Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 1502/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3707/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte dem Kläger Einsicht in eine interne Dienstanweisung (Hauslinie) zu gewähren hat.
Der 1950 geborene Kläger und seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende, 1960 geborene Ehefrau beziehen vom Beklagten seit 2005 Arbeitslosengeld II (Alg II). Die Ehefrau des Klägers übt seit Oktober 2007 eine Tätigkeit als Putzfrau aus, wobei sie bis Februar 2008 geringfügig unter 400,00 EUR beschäftigt war und seit März 2008 sozialversicherungspflichtig mit einem Verdienst von über 400,00 EUR tätig ist.
Am 13.06.2008 beantragte der Kläger bei seiner zuständigen Sachbearbeiterin die Übersendung des Gesetzes bzw. der Vorschrift, aus welcher sich ergebe, dass auch Berufstätige ohne jeden Grund unter Androhung von Sanktionen zu Besuchen ins Jobcenter eingeladen werden könnten.
Nachdem der Beklagte dem Kläger den Gesetzestext der Vorschrift des § 59 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - und § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III - übersandt hatte, antwortete der Kläger mit E-Mail vom 27.06.2008, dass sich § 309 SGB III auf Arbeitslose beziehe, seine Frau jedoch berufstätig sei. Er hoffe doch sehr, dass der Beklagte diese ominöse Vorschrift, nach der man ohne Grund erscheinen müsse, noch vorlegen werde.
Am 20.11.2008 mahnte er per E-Mail nochmals unter Hinweis auf die §§ 13 und 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I - die schriftliche Fassung dieser Vorschrift an.
Am 27.11.2008 erschien der Kläger auf die sanktionsbewehrte Einladung des Beklagten hin zum persönlichen Termin in dessen Dienststelle. Dort wurde er nochmals über die sich aus den §§ 59 SGB II und 309 SGB III resultierende Meldepflicht informiert. Da der Kläger in dem Termin äußerte, aus diesen Vorschriften nicht erkennen zu können, wieso er zweimal im Jahr bei dem Beklagten erscheinen solle, beantragte er die Durchsicht der insoweit bestehenden Hauslinie.
Mit E-Mails vom 14.04.2009 und 09.05.2009 mahnte der Kläger erneut die schriftliche Vorlage der Hauslinie an und kündigte bei Nichtbefolgen die Erhebung einer Untätigkeitsklage an.
Am 09.05.2009 hat er Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Beklagte ihm und dem SG unverzüglich Einsicht in die angebliche Vorschrift gewähren müsse. Weiterhin hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Hauslinie rechtswidrig sei, wenn sie routinemäßige Einladungen vorsehe, dass sie dann zurückgenommen werden müsse und alle darauf basierenden Einladungen ungültig seien.
Darüber hinaus hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass von Seiten des Beklagten eine zwölfmonatige Untätigkeit betreffend seines Auskunftsbegehrens vorliege. Das Gericht solle die dafür vorgesehenen Sanktionen gegen die verantwortlichen Personen verhängen.
Der Beklagte hat daraufhin erwidert, dass der Kläger Einladungen nach § 59 SGB II und § 309 SGB III Folge zu leisten habe. Dies sei dem Kläger in dem Verfahren vor dem SG mit dem Aktenzeichen S 16 AS 2775/08 deutlich gemacht worden. Es sei nicht Sache des Klägers zu entscheiden, ob ein Termin sinnvoll sei oder nicht. Das Erfordernis, zwei Einladungen im Jahr auszusprechen, ergebe sich bereits aus der Regelung des § 15 SGB II. Nach dieser Vorschrift habe sie mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Eingliederungsvereinbarung zu schließen. Da die Eingliederungsvereinbarung für eine Dauer von sechs Monaten zu schließen sei, ergebe sich in der Konsequenz die Notwendigkeit von zwei Terminen pro Jahr.
Hierauf hat der Kläger geantwortet, dass der Beklagte seiner Auskunftspflicht noch immer nicht nachgekommen sei und die Eingliederungsvereinbarung auch schriftlich - wie bei ihm schon geschehen - geschlossen werden könne. Demnach ergebe sich auch aus § 15 SGB II keine Pflicht, zweimal im Jahr bei dem Beklagten zu erscheinen.
