssymptomatik und zum gegenwärtigen Zeitpunkt freier Beweglichkeit der HWS, ein degeneratives LWS-Syndrom mit nachgewiesener Bandscheibenprotrusion L3/4 sowie zwischenzeitlich erfolgter Bandscheibenoperation L4/5 mit noch leichten Anzeichen einer Nervenwurzelreizerscheinung L5 links (unmittelbar postoperativer Zustand vor drei Wochen), rezidivierende Reizzustände des linken Schultergelenkes durch "weichteiligdegenerative" Veränderungen der Rotatorenmanschette ohne signifikante Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes oder eine persistierende Muskelatrophie sowie funktionelle Kniebeschwerden links bei deutlichem Übergewicht mit klinischen Zeichen eines degenerativen Innen- und Außenmeniskusschadens ohne Einklemmungserscheinung oder signifikante Bewegungseinschränkung bzw. rezidivierende Ergussbildung beschrieben. Die Klägerin könne daher noch körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung sechs Stunden und mehr unter Vermeidung von regelmäßigem Tragen und Heben von Lasten über fünf bis acht Kilogramm, Zwangshaltungen sowie Arbeiten auf unsicherem und rutschigem Untergrund, wechselnder Umgebungstemperatur, insbesondere nasskalter Umgebung, Akkordarbeit und nervlicher Belastung verrichten. Die Angaben der Klägerin, dass viele Tätigkeiten im täglichen Leben nur eingeschränkt oder gar nicht ausführbar seien, selbst einfache manuelle Arbeiten am Schreibtisch, seien aufgrund der erhobenen klinischen und radiologischen Befunde nicht nachvollziehbar. Durch die Operation solle das Leistungsvermögen prinzipiell gebessert sein, nach der Stabilisierungsphase sei in sechs bis acht, spätestens zwölf Wochen von einem stabilen Endzustand auszugehen.
Die Beklagte hat der Klägerin daraufhin erneut ein stationäres Heilverfahren in der Reha-Klinik H. in B. bewilligt, das vom 14. Juni bis 05. Juli 2007 durchgeführt wurde. Die Klägerin wurde als leistungsfähig für sechs Stunden und mehr für leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von regelmäßigen Hebe- und Tragebelastungen über zehn Kilogramm, häufige bückende oder wirbelsäulentorsionsbeanspruchenden Tätigkeiten entlassen. Als Entlassungsdiagnosen wurden 1. ausgeprägte Haltungsinsuffizienz nach BSV-Operation L4/5 links, 2. Dekompression Spinalstenose der gleichen Etage am 15. Mai 2007, 3. chronifiziertes dominantes myofasziales Schmerzsyndrom, 4. medikamentös kompensierte arterielle Hypertonie sowie pathologisches EKG zugrunde gelegt. Die Klägerin habe eine deutliche Demonstrationstendenz der Beschwerden gezeigt, wobei bereits im Aufnahmegespräch eine hypermobile HWS-Funktion und ein freies Gestikulieren mit den Armen einschließlich der Schultergelenke zu beobachten gewesen sei. Auch das Entkleiden der Oberbekleidung sei problemlos gelungen, so auch das Öffnen des Verschlusses des BH´s auf dem Rücken. Die oberen und unteren Extremitäten seien seitengleich fettbemuskelt. Es bestünden keine Anzeichen für eine kardiopulmonale Dekompensation.
Prof. Dr. W. hat in seinem nervenärztlichen Gutachten eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, diagnostiziert. Die Klägerin sei deswegen in körperlicher wie psychisch/emotionaler Hinsicht beeinträchtigt. Seiner Auffassung nach könne sie nur noch ein bis zwei Stunden je Arbeitstag arbeiten.
Die Beklagte hat hierzu eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. M. vorgelegt, wonach die Leistungsbeurteilung des psychiatrischen Gutachtens nicht nachzuvollziehen sei. Es wären keinerlei Aussagen zur Alltagsgestaltung getroffen worden, die Anamnese sei in Anwesenheit des Sohnes durchgeführt worden. Der Sachverständige habe zum Verfassen des Gutachtens fünf Monate gebraucht, deswegen seien ihm vermutlich viele Details nicht mehr erinnerlich gewesen. Die Klägerin habe auch bislang die somatoforme Schmerzstörung nicht behandelt.
