L 9 R 1863/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3603/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 1863/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Umstritten ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1950 geborene Klägerin war von Juli 1973 bis Oktober 1981 in einer Strumpffabrik in Deutschland versicherungspflichtig tätig. Nach ihrer Rückkehr nach Griechenland war sie dort von Mai 1994 bis Mai 2000 als Raumpflegerin in einem Kindergarten beschäftigt und rentenversichert. Ab 4. März 1999 war sie arbeitsunfähig krank und bezog bis 30. November 2000 Krankengeld. Der griechische Versicherungsträger IKA gewährt Invaliditätsrente, ab 1. Dezember 2000 als volle Invaliditätsrente und ab 1. Dezember 2002 nach einem Invaliditätsgrad von 67 %.

Der erste Rentenantrag der Klägerin vom 9. November 2000, bei der wegen einer schweren Osteoarthritis im Jahr 2000 am rechten Kniegelenk eine Umstellungsosteotomie und wegen Osteoarthritis an den Hüftgelenken im März 2001 eine totale Arthroplastik in der linken Hüfte durchgeführt worden war, blieb erfolglos (Bescheid vom 16. Oktober 2001).

Ein weiterer Rentenantrag vom 1. Dezember 2002, zu welchem ein Gutachten der griechischen Gesundheitskommission (GK) vom Dezember 2002 (Invaliditätsgrad bis 30. November 2005 67 %) und weitere ärztliche Äußerungen vorgelegt wurden, blieb nach Auswertung durch Dr. G. und dessen Stellungnahme vom 15. Juli 2003 (leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen, seien vollschichtig zumutbar) und nach Einholung eines Gutachten des Orthopäden Dr. G. vom 1. März 2004 (Implantation einer Hüft-Totalendoprothese links ohne Zement, ausgeprägte Verschleißerscheinungen beider Kniegelenke bei Zustand nach Umstellungsosteotomie des rechten Kniegelenks, leichte Verschleißerscheinungen der Lendenwirbelsäule [LWS] bei geringe Osteochondrose L5/S1 ohne neurologische Ausfälle der unteren Extremitäten, Adipositas; leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, hauptsächlich im Sitzen - ohne Heben und Tragen schwerer oder mittelschwerer Lasten sowie häufiges Bücken und Hocken - seien vollschichtig möglich) erfolglos (Bescheid vom 25. Juli 2003 und Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 2004). Die darauf erhobene Klage und die anschließende Berufung hatten keinen Erfolg (Gerichtsbescheid vom 15. April 2005 des Sozialgerichts Stuttgart [SG], S 8 R 5740/04, Urteil des erkennenden Senats vom 13. Dezember 2005, L 9 R 1973/05 [unter Berücksichtigung einer von der Beklagten zu den eingereichten ärztlichen Berichten vorgelegten medizinischen Stellungnahme der Dr. J. vom 13. September 2005]). Die Revision wurde durch Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19. April 2006, B 13 R 8/06 R, verworfen.

Einen bereits am 1. Dezember 2005 gestellten weiteren Antrag auf Gewährung von Rente wegen voller Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. April 2007 und Widerspruchsbescheid vom 4. Oktober 2007 ab, da die Klägerin Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch wenigstens sechs Stunden täglich verrichten könne.

Grundlage waren ein Bericht der griechischen GK (totale Arthroplastik linkes Hüftgelenk, Osteotomie wegen Valgus-Stellung am rechten Kniegelenk, Osteoarthritis am rechten Hüftgelenk und linken Kniegelenk, degenerative Spondyloarthropathie an Halswirbelsäule [HWS] und LWS, arterielle Hypertonie mit Herzbelastung; die letzte Tätigkeit sei vier Stunden, eine "angepasste" Arbeit sei fünf Stunden möglich) und dessen Auswertung durch Dr. G. vom 11. April 2007 (Adipositas Grad II, Blutzuckerkrankheit Typ IIb, Bluthochdruckkrankheit, hypertensive Herzkrankheit, Hüftgelenkersatz-OP [TEP] links wegen Coxarthrose 2001, Schienbeinkopfumstellungs-OP rechtes Knie wegen Gonarthrose rechts 2000, Coxarthrose rechts und Gonarthrose links; leichte körperliche Tätigkeiten, zeitweise im Stehen und Gehen, überwiegend im Sitzen - ohne besonderen Zeitdruck, häufiges Heben, Tragen von Lasten ohne mechanische Hilfsmittel über sechs Kilogramm sowie ohne besondere Belastung durch Kälte, Hitze, Zugluft und Nässe - seien sechs Stunden und mehr möglich).