Mit Aufklärungsschreiben vom 16.06.2009 hat das SG den Kläger darauf hingewiesen, dass sich aus den genannten Vorschriften eine Pflicht des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ergebe, zu Meldeterminen zu erscheinen. Zulässige Meldezwecke seien nach § 309 Nr. 4 und 5 SGB III die Vorbereitung der Entscheidung im Leistungsverfahren und die Prüfung, ob die Leistungsvoraussetzungen weiterhin gegeben seien, wobei es im jeweiligen Ermessen des Beklagten liege, in welchen zeitlichen Abständen eine Meldeaufforderung ausgesprochen werde. Der Kläger solle daher überprüfen, ob er seine Klage nicht zurücknehme.
Dies hat der Kläger mit Telefax vom 19.06.2009 abgelehnt, da noch immer eine Untätigkeit des Beklagten vorliege.
Im Erörterungstermin vom 05.08.2009 hat das SG dem Kläger mitgeteilt, dass es die Klage bereits für unzulässig halte, und darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.08.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei als auf Auskunft gerichtete echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz - SGG - bereits unzulässig, da für sie kein Rechtsschutzinteresse bestehe. Dem Kläger seien die maßgeblichen Vorschriften zu Meldeterminen bekannt. Der Beklagtenvertreter habe im Erörterungstermin be- stätigt, dass es eine Hauslinie, die zwei zwingende Meldetermine pro Leistungsempfänger pro Jahr vorsehe, nicht gebe.
Gegen den am 12.08.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14.08.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei überzeugt, dass es eine solche Hauslinie dennoch gebe. Auch habe er ein Rechtsschutzinteresse für seine Klage, da seine gesetzlich festgelegten Rechte auf Aufklärung, Beratung und Auskunft in unzulässiger Weise eingeschränkt worden seien und sein Recht auf Beantwortung eines korrekt gestellten Antrages über die zulässige Zeit verweigert worden sei. Die Begründung des SG (vor allem S. 7) könne er nicht nachvollziehen. Zwar seien ihm die Vorschriften des § 59 SGB II und des § 309 SGB III geläufig, doch sei seine zuständige Sachbearbeiterin (persönliche Ansprechpartnerin - PAP -) der Auffassung, sie könne ihn willkürlich ohne Gründe nach § 309 SGB III zweimal im Jahr vorladen. Dies sei untragbar und müsse vom Gericht unterbunden werden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. August 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm die schriftliche Dienstanweisung vorzulegen, nach der der persönliche Ansprechpartner den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zweimal jährlich ohne Grund zum Termin zu laden hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend und verweist auf ihr Vorbringen in erster Instanz.
Die Verfahrensakten beider Instanzen sowie Band III bis VI der Verwaltungsakte des Beklagten haben dem Senat vorgelegen. Auf diese Akten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 07.10.2009 wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere liegen keine Ausschließungsgründe nach § 144 SGG vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Die Klage auf Einsicht in die Dienstanweisung des Beklagten ist mangels Rechtsschutzinteresses des Klägers bereits unzulässig.
Zwar hat der Kläger im vorliegenden Fall in beiden Instanzen schriftsätzlich einen Feststellungsantrag gestellt, an die Fassung dieses Antrags ist das Gericht jedoch nicht gebunden, sondern es entscheidet über den erhobenen - prozessualen - Anspruch, d.h. über das vom Kläger tatsächlich Gewollte (§ 123 SGG). In der mündlichen Verhandlung hat er seinen Antrag umgestellt und nunmehr eine Leistung, nämlich Einsicht in die schriftliche Dienstanweisung begehrt. Statthafte Klageart ist demnach, wie vom SG zutreffend ausgeführt, die allgemeine Leistungsklage im Sinne einer Auskunftsklage nach § 54 Abs. 5 (Kasseler Kommentar - Seewald, § 14 SGB I Rdnr. 21, Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 54 Rn. 41; BSG, Urteil vom 20.12.2001 - B 4 RA 50/01 R -, in juris.de). Nach § 54 Abs.5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat.