Das SG hat daraufhin ein weiteres nervenärztliches Gutachten eingeholt. Prof. Dr. G. hat eine Dysthymia, einen Spannungskopfschmerz sowie eine sensomotorische Polyneuropathie und eine chronische Wurzelaffektion L5/S1 beschrieben. Die Klägerin könne damit seiner Auffassung nach noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes acht Stunden und mehr verrichten. Der Begutachtung durch Prof. Dr. W. könne er nicht zustimmen, da eine rezidivierende depressive Störung nicht vorläge, ebenso eine somatoforme Schmerzstörung zweifelhaft sei.
Mit Urteil vom 26. November 2008, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 19. Dezember 2008, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei nach den eingeholten Gutachten nicht erwerbsgemindert. Auf die Begutachtung nach § 109 SGG habe sie verzichtet. Ihre Tätigkeit sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen, sie müsse sich deswegen auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen, in denen noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestünde. Dem abweichenden Gutachten von Prof. Dr. W. könne nicht gefolgt werden. Denn durch eine suffiziente Diagnostik und Therapie könne eine Besserung der neurologischen Erkrankung und der affektiven Störung erzielt werden. Der somatische Befund könne die komplette Schmerzsymptomatik nicht erklären. Der Sachverständige habe auch das Aggravations-/Simulationsverhalten der Probandin nicht erkannt oder deutlich unterschätzt. Dies sei auch im Entlassungsbericht der Rehaklinik H. ausdrücklich geschildert worden. Nach alledem habe sich das Gericht auf die Gutachten von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. G. gestützt.
Mit ihrer dagegen am 15. Januar 2009 beim SG eingelegten Berufung hat die Klägerin geltend gemacht, einen leidensgerechten Arbeitsplatz gebe es für sie infolge der erwiesenen qualitativen Leistungseinschränkungen nicht. Das orthopädische Gutachten sei völlig unbrauchbar und unzutreffend, da die Klägerin Behandlungen bereits seit dem Jahr 2000 dokumentiert hätte. Prof. Dr. W. habe sich auch zum Aggravations- und Simulationsverhalten geäußert und dieses ausgeschlossen. Er habe zur Begründung ausgeführt, dass sie sich seit Jahren in ständiger ärztlicher Behandlung befinde, zeitweise drei Arztbesuche pro Woche habe und an einer chronischen Erkrankung leide. Die Dysthymia stehe auch für eine chronifizierte Depression.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2008 sowie den Bescheid vom 28. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 01. August 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat dem Senat einen aktuellen Versicherungsverlauf vorgelegt und mitgeteilt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bis zum 30. November 2006 erfüllt seien.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die Klägerin erneut nervenärztlich nach § 109 SGG begutachten lassen.
Der Sachverständige Dr. S. hat eine dysthyme Grundstörung bei chronischer Schmerzerkrankung Stadium III nach Gerbershagen diagnostiziert. Diese sei vor dem Hintergrund einer dekompensierten Persönlichkeitsproblematik zu sehen. Die Klägerin sei auch nicht mehr in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als ein bis zwei Stunden durchzuführen.
Die Beklagte hat hierzu eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. L.-K. vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, da die Klägerin laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt.
Die damit insgesamt zulässige Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I S 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Nach § 43 Abs 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 61 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I S 554) haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Der von der Klägerin beantragten Anhörung des Sachverständigen zu der Stellungnahme von Dr. L.-K. bedurfte es nicht. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, inwieweit es einer erneuten Anhörung des Sachverständigen bedarf. Sie hat auch keine Fragen formuliert, die sie dem Sachverständigen stellen möchte. Die Klägerin hat damit erläuterungsbedürftige Punkte nicht hinreichend konkret bezeichnet, nämlich auf Widersprüche in der Leistungsbeurteilung hingewiesen (vgl. BSG, Beschluss vom 05. Mai 2009, B 13 R 53/09 B, zitiert nach juris).
Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweiserhebung sowie unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen noch in der Lage ist, mindestens leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich mehr als sechs Stunden zu verrichten.
Der Senat erachtet die Klägerin insgesamt für in der Lage, noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Vermeidung von regelmäßigem Tragen und Heben von Lasten über fünf bis acht Kilogramm, Zwangshaltungen sowie Arbeiten auf unsicherem und rutschigem Untergrund, wechselnder Umgebungstemperatur, insbesondere nasskalter Umgebung, Akkordarbeit und nervlicher Belastung verrichten. sechs Stunden und mehr zu verrichten. Mithin ist die Klägerin lediglich qualitativ und damit nicht in einem rentenberechtigenden Ausmaß leistungsgemindert.
Der Senat stützt sich auf die vom SG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. S., Prof. Dr. G., den ärztlichen Entlassungsbericht des stationären Heilverfahrens der Reha-Klinik H. sowie das Gutachten von Dr. S ...
