Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 971/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 813/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21. Januar 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 4201 (exogen-allergische Alveolitis) der Anlage zur Berufskrankheitenver¬ordnung (BKV) hat.
Der im früheren Jugoslawien geborene Kläger befindet sich seit Januar 1973 in der Bundesrepublik Deutschland. In der Bundesrepublik Deutschland war der Kläger ab März 1973 bis Dezember 1989 bei zahlreichen Arbeitgebern insbesondere in metallverarbeitenden Betrieben, Malerbetrieben, Baubetrieben - häufig nur Wochen oder Monate - beschäftigt. Von 1990 bis 1993 war der Kläger selbstständig tätig und verrichtete Gebäudereinigungsarbeiten, Baureinigungen und Bodenverlegearbeiten. Seit Juli 1993 ist der Kläger mit Unterbrechungen von nur wenigen Tagen bis Wochen durchgehend arbeitsunfähig unter verschiedenen Diagnosen erkrankt und übt keine regelmäßige Arbeitstätigkeit aus.
Im November 1996 macht der Kläger über seinen damaligen Bevollmächtigten bei der Württembergischen Bau-Berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, wegen einer Atemwegserkrankung das Vorliegen einer Berufskrankheit geltend. Vorgelegt wurden mehrere ärztliche Unterlagen, u. a. der Befundbericht des Internisten Dr. St. vom 21.01.1993 (Diagnose: Hiatusgeleithernie mit Refluxoesophagitis; Hypercholesterinämie; gering ausgeprägte ob struktive Lungenerkrankung) und der Entlassungsbericht der Hochschwarzwaldklinik St. Blasien vom Juli 1995 (Diagnosen: Herzneurose und als Nebenleiden: chronischer Reizhusten bei Bronchitis, hypochondrisch depressive Entwicklung). Im Zuge der vom Unfallversicherungsträger angestrengten Ermittlungen wurde der Bericht des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 04.12.1998 eingeholt, in dem Dipl. Ing. Sch. hinsichtlich des ihm erteilten Ermittlungsauftrags zur Berufskrankheit der obstruktiven Atemwegserkrankung zu dem Ergebnis kam, dass repräsentative Messungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen gezeigt hätten, dass die Grenz- und Schichtmittelwerte bei den vom Kläger durchgeführten Arbeiten eingehalten worden seien. Auf der Grundlage der Stellungnahme des staatlichen Gewerbearztes Dr. W. vom 19.01.1999 (eine obstruktive Atemwegserkrankung sei nicht diagnostiziert worden) und des Gutachtens von Prof. Dr. D. vom 21.12.1999 (keine obstruktive Atemwegserkrankung, Verdacht auf Kondensatpneumopathie, jetzt neue Bezeichnung RBILD (Respiratory bronchiolitis interstitial lung disease), ausgelöst durch langjährigen Nikotingenuss, leichte restriktive Ventilationsstörung u. a. durch berufsunabhängige Zwerchfellbuckel mit Teilparese) wurde die Feststellung der Berufskrankheiten nach Nr. 4301 und 4302 Anlage zur BKV (durch allergisierende Stoffe bzw. durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen) abgelehnt (Bescheid vom 27.01.2000). Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.05.2000), ebenso die Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn (Gerichtsbescheid vom 23.01.2003, S 9 U 1493/00), die Berufung des Klägers vor dem Landessozialgericht (Urteil vom 26.02.2004, L 10 U 640/03) und die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht (Beschluss vom 26.05.2004, B 2 U 87/04 B).
Bei seiner Vorsprache am 01.10.2004 beim Unfallversicherungsträger machte der Kläger eine exogen allergische Alveolitis als Berufskrankheit geltend und verwies auf den Entlassungsbericht der Klinik Löwenstein vom 27.04.2004 (Diagnose: chronische Bronchitis, Verdacht auf exogen allergische Alveolitis u. a.), das ärztliche Attest von Dr. L.-P. vom 03.08.2004 (Diagnosen: unklare interstitielle Lungenerkrankung DD ( Differenzialdiagnose) Alveolitis, Emphysem u. a.), den Arztbrief von Dr. P. vom 29.10.2002 (bekannte chronisch obstruktive Bronchitis, Mitarbeit des Patienten bei der Spirometrie nicht möglich), die Arztbriefe des Klinikums Stuttgart vom 13.09.2004 (respiratorischer Infekt/beginnende Pneumonie) und des Universitätsklinikums Tübingen vom 04.03.2004 (chronisch-obstruktive Bronchitis, unklare interstitielle Lungenerkrankung DD Alveolitis, Emphysem).
Dr. v. H., Chefarzt der Kl. L., teilte auf Anfrage mit Schreiben vom 05.11.2004 mit, der Kläger sei seit seiner Untersuchung im April des Jahres nicht mehr in der Klinik gewesen, weshalb zu der Lungenerkrankung keine weiteren Angaben gemacht werden könnten.