Hier fehlt dem Kläger das notwendige Rechtsschutzinteresse, denn er muss nicht nur allgemein ein Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes besitzen, sondern auch für die Erhebung der speziellen Klage (Krasney-Udsching a.a.O. S. 131 Rn. 3). Zwar sieht das SGG keine ausdrücklichen Subsidiaritätsregeln vor, doch ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen, dass eine Klageart dann nachrangig und daher unzulässig ist, wenn der Kläger mit dieser nur einen Teil seines Klageziels verwirklichen kann (so BSGE 8, 3 für das Verhältnis zwischen Verpflichtungsklage und Leistungsklage).
Hier begehrt der Kläger zwar zunächst Einsicht in die Dienstanweisung des Beklagten. Ziel seiner Klage ist, wie sich aus seiner Klageschrift vom 12.05.2009 ergibt, darüber hinaus die Feststellung, dass eine solche Dienstanweisung der Beklagten rechtswidrig und daher ungültig ist und dass die hierauf ergangenen früheren und zukünftigen Einladungen ungültig sind.
Für diese Überprüfung steht dem Kläger aber eine effektivere und weit umfassendere Rechtsverfolgung in Gestalt der Anfechtungsklage zur Verfügung. Im Rahmen der Anfechtungsklage gegen einen eventuellen Sanktionsbescheid nach § 31 SGB II wegen Nichterscheinens zu einem Meldetermin ist inzident auch die Meldeaufforderung, insbesondere im Hinblick auf ihre inhaltliche Bestimmtheit betreffend den angegebenen Meldezweck, zu überprüfen (LSG Hamburg, Beschluss vom 13.02.2007 - L 5 B 43/07 ER AS und LSG NRW, Beschluss vom 13.07.2007 - L 20 B 114/07 AS -, beide in juris.de). Da dem Kläger gegen Sanktionsbescheide auch über § 86 b SGG vorläufiger Rechtsschutz zur Verfügung steht, ist dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG - Rechnung getragen. Seine allgemeine Leistungsklage ist daher mangels individuellen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Im Übrigen wäre diese Leistungsklage aber auch unbegründet, denn eine Dienstanweisung des vom Kläger behaupteten Inhalts gibt es nicht, was der Beklagtenvertreter dem Senat in der mündlichen Verhandlung vom 07.10.2009 versichert und zu Protokoll gegeben.
Hiervon abgesehen hätte der Kläger aber auch keinen Anspruch auf Einsicht in zum internen Gebrauch bestimmte Dienstanweisungen des Beklagten. Die von ihm zitierten Vorschriften der §§ 13 bis 15 SGB I normieren Aufklärungs-, Auskunfts- und Beratungspflichten. Dabei verpflichtet § 13 SGB I Leistungsträger im Rahmen ihrer Zuständigkeit, die Bevölkerung über Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch aufzuklären. Nach § 14 Satz 1 SGB I hat jedermann einen Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Nach § 15 Abs. 1 SGB I sind die nach Landesrecht zuständigen Stellen sowie die Kranken- und Pflegekassen verpflichtet, über alle sozialrechtlichen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen. Die Pflicht der jeweiligen Behörde, Auskunft und Beratung zu leisten, beschränkt sich damit bereits nach dem Wortlaut der genannten Vorschriften auf Rechte und Pflichten nach dem allgemeinen und den besonderen Teilen des Sozialgesetzbuchs. Demnach hat der Beklagte hier den Kläger zutreffend über den Wortlaut und die Rechte des § 59 SGB II und des § 309 SGB III unterrichtet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger Auskunft über interne Dienstanweisungen zu erteilen, die anders als Gesetze und Rechtsverordnungen keine Außenwirkung besitzen und vielmehr lediglich der internen Organisation der Behörde dienen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte dem Kläger Einsicht in eine interne Dienstanweisung (Hauslinie) zu gewähren hat.
