L 12 AL 6023/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 14 AL 8977/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 6023/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.10.2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Der 1961 geborene Kläger ist griechischer Staatsangehöriger. Er stand nach einer Beschäftigung von 1987 bis September 2005 und nach einem arbeitsgerichtlichen Vergleich vom 22.2.2006, wonach er bis 31.3.2006 Gehalt bezog, seit 1.4.2006 im Leistungsbezug der Beklagten. Am 22.6.2006 beantragte er die Ausstellung einer Bescheinigung "E 303", er wolle am 4.7.2006 zur Arbeitssuche nach Griechenland ausreisen. Am 6.7.2006 erteilte die Beklagte die Bescheinigung mit der Maßgabe, dass der Kläger längstens bis zum 3.10. 2006 Leistungen beziehen könne.

Am 9.10.2006 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos, er legte eine Bescheinigung des griechischen Arbeitsamtes vor, wonach er für die Zeit vom 4.7. bis 2.10.2006 Arbeitslosengeld erhalten habe. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12.10.2006 mit der Begründung ab, der Kläger sei erst nach Ablauf der Dreimonatsfrist wieder in die Bundesrepublik zurückgekehrt, eine Weitergewährung des Arbeitslosengeldes könne deshalb nicht erfolgen. Den Widerspruch des Klägers mit der Begründung, er habe wenig Geld gehabt und erst zurückfahren können, als ihm am 3.10. das Geld von der Bank überwiesen worden sei, sofort danach habe er zum schnellstmöglichen Termin die Rückfahrt aufgenommen, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.10.2006 zurück. Da der Kläger nicht rechtzeitig - spätestens am 2.10.2006 - in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt sei, sei die Ablehnung von Arbeitslosengeld zutreffend. Die im Widerspruch vorgebrachten Gründe - Geldmangel - änderten daran nichts. Entscheidend sei, dass der Kläger nicht rechtzeitig zurückgekehrt sei.

Dagegen hat der Kläger am 24.11.2006 beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Er habe in Griechenland sein Arbeitslosengeld immer erst nachträglich um den 3. des Folgemonats erhalten können. Da er gewusst habe, dass er das Geld für September erst am 3.10.2006 bekommen würde, habe er vorher nicht zurückfahren können, da er das Geld für die Rückfahrt gebraucht habe. Er habe am 29.9.2006 sich telefonisch beim F.-Center in E. nach einem Rückreiseticket für Anfang Oktober erkundigt. Ihm sei mitgeteilt worden, dass am 5.10.2006 die erste Möglichkeit für eine Fahrt mit Autokabine bestehe. Er sei dann am 4.10.2006 mit dem Auto losgefahren, habe am 5.10.2006 die Fähre in I. genommen und sei am 6.10.2006 (Freitag) gegen 17:00 Uhr zuhause angekommen. Aus dem ihm ausgehändigten Hinweisblatt habe er gewusst, dass er 7 Tage Zeit habe, um sich nach seiner Ankunft in Griechenland beim Arbeitsamt zu melden, er sei davon ausgegangen, dass dies auch für seine Rückreise gelte.

Das SG hat durch Urteil vom 18.10.2007 die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht die Gewährung von Arbeitslosengeld abgelehnt. Voraussetzung für die Gewährung von Arbeitslosengeld sei, dass der Arbeitnehmer den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehe. Gem. Art. 69 Abs. 1 der EWG-VO Nr. 1408/71 werde der Leistungsanspruch während höchstens drei Monaten von dem Zeitpunkt an aufrechterhalten, von dem ab der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung des Staates, den er verlassen habe, nicht mehr zur Verfügung stehe, wenn der Arbeitnehmer sich in einen anderen Mitgliedstaat begebe, um dort eine Beschäftigung zu suchen. Der Arbeitslose habe nur dann weiterhin Anspruch auf Leistungen, wenn er vor Ablauf des Zeitraums, in dem er demnach Anspruch auf Leistungen habe, in den zuständigen Staat zurückkehre, anderenfalls verliere er jeden Anspruch auf Leistungen.