Mit Bescheid vom 17.12.2004 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 4201 der Anlage zur BKV ab. Es bestehe nur eine Verdachtsdiagnose einer Alveolitis. Darüber hinaus sei keine Tätigkeit ausgeübt worden, die nach allgemeiner medizinischer Auffassung als Ursache einer Alveolitis in Betracht kommen könne. Ursache der Alveolitis sei im wesentlichen die Einatmung organischer Materialien wie z. B. Staub von verschimmelten Futter- oder Einstreumitteln. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2005 zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 30.03.2005 Klage beim Sozialgericht Heilbronn und legte mehrere Arztunterlagen vor, u. a. auch den Arztbrief des Kl. L. - Notaufnahme - vom 16.10.2004 (Diagnose chronische obstruktive Lungenerkrankung, unklare Thoraxschmerzen DD costovertebragen, DD KHK, kompensierte Retentionen), die ärztlichen Bescheinigungen von Dr. H. vom 28.06.2003 und 30.04.2005 - letztere mit der Diagnose: schwere chronische obstruktive Atemwegserkrankung mit Sekretstau seit 1992, Verdacht auf Lungenfibrose mit diffuser interstitieller Zeichnungsvermehrung und mit einer Alveolitis, Lungenemphysem sowie allergische Alveolitis, asthmathoide Bronchitis u. a. -. Mit Gerichtsbescheid vom 21.01.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung nahm das Sozialgericht Bezug auf die Begründung in den angefochtenen Bescheiden und führte ergänzend aus, es fehle an einem Nachweis dafür, dass eine solche Erkrankung überhaupt vorliege und dass der Kläger während seiner Versichertentätigkeit eine schädigende Tätigkeit ausgeübt habe. Von Bedeutung sei auch, dass die Berufskrankheit erst 10 Jahre nach Beendigung seiner Berufstätigkeit geltend gemacht worden sei.
Gegen den dem Kläger am 28.01.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 19.02.2009 Berufung eingelegt. Inzwischen sei aufgrund seiner Erkrankung ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 anerkannt worden. Außerdem liege bei ihm eine Erkrankung durch Phosphor und seine anorganische Verbindungen (Berufskrankheit Nr. 1109) vor. Er habe Arbeiten im Trockenbau und als Bodenleger sowie Abbrucharbeiten verrichtet. Als Fensterreiniger sei er mit Spiritus tätig gewesen. Bei Malerarbeiten habe er Umgang mit gesundheitsschädlichen Farben gehabt. Seit 1997 sei er bis heute krankgeschrieben. Außerdem sei auch noch die Berufskrankheit Nr. 21 (mechanische Einwirkungen) gegeben. Der Kläger hat außerdem mehrere Arztunterlagen vorgelegt, u. a. den Arztbrief der Fachärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Rosenblum vom 26.08.2008 (Diagnose: Verdacht auf interstitielle Lungenerkrankung, Alveolitis und chronische Bronchitis), Entlassungsbericht des Klinikums Stuttgart - Zentrum für Hautkrankheiten - vom 06.11.2008 (Diagnosen: 1. Z.B. Late-onset Neurofibromatose mit massivem generalisiertem Pruritus 2. COPD 3. arterielle Hypertonie 4. Diabetes mellitus-Typ II, diätisch eingestellt 5. V.a. chronischen Nikotinabusus, vom Patient verneint 6. chronisch nasale Hyperreagibilität bei bekannter atopischer Diathese) und den Arztbrief von Dr. W. vom 12.11.2008 (Diagnosen: chronische obstruktive Lungenkrankheit (Verdacht auf) + V{J44.9-}(Verweis auf ICD-10 COPD J44.9) , leichte Herzvergrößerung).
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.01.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 17.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 04.03.2005 aufzuheben und seine Lungenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 4201 der Anlage zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des erstinstanzlichen Verfahrens des Sozialgerichts Heilbronn sowie dessen dort angefallenen Vorakten S 9 U 1493/00, S 9 U 737/00, S 9 U 153/98 und die Vorakten des Landessozialgerichts S 10 U 640/03 beigezogen. Auf diese Unterlagen und die Akten des Senats im Berufungsverfahren wird wegen weitere Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit.
Die Feststellungsklage ist nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig, denn der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der geltend gemachten Lungenerkrankung als Berufskrankheit. Auf die Feststellung dieses Rechtsverhältnisses zwischen Versichertem und Unfallversicherungsträger können Entschädigungsleistungen gestützt werden.
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.
Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil 02.04.2009 a.a.O.), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rdnr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
In Anwendung dieser Grundsätze ist eine exogen-allergische Alveolitis, die in Nr. 4201 der Anlage zur BKV als Berufskrankheit aufgelistet ist, nicht als Berufskrankheit des Klägers festzustellen.