Am 4. Mai 2007 hat die Klägerin bereits Klage beim SG erhoben. Nach Erteilung des Widerspruchsbescheids durch die Beklagte hat die Klägerin das Verfahren fortgeführt und angegeben, sie beziehe seit 1. Dezember 2000 und bis 30. November 2008 griechische Invaliditätsrente von der IKA.

Mit Gerichtsbescheid vom 20. Februar 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Seit der Entscheidung des Senats vom 13. Dezember 2005 sei eine wesentliche Verschlechterung nicht eingetreten, insbesondere ergebe sich eine solche nicht aus dem Gutachten der griechischen GK vom 11. November 2006.

Gegen den am 7. April 2008 zum Zwecke der Zustellung mit Rückschein zur Post gegebenen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 15. April 2008 Berufung eingelegt und geltend gemacht, gemäß dem Rentenbescheid der IKA bestehe eine Minderung des Leistungsvermögens in Höhe von 70 v.H. Hierzu hat sie den Bescheid vom 17. März 2006 (Invaliditätsgrad von 70 % vom 1. Dezember 2005 bis 30. November 2008, Rente 75 % der Vollbetragsrente), eine Bescheinigung des Oberarztes S. vom 31. Januar 2006 (die Röntgenuntersuchung habe eine Osteoarthritis auch des linken Knies und der rechten Hüfte ergeben, es bestehe eine Spondyloarthritis der HWS und Brustwirbelsäule [BWS] und es bedürfe einer Valgisierung des linken Knies und bei Beharren der Beschwerden einer totalen Arthroplastik auch des rechten Knies) und den Bericht der GK vom 31. Januar 2006 (schwere Arthritis des rechten Knies und der linken Hüfte, Valgusosteotomie im Jahr 2000 des rechten Knies mit leichter Besserung, Osteoarthritis auch des linken Knies und der rechten Hüfte, Spondyloarthritis der HWS und der BWS, es bedürfe einer Valgisierung des linken Knies und einer totalen Arthroplastik der rechten Hüfte; es werde empfohlen jede Arbeit zu vermeiden, Leistungsminderung mehr als 67 % für zwei Jahre) vorgelegt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 20. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. April 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Oktober 2007 zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat ein orthopädisches Sachverständigengutachten des Dr. G. vom 24. November 2008 eingeholt. Dieser hat ausgeprägte Verschleißerscheinungen an beiden Kniegelenken (mediale Gonarthrose) bei Umstellungsosteotomie des rechten Kniegelenks im Jahr 2000, einen Zustand nach Implantation einer Totalendoprothese links (wegen Coxarthrose) im Jahr 2001, leichte Verschleißerscheinungen der LWS bei geringgradiger Osteochondrose L5/S1 ohne neurologische Ausfälle der unteren Extremitäten, eine leichte Periarthritis humero scapularis rechts (Reizzustand der Weichteil-Strukturen des Schultergelenks) und eine Adipositas sowie einen Bluthochdruck, eine hypertensive Herzkrankheit, eine Hypofunktion der Schilddrüse und einen Diabetes mellitus diagnostiziert. Es bestünden belastungsabhängige Schmerzen in beiden Kniegelenken. Im Vergleich der Röntgenbilder mit denen vor vier Jahren ergebe sich nur eine geringe Verschlechterung des radiologischen Befundes. Das linke Hüftgelenk sei sowohl klinisch als auch radiologisch ordnungsgemäß. Die Schmerzen am linken Hüftgelenk seien durch Verschleißerscheinungen der LWS bedingt. Die angegebenen Schmerzen in den Ellenbogen-, Schulter- und Hüftgelenken sowie den Füßen seien durch die klinische Untersuchung nicht zu objektivieren gewesen. Die Klägerin könne aber leichte Arbeiten mit wechselnder Körperhaltung, hauptsächlich sitzend - ohne ständiges Gehen oder Stehen, ohne Tätigkeiten mit Treppensteigen, auf Leitern oder Gerüsten, mit Heben und Tragen von Lasten über fünf Kilogramm, mit gleichförmiger Körperhaltung und häufigem Bücken, im Akkord und am Fließband, in Wechselschicht und Nachtschicht sowie ohne Arbeiten im Freien, in Kälte, Hitze, Zugluft oder Nässe - mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Sie könne auch viermal täglich eine Wegstrecke von mehr als 500 Meter jeweils in ca. 15 bis unter 20 Minuten bewältigen und öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeit benützen. Seit 1. Juli 2005 habe sich der Zustand nicht wesentlich geändert. Hinsichtlich der Verschleißerscheinungen der Kniegelenke könne nach einer erfolgreichen Knieoperation beiderseits eine wesentliche Besserung erreicht werden. Der Beurteilung des Dr. G. vom 11. April 2007 stimme er zu.

