L 4 R 3890/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 R 3464/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 3890/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger erhebt Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 1968 geborene Kläger türkischer Herkunft lebt seit der Kinderzeit im Inland. Nach Besuch einer Sonderschule durchlief er von September 1984 bis 24. Juli 1985 erfolgreich die Gewerbliche Berufsschule. Sodann besuchte er nach eigenen Angaben von September 1985 bis August 1986 eine nicht als rentenrechtliche Zeit zählende Maßnahme über das Arbeitsamt für arbeitslose Jugendliche. Nach verschiedenen ungelernten Tätigkeiten begann er zum 08. Oktober 1990 - unterbrochen durch den Wehrdienst in der Türkei im Juni/Juli 1994 - als Arbeiter am Band in Schichtarbeit bei A. in N ... Wesentliche Fehlzeiten traten zunächst nicht auf. Vom 20. bis 24. Juni 2002 ließ sich der Kläger wegen Verdachts auf Meningitis im Klinikum A. P. in B. F. behandeln (vorläufiger Arztbrief vom letzten Datum). Internist Dr. J. stellte aufgrund Untersuchung vom 27. Juni 2002 die Diagnosen Aorteninsuffizienz, kein Anhalt für entzündliche Herzerkrankung. Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ju. vermutete nach Untersuchung vom 22. Juli 2002 bei berichteter Kraftlosigkeit und Schwäche sowie Kopfschmerzen, die häufig aufträten, eine Panikstörung. Bei der stationären Behandlung vom 12. bis 19. November 2002 im Klinikum am W. We. konnte eine neurologische Erkrankung ausgeschlossen werden (Bericht des Neurologen Dr. E. vom 17. Dezember 2002).

Ab 24. März 2003 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Vom 25. bis 28. März 2003 befand er sich in stationärer Behandlung der Neurologischen Universitätsklinik M., wo eine Hypersomnie bei Schichtarbeit sowie die nicht sicher zu bestätigende Differenzialdiagnose Narkolepsie gestellt wurde (Arztbrief Oberarzt Dr. W. vom 04. April 2003). Ab 05. Mai 2003 wurde Krankengeld bezogen. Auf Veranlassung der Betriebskrankenkasse A. erstellte Dr. He. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) das Gutachten vom 30. September 2003, in welchem die Diagnosen des Universitätsklinikums M. übernommen wurden. Ähnlich hatte Ärztin für Psychiatrie/Psychotherapie Dr. R. d. L. formuliert (Arztbrief vom 17. April 2003 an den behandelnden Allgemeinarzt Dr. I.). Die Beklagte bot mit Schreiben vom 28. April 2004 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Sinne der Vermittlung eines geeigneten Arbeitsplatzes/Umsetzung an, das der Kläger mit Schreiben vom 21. Mai 2004 dahingehend beantwortete, bei A. gebe es keine Möglichkeit, ihn anderweitig einzusetzen. Seit Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld am 19. September 2004 bezieht der Kläger Leistungen wegen Arbeitslosigkeit.

Am 15. April 2004 beantragte der Kläger Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte lehnte in Kenntnis der genannten ärztlichen Äußerungen durch Bescheid vom 26. April 2004 den Rentenantrag ab. Grundlage war eine prüfärztliche Stellungnahme (Dr. Er., 23. April 2004) ohne gutachterliche Untersuchung. Aufgrund Tagesmüdigkeit und erhöhtem Schlafbedürfnis bei Schichtarbeit, nicht bestätigter Narkolepsie, wiederkehrendem akutem Lendenwirbelsäulensyndrom sowie geringgradigem Aortenklappenfehler sei Arbeit noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes möglich.

Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, es lägen eindeutig Symptome einer Narkolepsie vor. Er leide vorrangig unter übermäßiger Tagesschläfrigkeit. Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Sc. erstellte das Gutachten vom 21. August 2004. Er nannte Ermüdungszustände als dissoziative Störung. Wesentliche Einschränkungen auf neurologischem oder psychiatrischem Gebiet lägen nicht vor. Die diagnostischen Kriterien für eine Narkolepsie seien nicht erfüllt. Eine dieser Diagnose adäquate Medikation sei nicht versucht worden. Auch mache der Kläger weiterhin von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch. Der Kläger könne die Tätigkeit als Arbeiter in einer Autofabrik sowie leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sechs Stunden und mehr verrichten. Zu vermeiden seien Arbeiten unter starkem Zeitdruck, mit Akkord- oder Nachtschicht sowie mit Verantwortung für gefährliche Maschinen oder andere Personen. Auf dieser Grundlage - mit zusätzlicher Nennung des akuten Lendenwirbelsäulensyndroms - erließ der Widerspruchsausschuss der Beklagten den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2004.

