Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 277/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 10/09
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Zur Abgrenzung der Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach § 45 SGB X und der Aufhebung nach § 48 SGB X.
2. Eine Umdeutung eines auf § 45 SGB X gestützten Bescheides in einen nach § 48 SGB X scheidet jedenfalls dann aus, wenn neben der Änderung der Rechtslage noch Begründungen zu weiteren Änderungen wie hier hinsichtlich des aufzuhebenden Verwaltungsaktes vorgenommen werden.
2. Eine Umdeutung eines auf § 45 SGB X gestützten Bescheides in einen nach § 48 SGB X scheidet jedenfalls dann aus, wenn neben der Änderung der Rechtslage noch Begründungen zu weiteren Änderungen wie hier hinsichtlich des aufzuhebenden Verwaltungsaktes vorgenommen werden.
Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom
30. Oktober 2008 aufgehoben.
Die Bescheide vom 10. August 2007, vom 21. August 2007, soweit
dieser einen Nachzahlungsbetrag vorläufig einbehalten hat, sowie
vom 23. August 2007, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbe-
scheides vom 11. April 2008, werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob ein gegenüber der Klägerin ergangener Rentenbescheid teilweise aufgehoben werden kann und diese für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2007 bzw. bis 31. Dezember 2005 überzahlte Hinterbliebenenrente in Höhe von 2.901,27 EUR zurückzahlen muss.
Die Beklagte gewährte der Klägerin als Witwe des am 15. August 1994 verstorbenen Versicherten J. A. mit Bescheid vom 25. November 1994 eine große Witwenrente in Höhe von zunächst 800,35 DM, zuletzt in der Fassung der Bescheide vom 17. Februar 2004 und 2. März 2006 (ab 1. Oktober 2005: 523,72 EUR monatlich). Dabei führte die Klägerin die Metzgerei ihres Ehemannes bis 30. September 2005 fort; anschließend verpachtete sie den Gewerbebetrieb zu einem Pachtzins von monatlich 1.000 EUR. Mit Bescheid vom 16. Mai 2006 hob die Beklagte den bisherigen Bescheid hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Juli 2006 nach § 48 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) wegen Änderung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens auf und berechnete die große Witwenrente ab 1. Juli 2006 neu (393,37 EUR).
Am 2. März 2007 ging der Beklagten die Einkommensteuererklärung 2005 und am 31. Mai 2005 der Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag zu. Dieser wies Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 404.111,00 EUR aus. Der Steuerberater teilte mit Schreiben vom 29. Juni 2007 auf Nachfrage der Beklagten mit, dass sich der ausgewiesene steuerliche Gewinn bis zur Betriebsaufgabe am 30. September 2005 aus Forderungsverzichten der Bank in Höhe von 417.498,00 EUR begründe. Bereits 2005 habe sich für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2004 im Rahmen des ruhenden Gewerbebetriebs ein Verlust in Höhe von 13.201,44 EUR ergeben. Für das Jahr 2006 ergab sich ein Verlust in Höhe von 44.303,20 EUR.