Da der Kläger ab dem 4.7.2006 den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht mehr zur Verfügung gestanden habe, hätte er seinen Anspruch auf Leistungen nur behalten, wenn er innerhalb des am 3.10.2006 ablaufenden Dreimonatszeitraums in die Bundesrepublik zurückgekehrt wäre. Er sei jedoch erst am 5.10.2006 und damit nach Ablauf der Frist zurückgekehrt, sodass er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld verloren habe. Zwar könne die zuständige Arbeitsverwaltung die Rückkehrfrist in Ausnahmefällen verlängern, ein solcher Ausnahmefall sei vorliegend jedoch nicht gegeben. Ein solcher Ausnahmefall liege nur dann vor, wenn die rechtzeitige Rückkehr durch einen unvorhersehbaren Umstand wie Krankheit, Unfall, Streik oder Ähnliches verhindert worden sei, den der Arbeitnehmer nicht zu vertreten habe, oder wenn die rechtzeitige Rückkehr aus wichtigem Grund unterblieben sei. Hier seien jedoch die Umstände, die den Kläger davon abgehalten hätten, rechtzeitig zurückzukehren, nicht unvorhersehbar gewesen. Der Kläger sei in dem Merkblatt, dass ihm ausgehändigt worden sei, auf den möglichen Anspruchsverlust bei nicht rechtzeitiger Rückkehr hingewiesen worden, der Ablauf des Mitnahmezeitraums am 3.10.2006 seit dem Kläger aus der ihm übersandten Bescheinigung bekannt gewesen. Es wäre Sache des Klägers gewesen, rechtzeitig dafür Sorge zu tragen, seine rechtzeitige Rückkehr sicherzustellen. Der Kläger habe auch gewusst, dass die Leistungen vom griechischen Arbeitsamt genau wie in Deutschland erst nachträglich für den abgelaufenen Monat ausgezahlt würden, er hätte daher von vornherein für seine Rückreise die benötigten Geldmittel vorhalten und rechtzeitig die Überfahrt mit der Fähre zu einem Zeitpunkt organisieren müssen, der es ihm ermöglicht hätte, innerhalb der Frist zurückzukehren. Die vom Kläger geltendgemachten finanziellen Schwierigkeiten seien für ihn nicht unvorhersehbar gewesen und begründeten daher keinen Ausnahmefall.