Bei der exogen-allergischen Alveolitis handelt es sich um eine allergische Reaktion der Alveolen (Lungenbläschen), die als akute, subakute und chronische Lungenentzündungen, die durch eingeatmete Antigene verursacht werden und zur Lungenfibrose neigen, in Erscheinung treten (vgl. Pschyrembel, Stichwort: Alveolitis, exogen-allergische; Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 4201, Bekanntmachung des BMA vom 16. August 1989, BABl. 11/1989, abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 4201). Hierzu gehören die Farmerlunge, die Vogelhalter-Lunge und die Befeuchter-Lunge sowie eine Reihe seltener beobachteter Erkrankungen, u. a. die allergische Aspergillen-Alveolitis. Klinisch treten drei bis 12 Stunden nach der Allergenexposition Symptome auf (Pschyrembel a. a. O.), nach fortgesetzter Einatmung des Antigens ergeben sich auch subakute oder chronisch zunehmende Krankheitserscheinungen. Gefährdet sind daher insbesondere Personen, die bei landwirtschaftlicher Tätigkeit Staub aus verschimmelten Futter- oder Einstreumitteln (Farmerlunge), dem Staub aus der Geflügelhaltung oder der Weiterverarbeitung der Federn (Vogelhalter-Lunge) ausgesetzt sind. Die Befeuchter-Lunge kann in Druckereibetrieben, vereinzelt auch in vollklimatisierten Arbeitsräumen beobachtet werden. Seltenere berufliche Gefahrenquellen sind die Züchtung von Speisepilzen, die Malzgewinnung während des Brauereiverfahrens, die Herstellung und Lagerhaltung von Käse, Schälarbeiten an Holzstämmen und Kontakt zu Sägemehl, das Schleifen von Perlmutt, die Verwendung von Isocyanaten zur Herstellung von Polyurethanen, Lacken und Klebstoffen, der Einsatz von Phthalsäure- und Trimellith-Anhydrid für die Produktion von Epoxidharzen und als Weichmacher, die Lagerung von Obst, das Rösten von Kaffee, die Verarbeitung getrockneter Tabakblätter (vgl. Merkblatt a.a.O).
Eine diesen gesundheitsgefährdenden Einwirkungen gleichkommende Exposition des Klägers während der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit in Deutschland ist nicht nachgewiesen. Keine dieser Tätigkeiten hat der Kläger ausgeübt. Dies entnimmt der Senat den eigenen Angaben des Klägers, die er im Verfahren S 9 U 1493/00 vor dem Sozialgericht (Blatt 95 bis 97 der SG-Akte) gemacht hat und er im vorliegenden Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.05.2009 wiederholt und ergänzt hat. Außerdem sind im TAD-Bericht vom 04.12.1998 die vom Kläger angegebenen Tätigkeiten und die Exposition gegenüber potenziell (atemwegs)schädliche Arbeitsstoffe dargelegt. Der Technische Aufsichtsbeamte, Dipl.-Ing. Sch., hat die Betriebsstoffe, mit denen der Kläger Umgang hatte, angeführt und die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter ausgewertet. Danach ist keiner der eine Alveolitis auslösenden Stoffe als Inhaltsstoff der verwendeten Arbeitsmittel zu finden.
Auch die aktenkundigen Krankheitsgeschichte des Klägers lässt nicht erkennen, dass durch beruflich bedingte Einwirkungen eine Alveolitis verursacht worden ist. In keinem der aktenkundigen Arztbriefe, insbesondere auch bei den anamnestischen Angaben während der Untersuchung durch Prof. Dr. D., sind arbeitsplatzbezogene Beschwerden bzw. mit bestimmten beruflichen Belastungen verbundene Krankheitssymptome dokumentiert. In dem von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der AOK L.-B. vom 22.02.1999 sind für den Zeitraum von 1984 bis 1997 keine auf eine Pneumonie oder Alveolitis hinweisende Diagnosen angeführt, mit Ausnahme einer Arbeitsunfähigkeit vom 13.11.1989 bis 16.01.1990 unter den Diagnosen "sonstige Virusinfektionen, Peribronchitis" (u.a.). Ob über eine diagnostizierte Bronchitis oder chronische Bronchitis hinaus auch eine Pneumonie oder Alveolitis in dem Zeitraum vor 1984 ärztlich behandelt worden ist, hat die umfassende Beweisaufnahme der Beklagten nicht ergeben. Solches wäre aber nach einer Exposition gegenüber den genannten Antigenen spätestens nach sechs bis 12 Stunden zu erwarten gewesen.