Mit Bescheid vom 10. August 2007 berechnete die Beklagte die Rente ab 1. Oktober 2007 neu (394,02 EUR monatlich). Für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2007 habe sich eine Überzahlung von 2.901,27 EUR ergeben, die zu erstatten sei. Mit Bescheid vom 21. August 2007 berechnete die Beklagte nochmals die Rente ab 1. Oktober 2007 neu (444,02 EUR), so dass sich eine Nachzahlung vom 1. April bis 30. September 2007 in Höhe von 293,83 EUR ergab. Diesen Betrag behielt sie vorläufig ein und verrechnete die Nachzahlung mit Bescheid vom 23. August 2007, so dass sich die Überzahlung auf 2.607,44 EUR verringerte.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2008 zurück. Erstmals benannte die Beklagte als Rechtsgrundlage § 45 SGB X. Der Bescheid vom 16. Mai 2006 sei zu Recht aufgehoben worden, da er bei Erlass rechtswidrig begünstigend gewesen sei. Er habe den 2005 erzielten Gewinn nicht berücksichtigt. Unmaßgeblich sei, dass sich im Laufe der Jahre Verlustvorträge von ca. 500.000,00 EUR ergeben hätten, da diese nicht den Gewinn, sondern nur die Steuerschuld verringerten. Dies habe die Klägerin mit Blick auf den im August 2005 erfolgten Schuldenerlass erkennen müssen. Die Neufeststellung der Hinterbliebenenrente stelle für die Klägerin auch keine unbillige Härte dar, da die Feststellung der Überzahlung in ihrer gesamten Höhe nicht auf einem Behördenfehler beruhe und die Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Einkünfte aus Verpachtung und ihres Renteneinkommens in der Lage sein werde, die entstandene Überzahlung in angemessenen Raten, worüber noch zu entscheiden sein werde, zu tilgen. Die Erstattungspflicht ergebe sich zwingend aus § 50 SGB X. Insoweit sei auch die Verrechnung mit Bescheid vom 23. August 2007 zutreffend gewesen.
Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht München wies das Sozialgericht mit Urteil vom 30. Oktober 2008 ab. Der Gewinn in Höhe von 404.111,00 EUR aus dem Steuerbescheid des Jahres 2005 habe ohne Abzüge zur Berechnung der Witwenrente angesetzt werden können. Auch die Rücknahme des Verwaltungsaktes sei korrekt gewesen, da die Voraussetzungen des § 45 SGB X vorgelegen hätten. Die Klägerin könne sich insbesondere nicht auf Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes berufen, da sie entsprechend § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gekannt habe bzw. hätte kennen müssen. Als selbstständige Kauffrau habe ihr die Bedeutung des Forderungsverzichts der Bank bekannt gewesen sein müssen. Zudem habe sie langjährig die fachkundige Hilfe eines Steuerberaters in Anspruch genommen. Die Fristen des § 45 SGB X seien eingehalten; die Beklagte habe auch eine ordnungsgemäße Ermessensausübung vorgenommen. Die zu Unrecht gezahlte Witwenrente sei somit nach
§ 50 SGB X zu erstatten.
Zur Begründung der gegen das Urteil eingelegten Berufung hat die Klägerin vorgebracht, der Forderungsverzicht habe für sie keinerlei in Geld messbaren Vorteile gebracht. Ohne den Forderungsverzicht sei sie gezwungen gewesen, in Insolvenz zu gehen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wäre sie niemals in der Lage gewesen, überhaupt Zins und Tilgung an die Bank zu bezahlen. Es sei nicht sachgerecht, ihr nun einen mittelbaren Vorteil anzurechnen, und widersprüchlich, fiktives Einkommen anzurechnen, fiktive Verlustvorträge jedoch nicht. Auch hätte sie einen Vorteil nicht erkennen können, da sie Kauffrau nur auf dem Papier gewesen sei. Sie habe keine Erfahrungen in geschäftlichen Angelegenheiten gehabt. Sie habe auf den Bestand des Verwaltungsaktes, der ihre Existenz sicherte, vertraut.
Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass es sich hier nicht um ein fiktives Einkommen handele und die Klägerin durch den Forderungsverzicht durchaus einen Vorteil gehabt habe.