Hiergegen erhob der Kläger am 18. November 2004 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG). Er machte wiederum geltend, wegen der durch Narkolepsie bedingten übermäßigen Tagesschläfrigkeit mit plötzlich einsetzendem Schlafdrang sei er nicht mehr in der Lage, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Seine behandelnden Ärzte hätten immer wieder geäußert, er leide an Narkolepsie. Es würden umfassende körperliche Untersuchungen in einem schlafmedizinischen Zentrum angeregt.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und legte auf das im Folgenden zitierte Gerichtsgutachten die Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin Dr. Her. vom 05. Januar 2006 vor.

Oberarzt Dr. W. von der Thoraxklinik am Universitätsklinikum H. (Innere Medizin/Pneumologie) erstattete aufgrund stationären Aufenthalts vom 17. bis 19. Mai 2005 das Gutachten vom 27. Oktober 2005. Die Kriterien hinsichtlich einer Narkolepsie oder Kataplexie seien nicht in einem Ausmaß vorhanden, dass die Diagnose als wahrscheinlich erachtet werden könne. Es verblieben als Diagnose Ermüdungszustände als dissoziative Störung, differenzialdiagnostisch idiopathische Hypersomnie. Der Kläger sollte in der Lage sein, ohne Gefährdung seiner Gesundheit in seinem zuletzt ausgeübten Beruf regelmäßig acht Stunden täglich tätig zu sein. Da inzwischen eine Chronifizierung eingetreten sei, könne eine psychosomatische Heilmaßnahme sehr hilfreich sein. Weitere Einschränkungen seien nicht zu fordern.

Durch Gerichtsbescheid vom 28. Juni 2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung legte es dar, die Gutachten Dr. Sc. vom 21. August 2004 und Dr. W. vom 27. Oktober 2005 stimmten darin überein, dass der Kläger nicht an einer Narkolepsie leide, sondern dass Ermüdungszustände als dissoziative Störung vorlägen. Diese Störung sei nicht so schwerwiegend, dass daraus verminderte Erwerbsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht resultieren würde. Therapie wäre ausreichend und erforderlich.

Gegen den am 05. Juli 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 03. August 2006 beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er zunächst vorgetragen, das Gutachten des Dr. W. erfülle nicht die in den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie geforderte gezielte Anamnese der Kernsymptome Tagesschläfrigkeit und Kataplexie. Er könne eine Arbeitstätigkeit nicht mehr ausüben und eine Therapie sei nicht möglich. Bereits bei geringer Anstrengung im Alltag erleide er Schlafattacken und Ohnmachtsanfälle. Dies werde ein Facharzt für Neurologie bestätigen können. Er hat das Gutachten nach Aktenlage der Agentur für Arbeit H. vom 23. Oktober 2007 (Herr Vogt) vorgelegt, wonach leichte bis mittelschwere Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen täglich von drei bis unter sechs Stunden geleistet werden könnten. Auf Anfrage hat er zuletzt mitgeteilt, außer der Behandlung bei Ärztin Dr. R. d. L. sei eine weitere stationäre (insbesondere psychiatrische) Behandlung nicht durchgeführt worden.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 28. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 26. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Oktober 2004 zu verurteilen, ihm ab 01. April 2004 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu zahlen, hilfsweise ein ergänzendes Gutachten unter Beachtung der Leitlinien für die Gutachtenerstellung der Deutschen Gesellschaft für Neurologie zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass der Berufungsführer unter Narkolepsie leidet, insbesondere jedoch unter Beachtung, dass das Gutachten durch einen Facharzt für Neurologie, nicht für Pneumologie eingeholt werden muss.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide weiterhin für zutreffend.