Die Beklagte hat bei ihr von der Klägerin eingereichte Unterlagen (ärztlicher Bericht vom 6. Februar 2009 [chronische rheumatoide Arthritis unter entsprechender Behandlung, Diabetes mellitus unter Behandlung, beginnende Osteoarthritis der Knie, Hypertonie mit Belastung des Herzens (160/85), oral behandelter Diabetes mellitus Typ II, follikuläres Neoplasma, adenomatöser hyperplastischer Schilddrüsenknoten]) vorgelegt, ein relevanter neuer medizinischer Sachverhalt ergebe sich daraus nicht.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Diese hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.

Rechtsgrundlage für die hier begehrte Rente wegen Erwerbsminderung ist in erster Linie § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (ab 1. Januar 2008: bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie - unter anderem - teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (ab 1. Januar 2008: bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.

Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Gemessen an den vorgenannten rechtlichen Grundlagen hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, weil sie weder voll noch teilweise erwerbsgemindert ist und auch keinen besonderen Berufsschutz genießt.

Bei der Klägerin bestehen seit dem Jahr 2000 Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet, die auch für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Vordergrund stehen. Insofern ist allerdings eine wesentliche Verschlimmerung seit der Entscheidung des Senats vom 13. Dezember 2005 und eine einen Rentenanspruch begründende weitergehende Leistungsminderung nicht eingetreten.

Dies ergibt sich für den Senat schlüssig und überzeugend aus dem Sachverständigengutachten des Dr. G ... Danach liegen ausgeprägte Verschleißerscheinungen an beiden Kniegelenken im Sinne einer medialen Gonarthrose vor, die am rechten Kniegelenk bereits im Jahr 2000 zu einer Umstellungsosteotomie geführt haben, eine Coxarthrose, die bereits im Jahr 2001 die Implantation einer Totalendoprothese links erforderlich gemacht hat und leichte Verschleißerscheinungen der LWS bei geringgradiger Osteochondrose L5/S1 ohne neurologische Ausfälle an den unteren Extremitäten, eine leichte Periarthritis humero scapularis rechts sowie eine Adipositas vor. Darüber hinausgehende schwerwiegende Gesundheitsstörungen dauerhafter Art, die für die Beurteilung des Leistungsvermögens im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung von Bedeutung wären, sind dagegen auf orthopädischem Fachgebiet nicht nachgewiesen. Solche ergeben sich insbesondere nicht aus dem zuletzt noch vorgelegten Bericht vom 6. Februar 2009, der keine konkreten und nachvollziehbaren Befunde enthält, aus denen sich eine Verschlechterung gegenüber der Untersuchung durch Dr. G. ableiten ließe. Außerhalb des orthopädischen Fachgebiets leidet die Klägerin unter einer behandelten Bluthochdruckerkrankung, einer hypertensiven Herzkrankheit, einer Hypofunktion der Schilddrüse und einem oral behandelten Diabetes mellitus. Die am 21. November 2008 gemäß dem Bericht vom 6. Februar 2009 diagnostizierte chronische rheumatoide Arthritis bedingt keine wesentliche zusätzliche Funktionseinschränkung gegenüber den Feststellungen des Sachverständigen Dr. G., der die Klägerin am 14. November 2008 noch eingehend untersucht hat. Dies gilt auch für das Blutdruckleiden mit Herzbelastung (zumal der angegebene Blutdruck von 160/85 eine wesentliche Normabweichung nicht belegt) sowie das - ohne Mitteilung konkreter Befunde - im Bericht vom 6. Februar 2009 erwähnte follikuläre Neoplasma (laut Pschyrembel: Neubildung von Gewebe) und die Funktionsstörung der Schilddrüse, so dass insofern kein Anlass zu weiteren Ermittlungen besteht.