Der 1950 geborene Kläger und seine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende, 1960 geborene Ehefrau beziehen vom Beklagten seit 2005 Arbeitslosengeld II (Alg II). Die Ehefrau des Klägers übt seit Oktober 2007 eine Tätigkeit als Putzfrau aus, wobei sie bis Februar 2008 geringfügig unter 400,00 EUR beschäftigt war und seit März 2008 sozialversicherungspflichtig mit einem Verdienst von über 400,00 EUR tätig ist.
Am 13.06.2008 beantragte der Kläger bei seiner zuständigen Sachbearbeiterin die Übersendung des Gesetzes bzw. der Vorschrift, aus welcher sich ergebe, dass auch Berufstätige ohne jeden Grund unter Androhung von Sanktionen zu Besuchen ins Jobcenter eingeladen werden könnten.
Nachdem der Beklagte dem Kläger den Gesetzestext der Vorschrift des § 59 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - und § 309 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III - übersandt hatte, antwortete der Kläger mit E-Mail vom 27.06.2008, dass sich § 309 SGB III auf Arbeitslose beziehe, seine Frau jedoch berufstätig sei. Er hoffe doch sehr, dass der Beklagte diese ominöse Vorschrift, nach der man ohne Grund erscheinen müsse, noch vorlegen werde.
Am 20.11.2008 mahnte er per E-Mail nochmals unter Hinweis auf die §§ 13 und 14 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I - die schriftliche Fassung dieser Vorschrift an.
Am 27.11.2008 erschien der Kläger auf die sanktionsbewehrte Einladung des Beklagten hin zum persönlichen Termin in dessen Dienststelle. Dort wurde er nochmals über die sich aus den §§ 59 SGB II und 309 SGB III resultierende Meldepflicht informiert. Da der Kläger in dem Termin äußerte, aus diesen Vorschriften nicht erkennen zu können, wieso er zweimal im Jahr bei dem Beklagten erscheinen solle, beantragte er die Durchsicht der insoweit bestehenden Hauslinie.
Mit E-Mails vom 14.04.2009 und 09.05.2009 mahnte der Kläger erneut die schriftliche Vorlage der Hauslinie an und kündigte bei Nichtbefolgen die Erhebung einer Untätigkeitsklage an.
Am 09.05.2009 hat er Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass die Beklagte ihm und dem SG unverzüglich Einsicht in die angebliche Vorschrift gewähren müsse. Weiterhin hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Hauslinie rechtswidrig sei, wenn sie routinemäßige Einladungen vorsehe, dass sie dann zurückgenommen werden müsse und alle darauf basierenden Einladungen ungültig seien.
Darüber hinaus hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass von Seiten des Beklagten eine zwölfmonatige Untätigkeit betreffend seines Auskunftsbegehrens vorliege. Das Gericht solle die dafür vorgesehenen Sanktionen gegen die verantwortlichen Personen verhängen.
Der Beklagte hat daraufhin erwidert, dass der Kläger Einladungen nach § 59 SGB II und § 309 SGB III Folge zu leisten habe. Dies sei dem Kläger in dem Verfahren vor dem SG mit dem Aktenzeichen S 16 AS 2775/08 deutlich gemacht worden. Es sei nicht Sache des Klägers zu entscheiden, ob ein Termin sinnvoll sei oder nicht. Das Erfordernis, zwei Einladungen im Jahr auszusprechen, ergebe sich bereits aus der Regelung des § 15 SGB II. Nach dieser Vorschrift habe sie mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Eingliederungsvereinbarung zu schließen. Da die Eingliederungsvereinbarung für eine Dauer von sechs Monaten zu schließen sei, ergebe sich in der Konsequenz die Notwendigkeit von zwei Terminen pro Jahr.
Hierauf hat der Kläger geantwortet, dass der Beklagte seiner Auskunftspflicht noch immer nicht nachgekommen sei und die Eingliederungsvereinbarung auch schriftlich - wie bei ihm schon geschehen - geschlossen werden könne. Demnach ergebe sich auch aus § 15 SGB II keine Pflicht, zweimal im Jahr bei dem Beklagten zu erscheinen.