Der Senat hat die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. Ärztin Dr. R. d. L. hat in der Zeugenaussage vom 11. Mai 2009 berichtet, der Kläger habe sich am 25. Juli 2007 letztmals vorgestellt und einen weiteren Termin vom 19. März 2008 nicht wahrgenommen. Er habe über Schlafanfälle, später über Depressionen und Panikattacken sowie zuletzt über schlechte Konzentrationsfähigkeit geklagt. Er lasse sich vom Hausarzt (Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. I.) ein Antidepressivum verschreiben. Der psychopathologische Befund sei weitgehend unauffällig gewesen. Im Laufe der Behandlung hätten sich aus ärztlicher Sicht keine wesentlichen Änderungen ergeben, die Stimmungslage sei zunehmend unterschwellig gereizt gewesen. Eine stationäre Psychotherapie habe er weiterhin abgelehnt. Dr. I. hat unter dem 25. Mai 2009 über die langjährige Behandlung, zuletzt am 14. Mai 2009 berichtet. Es bestünden ein depressives Syndrom sowie schwere Tagesmüdigkeit, wiederkehrende Kopfschmerzen, Nasenbeschwerden, Aorteninsuffizienz und akut rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom. Weiter seien sozialer Rückzug und Antriebsmangel zu beobachten. Die Narkolepsie sei eine weiterhin bestehende Verdachtsdiagnose. Es sei neben medikamentöser Therapie Gesprächstherapie in der Muttersprache erfolgt. Der Gesundheitszustand habe sich im Laufe der Jahre nicht gebessert. Der Arzt hat aus neuerer Zeit zusätzlich zu den bekannten noch weitere Berichte vorgelegt: Diagnostik bei Internisten Dr. J. am 29. September 2005 (Aorteninsuffizienz I, Mitralinsuffizienz I bei weiterhin nur geringgradigem Befund); Arztbrief des Klinikums am W. We. vom 29. März 2006 über die stationäre Behandlung von 01. bis 24. März 2006 (sonstige näher bezeichnete Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Rentenneurose); Arztbrief Dr. R. de Loza über die letzte Behandlung vom 25. Juli 2007; Bericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. Kr. u.a. vom 09. Mai 2008 (Gynäkomastie); Arztbrief derselben Praxis vom 15. Mai 2008 zum Ausschluss eines hypophysen Tumors; Bericht des Urologen Dr. La. vom 17. Mai 2008 (ebenfalls Ausschluss von Tumoren).

Zur weiteren Darstellung wird auf den Inhalt der Berufungsakten, der Klageakten und der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 28. Juni 2006 ist nicht zu beanstanden. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 26. April 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Oktober 2004 erweist sich nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens weiterhin als rechtmäßig. Der Kläger hat Anspruch auf Rente weder wegen voller noch wegen teilweiser Erwerbsminderung.

Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Wartezeit und sonstige versicherungsrechtliche Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger ist jedoch aus den im Folgenden darzulegenden Gründen im Sinne der genannten Vorschriften weder voll noch teilweise erwerbsgemindert.

Der Kläger leidet unter einer Schlafstörung von Krankheitswert. Hierbei ist zunächst eine schlafbezogene Atemregulationsstörung auszuschließen. Das Schlafprofil ist insoweit als normal zu werten. Eine Störung der Vigilanz - im Sinne von Ermüdungserscheinungen - ist hingegen zu bejahen. Dies führt zur Diagnose "Ermüdungszustände als dissoziative Störung, differenzialdiagnostisch idiopathische Hypersomnie". Dies steht fest aufgrund des Gutachtens des Oberarztes Dr. W. von der Thoraxklinik am Universitätsklinikum H. (Innere Medizin - Pneumologie) vom 27. Oktober 2005, erstattet auf der Grundlage eines zwei Nächte umfassenden stationären Aufenthalts des Klägers vom 17. bis 19. Mai 2005. Dagegen hat sich die Verdachtsdiagnose einer Narkolepsie nicht bestätigt. Hierzu wären nötig Beschwerden in übermäßiger Schläfrigkeit oder plötzlicher Muskelschwäche, wiederholt auftretende Tagesschlafepisoden oder ein unwillkürliches Einnicken nahezu täglich mindestens drei Monate lang, regelmäßig ein plötzlich auftretender beidseitiger Verlust des die Körperhaltung stabilisierenden Muskeltonus bei intensiven Gefühlsempfindungen. Weitere Merkmale wären Schlafparalyse, hypnagoge Halluzinationen, Verhaltensautomatismen und eine unterbrochene Hauptschlafepisode. All dies wurde bei der stationären Begutachtung nicht beobachtet. Ebenso wenig konnte der Verdacht auf die Sonderform Kataplexie erhärtet werden. Hierzu würde gehören die Einbeziehung der Gesichts- und Kiefermuskulatur sowie verschwommenes Sehen, was der Kläger verneint hat.

Die Kompetenz des Sachverständigen Dr. W. ist nicht in Frage zu stellen. Es erfolgte eine umfangreiche Anamnese, auch unter Verwendung standardisierter Fragebogen zum Schlafverhalten und zur Tagesschläfrigkeit. Die erforderlichen Untersuchungsmethoden wurden in den Nächten 17./18. Mai und 18./19. Mai 2005 erschöpfend angewandt; über beide Nächte wurde ein Polysomnographiereport festgehalten. Weitere Untersuchungsmethoden stünden einem Neurologen nicht zur Verfügung. In weitere Ermittlungen von Amts wegen war demgemäß bezüglich der zitierten Hauptdiagnosen nicht einzutreten. Auch aufgrund der Behandlungen im Universitätsklinikum M., u.a. stationär vom 25. bis 28. März 2003 ebenfalls mit Polysomnographie, konnte aufgrund der erhobenen Befunde die Diagnose der Narkolepsie nicht bestätigt werden (Berichte vom 04. April 2003 und 31. März 2004).