Unter Berücksichtigung der vorliegenden Gesundheitsstörungen ergibt sich eine Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens qualitativer, nicht jedoch quantitativer Art. Die Klägerin kann zumindest leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, gelegentlich auch im Gehen oder Stehen - ohne Treppensteigen, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, Heben und Tragen von Lasten über fünf Kilogramm, Tätigkeiten mit gleichförmiger Körperhaltung und häufigem Bücken, Zwangshaltungen, Akkord- und Fließbandtätigkeiten, Tätigkeiten in Wechsel- und Nachtschicht sowie im Freien und mit Einwirkungen durch Kälte, Hitze, Zugluft oder Nässe - mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Dies folgt für den Senat schlüssig und überzeugend aus dem Sachverständigengutachten des Dr. G., zu welchem sich die Klägerin gegenüber dem Senat auch nicht geäußert hat. Diese Einschätzung steht im Wesentlichen auch in Übereinstimmung mit der des Dr. G ... Eine weitergehende und insbesondere quantitative Leistungsminderung ist für den Senat aus dem vorliegenden Bericht vom 6. Februar 2009 nicht ableitbar.

Da die Klägerin unter Berücksichtigung sämtlicher bei ihr diagnostizierter Gesundheitsstörungen nach alledem noch in der Lage ist, jedenfalls körperlich leichte Tätigkeiten mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich auszuüben, ist sie nicht erwerbsgemindert, zumal auch die Zusammenschau der einzelnen Gesundheitsstörungen kein Leistungsvermögen von täglich weniger als sechs Stunden begründet. Insbesondere muss für die Verneinung von Erwerbsminderung bei mindestens sechs Stunden täglich leistungsfähigen Versicherten - anders als bei Teilzeitkräften - weder eine konkrete Tätigkeit benannt werden, noch ist die Frage zu prüfen, ob es genügend Arbeitsplätze gibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für in diesem Umfang leistungsfähige Ungelernte und Angelernte des unteren Bereichs geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Anzahl vorhanden sind (Beschlüsse des Großen Senats des BSG vom 19. Dezember 1996, u.a. SozR 3-2600 § 44 Nr. 8). Dies stimmt mit dem erklärten Willen des Gesetzgebers überein, der durch § 43 Abs. 3 SGB VI klargestellt hat, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.