Danach steht im Vordergrund der leistungsbeeinträchtigenden Befunde die Dysthymia, die als solche übereinstimmend von den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. G. und Dr. S. diagnostiziert wurde. Dass diese den Grad einer depressiven Störung in Form einer gegenwärtigen mittelgradigen Episode hat, wie dies Prof. Dr. W. in seinem nervenärztlichen Gutachten beschrieben hat, war auch für den Senat ebenso wenig nachvollziehbar wie die von ihm beschriebene anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Gegen eine derartige Ausprägung der Erkrankung spricht die Anamnese, die Prof. Dr. G. erhoben hat. Danach war die Klägerin ausgeglichen und schwingungsfähig, erst bei der körperlichen Untersuchung trat ein etwas demonstrativ anmutendes "Jammern" in den Vordergrund. Weiter hat die Klägerin, die angab unter starken Schmerzen zu leiden, bei der Begutachtung kaum Schmerz- oder Entlastungsverhalten gezeigt. Obwohl sie auf Konzentrationsprobleme hinwies, konnte sie einer dreistündigen Untersuchung ohne Konzentrationsstörungen folgen. Sie hat in den Simulationstesten grob auffällige Simulationstendenzen gezeigt und weder eine teilstationäre noch stationäre akutpsychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen. Sie möchte das Geld aus der Rentengewährung hauptsächlich für Urlaube aufwenden. Dies zeigt, dass sie durchaus noch Zukunftspläne schmiedet, was mit dem Krankheitsbild einer schwereren Depression nicht in Einklang zu bringen ist. Die Klägerin hat auch angegeben, dass sie noch einmal jährlich zu einen vierwöchigen Aufenthalt in ihre Heimat fährt. Dieses Verhalten ist insgesamt mit den von mehreren Sachverständigen beschriebenen Aggravations- und Simulationstendenzen der Klägerin ohne Weiteres zu erklären. Diese Verhaltensauffälligkeiten hat nicht nur Prof. Dr. S. geschildert; sie waren nach dem Rehabilitationsbericht in dem stationären Reha-Verfahren 2007 ebenfalls sehr auffällig.
Da somit die nervenärztliche Erkrankung nicht den Schweregrad einer Depression hat, war für den Senat die abweichende Einschätzung von Dr. S. nicht überzeugend. Der Senat hat sich vielmehr der Beurteilung von Prof. Dr. G. angeschlossen. Für dessen Richtigkeit spricht auch die Übereinstimmung mit den Ergebnissen des stationären Heilverfahrens, wo die Klägerin immerhin über einen Zeitraum von mehreren Wochen beobachtet werden konnte und die deswegen einen hohen Beweiswert haben.
Des Weiteren besteht auf orthopädischem Fachgebiet ein LWS-Syndrom nach zweimaliger Bandscheibenoperation bei chronischer Wurzelreizung L5/S1 mit Verdacht auf leichte neurologische Ausfälle, die aber allenfalls qualitative Leistungseinschränkungen der oben beschriebenen Art bedingen, nicht aber eine quantitative Leistungsminderung. Der Senat stützt sich insoweit auf das in sich schlüssige und nachvollziehbare Gutachten von Prof. Dr. S ...
Die übrigen Diagnosen bedingen keine weitere zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens und schränken die Klägerin daher nicht in rentenberechtigendem Ausmaß ein.
Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit genannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 136). Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaubt ihr weiterhin noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.
Die Klägerin ist auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Eine Berufsausbildung hat sie nicht absolviert und während ihres Versicherungslebens allenfalls angelernte Tätigkeiten verrichtet. Sie ist deswegen auch zur Überzeugung des Senats auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen besteht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 30. Oktober 1948 geborene Klägerin türkischer Staatsangehörigkeit kam 1973 nach Deutschland; sie hat keine Berufsausbildung absolviert und war bis 1993 als Kontrollarbeiterin versicherungspflichtig beschäftigt. Seitdem steht sie im Bezug von Leistungen der Arbeitslosenversicherung, der letzte Pflichtbeitrag wurde im Dezember 2004 entrichtet. In der Türkei war die Klägerin nicht berufstätig. In der Zeit vom 06. Juli 2001 bis 05. Juli 2006 wurden mehr als drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder aufgrund des Bezugs von Lohnersatzleistungen im Sinne des § 3 Satz 1 Nr 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) entrichtet, insgesamt sind Beitragszeiten von mehr als fünf Jahren vorhanden (vgl. Versicherungsverlauf vom 15. April 2009). Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen sind bei der Klägerin letztmalig bis zum 30. November 2006 erfüllt.