Außerdem hat die Untersuchung durch Prof. Dr. D. (RAST-Test auf spezifische IgE-Werte) keine allergische Reaktion auf Gräserpollen/Frühblüher und Spätblüher, Schimmelpilze und auf Berufsallergene, insbesondere Isocyanat, Phthalsäure, Phthalsäureanhydrid, ergeben. Auch der Test auf Präzipitine war für Schimmelsporen (Aspergillus fumigatus) und Isocyanate (TDI-AK Typ III und MDI-AK Typ III) negativ. Die Schlussfolgerung von Prof. Dr. D., dass keine berufspezifische Sensibilisierung beim Kläger vorliegt, ist für den Senat daher überzeugend. Eine für eine exogen-allergische Alveolitis ursächliche beruflich bedingte Sensibilisierung war 1999 gutachtlich nicht zu erheben. Vielmehr hat Prof. Dr. D. eine leichte restriktive Ventilationsstörung und Diffusionsstörung diagnostiziert, die sich aus der Kondensatpneumopathie und einem Zwerchfellbuckel rechts mit Teilparese erklärt bei Nikotinabusus seit dem 15. Lebensjahr. Soweit der Kläger später bestritten hat, Raucher oder starker Raucher zu sein, ist dies nicht überzeugend. Prof. Dr. D. weist zu Recht daraufhin, dass ein konstant erhöhter CoHB-Laborwert nicht zu erklären sei, wenn angeblich nur zwei Zigaretten täglich geraucht würden. Zudem ergibt sich auch aus älteren Arztunterlagen, dass ein Nikotin-abusus des Klägers vorlag (vgl. u. a. MDK-Gutachten vom 27.09.1996 -Blatt 78 der Verwaltungsakte-; MDK-Gutachten vom 15.11.1993 -Blatt 55 der Verwaltungsakte). Die Kondensat-pneumopathie ist nach Prof. Dr. D. als Unterform der interstitiellen Lungenerkrankung auch eine hinreichende Erklärung für die radiologisch nachgewiesenen Veränderungen des Lungengerüsts und der lungenfunktionsanalytisch festzustellenden restriktiven Ventilationsstörung. Eine Alveolitis hat Prof. Dierkesmann nicht diagnostiziert.
Ob der vom Kläger bislang allenfalls als Verdachtsdiagnose mitgeteilte lungenfachärztliche Befund einer exogen-allergische Alveolitis, die erstmals im Entlassungsbericht des Klinikums Löwenstein vom 27.04.2004 als Verdachtsdiagnose angegeben ist, tatsächlich zutrifft, kann offen bleiben. Der Kläger hat sich bislang weitergehenden Untersuchungen entzogen, insbesondere wird wiederholt mitgeteilt, dass die Mitarbeit bei den Lungenfunktionstests eine zuverlässige Bewertung der erhobenen Funktionsdaten nicht erlaubt (vgl. Bericht des Klinikums Heilbronn vom 31.12.2000, schriftliche Aussage von Dr. St. vom 03.09.2001, Bericht des Universitätsklinikums Tübingen vom 04.03.2004, Bericht von Dr. W vom 12.11.2008). Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass die im Tatbestand genannten Ärzte, die die Verdachtsdiagnose einer Alveolitis gestellt haben, ihre Diagnose in Kenntnis der vollständigen Krankheitsgeschichte des Klägers gestellt haben, so geht beispielsweise Dr. H. davon aus, dass der Kläger Nichtraucher ist (vgl. ärztlicher Befund vom 28.06.2003), weshalb deren Beurteilung nicht überzeugend ist und auch keinen Anlass für weitere Ermittlungen bietet. Eine Alveolitis ist erst mehrere Jahre nach Ende der beruflichen Tätigkeit überhaupt diagnostiziert worden, sodass in Ermangelung entsprechender Anknüpfungspunkte für ein bereits während der Berufstätigkeit bestehendes Krankheitsbild - das Prof. Dr. D. bei seiner umfassenden Untersuchung des Klägers nicht hat diagnostizieren können - ein wahrscheinlicher Zusammenhang der - unterstellt jetzt nachgewiesenen - Alveolitis nicht herzuleiten wäre.
Das Vorbringen des Klägers, es liege auch eine Berufskrankheit nach Nr. 1109 und nach "Nr. 21" der Anlage zur BKV vor, hat er - nach richterlichem Hinweis in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - nicht aufrecht erhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 4201 (exogen-allergische Alveolitis) der Anlage zur Berufskrankheitenver¬ordnung (BKV) hat.
Der im früheren Jugoslawien geborene Kläger befindet sich seit Januar 1973 in der Bundesrepublik Deutschland. In der Bundesrepublik Deutschland war der Kläger ab März 1973 bis Dezember 1989 bei zahlreichen Arbeitgebern insbesondere in metallverarbeitenden Betrieben, Malerbetrieben, Baubetrieben - häufig nur Wochen oder Monate - beschäftigt. Von 1990 bis 1993 war der Kläger selbstständig tätig und verrichtete Gebäudereinigungsarbeiten, Baureinigungen und Bodenverlegearbeiten. Seit Juli 1993 ist der Kläger mit Unterbrechungen von nur wenigen Tagen bis Wochen durchgehend arbeitsunfähig unter verschiedenen Diagnosen erkrankt und übt keine regelmäßige Arbeitstätigkeit aus.