Der Klägerin ist somit keine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren, und zwar unabhängig davon, ob die für sie zuständige Arbeitsagentur einen ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz anbieten könnte. Denn das Risiko, keinen offenen Arbeitsplatz zu finden, ist nicht von der Renten-, sondern grundsätzlich von der Arbeitslosenversicherung zu tragen (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 137 m.w.N.). Allerdings ist die Frage, ob es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Arbeitsplätze gibt, immer dann zu klären, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 § 1246 Nrn. 104 und 117) oder wenn Arbeitskräfte i.S.v. § 43 Abs. 3 SGB VI nur noch auf solchen Arbeitsplätzen einsetzbar sind, bei denen wegen ihrer Seltenheit die Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes besteht, also z.B. noch in Betracht kommende Tätigkeiten nicht unter betriebsüblichen Bedingungen ausgeübt werden können oder entsprechende Arbeitsplätze auf Grund gesundheitlicher Beeinträchtigungen von der Wohnung aus nicht erreichbar sind oder nur vereinzelt vorkommen (BSG SozR 2200 §§ 1246 Nrn. 136, 137 und 139 sowie 1247 Nrn. 33 und 53; SozR 3-2200 § 1247 Nrn. 10 und 14).

Ausgehend hiervon sind keine Beschränkungen des zumutbaren Arbeitsweges erkennbar. Die Klägerin kann gemäß dem Gutachten von Dr. G. viermal täglich 500 Meter auf dem Weg zur Arbeit in einem zeitlichen Rahmen von weniger als 20 Minuten bewältigen und hierbei öffentliche Verkehrsmittel während der Hauptverkehrszeiten benutzen. Damit ist sie auch in der Lage, einen Arbeitsplatz zu erreichen.

Ferner benötigt die Klägerin keine betriebsunüblichen Pausen. Ebenso gibt es für das Bestehen der übrigen sog. Katalogfälle keine Anhaltspunkte. Darüber hinaus liegt auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Denn bei den genannten Einschränkungen handelt es sich im Wesentlichen um solche, denen durch die Begrenzung auf leichte körperliche Arbeit hinreichend Rechnung getragen wird. So sind die der Klägerin noch zumutbaren leichten körperlichen Arbeiten von vornherein nicht mit dem Heben und Tragen schwerer Lasten, anhaltendem Gehen und Stehen, Verharren in einer Körperhaltung, Hocken und häufigem Bücken verbunden. Der Ausschluss von Arbeiten mit Absturzgefahr sowie mit Gefährdung durch Kälte, Hitze und Nässe führt zu keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, da die der Klägerin noch zumutbaren Arbeiten (z. B. Verpacken von Kleinteilen, Sortier-, Montier-, Etikettier- und Klebearbeiten) überwiegend sitzend in geschlossenen wohltemperierten Räumen zu ebener Erde durchgeführt werden und nicht mit Hocken und häufigem Bücken sowie mit Absturzgefahr verbunden sind. Schließlich liegt auch keine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor.

Die Tatsache, dass der Klägerin vom 1. Dezember 2008 bis 30. November 2010 weiterhin eine Rente wegen einer Invalidität von 67 % vom griechischen Versicherungsträger am 23. Januar 2009 zuerkannt worden ist, führt zu keiner anderen Einschätzung des Leistungsvermögens. Die Feststellungen des griechischen Versicherungsträgers sind für die Beurteilung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Klägerin durch den deutschen Rentenversicherungsträger und die deutschen Gerichte nicht bindend. Die Feststellung von Invalidität durch einen Rentenversicherungsträger eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union ist nur insoweit für den Träger eines anderen Mitgliedsstaates verbindlich, als die Übereinstimmung von Tatbestandsmerkmalen der Invalidität im Verhältnis zwischen den betroffenen Mitgliedsstaaten im Sinne von Art. 40 EWG-Verordnung Nr.1408/71 vom 14. Juni 1971 (ABL. EG 1971 Nr. L149/2 ff) anerkannt worden ist. Eine solche Übereinstimmungserklärung liegt im Verhältnis zwischen der griechischen Invaliditätsregelung und den Bestimmungen des deutschen Rechts über Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsminderung bislang nicht vor (vgl. u. a. Bundessozialgericht [BSG], Beschuss vom 9. Juli 2001, B 13 RJ 61/01 B und BSG in SozR. 3 - 6050 Art. 40 Nr. 3).

Im Übrigen hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit, weil sie auf Grund ihres bisherigen Berufes auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar ist.

Da die Klägerin somit keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat, weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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