Am 03. Dezember 2004 beantragte die Klägerin erstmalig die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Hinweis auf Bandscheiben-, Herz- sowie Kreislaufprobleme.
Die Beklagte veranlasste eine internistische Begutachtung durch Dr. R ... Diese diagnostizierte ein Lumbalsyndrom bei Bandscheibenvorfall medial linksbetont L4/5 und relativer Spinalkanalenge, Herzrhythmusstörungen bei ventrikulären Extrasystolen, einen Bluthochdruck, eine Periarthropathia der linken Schulter sowie Übergewicht. Klinisch sei die Funktion der Rumpfwirbelsäule frei, aber endgradig schmerzhaft, im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS) gut entfaltbar, aktuell bestünde keine radikuläre Symptomatik. Die Funktionsbeschwerden im linken Schultergelenk führten zu einer endgradigen Funktionseinschränkung. Die Extrasystolie und der Bluthochdruck würden medikamentös mit Betablockern behandelt und seien gut eingestellt. Echokardiographisch fänden sich keine manifesten Linkshypertrophiezeichen, eine geringe Mitralinsuffizienz sowie eine regelrechte Kinetik. Die durchgeführte Dopplersonographie habe keinen Hinweis auf ein Abflusshindernis bzw. eine relevante venöse Insuffizienz ergeben. Die Klägerin sei insgesamt nur qualitativ eingeschränkt, könne aber noch leichte und gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten sechs Stunden und mehr täglich unter Vermeidung von Haltungskonstanz für die LWS, schwerem Heben und Tragen sowie häufigem Arbeiten oberhalb Schulterhöhe verrichten. Aufgrund der Beschwerden von Seiten des Skelettsystems werde aber eine stationäre Reha-Maßnahme empfohlen.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07. Februar 2005 den Rentenantrag mit der Begründung ab, die Klägerin könne noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich verrichten und sei deswegen nicht erwerbsgemindert. Rechtsbehelfe gegen diesen Bescheid wurden nicht eingelegt.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin ein stationäres Heilverfahren in der Reha-Klinik S., welches vom 12. April bis 03. Mai 2005 durchgeführt und aus dem die Klägerin als arbeitsfähig entlassen wurde. Die Entlassungsdiagnosen waren ein chronifiziertes Halswirbelsäulen (HWS)- und LWS-Syndrom bei degenerativer Wirbelsäulenerkrankung, ventrikuläre Extrasystolie, arterielle Hypertonie, Adipositas (BMI 35), Varikosis beider Beine sowie Verdacht auf Somatisierung.
Am 06. Juli 2006 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Versichertenrente, wobei sie zusätzlich auf Depressionen, Schlaflosigkeit, Gastritis sowie einen Grauen Star hinwies.
Die Beklagte veranlasste eine weitere Untersuchung. Die Anästhesistin/Sozialmedizinerin Dr. S. diagnostizierte ein chronifiziertes rezidivierendes HWS- und LWS-Syndrom bei degenerativen Veränderungen der unteren HWS und LWS sowie relativer Spinalkanalstenose in Höhe L3 bis L5, eine ventrikuläre Extrasystolie, einen Bluthochdruck, medikamentös eingestellt, eine Adipositas Grad II ohne Stoffwechselstörungen sowie Angst und depressive Stimmung gemischt. Bei der Untersuchung sei das erhebliche Übergewicht mit Stamm- und Reithosenadipositas auffällig gewesen. Die im Bereich der Unterschenkel und der Knöchel nachgewiesenen Ödeme seien am ehesten auf das erhebliche Übergewicht zurückzuführen und imponierten als Lipödeme. Wegen der geklagten Magenbeschwerden sei zuletzt im Mai 2006 eine Magenspiegelung durchgeführt worden, die lediglich eine geringe Entzündung im Eingangsbereich des Magens gezeigt habe und bei Bedarf durch Magentropfen behandelt werde. Die Graue Star-Operation an beiden Seiten sei erfolgreich durchgeführt worden. Die Klägerin habe sich im Mai 2006 einmalig in nervenärztliche Behandlung begeben. Bis auf die angeregte niedrig dosierte antidepressive Medikation sei bislang keine Therapie durchgeführt worden. Die geklagten Schlafstörungen seien am ehesten auf ein klimakterisches Syndrom zurückzuführen. Es verbleibe daher bei der Einschätzung eines sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, möglichst im Wechselrhythmus, ohne häufiges Heben und Tragen von schweren Lasten, ohne häufiges Bücken, ohne häufige Überkopfarbeiten, ohne Nachtschicht und ohne Akkordarbeiten. Auch die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Kontrolleurin und Montiererin von Kleinteilen in einer Elektronikfirma sei der Klägerin weiterhin über sechs Stunden nicht zumutbar. Ein erneutes stationäres Heilverfahren sei nicht indiziert.