Der Sachverhalt wurde mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung vom 11. März 2009 erörtert. Auf die Niederschrift wird verwiesen. Die Beklagte hat den dort geschlossenen widerruflichen Vergleich fristgerecht widerrufen. Das Argument des Ausschlusses einer konkludenten Aufhebung der Rentenbewilligung für den strittigen Zeitraum Juli bis Dezember 2005 sei nicht stichhaltig. Dies insbesondere auch deshalb, weil offensichtlich nicht der auch im Ersturteil genannten Bescheid vom 16. Mai 2006 von der Beklagten aufgehoben worden sei, sondern eine frühere Rentenbewilligung. Der Bescheid vom
16. Mai 2006 treffe nämlich für den Zeitraum des unrechtmäßigen Rentenbezugs der Klägerin keine Regelung. Die Richtigstellung des unrechtmäßigen Rentenbezugs erfolge demzufolge nicht nach § 45 SGB X, sondern nach § 48 SGB X. Mit Schriftsatz vom
10. April 2009 hat die Beklagte ergänzend dargelegt, dass die Rentenüberzahlung in Höhe von 2.901,27 EUR den Bezugszeitraum von 1. Juli bis 31. Dezember 2005 betreffe. Der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass mit Bescheid vom 10. August 2007 die Rentenberechtigung der Klägerin für den Zeitraum von 1. Juli bis 31. Dezember 2005 gemäß § 45 SGB X aufgehoben worden sei. Ebenso sei fälschlicherweise davon ausgegangen worden, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum aufgrund eines Bescheides vom 16. Mai 2006 Hinterbliebenenrente bezogen habe. Es werde nun richtig gestellt, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum von
1. Juli bis 31. Dezember 2005 aufgrund des Bescheides vom 25. November 1994, zuletzt in Fassung der Bescheide vom 17. Februar 2004 und 2. März 2006, Hinterbliebenenrente bezogen habe. Diese Rentenberechtigung sei mit Bescheid vom 10. August 2007 gemäß § 48 SGB X aufgehoben worden. Es sei unschädlich, dass die Beklagte in diesem Bescheid nicht ausdrücklich benannt hatte, welchen der Rente zubilligenden Bescheide sie aufgehoben habe. Entscheidend sei, dass die Klägerin den Bescheid so verstanden habe, wie ihn die Beklagte auch gemeint habe. Auf § 41 Abs. 2, 1 SGB X sei zu verweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Oktober 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2008 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 21. und 23. August 2007, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2008, insoweit aufzuheben als hierbei ein Nachzahlungsbetrag mit Gegenforderungen der Beklagten verrechnet wurde.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und begründet.
Aufgrund des vorliegenden Einverständnisses der Beteiligten konnte der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Streitgegenstand ist zum einen der Bescheid vom 10. August 2007, mit dem die Beklagte die Hinterbliebenenrente neu berechnete und für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2007 die Erstattung einer Überzahlung in Höhe von 2.901,27 EUR forderte. Gemäß § 86 SGG wurden auch der weitere Neuberechnungsbescheid vom 22. August 2007 sowie der Verrechnungsbescheid vom 23. August 2007 Gegenstand des Vorverfahrens. Diese Bescheide sind in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2008 auf ihre formelle und materielle Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
Ein Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig, wenn die maßgeblichen Zuständigkeits- sowie Verfahrens- und Formvorschriften beachtet wurden. Zur materiellen Rechtmäßigkeit gehört neben der Übereinstimmung mit den bestehenden Gesetzen und Rechtsgrundsätzen auch, dass sich der Verwaltungsakt auf eine Ermächtigungsgrundlage stützen lässt und dass er inhaltlich hinreichend bestimmt ist (§ 33 Abs. 1 SGB X). Der Adressat muss eindeutig erkennen können, was die Behörde regeln will. Dies setzt u.a. eine zweifelsfreie Entscheidung der Behörde voraus.