Mit Aufklärungsschreiben vom 16.06.2009 hat das SG den Kläger darauf hingewiesen, dass sich aus den genannten Vorschriften eine Pflicht des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ergebe, zu Meldeterminen zu erscheinen. Zulässige Meldezwecke seien nach § 309 Nr. 4 und 5 SGB III die Vorbereitung der Entscheidung im Leistungsverfahren und die Prüfung, ob die Leistungsvoraussetzungen weiterhin gegeben seien, wobei es im jeweiligen Ermessen des Beklagten liege, in welchen zeitlichen Abständen eine Meldeaufforderung ausgesprochen werde. Der Kläger solle daher überprüfen, ob er seine Klage nicht zurücknehme.
Dies hat der Kläger mit Telefax vom 19.06.2009 abgelehnt, da noch immer eine Untätigkeit des Beklagten vorliege.
Im Erörterungstermin vom 05.08.2009 hat das SG dem Kläger mitgeteilt, dass es die Klage bereits für unzulässig halte, und darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.
Mit Gerichtsbescheid vom 10.08.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei als auf Auskunft gerichtete echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz - SGG - bereits unzulässig, da für sie kein Rechtsschutzinteresse bestehe. Dem Kläger seien die maßgeblichen Vorschriften zu Meldeterminen bekannt. Der Beklagtenvertreter habe im Erörterungstermin be- stätigt, dass es eine Hauslinie, die zwei zwingende Meldetermine pro Leistungsempfänger pro Jahr vorsehe, nicht gebe.
Gegen den am 12.08.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 14.08.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er sei überzeugt, dass es eine solche Hauslinie dennoch gebe. Auch habe er ein Rechtsschutzinteresse für seine Klage, da seine gesetzlich festgelegten Rechte auf Aufklärung, Beratung und Auskunft in unzulässiger Weise eingeschränkt worden seien und sein Recht auf Beantwortung eines korrekt gestellten Antrages über die zulässige Zeit verweigert worden sei. Die Begründung des SG (vor allem S. 7) könne er nicht nachvollziehen. Zwar seien ihm die Vorschriften des § 59 SGB II und des § 309 SGB III geläufig, doch sei seine zuständige Sachbearbeiterin (persönliche Ansprechpartnerin - PAP -) der Auffassung, sie könne ihn willkürlich ohne Gründe nach § 309 SGB III zweimal im Jahr vorladen. Dies sei untragbar und müsse vom Gericht unterbunden werden.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. August 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm die schriftliche Dienstanweisung vorzulegen, nach der der persönliche Ansprechpartner den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zweimal jährlich ohne Grund zum Termin zu laden hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend und verweist auf ihr Vorbringen in erster Instanz.
Die Verfahrensakten beider Instanzen sowie Band III bis VI der Verwaltungsakte des Beklagten haben dem Senat vorgelegen. Auf diese Akten sowie auf das Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 07.10.2009 wird hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere liegen keine Ausschließungsgründe nach § 144 SGG vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Die Klage auf Einsicht in die Dienstanweisung des Beklagten ist mangels Rechtsschutzinteresses des Klägers bereits unzulässig.
Zwar hat der Kläger im vorliegenden Fall in beiden Instanzen schriftsätzlich einen Feststellungsantrag gestellt, an die Fassung dieses Antrags ist das Gericht jedoch nicht gebunden, sondern es entscheidet über den erhobenen - prozessualen - Anspruch, d.h. über das vom Kläger tatsächlich Gewollte (§ 123 SGG). In der mündlichen Verhandlung hat er seinen Antrag umgestellt und nunmehr eine Leistung, nämlich Einsicht in die schriftliche Dienstanweisung begehrt. Statthafte Klageart ist demnach, wie vom SG zutreffend ausgeführt, die allgemeine Leistungsklage im Sinne einer Auskunftsklage nach § 54 Abs. 5 (Kasseler Kommentar - Seewald, § 14 SGB I Rdnr. 21, Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 54 Rn. 41; BSG, Urteil vom 20.12.2001 - B 4 RA 50/01 R -, in juris.de). Nach § 54 Abs.5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat.