Mit Bescheid vom 28. Juli 2006 wies die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht erwerbsgemindert.
Der dagegen mit der Begründung eingelegte Widerspruch, aufgrund der dauernden Schmerzsymptomatik habe sich auch der psychische Zustand verschlechtert, sie müsse viel weinen und könne auch das Haus tagelang nicht mehr verlassen, blieb nach Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. S. erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2006). Zur Begründung führte die Beklagte ergänzend aus, die Klägerin habe zuletzt eine versicherungspflichtige Beschäftigung als Hilfsarbeiterin ausgeführt, welche dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen sei. Sie müsse sich deshalb auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen. Da sie noch mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt berufstätig sein könne, sei sie auch nicht berufsunfähig.
Mit ihrer dagegen am 25. Oktober 2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Kläger geltend gemacht, aufgrund des Zusammenwirkens der orthopädischen und psychischen Erkrankung sei ihr quantitatives Leistungsvermögen auf unter sechs Stunden täglich herabgesunken.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat das SG die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen gehört und die Klägerin anschließend orthopädisch und zweimalig nervenärztlich begutachten lassen.
Der Orthopäde Dr. W., bei dem die Klägerin seit Januar 2006 in regelmäßiger Behandlung steht, hat über therapieresistente Schmerzen in der LWS-Region berichtet. Die LWS-Beweglichkeit sei eingeschränkt, neurologische Ausfallerscheinungen bestünden nicht. Der Internist Dr. B. hat über einen im Wesentlichen unauffälligen Befund der Gastroskopie berichtet. Er habe des Weiteren symptomatische Extrasystolie bei geringer Mitralinsuffizienz und arterieller Hypertonie sowie Adipositas erhoben. Seine Befunde wichen nicht vom Rentengutachten ab. Der Neurologe und Psychiater Dr. L., der die Klägerin seit Mai 2006 insgesamt vier Mal behandelt hat, hat ausgeführt, dass die Klägerin aufgrund der heftigen Schmerzen (Lumboischialgie) in Verbindung mit dem psychischen Befund nicht arbeiten könne. Der motorische Befund sei nicht sicher zu klären. Die Fußheber, Fußsenker würden nicht bewegt, ebenso Großzehheber, dies möglicherweise schmerzreflektorisch. Der Allgemeinmediziner T., der die Klägerin seit Januar 2006 regelmäßig behandelt, hat zwar den Befunden in dem Rentengutachten, nicht aber der Schlussfolgerung zugestimmt. Nachdem die ambulanten Maßnahmen keinen zufriedenstellenden Zustand erreicht hätten, sei die Belastungsgrenze schon im Alltag deutlich reduziert. Sie könne daher seiner Auffassung nach nur noch leichte Tätigkeiten höchstens vier Stunden Dauer pro Tag verrichten.
Der Orthopäde Prof. Dr. S. hat in seinem Gutachten ein degeneratives HWS-Syndrom mit intermittierenden Muskelverspannungen der paravertebralen Muskulatur ohne radikuläre Kompressionssymptomatik und zum gegenwärtigen Zeitpunkt freier Beweglichkeit der HWS, ein degeneratives LWS-Syndrom mit nachgewiesener Bandscheibenprotrusion L3/4 sowie zwischenzeitlich erfolgter Bandscheibenoperation L4/5 mit noch leichten Anzeichen einer Nervenwurzelreizerscheinung L5 links (unmittelbar postoperativer Zustand vor drei Wochen), rezidivierende Reizzustände des linken Schultergelenkes durch "weichteiligdegenerative" Veränderungen der Rotatorenmanschette ohne signifikante Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes oder eine persistierende Muskelatrophie sowie funktionelle Kniebeschwerden links bei deutlichem Übergewicht mit klinischen Zeichen eines degenerativen Innen- und Außenmeniskusschadens ohne Einklemmungserscheinung oder signifikante Bewegungseinschränkung bzw. rezidivierende Ergussbildung beschrieben. Die Klägerin könne daher noch körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung sechs Stunden und mehr unter Vermeidung von regelmäßigem Tragen und Heben von Lasten über fünf bis acht Kilogramm, Zwangshaltungen sowie Arbeiten auf unsicherem und rutschigem Untergrund, wechselnder Umgebungstemperatur, insbesondere nasskalter Umgebung, Akkordarbeit und nervlicher Belastung verrichten. Die Angaben der Klägerin, dass viele Tätigkeiten im täglichen Leben nur eingeschränkt oder gar nicht ausführbar seien, selbst einfache manuelle Arbeiten am Schreibtisch, seien aufgrund der erhobenen klinischen und radiologischen Befunde nicht nachvollziehbar. Durch die Operation solle das Leistungsvermögen prinzipiell gebessert sein, nach der Stabilisierungsphase sei in sechs bis acht, spätestens zwölf Wochen von einem stabilen Endzustand auszugehen.