Weder der Bescheid vom 10. August 2007 noch der vom 23. August 2007 heben einen vorangegangenen Bescheid auf und benennen, insofern konsequent, keinen Ausgangsbescheid. Sie enthalten lediglich die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs. Dieser richtet sich nach § 50 SGB X und setzt die Aufhebung eines Verwaltungsaktes voraus, § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X. Daran fehlt es zunächst. Im Hinblick auf die erforderliche Ermessensausübung bestehen erhebliche Zweifel, ob eine konkludente Aufhebung nach § 45 oder § 48 SGB X möglich ist (offen lassend: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.10.2007, Az.: L 11 KR 92/06). Der Senat kann dies jedoch dahin gestellt lassen, da die Beklagte im Widerspruchsbescheid § 45 SGB X als Rechtsgrundlage heranzog und den Mangel damit heilte (§ 42 SGB X). Sie stützte sich ausdrücklich auf § 45 SGB X und stellte fest, dass der Bescheid vom 16. Mai 2006 zu Recht aufgehoben wurde.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). § 45 SGB X findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt des Erlasses rechtswidrig war. Allerdings wollte die Beklagte, wie sich aus den letzten Schriftsätzen im Berufungsverfahren ergibt, nicht den im Widerspruchsbescheid benannten Bescheid vom 16. Mai 2006, sondern den ursprünglichen Rentenbescheid vom 25. November 1994 in der Gestalt der maßgeblichen Neuberechnungsbescheides, hier vom 17. Februar 2004 und 2. März 2006, aufheben. Dies ist auch zutreffend, da der Bescheid vom 16. Mai 2006 wie auch die vorangegangen Bescheide vom 7. März 2006 oder 17. Februar 2004 lediglich eine Neuberechnung der gewährten Rente beinhalten. Die Neuberechnung aufgrund nachträglich eingetretener Änderungen stützt sich jeweils auf § 48 SGB X, nicht auf § 45 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Im Gegensatz zu § 45 SGB X ist hier die Änderung also erst nach Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung wie dem vorliegenden Rentenbescheid eingetreten. Aufgrund der besonderen Einkommenssituation der Klägerin im Jahre 2005 trat nach Erlass des ursprünglichen Rentenbescheides eine Änderung ein, so dass sich eine Aufhebung nur auf § 48 SGB X stützen kann. Diese Rechtsgrundlage benennen jedoch weder die Bescheide vom 10. und 22. August 2007 noch der Widerspruchsbescheid.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat eine mögliche Umdeutung nach § 43 SGB X eines Aufhebungsbescheides nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X in einen nach § 45 SGB X bzw. die Zulässigkeit des Austausches der Begründung wegen des gravierenden Unterschiedes zwischen diesen beiden Normen abgelehnt (BSG SozR 1300 § 43 Nr. 1; BSG v. 11.04.2002, Az.: B 3 P 8/01 R zur Ermessenreduzierung auf Null). Auch wenn dies im umgekehrten Fall für zulässig erachtet wird (z.B. KassKomm-Steinwedel, § 43 SGB X Rdnr. 20 und § 48 SGB X Rdnr. 8), ist vorliegend ferner zu berücksichtigen, dass die Beklagte zugleich den unzutreffenden Bescheid - vom 16. Mai 2006 - aufhob. Ferner bezogen sich die streitgegenständlichen Bescheide bislang - wohl zutreffend, wie sich aus der Anlage 1 des Bescheides vom 10. August 2007 ergibt, wobei die maßgeblichen Änderungen aufgrund der Änderung des anzurechnenden Einkommens im Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 angefallen sind - auf einen Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2007, während die Beklagte in der mit Schriftsatz vom 10. April 2009 nachgeschobenen Begründung nur den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 bei gleichem Erstattungsbetrag zugrunde legte. Jedenfalls dann, wenn neben der Änderung der Rechtsgrundlage noch Begründungen zu weiteren Änderungen wie hier hinsichtlich des aufzuhebenden Verwaltungsakts vorgenommen werden müssen, scheidet eine Umdeutung eines auf § 45 SGB X gestützten Bescheides in einen nach § 48 SGB X aus. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte auch nicht angab, auf welche Regelung des § 48 Abs. 1 SGB X sie die Aufhebung im Einzelnen stützt. Die streitgegenständlichen Bescheide würden dem Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 SGB X und somit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr gerecht. Da keine zweifelsfreie Entscheidung der Beklagten hinsichtlich der Aufhebung vorliegt, konnte die Klägerin nicht mehr eindeutig erkennen, was die Behörde regeln wollte. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass diese den Bescheid vom 10. August 2007 "so verstanden, wie ihn die Beklagte auch gemeint hat." Die Klägerin erkannte, dass sie 2.901,27 EUR zurückerstatten soll. Dies betrifft jedoch nur die Erhebung der Erstattungsforderung nach § 50 SGB X, nicht jedoch den ebenfalls zu erlassenden Aufhebungsbescheid. Insoweit ist allenfalls ein konkludenter Bescheid erlassen worden, zu dem bis zuletzt wechselnde und teilweise unzutreffende Regelungen und Ausführungen nachgeschoben wurden. Von einer zweifelsfreien Regelung durch die Beklagte kann hierbei nicht gesprochen werden, zumal auch im Rahmen des Erstattungsanspruchs unklar ist, ob die Beklagte dies auf den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 oder bis 30. September 2007 bezieht.