Hier fehlt dem Kläger das notwendige Rechtsschutzinteresse, denn er muss nicht nur allgemein ein Rechtsschutzbedürfnis für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes besitzen, sondern auch für die Erhebung der speziellen Klage (Krasney-Udsching a.a.O. S. 131 Rn. 3). Zwar sieht das SGG keine ausdrücklichen Subsidiaritätsregeln vor, doch ergibt sich aus den allgemeinen Grundsätzen, dass eine Klageart dann nachrangig und daher unzulässig ist, wenn der Kläger mit dieser nur einen Teil seines Klageziels verwirklichen kann (so BSGE 8, 3 für das Verhältnis zwischen Verpflichtungsklage und Leistungsklage).
Hier begehrt der Kläger zwar zunächst Einsicht in die Dienstanweisung des Beklagten. Ziel seiner Klage ist, wie sich aus seiner Klageschrift vom 12.05.2009 ergibt, darüber hinaus die Feststellung, dass eine solche Dienstanweisung der Beklagten rechtswidrig und daher ungültig ist und dass die hierauf ergangenen früheren und zukünftigen Einladungen ungültig sind.
Für diese Überprüfung steht dem Kläger aber eine effektivere und weit umfassendere Rechtsverfolgung in Gestalt der Anfechtungsklage zur Verfügung. Im Rahmen der Anfechtungsklage gegen einen eventuellen Sanktionsbescheid nach § 31 SGB II wegen Nichterscheinens zu einem Meldetermin ist inzident auch die Meldeaufforderung, insbesondere im Hinblick auf ihre inhaltliche Bestimmtheit betreffend den angegebenen Meldezweck, zu überprüfen (LSG Hamburg, Beschluss vom 13.02.2007 - L 5 B 43/07 ER AS und LSG NRW, Beschluss vom 13.07.2007 - L 20 B 114/07 AS -, beide in juris.de). Da dem Kläger gegen Sanktionsbescheide auch über § 86 b SGG vorläufiger Rechtsschutz zur Verfügung steht, ist dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG - Rechnung getragen. Seine allgemeine Leistungsklage ist daher mangels individuellen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Im Übrigen wäre diese Leistungsklage aber auch unbegründet, denn eine Dienstanweisung des vom Kläger behaupteten Inhalts gibt es nicht, was der Beklagtenvertreter dem Senat in der mündlichen Verhandlung vom 07.10.2009 versichert und zu Protokoll gegeben.
Hiervon abgesehen hätte der Kläger aber auch keinen Anspruch auf Einsicht in zum internen Gebrauch bestimmte Dienstanweisungen des Beklagten. Die von ihm zitierten Vorschriften der §§ 13 bis 15 SGB I normieren Aufklärungs-, Auskunfts- und Beratungspflichten. Dabei verpflichtet § 13 SGB I Leistungsträger im Rahmen ihrer Zuständigkeit, die Bevölkerung über Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch aufzuklären. Nach § 14 Satz 1 SGB I hat jedermann einen Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Nach § 15 Abs. 1 SGB I sind die nach Landesrecht zuständigen Stellen sowie die Kranken- und Pflegekassen verpflichtet, über alle sozialrechtlichen Angelegenheiten nach diesem Gesetzbuch Auskünfte zu erteilen. Die Pflicht der jeweiligen Behörde, Auskunft und Beratung zu leisten, beschränkt sich damit bereits nach dem Wortlaut der genannten Vorschriften auf Rechte und Pflichten nach dem allgemeinen und den besonderen Teilen des Sozialgesetzbuchs. Demnach hat der Beklagte hier den Kläger zutreffend über den Wortlaut und die Rechte des § 59 SGB II und des § 309 SGB III unterrichtet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger Auskunft über interne Dienstanweisungen zu erteilen, die anders als Gesetze und Rechtsverordnungen keine Außenwirkung besitzen und vielmehr lediglich der internen Organisation der Behörde dienen.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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