L 12 AS 4809/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 3275/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AS 4809/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen eine Aufforderung der Antragsgegnerin zur Mitwirkung.

Der Antragsteller bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Mit Schreiben vom 9. September 2009 forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, bis spätestens 26. September 2009 den unterschriebenen Gesundheitsfragebogen und die Entbindung von der Schweigepflicht vorzulegen. Für den Fall der Fristüberschreitung kündigte die Antragsgegnerin die Entziehung der Geldleistung bis zur Nachholung der Mitwirkung an.

Deswegen hat der Antragsteller sich am 21. September 2009 an das Sozialgericht Heilbronn (SG) gewandt und eine einstweilige Verfügung beantragt. Das Schreiben der Antragsgegnerin sei vorsätzlicher Amtsmissbrauch, Rechtsmissbrauch, vorsätzlicher Betrug und Rechtsbeugung. Er hat beantragt: "Das rechtswidrige Schreiben von vom 09.09.2009 ist nichtig und unbegründet. Die rechtswidrigen Ermittlungen der Arge werden eingestellt. Absprachen von Arge mit dem Amtsarzt sind vorsätzlicher Betrug, erstellen falscher Gesundheitszeugnisse, Gebrauch falscher Gesundheitszeugnisse."

Mit Beschluss vom 12. Oktober 2009 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Rechtsgrundlage der hier allein in Betracht kommenden Sicherungsanordnung mit dem Ziel, die vorläufige Einstellung der Ermittlungen der Antragsgegnerin zu verfügen, sei § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Gericht könne eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr bestehe, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt werden könne. Die bloße Möglichkeit beeinträchtigender Maßnahmen reiche nicht aus. Unabhängig davon, dass das Vorgehen der Antragsgegnerin nicht per se als rechtswidrig bezeichnet werden könne, handele es sich lediglich um eine Vorbereitungshandlung für eine noch zu treffende Entscheidung. Eine konkrete Veränderung des bestehenden Zustands drohe derzeit nicht unmittelbar.

Hiergegen richtet sich die am 16. Oktober 2009 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Der Beschluss sei mehrfach rechtswidrig; er habe keine richterliche Unterschrift, kein Datum, wann er beschlossen wurde, der Sachverhalt entspreche nicht der Wahrheit, es habe keine Anhörung stattgefunden. Das Verfahren müsse wiederholt werden. Alle beteiligten Richter in vorangegangenen Verfahren des SG und des Landessozialgerichts Stuttgart (LSG) 12. und 7. Senat seien wegen Befangenheit, falsch erstellten Urkunden, falschem Sachverhalt, Unterschlagung, Prozessbetrug u.a. auszuschließen.

Die Antragsgegnerin hat mit weiterem Schreiben vom 12. Oktober 2009 den Antragsteller an das Schreiben vom 9. September 2009 unter Fristsetzung zum 23. Oktober 2009 erinnert. Diesbezüglich hat der Antragsteller am 19. Oktober 2009 beim SG erneut um einstweiligen Rechtsschutz ersucht, das Verfahren ist noch anhängig (S 7 AS 3621/09). Zwischenzeitlich hat die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 27. Oktober 2009 dem Antragsteller die Leistungen mit Wirkung ab 1. November 2009 ganz entzogen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Der Senat kann in unveränderter Besetzung hierüber entscheiden, denn das Ablehnungsgesuch des Antragstellers ist, wenn nicht gar offensichtlich missbräuchlich (vgl. hierzu Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-1500 § 60 Nr. 4) so aber jedenfalls unzulässig (vgl. BSG, Beschluss vom 28. Mai 2001 - B 14 KG 3/01 R - (juris)). Für die Ablehnung von Gerichtspersonen gilt über die Bestimmung des § 60 Abs. 1 SGG die Vorschrift des § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO) entsprechend. Danach kann ein Richter sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Zur Zulässigkeit eines Befangenheitsantrags bedarf es der Glaubhaftmachung eines Ablehnungsgrundes (§ 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO); dieser ist durch nachvollziehbaren Bezug zum konkreten Rechtsstreit wenigstens ansatzweise zu substantiieren. Dies ist hier nicht geschehen. Die pauschalen Vorwürfe gegen alle Richter, die zuvor mit Verfahren des Antragstellers befasst waren, entbehren jeglicher Grundlage.

Gegenstand des Verfahrens ist allein die der Sache nach vom Antragsteller begehrte Feststellung, dass die mit Schreiben vom 9. September 2009 geforderten Mitwirkungsobliegenheiten nicht bestehen. Es handelt sich bei diesem Schreiben nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um eine vorbereitende Handlung, da keine Regelung getroffen wird (vgl. § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X); Engelmann in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl., § 31 Rdnr. 27). Entsprechend kann auch die nachfolgende Aufforderung mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 12. Oktober 2009 nicht nach § 96 SGG Verfahrensgegenstand werden, da diese Vorschrift nur für Verwaltungsakte gilt. Darüber hinaus hat der Antragsteller sein Begehren auch nicht in diese Richtung erweitert, im Gegenteil hat er auch gegen die Anforderung vom 12. Oktober 2009 einstweiligen Rechtsschutz beim SG beantragt. Auch die zwischenzeitlich erfolgte Entziehung der Leistung mit Bescheid vom 27. Oktober 2009 ist nach alledem nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, sie ist jedoch unbegründet, denn der vom Antragsteller verfolgte Antrag ist inzwischen unzulässig. Zwar steht der Zulässigkeit nicht entgegen, dass der Antragsteller der Sache nach ein Begehren verfolgt, welches in der Hauptsache mit der Feststellungsklage geltend zu machen wäre. Eine Feststellungsklage kann zur Klärung einer Handlungspflicht im Rechtsverhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegnerin erhoben werden, denn § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erfasst auch die Feststellung einzelner Beziehungen oder Berechtigungen aus dem Rechtsverhältnis (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 10/08 R - (juris)). Auch können im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 2 SGG vorläufige Feststellungen getroffen werden (vgl. Bundesverfassungsgericht, BVerfGE 71, 305).

Allerdings muss in jeder Lage des Verfahrens auch noch ein Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte Feststellung bestehen. Nachdem die im Schreiben vom 9. September 2009 gesetzte Frist abgelaufen und eine Nachfrist bis 23. Oktober 2009 gesetzt worden ist, hat sich die hier streitige Anforderung erledigt. Einer Klärung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bedarf es nicht mehr. Darüber hinaus würde dem Antragsteller eine entsprechende Feststellung auch nicht weiterhelfen, denn inzwischen liegt der Bescheid über die Entziehung der Leistungen vom 27. Oktober 2009 vor. Es ist insoweit nicht nachvollziehbar, welches berechtigte Interesse gerade die Gewährung vorbeugenden und vorläufigen Rechtsschutzes gebieten soll, wenn sich der Antragsteller unmittelbar, sachnäher und wirksamer gegen die Entziehung der Leistung im Rahmen einer einstweiligen Verfügung nach § 86b Abs. 1 SGG wenden kann.

Angesichts der Unzulässigkeit des Antrags ist das weitere Vorbringen des Antragstellers nicht rechtserheblich, weshalb hierauf nicht näher einzugehen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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