Im November 1996 macht der Kläger über seinen damaligen Bevollmächtigten bei der Württembergischen Bau-Berufsgenossenschaft, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, wegen einer Atemwegserkrankung das Vorliegen einer Berufskrankheit geltend. Vorgelegt wurden mehrere ärztliche Unterlagen, u. a. der Befundbericht des Internisten Dr. St. vom 21.01.1993 (Diagnose: Hiatusgeleithernie mit Refluxoesophagitis; Hypercholesterinämie; gering ausgeprägte ob struktive Lungenerkrankung) und der Entlassungsbericht der Hochschwarzwaldklinik St. Blasien vom Juli 1995 (Diagnosen: Herzneurose und als Nebenleiden: chronischer Reizhusten bei Bronchitis, hypochondrisch depressive Entwicklung). Im Zuge der vom Unfallversicherungsträger angestrengten Ermittlungen wurde der Bericht des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 04.12.1998 eingeholt, in dem Dipl. Ing. Sch. hinsichtlich des ihm erteilten Ermittlungsauftrags zur Berufskrankheit der obstruktiven Atemwegserkrankung zu dem Ergebnis kam, dass repräsentative Messungen an vergleichbaren Arbeitsplätzen gezeigt hätten, dass die Grenz- und Schichtmittelwerte bei den vom Kläger durchgeführten Arbeiten eingehalten worden seien. Auf der Grundlage der Stellungnahme des staatlichen Gewerbearztes Dr. W. vom 19.01.1999 (eine obstruktive Atemwegserkrankung sei nicht diagnostiziert worden) und des Gutachtens von Prof. Dr. D. vom 21.12.1999 (keine obstruktive Atemwegserkrankung, Verdacht auf Kondensatpneumopathie, jetzt neue Bezeichnung RBILD (Respiratory bronchiolitis interstitial lung disease), ausgelöst durch langjährigen Nikotingenuss, leichte restriktive Ventilationsstörung u. a. durch berufsunabhängige Zwerchfellbuckel mit Teilparese) wurde die Feststellung der Berufskrankheiten nach Nr. 4301 und 4302 Anlage zur BKV (durch allergisierende Stoffe bzw. durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen) abgelehnt (Bescheid vom 27.01.2000). Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.05.2000), ebenso die Klage vor dem Sozialgericht Heilbronn (Gerichtsbescheid vom 23.01.2003, S 9 U 1493/00), die Berufung des Klägers vor dem Landessozialgericht (Urteil vom 26.02.2004, L 10 U 640/03) und die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht (Beschluss vom 26.05.2004, B 2 U 87/04 B).
Bei seiner Vorsprache am 01.10.2004 beim Unfallversicherungsträger machte der Kläger eine exogen allergische Alveolitis als Berufskrankheit geltend und verwies auf den Entlassungsbericht der Klinik Löwenstein vom 27.04.2004 (Diagnose: chronische Bronchitis, Verdacht auf exogen allergische Alveolitis u. a.), das ärztliche Attest von Dr. L.-P. vom 03.08.2004 (Diagnosen: unklare interstitielle Lungenerkrankung DD ( Differenzialdiagnose) Alveolitis, Emphysem u. a.), den Arztbrief von Dr. P. vom 29.10.2002 (bekannte chronisch obstruktive Bronchitis, Mitarbeit des Patienten bei der Spirometrie nicht möglich), die Arztbriefe des Klinikums Stuttgart vom 13.09.2004 (respiratorischer Infekt/beginnende Pneumonie) und des Universitätsklinikums Tübingen vom 04.03.2004 (chronisch-obstruktive Bronchitis, unklare interstitielle Lungenerkrankung DD Alveolitis, Emphysem).
Dr. v. H., Chefarzt der Kl. L., teilte auf Anfrage mit Schreiben vom 05.11.2004 mit, der Kläger sei seit seiner Untersuchung im April des Jahres nicht mehr in der Klinik gewesen, weshalb zu der Lungenerkrankung keine weiteren Angaben gemacht werden könnten.
Mit Bescheid vom 17.12.2004 lehnte die Beklagte die Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 4201 der Anlage zur BKV ab. Es bestehe nur eine Verdachtsdiagnose einer Alveolitis. Darüber hinaus sei keine Tätigkeit ausgeübt worden, die nach allgemeiner medizinischer Auffassung als Ursache einer Alveolitis in Betracht kommen könne. Ursache der Alveolitis sei im wesentlichen die Einatmung organischer Materialien wie z. B. Staub von verschimmelten Futter- oder Einstreumitteln. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2005 zurückgewiesen.