Auch wenn sich der Senat hinsichtlich der Anrechnung des Gewinns in Höhe von 404.111,00 EUR zur Berechnung der Witwenrente den Ausführungen des Sozialgerichts anschließt, sind aus den dargelegten Gründen das Urteil des Sozialgerichts sowie die streitgegenständlichen Bescheide aufzuheben, soweit diese eine Erstattungspflicht der Klägerin aussprechen bzw. eine Verrechnung vorgenommen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
30. Oktober 2008 aufgehoben.
Die Bescheide vom 10. August 2007, vom 21. August 2007, soweit
dieser einen Nachzahlungsbetrag vorläufig einbehalten hat, sowie
vom 23. August 2007, jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbe-
scheides vom 11. April 2008, werden aufgehoben.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin beider Rechtszüge.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob ein gegenüber der Klägerin ergangener Rentenbescheid teilweise aufgehoben werden kann und diese für den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2007 bzw. bis 31. Dezember 2005 überzahlte Hinterbliebenenrente in Höhe von 2.901,27 EUR zurückzahlen muss.
Die Beklagte gewährte der Klägerin als Witwe des am 15. August 1994 verstorbenen Versicherten J. A. mit Bescheid vom 25. November 1994 eine große Witwenrente in Höhe von zunächst 800,35 DM, zuletzt in der Fassung der Bescheide vom 17. Februar 2004 und 2. März 2006 (ab 1. Oktober 2005: 523,72 EUR monatlich). Dabei führte die Klägerin die Metzgerei ihres Ehemannes bis 30. September 2005 fort; anschließend verpachtete sie den Gewerbebetrieb zu einem Pachtzins von monatlich 1.000 EUR. Mit Bescheid vom 16. Mai 2006 hob die Beklagte den bisherigen Bescheid hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung ab 1. Juli 2006 nach § 48 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) wegen Änderung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens auf und berechnete die große Witwenrente ab 1. Juli 2006 neu (393,37 EUR).
Am 2. März 2007 ging der Beklagten die Einkommensteuererklärung 2005 und am 31. Mai 2005 der Bescheid für 2005 über Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag zu. Dieser wies Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 404.111,00 EUR aus. Der Steuerberater teilte mit Schreiben vom 29. Juni 2007 auf Nachfrage der Beklagten mit, dass sich der ausgewiesene steuerliche Gewinn bis zur Betriebsaufgabe am 30. September 2005 aus Forderungsverzichten der Bank in Höhe von 417.498,00 EUR begründe. Bereits 2005 habe sich für den Zeitraum 1. Oktober bis 31. Dezember 2004 im Rahmen des ruhenden Gewerbebetriebs ein Verlust in Höhe von 13.201,44 EUR ergeben. Für das Jahr 2006 ergab sich ein Verlust in Höhe von 44.303,20 EUR.