Gegen dieses am 19.11.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.12.2007 Berufung eingelegt. Das SG habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Es sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass der Kläger erst am 3.10.2006 in Griechenland vom dortigen Arbeitsamt sein Auszahlungsdokument erhalten habe, um sich die letzte Monatsrate des Arbeitslosengeldes ausbezahlen zu lassen. Erst dann sei der Kläger in der Lage gewesen, die Organisation und Bezahlung seiner Rückreise, die er mit dem Auto und dem Schiff durchgeführt habe, aufzunehmen. Das SG habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Kläger nach Erhalt seines Geldes am 3.10.2006 unverzüglich am 4.10.2006 mit dem Auto losgefahren sei, am 5.10.2006 sei er vom Hafenort mit der Fähre losgefahren und am Freitagnachmittag Zuhause angekommen. Zu diesem Zeitpunkt sei die zuständige Geschäftsstelle der Beklagten bereits geschlossen gewesen, so dass sich der Kläger frühestens am Montag, dem 9.10.2006 habe zurückmelden können. Der Kläger habe die notwendigen Vorkehrungen getroffen, um rechtzeitig zurückzukommen. Jedenfalls rechtfertigten die vorgebrachten Umstände eine geringfügige Überschreitung der Rückkehrfrist. Die Beklagte habe selbst darauf hingewiesen, eine Fristüberschreitung wäre dann unschädlich gewesen, wenn sie lediglich ein bis maximal zwei Tage betragen hätte und sich der Arbeitslose dann unverzüglich nach der Rückkehr bei der Agentur für Arbeit gemeldet hätte. Ein solcher Fall liege hier vor, denn - unterstellt - der Kläger hätte am 3.10.2006 zurückkehren müssen, dann habe bei einer Rückkehr am 6.10.2006 lediglich eine kurzzeitige Fristüberschreitung vorgelegen und habe sich der Kläger dann unverzüglich zum nächstmöglichen Öffnungszeitpunkt bei der zuständigen Agentur für Arbeit gemeldet. Der Kläger habe zudem auf Grund des ihm ausgehändigten Informationsschreibens, wonach er bei Ausreise nach Griechenland eine Woche Zeit habe, um sich dort zu melden, davon ausgehen dürfen, bei der Rückkehr nach Deutschland gleichfalls einen vergleichbaren Zeitspielraum zu haben. Da die Beklagte also keine Ermessensentscheidung über die Verlängerung der Frist getroffen habe, sei sowohl die streitbefangene Verwaltungsentscheidung als auch das angefochtene Urteil des SG rechtsfehlerhaft. Dem Kläger sei es auch, weil die Leistungen auch in Griechenland jeweils nachträglich für den abgelaufenen Monat ausgezahlt worden seien, nicht möglich gewesen, die für seine Rückreise benötigten Geldmittel vorzuhalten, die er vielmehr erst bekommen habe, als er zum 3.10.2006 vom griechischen Leistungsträger die letzte Auszahlung erhalten habe.

Der Kläger stellt den Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 18.10.2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2006 zu verurteilen, ihm ab dem 3.10.2006 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Das SG hat im angefochtenen Urteil unter zutreffender Zitierung der hier anzuwendenden Rechtsnormen ausführlich und zutreffend begründet, dass und aus welchen Gründen der Kläger keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 3.10.2006 hat. Der Senat weist nach eigener Überprüfung die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Er nimmt auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug und verzichtet insoweit auf eine eigene Begründung (§ 153 Abs. 2 SGG).

Das Berufungsvorbringen des Klägers ist nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung als unrichtig erscheinen zu lassen. Soweit der Kläger vorbringt, es liege nur eine geringfügige Fristüberschreitungen bei der Rückkehr nach Deutschland vor, die die Beklagte zu einer Ermessensentscheidung hätte veranlassen müssen, folgt dem der Senat nicht. Hier liegt keine Fristüberschreitungen von einem bis maximal zwei Tagen vor, sondern eine Fristüberschreitung von drei Tagen. Der Kläger, der bis zum 3.10.2006 hätte wieder einreisen und sich melden müssen, ist erst am 6.10.2006, also drei Tagen nach Ablauf der Frist wieder eingereist. Dass er sich an diesem Tag nicht mehr bei der Beklagten hat melden können, fällt daneben nicht ins Gewicht.

Soweit der Kläger wiederholend darauf hinweist, er habe, weil er erst am 3.10.2006 die letzte Monatsrate seines Arbeitslosengeldes in Griechenland ausbezahlt bekommen habe, aus Geldmangel nicht früher zurückkehren können, hält auch der Senat dies für unerheblich. Es hätte dem Kläger oblegen, rechtzeitig vor dem Rückreisezeitpunkt die Geldmittel dafür bereitzustellen und die organisatorischen Vorkehrungen zu treffen. Dem Kläger ist entgegenzuhalten, dass er dies ja auch bei der Ausreise nach Griechenland durchaus hat bewerkstelligen können. Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, dass dies nicht auch bei der Rückreise nach Deutschland möglich gewesen wäre. Der Fall des nicht unverschuldeten Geldmangels ist aber zweifellos kein vom Arbeitnehmer nicht zu vertretender Ausnahmefall, der die Verlängerung der Rückreisefrist rechtfertigen könnte.

Die Berufung des Klägers ist jedenfalls zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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