Die Beklagte hat der Klägerin daraufhin erneut ein stationäres Heilverfahren in der Reha-Klinik H. in B. bewilligt, das vom 14. Juni bis 05. Juli 2007 durchgeführt wurde. Die Klägerin wurde als leistungsfähig für sechs Stunden und mehr für leichte Tätigkeiten unter Vermeidung von regelmäßigen Hebe- und Tragebelastungen über zehn Kilogramm, häufige bückende oder wirbelsäulentorsionsbeanspruchenden Tätigkeiten entlassen. Als Entlassungsdiagnosen wurden 1. ausgeprägte Haltungsinsuffizienz nach BSV-Operation L4/5 links, 2. Dekompression Spinalstenose der gleichen Etage am 15. Mai 2007, 3. chronifiziertes dominantes myofasziales Schmerzsyndrom, 4. medikamentös kompensierte arterielle Hypertonie sowie pathologisches EKG zugrunde gelegt. Die Klägerin habe eine deutliche Demonstrationstendenz der Beschwerden gezeigt, wobei bereits im Aufnahmegespräch eine hypermobile HWS-Funktion und ein freies Gestikulieren mit den Armen einschließlich der Schultergelenke zu beobachten gewesen sei. Auch das Entkleiden der Oberbekleidung sei problemlos gelungen, so auch das Öffnen des Verschlusses des BH´s auf dem Rücken. Die oberen und unteren Extremitäten seien seitengleich fettbemuskelt. Es bestünden keine Anzeichen für eine kardiopulmonale Dekompensation.
Prof. Dr. W. hat in seinem nervenärztlichen Gutachten eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode, diagnostiziert. Die Klägerin sei deswegen in körperlicher wie psychisch/emotionaler Hinsicht beeinträchtigt. Seiner Auffassung nach könne sie nur noch ein bis zwei Stunden je Arbeitstag arbeiten.
Die Beklagte hat hierzu eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. M. vorgelegt, wonach die Leistungsbeurteilung des psychiatrischen Gutachtens nicht nachzuvollziehen sei. Es wären keinerlei Aussagen zur Alltagsgestaltung getroffen worden, die Anamnese sei in Anwesenheit des Sohnes durchgeführt worden. Der Sachverständige habe zum Verfassen des Gutachtens fünf Monate gebraucht, deswegen seien ihm vermutlich viele Details nicht mehr erinnerlich gewesen. Die Klägerin habe auch bislang die somatoforme Schmerzstörung nicht behandelt.
Das SG hat daraufhin ein weiteres nervenärztliches Gutachten eingeholt. Prof. Dr. G. hat eine Dysthymia, einen Spannungskopfschmerz sowie eine sensomotorische Polyneuropathie und eine chronische Wurzelaffektion L5/S1 beschrieben. Die Klägerin könne damit seiner Auffassung nach noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes acht Stunden und mehr verrichten. Der Begutachtung durch Prof. Dr. W. könne er nicht zustimmen, da eine rezidivierende depressive Störung nicht vorläge, ebenso eine somatoforme Schmerzstörung zweifelhaft sei.
Mit Urteil vom 26. November 2008, dem klägerischen Bevollmächtigten zugestellt am 19. Dezember 2008, hat das SG die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei nach den eingeholten Gutachten nicht erwerbsgemindert. Auf die Begutachtung nach § 109 SGG habe sie verzichtet. Ihre Tätigkeit sei dem Leitberuf des ungelernten Arbeiters zuzuordnen, sie müsse sich deswegen auf sämtliche ungelernte Tätigkeiten verweisen lassen, in denen noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen bestünde. Dem abweichenden Gutachten von Prof. Dr. W. könne nicht gefolgt werden. Denn durch eine suffiziente Diagnostik und Therapie könne eine Besserung der neurologischen Erkrankung und der affektiven Störung erzielt werden. Der somatische Befund könne die komplette Schmerzsymptomatik nicht erklären. Der Sachverständige habe auch das Aggravations-/Simulationsverhalten der Probandin nicht erkannt oder deutlich unterschätzt. Dies sei auch im Entlassungsbericht der Rehaklinik H. ausdrücklich geschildert worden. Nach alledem habe sich das Gericht auf die Gutachten von Prof. Dr. S. und Prof. Dr. G. gestützt.