Der Kläger erhob am 30.03.2005 Klage beim Sozialgericht Heilbronn und legte mehrere Arztunterlagen vor, u. a. auch den Arztbrief des Kl. L. - Notaufnahme - vom 16.10.2004 (Diagnose chronische obstruktive Lungenerkrankung, unklare Thoraxschmerzen DD costovertebragen, DD KHK, kompensierte Retentionen), die ärztlichen Bescheinigungen von Dr. H. vom 28.06.2003 und 30.04.2005 - letztere mit der Diagnose: schwere chronische obstruktive Atemwegserkrankung mit Sekretstau seit 1992, Verdacht auf Lungenfibrose mit diffuser interstitieller Zeichnungsvermehrung und mit einer Alveolitis, Lungenemphysem sowie allergische Alveolitis, asthmathoide Bronchitis u. a. -. Mit Gerichtsbescheid vom 21.01.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung nahm das Sozialgericht Bezug auf die Begründung in den angefochtenen Bescheiden und führte ergänzend aus, es fehle an einem Nachweis dafür, dass eine solche Erkrankung überhaupt vorliege und dass der Kläger während seiner Versichertentätigkeit eine schädigende Tätigkeit ausgeübt habe. Von Bedeutung sei auch, dass die Berufskrankheit erst 10 Jahre nach Beendigung seiner Berufstätigkeit geltend gemacht worden sei.
Gegen den dem Kläger am 28.01.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat er am 19.02.2009 Berufung eingelegt. Inzwischen sei aufgrund seiner Erkrankung ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 anerkannt worden. Außerdem liege bei ihm eine Erkrankung durch Phosphor und seine anorganische Verbindungen (Berufskrankheit Nr. 1109) vor. Er habe Arbeiten im Trockenbau und als Bodenleger sowie Abbrucharbeiten verrichtet. Als Fensterreiniger sei er mit Spiritus tätig gewesen. Bei Malerarbeiten habe er Umgang mit gesundheitsschädlichen Farben gehabt. Seit 1997 sei er bis heute krankgeschrieben. Außerdem sei auch noch die Berufskrankheit Nr. 21 (mechanische Einwirkungen) gegeben. Der Kläger hat außerdem mehrere Arztunterlagen vorgelegt, u. a. den Arztbrief der Fachärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde Rosenblum vom 26.08.2008 (Diagnose: Verdacht auf interstitielle Lungenerkrankung, Alveolitis und chronische Bronchitis), Entlassungsbericht des Klinikums Stuttgart - Zentrum für Hautkrankheiten - vom 06.11.2008 (Diagnosen: 1. Z.B. Late-onset Neurofibromatose mit massivem generalisiertem Pruritus 2. COPD 3. arterielle Hypertonie 4. Diabetes mellitus-Typ II, diätisch eingestellt 5. V.a. chronischen Nikotinabusus, vom Patient verneint 6. chronisch nasale Hyperreagibilität bei bekannter atopischer Diathese) und den Arztbrief von Dr. W. vom 12.11.2008 (Diagnosen: chronische obstruktive Lungenkrankheit (Verdacht auf) + V{J44.9-}(Verweis auf ICD-10 COPD J44.9) , leichte Herzvergrößerung).
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 21.01.2009 und den Bescheid der Beklagten vom 17.12.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 04.03.2005 aufzuheben und seine Lungenerkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 4201 der Anlage zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Der Senat hat die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des erstinstanzlichen Verfahrens des Sozialgerichts Heilbronn sowie dessen dort angefallenen Vorakten S 9 U 1493/00, S 9 U 737/00, S 9 U 153/98 und die Vorakten des Landessozialgerichts S 10 U 640/03 beigezogen. Auf diese Unterlagen und die Akten des Senats im Berufungsverfahren wird wegen weitere Einzelheiten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid ist nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung einer Berufskrankheit.
Die Feststellungsklage ist nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig, denn der Kläger hat ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der geltend gemachten Lungenerkrankung als Berufskrankheit. Auf die Feststellung dieses Rechtsverhältnisses zwischen Versichertem und Unfallversicherungsträger können Entschädigungsleistungen gestützt werden.
Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Aufgrund der Ermächtigung in § 9 Abs. 1 SGB VII hat die Bundesregierung die Berufskrankheiten Verordnung (BKV) vom 31.10.1997 (BGBl. I, S. 2623) erlassen, in der die derzeit als Berufskrankheiten anerkannten Krankheiten aufgeführt sind.
Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R - , veröffentlicht in juris). Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit. Abweichend von der früheren Verwendung des Begriffs der haftungsbegründenden Kausalität folgt der Senat der überzeugenden neueren Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil 02.04.2009 a.a.O.), dass auch im Berufskrankheiten-Recht der ursächliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und den Einwirkungen nicht als haftungsbegründende Kausalität bezeichnet werden kann. Durch diesen Zusammenhang wird keine Haftung begründet, weil Einwirkungen durch die versicherte Tätigkeit angesichts ihrer zahlreichen möglichen Erscheinungsformen und ihres unterschiedlichen Ausmaßes nicht zwangsläufig schädigend sind. Denn Arbeit - auch körperliche Arbeit - und die damit verbundenen Einwirkungen machen nicht grundsätzlich krank. Erst die Verursachung einer Erkrankung durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden Einwirkungen begründet eine "Haftung". Ebenso wie die haftungsausfüllende Kausalität zwischen Gesundheits(-erst-)schaden und Unfallfolge beim Arbeitsunfall ist die haftungsausfüllende Kausalität zwischen der berufsbedingten Erkrankung und den Berufskrankheitenfolgen, die dann gegebenenfalls zu bestimmten Versicherungsansprüchen führen, bei der Berufskrankheit keine Voraussetzung des Versicherungsfalles.
Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar, E § 9 Rdnr. 26.2). Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zu Lasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Kausalzusammenhang für sich herleitet (BSGE 19,52, 53; 30,121, 123; 43, 110, 112).
In Anwendung dieser Grundsätze ist eine exogen-allergische Alveolitis, die in Nr. 4201 der Anlage zur BKV als Berufskrankheit aufgelistet ist, nicht als Berufskrankheit des Klägers festzustellen.
Bei der exogen-allergischen Alveolitis handelt es sich um eine allergische Reaktion der Alveolen (Lungenbläschen), die als akute, subakute und chronische Lungenentzündungen, die durch eingeatmete Antigene verursacht werden und zur Lungenfibrose neigen, in Erscheinung treten (vgl. Pschyrembel, Stichwort: Alveolitis, exogen-allergische; Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 4201, Bekanntmachung des BMA vom 16. August 1989, BABl. 11/1989, abgedruckt in Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 4201). Hierzu gehören die Farmerlunge, die Vogelhalter-Lunge und die Befeuchter-Lunge sowie eine Reihe seltener beobachteter Erkrankungen, u. a. die allergische Aspergillen-Alveolitis. Klinisch treten drei bis 12 Stunden nach der Allergenexposition Symptome auf (Pschyrembel a. a. O.), nach fortgesetzter Einatmung des Antigens ergeben sich auch subakute oder chronisch zunehmende Krankheitserscheinungen. Gefährdet sind daher insbesondere Personen, die bei landwirtschaftlicher Tätigkeit Staub aus verschimmelten Futter- oder Einstreumitteln (Farmerlunge), dem Staub aus der Geflügelhaltung oder der Weiterverarbeitung der Federn (Vogelhalter-Lunge) ausgesetzt sind. Die Befeuchter-Lunge kann in Druckereibetrieben, vereinzelt auch in vollklimatisierten Arbeitsräumen beobachtet werden. Seltenere berufliche Gefahrenquellen sind die Züchtung von Speisepilzen, die Malzgewinnung während des Brauereiverfahrens, die Herstellung und Lagerhaltung von Käse, Schälarbeiten an Holzstämmen und Kontakt zu Sägemehl, das Schleifen von Perlmutt, die Verwendung von Isocyanaten zur Herstellung von Polyurethanen, Lacken und Klebstoffen, der Einsatz von Phthalsäure- und Trimellith-Anhydrid für die Produktion von Epoxidharzen und als Weichmacher, die Lagerung von Obst, das Rösten von Kaffee, die Verarbeitung getrockneter Tabakblätter (vgl. Merkblatt a.a.O).
Eine diesen gesundheitsgefährdenden Einwirkungen gleichkommende Exposition des Klägers während der Ausübung seiner versicherten Tätigkeit in Deutschland ist nicht nachgewiesen. Keine dieser Tätigkeiten hat der Kläger ausgeübt. Dies entnimmt der Senat den eigenen Angaben des Klägers, die er im Verfahren S 9 U 1493/00 vor dem Sozialgericht (Blatt 95 bis 97 der SG-Akte) gemacht hat und er im vorliegenden Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 08.05.2009 wiederholt und ergänzt hat. Außerdem sind im TAD-Bericht vom 04.12.1998 die vom Kläger angegebenen Tätigkeiten und die Exposition gegenüber potenziell (atemwegs)schädliche Arbeitsstoffe dargelegt. Der Technische Aufsichtsbeamte, Dipl.-Ing. Sch., hat die Betriebsstoffe, mit denen der Kläger Umgang hatte, angeführt und die entsprechenden Sicherheitsdatenblätter ausgewertet. Danach ist keiner der eine Alveolitis auslösenden Stoffe als Inhaltsstoff der verwendeten Arbeitsmittel zu finden.
Auch die aktenkundigen Krankheitsgeschichte des Klägers lässt nicht erkennen, dass durch beruflich bedingte Einwirkungen eine Alveolitis verursacht worden ist. In keinem der aktenkundigen Arztbriefe, insbesondere auch bei den anamnestischen Angaben während der Untersuchung durch Prof. Dr. D., sind arbeitsplatzbezogene Beschwerden bzw. mit bestimmten beruflichen Belastungen verbundene Krankheitssymptome dokumentiert. In dem von der Beklagten beigezogenen Vorerkrankungsverzeichnis der AOK L.-B. vom 22.02.1999 sind für den Zeitraum von 1984 bis 1997 keine auf eine Pneumonie oder Alveolitis hinweisende Diagnosen angeführt, mit Ausnahme einer Arbeitsunfähigkeit vom 13.11.1989 bis 16.01.1990 unter den Diagnosen "sonstige Virusinfektionen, Peribronchitis" (u.a.). Ob über eine diagnostizierte Bronchitis oder chronische Bronchitis hinaus auch eine Pneumonie oder Alveolitis in dem Zeitraum vor 1984 ärztlich behandelt worden ist, hat die umfassende Beweisaufnahme der Beklagten nicht ergeben. Solches wäre aber nach einer Exposition gegenüber den genannten Antigenen spätestens nach sechs bis 12 Stunden zu erwarten gewesen.