Mit Bescheid vom 10. August 2007 berechnete die Beklagte die Rente ab 1. Oktober 2007 neu (394,02 EUR monatlich). Für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2007 habe sich eine Überzahlung von 2.901,27 EUR ergeben, die zu erstatten sei. Mit Bescheid vom 21. August 2007 berechnete die Beklagte nochmals die Rente ab 1. Oktober 2007 neu (444,02 EUR), so dass sich eine Nachzahlung vom 1. April bis 30. September 2007 in Höhe von 293,83 EUR ergab. Diesen Betrag behielt sie vorläufig ein und verrechnete die Nachzahlung mit Bescheid vom 23. August 2007, so dass sich die Überzahlung auf 2.607,44 EUR verringerte.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2008 zurück. Erstmals benannte die Beklagte als Rechtsgrundlage § 45 SGB X. Der Bescheid vom 16. Mai 2006 sei zu Recht aufgehoben worden, da er bei Erlass rechtswidrig begünstigend gewesen sei. Er habe den 2005 erzielten Gewinn nicht berücksichtigt. Unmaßgeblich sei, dass sich im Laufe der Jahre Verlustvorträge von ca. 500.000,00 EUR ergeben hätten, da diese nicht den Gewinn, sondern nur die Steuerschuld verringerten. Dies habe die Klägerin mit Blick auf den im August 2005 erfolgten Schuldenerlass erkennen müssen. Die Neufeststellung der Hinterbliebenenrente stelle für die Klägerin auch keine unbillige Härte dar, da die Feststellung der Überzahlung in ihrer gesamten Höhe nicht auf einem Behördenfehler beruhe und die Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Einkünfte aus Verpachtung und ihres Renteneinkommens in der Lage sein werde, die entstandene Überzahlung in angemessenen Raten, worüber noch zu entscheiden sein werde, zu tilgen. Die Erstattungspflicht ergebe sich zwingend aus § 50 SGB X. Insoweit sei auch die Verrechnung mit Bescheid vom 23. August 2007 zutreffend gewesen.
Die hiergegen gerichtete Klage zum Sozialgericht München wies das Sozialgericht mit Urteil vom 30. Oktober 2008 ab. Der Gewinn in Höhe von 404.111,00 EUR aus dem Steuerbescheid des Jahres 2005 habe ohne Abzüge zur Berechnung der Witwenrente angesetzt werden können. Auch die Rücknahme des Verwaltungsaktes sei korrekt gewesen, da die Voraussetzungen des § 45 SGB X vorgelegen hätten. Die Klägerin könne sich insbesondere nicht auf Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsaktes berufen, da sie entsprechend § 45 Abs. 2 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gekannt habe bzw. hätte kennen müssen. Als selbstständige Kauffrau habe ihr die Bedeutung des Forderungsverzichts der Bank bekannt gewesen sein müssen. Zudem habe sie langjährig die fachkundige Hilfe eines Steuerberaters in Anspruch genommen. Die Fristen des § 45 SGB X seien eingehalten; die Beklagte habe auch eine ordnungsgemäße Ermessensausübung vorgenommen. Die zu Unrecht gezahlte Witwenrente sei somit nach
§ 50 SGB X zu erstatten.
Zur Begründung der gegen das Urteil eingelegten Berufung hat die Klägerin vorgebracht, der Forderungsverzicht habe für sie keinerlei in Geld messbaren Vorteile gebracht. Ohne den Forderungsverzicht sei sie gezwungen gewesen, in Insolvenz zu gehen. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wäre sie niemals in der Lage gewesen, überhaupt Zins und Tilgung an die Bank zu bezahlen. Es sei nicht sachgerecht, ihr nun einen mittelbaren Vorteil anzurechnen, und widersprüchlich, fiktives Einkommen anzurechnen, fiktive Verlustvorträge jedoch nicht. Auch hätte sie einen Vorteil nicht erkennen können, da sie Kauffrau nur auf dem Papier gewesen sei. Sie habe keine Erfahrungen in geschäftlichen Angelegenheiten gehabt. Sie habe auf den Bestand des Verwaltungsaktes, der ihre Existenz sicherte, vertraut.
Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass es sich hier nicht um ein fiktives Einkommen handele und die Klägerin durch den Forderungsverzicht durchaus einen Vorteil gehabt habe.