Mit ihrer dagegen am 15. Januar 2009 beim SG eingelegten Berufung hat die Klägerin geltend gemacht, einen leidensgerechten Arbeitsplatz gebe es für sie infolge der erwiesenen qualitativen Leistungseinschränkungen nicht. Das orthopädische Gutachten sei völlig unbrauchbar und unzutreffend, da die Klägerin Behandlungen bereits seit dem Jahr 2000 dokumentiert hätte. Prof. Dr. W. habe sich auch zum Aggravations- und Simulationsverhalten geäußert und dieses ausgeschlossen. Er habe zur Begründung ausgeführt, dass sie sich seit Jahren in ständiger ärztlicher Behandlung befinde, zeitweise drei Arztbesuche pro Woche habe und an einer chronischen Erkrankung leide. Die Dysthymia stehe auch für eine chronifizierte Depression.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2008 sowie den Bescheid vom 28. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung ab 01. August 2006 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat dem Senat einen aktuellen Versicherungsverlauf vorgelegt und mitgeteilt, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nur bis zum 30. November 2006 erfüllt seien.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat die Klägerin erneut nervenärztlich nach § 109 SGG begutachten lassen.
Der Sachverständige Dr. S. hat eine dysthyme Grundstörung bei chronischer Schmerzerkrankung Stadium III nach Gerbershagen diagnostiziert. Diese sei vor dem Hintergrund einer dekompensierten Persönlichkeitsproblematik zu sehen. Die Klägerin sei auch nicht mehr in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr als ein bis zwei Stunden durchzuführen.
Die Beklagte hat hierzu eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. L.-K. vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 151 Abs 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft im Sinne des § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, da die Klägerin laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt.
Die damit insgesamt zulässige Berufung der Klägerin ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich für die Zeit bis 31. Dezember 2007 nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung und für die anschließende Zeit nach § 43 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I S 554). Dies folgt aus § 300 Abs 1 SGB VI. Danach sind die Vorschriften des SGB VI von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn bereits vor diesem Zeitpunkt der Sachverhalt oder Anspruch bestanden hat. Die (aufgehobenen) Bestimmungen der §§ 43, 44 SGB VI in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung finden keine Anwendung, da im vorliegenden Fall ein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2001 nicht in Betracht kommt (§ 302b Abs 1 SGB VI).
Nach § 43 Abs 2 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Nach § 240 Abs 1 SGB VI in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 61 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20. April 2007 (BGBl I S 554) haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Der von der Klägerin beantragten Anhörung des Sachverständigen zu der Stellungnahme von Dr. L.-K. bedurfte es nicht. Die Klägerin hat nicht aufgezeigt, inwieweit es einer erneuten Anhörung des Sachverständigen bedarf. Sie hat auch keine Fragen formuliert, die sie dem Sachverständigen stellen möchte. Die Klägerin hat damit erläuterungsbedürftige Punkte nicht hinreichend konkret bezeichnet, nämlich auf Widersprüche in der Leistungsbeurteilung hingewiesen (vgl. BSG, Beschluss vom 05. Mai 2009, B 13 R 53/09 B, zitiert nach juris).
Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweiserhebung sowie unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin unter Beachtung bestimmter qualitativer Einschränkungen noch in der Lage ist, mindestens leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt täglich mehr als sechs Stunden zu verrichten.
Der Senat erachtet die Klägerin insgesamt für in der Lage, noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Vermeidung von regelmäßigem Tragen und Heben von Lasten über fünf bis acht Kilogramm, Zwangshaltungen sowie Arbeiten auf unsicherem und rutschigem Untergrund, wechselnder Umgebungstemperatur, insbesondere nasskalter Umgebung, Akkordarbeit und nervlicher Belastung verrichten. sechs Stunden und mehr zu verrichten. Mithin ist die Klägerin lediglich qualitativ und damit nicht in einem rentenberechtigenden Ausmaß leistungsgemindert.
Der Senat stützt sich auf die vom SG eingeholten Gutachten von Prof. Dr. S., Prof. Dr. G., den ärztlichen Entlassungsbericht des stationären Heilverfahrens der Reha-Klinik H. sowie das Gutachten von Dr. S ...