Weitere wesentlich die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende Gesundheitsstörungen bestehen nicht. Wenn der regelmäßig behandelnde Allgemeinarzt Dr. I. (Zeugenaussage vom 25. Mai 2009) ein depressives Syndrom nennt, so ist insoweit zu modifizieren, dass zwar dieser Arzt ein Antidepressivum verschreibt, der Kläger jedoch seit dem 25. Juli 2007 keine fachpsychiatrische Behandlung mehr in Anspruch genommen hat (vgl. Aussage Ärztin Dr. R. d. L. vom 11. Mai 2009) und auch weiterhin kein Interesse an einer Behandlung auf diesem Fachgebiet zeigt. Unter diesen Umständen war weitere Aufklärung von Amts wegen nicht geboten. Die Aorteninsuffizienz und Mitralinsuffizenz wurden von Dr. J. am 29. September 2005 als nur geringgradiger Befund bezeichnet; weitere fachärztliche Inanspruchnahme war insoweit nicht erforderlich. Tumore konnten ausgeschlossen werden (vgl. Arztbriefe der Gemeinschaftspraxis Dr. Kr. vom 15. Mai 2008 und des Urologen Dr. La. vom 17. Mai 2008). Der Arztbrief des Klinikums am W. We. vom 29. März 2006 über eine stationäre Behandlung vom 01. bis 24. März 2006 nennt "sonstige näher bezeichnete Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen, Rentenneurose", was erkennen lässt, dass auch die dortigen Ärzte eine rentenberechtigende Minderung des Leistungsvermögens nicht zu erkennen vermochten. Insbesondere konnten während dieser stationären Behandlung die vom Kläger angegebenen Kraftlosigkeitsanfälle nicht beobachtet werden. Nach der zusammenfassenden Äußerung des Dr. I. hat sich der Gesundheitszustand "im Laufe der Jahre nicht gebessert", was so zu verstehen ist, dass ärztlicherseits eine auffällige Verschlechterung nicht ernstlich bestätigt werden kann. Im Bericht ist vermerkt, der Kläger habe mehrmals nach einer Bestätigung seiner eingeschränkten Arbeitsfähigkeit gefragt. Eine solche Bestätigung wollten die dortigen Ärzte offenkundig nicht ausstellen.

Nach alledem verbleibt es bei der bereits von Neurologen und Psychiater Dr. Sc. im Widerspruchsverfahren (Gutachten vom 21. August 2004) und vom Gerichtssachverständigen Dr. W. sinngemäß übernommenen Leistungsumschreibung, dass Arbeiten unter starkem Zeitdruck, mit Akkord- oder Nachtschicht sowie mit Verantwortung für gefährliche Maschinen oder andere Personen zu meiden sind. Eine zeitliche Einschränkung unter sechs Stunden lässt sich jedoch nicht begründen. Dass der Gutachter Vogt der Agentur für Arbeit H. im Gutachten nach Aktenlage vom 23. Oktober 2007 einen zeitlichen Umfang "täglich von drei bis unter sechs Stunden" angekreuzt hat, lässt demgegenüber keine nachvollziehbare Begründung erkennen; für die Bejahung der Leistungsfähigkeit im Sinne des Rechts der Arbeitsförderung genügen 15 Stunden wöchentlich (drei Stunden täglich), vgl. § 125 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB III) und § 8 Abs. 1 des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB II). Da der Kläger als ungelernter Arbeiter auf alle Tätigkeiten des Arbeitsmarktes verweisbar ist, kommt es nicht darauf an, ob er für die zuletzt bei A. ausgeübten Arbeiten noch einsatzfähig wäre. Die Benennung einer konkreten Tätigkeit ist nicht erforderlich.

Ein neurologisches Gutachten war nicht einzuholen. Eine neurologische Erkrankung liegt nicht vor. Sie konnte insbesondere anlässlich der stationären Behandlung vom 12. bis 19. November 2002 ausgeschlossen werden (Bericht des Dr. E. vom 17. Dezember 2002). Auch aus den Angaben der behandelnden Ärzte ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine neurologische Erkrankung. Hinsichtlich der Narkolepsie ist - wie dargelegt - der Sachverhalt durch das Gutachten des Dr. W. geklärt. Es ist nicht erkennbar, dass ein Neurologe hierzu über weitere, der Polysomnographie überlegene Erkenntnisse verfügen könnte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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