Außerdem hat die Untersuchung durch Prof. Dr. D. (RAST-Test auf spezifische IgE-Werte) keine allergische Reaktion auf Gräserpollen/Frühblüher und Spätblüher, Schimmelpilze und auf Berufsallergene, insbesondere Isocyanat, Phthalsäure, Phthalsäureanhydrid, ergeben. Auch der Test auf Präzipitine war für Schimmelsporen (Aspergillus fumigatus) und Isocyanate (TDI-AK Typ III und MDI-AK Typ III) negativ. Die Schlussfolgerung von Prof. Dr. D., dass keine berufspezifische Sensibilisierung beim Kläger vorliegt, ist für den Senat daher überzeugend. Eine für eine exogen-allergische Alveolitis ursächliche beruflich bedingte Sensibilisierung war 1999 gutachtlich nicht zu erheben. Vielmehr hat Prof. Dr. D. eine leichte restriktive Ventilationsstörung und Diffusionsstörung diagnostiziert, die sich aus der Kondensatpneumopathie und einem Zwerchfellbuckel rechts mit Teilparese erklärt bei Nikotinabusus seit dem 15. Lebensjahr. Soweit der Kläger später bestritten hat, Raucher oder starker Raucher zu sein, ist dies nicht überzeugend. Prof. Dr. D. weist zu Recht daraufhin, dass ein konstant erhöhter CoHB-Laborwert nicht zu erklären sei, wenn angeblich nur zwei Zigaretten täglich geraucht würden. Zudem ergibt sich auch aus älteren Arztunterlagen, dass ein Nikotin-abusus des Klägers vorlag (vgl. u. a. MDK-Gutachten vom 27.09.1996 -Blatt 78 der Verwaltungsakte-; MDK-Gutachten vom 15.11.1993 -Blatt 55 der Verwaltungsakte). Die Kondensat-pneumopathie ist nach Prof. Dr. D. als Unterform der interstitiellen Lungenerkrankung auch eine hinreichende Erklärung für die radiologisch nachgewiesenen Veränderungen des Lungengerüsts und der lungenfunktionsanalytisch festzustellenden restriktiven Ventilationsstörung. Eine Alveolitis hat Prof. Dierkesmann nicht diagnostiziert.
Ob der vom Kläger bislang allenfalls als Verdachtsdiagnose mitgeteilte lungenfachärztliche Befund einer exogen-allergische Alveolitis, die erstmals im Entlassungsbericht des Klinikums Löwenstein vom 27.04.2004 als Verdachtsdiagnose angegeben ist, tatsächlich zutrifft, kann offen bleiben. Der Kläger hat sich bislang weitergehenden Untersuchungen entzogen, insbesondere wird wiederholt mitgeteilt, dass die Mitarbeit bei den Lungenfunktionstests eine zuverlässige Bewertung der erhobenen Funktionsdaten nicht erlaubt (vgl. Bericht des Klinikums Heilbronn vom 31.12.2000, schriftliche Aussage von Dr. St. vom 03.09.2001, Bericht des Universitätsklinikums Tübingen vom 04.03.2004, Bericht von Dr. W vom 12.11.2008). Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass die im Tatbestand genannten Ärzte, die die Verdachtsdiagnose einer Alveolitis gestellt haben, ihre Diagnose in Kenntnis der vollständigen Krankheitsgeschichte des Klägers gestellt haben, so geht beispielsweise Dr. H. davon aus, dass der Kläger Nichtraucher ist (vgl. ärztlicher Befund vom 28.06.2003), weshalb deren Beurteilung nicht überzeugend ist und auch keinen Anlass für weitere Ermittlungen bietet. Eine Alveolitis ist erst mehrere Jahre nach Ende der beruflichen Tätigkeit überhaupt diagnostiziert worden, sodass in Ermangelung entsprechender Anknüpfungspunkte für ein bereits während der Berufstätigkeit bestehendes Krankheitsbild - das Prof. Dr. D. bei seiner umfassenden Untersuchung des Klägers nicht hat diagnostizieren können - ein wahrscheinlicher Zusammenhang der - unterstellt jetzt nachgewiesenen - Alveolitis nicht herzuleiten wäre.
Das Vorbringen des Klägers, es liege auch eine Berufskrankheit nach Nr. 1109 und nach "Nr. 21" der Anlage zur BKV vor, hat er - nach richterlichem Hinweis in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - nicht aufrecht erhalten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nicht ersichtlich.
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