Danach steht im Vordergrund der leistungsbeeinträchtigenden Befunde die Dysthymia, die als solche übereinstimmend von den gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. G. und Dr. S. diagnostiziert wurde. Dass diese den Grad einer depressiven Störung in Form einer gegenwärtigen mittelgradigen Episode hat, wie dies Prof. Dr. W. in seinem nervenärztlichen Gutachten beschrieben hat, war auch für den Senat ebenso wenig nachvollziehbar wie die von ihm beschriebene anhaltende somatoforme Schmerzstörung. Gegen eine derartige Ausprägung der Erkrankung spricht die Anamnese, die Prof. Dr. G. erhoben hat. Danach war die Klägerin ausgeglichen und schwingungsfähig, erst bei der körperlichen Untersuchung trat ein etwas demonstrativ anmutendes "Jammern" in den Vordergrund. Weiter hat die Klägerin, die angab unter starken Schmerzen zu leiden, bei der Begutachtung kaum Schmerz- oder Entlastungsverhalten gezeigt. Obwohl sie auf Konzentrationsprobleme hinwies, konnte sie einer dreistündigen Untersuchung ohne Konzentrationsstörungen folgen. Sie hat in den Simulationstesten grob auffällige Simulationstendenzen gezeigt und weder eine teilstationäre noch stationäre akutpsychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung in Anspruch genommen. Sie möchte das Geld aus der Rentengewährung hauptsächlich für Urlaube aufwenden. Dies zeigt, dass sie durchaus noch Zukunftspläne schmiedet, was mit dem Krankheitsbild einer schwereren Depression nicht in Einklang zu bringen ist. Die Klägerin hat auch angegeben, dass sie noch einmal jährlich zu einen vierwöchigen Aufenthalt in ihre Heimat fährt. Dieses Verhalten ist insgesamt mit den von mehreren Sachverständigen beschriebenen Aggravations- und Simulationstendenzen der Klägerin ohne Weiteres zu erklären. Diese Verhaltensauffälligkeiten hat nicht nur Prof. Dr. S. geschildert; sie waren nach dem Rehabilitationsbericht in dem stationären Reha-Verfahren 2007 ebenfalls sehr auffällig.
Da somit die nervenärztliche Erkrankung nicht den Schweregrad einer Depression hat, war für den Senat die abweichende Einschätzung von Dr. S. nicht überzeugend. Der Senat hat sich vielmehr der Beurteilung von Prof. Dr. G. angeschlossen. Für dessen Richtigkeit spricht auch die Übereinstimmung mit den Ergebnissen des stationären Heilverfahrens, wo die Klägerin immerhin über einen Zeitraum von mehreren Wochen beobachtet werden konnte und die deswegen einen hohen Beweiswert haben.
Des Weiteren besteht auf orthopädischem Fachgebiet ein LWS-Syndrom nach zweimaliger Bandscheibenoperation bei chronischer Wurzelreizung L5/S1 mit Verdacht auf leichte neurologische Ausfälle, die aber allenfalls qualitative Leistungseinschränkungen der oben beschriebenen Art bedingen, nicht aber eine quantitative Leistungsminderung. Der Senat stützt sich insoweit auf das in sich schlüssige und nachvollziehbare Gutachten von Prof. Dr. S ...
Die übrigen Diagnosen bedingen keine weitere zeitliche Limitierung des Leistungsvermögens und schränken die Klägerin daher nicht in rentenberechtigendem Ausmaß ein.
Im Hinblick auf die qualitativen Leistungseinschränkungen braucht der Klägerin keine konkrete Berufstätigkeit genannt zu werden, weil sie ihrer Anzahl, Art und Schwere nach keine besondere Begründung zur Verneinung einer "Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen" oder einer "schweren spezifischen Leistungsminderung" erfordern (vgl. hierzu BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 136). Sie erscheinen nämlich nicht geeignet, das Feld körperlich leichter Arbeiten zusätzlich wesentlich einzuengen. Das Restleistungsvermögen der Klägerin erlaubt ihr weiterhin noch körperliche Verrichtungen, die in leichten einfachen Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen, wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Bedienen von Maschinen, Montieren, Kleben, Sortieren, Verpacken oder Zusammensetzen von kleinen Teilen.
Die Klägerin ist auch nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Eine Berufsausbildung hat sie nicht absolviert und während ihres Versicherungslebens allenfalls angelernte Tätigkeiten verrichtet. Sie ist deswegen auch zur Überzeugung des Senats auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar, auf dem noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen besteht.
Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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