Der Sachverhalt wurde mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Sitzung vom 11. März 2009 erörtert. Auf die Niederschrift wird verwiesen. Die Beklagte hat den dort geschlossenen widerruflichen Vergleich fristgerecht widerrufen. Das Argument des Ausschlusses einer konkludenten Aufhebung der Rentenbewilligung für den strittigen Zeitraum Juli bis Dezember 2005 sei nicht stichhaltig. Dies insbesondere auch deshalb, weil offensichtlich nicht der auch im Ersturteil genannten Bescheid vom 16. Mai 2006 von der Beklagten aufgehoben worden sei, sondern eine frühere Rentenbewilligung. Der Bescheid vom
16. Mai 2006 treffe nämlich für den Zeitraum des unrechtmäßigen Rentenbezugs der Klägerin keine Regelung. Die Richtigstellung des unrechtmäßigen Rentenbezugs erfolge demzufolge nicht nach § 45 SGB X, sondern nach § 48 SGB X. Mit Schriftsatz vom
10. April 2009 hat die Beklagte ergänzend dargelegt, dass die Rentenüberzahlung in Höhe von 2.901,27 EUR den Bezugszeitraum von 1. Juli bis 31. Dezember 2005 betreffe. Der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass mit Bescheid vom 10. August 2007 die Rentenberechtigung der Klägerin für den Zeitraum von 1. Juli bis 31. Dezember 2005 gemäß § 45 SGB X aufgehoben worden sei. Ebenso sei fälschlicherweise davon ausgegangen worden, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum aufgrund eines Bescheides vom 16. Mai 2006 Hinterbliebenenrente bezogen habe. Es werde nun richtig gestellt, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum von
1. Juli bis 31. Dezember 2005 aufgrund des Bescheides vom 25. November 1994, zuletzt in Fassung der Bescheide vom 17. Februar 2004 und 2. März 2006, Hinterbliebenenrente bezogen habe. Diese Rentenberechtigung sei mit Bescheid vom 10. August 2007 gemäß § 48 SGB X aufgehoben worden. Es sei unschädlich, dass die Beklagte in diesem Bescheid nicht ausdrücklich benannt hatte, welchen der Rente zubilligenden Bescheide sie aufgehoben habe. Entscheidend sei, dass die Klägerin den Bescheid so verstanden habe, wie ihn die Beklagte auch gemeint habe. Auf § 41 Abs. 2, 1 SGB X sei zu verweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30. Oktober 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2008 aufzuheben sowie die Bescheide der Beklagten vom 21. und 23. August 2007, ebenfalls in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2008, insoweit aufzuheben als hierbei ein Nachzahlungsbetrag mit Gegenforderungen der Beklagten verrechnet wurde.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Im Übrigen wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Ergänzung des Tatbestandes auf den Inhalt der Akten der Beklagten sowie der Klage- und Berufungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und begründet.
Aufgrund des vorliegenden Einverständnisses der Beteiligten konnte der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Streitgegenstand ist zum einen der Bescheid vom 10. August 2007, mit dem die Beklagte die Hinterbliebenenrente neu berechnete und für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2007 die Erstattung einer Überzahlung in Höhe von 2.901,27 EUR forderte. Gemäß § 86 SGG wurden auch der weitere Neuberechnungsbescheid vom 22. August 2007 sowie der Verrechnungsbescheid vom 23. August 2007 Gegenstand des Vorverfahrens. Diese Bescheide sind in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2008 auf ihre formelle und materielle Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
Ein Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig, wenn die maßgeblichen Zuständigkeits- sowie Verfahrens- und Formvorschriften beachtet wurden. Zur materiellen Rechtmäßigkeit gehört neben der Übereinstimmung mit den bestehenden Gesetzen und Rechtsgrundsätzen auch, dass sich der Verwaltungsakt auf eine Ermächtigungsgrundlage stützen lässt und dass er inhaltlich hinreichend bestimmt ist (§ 33 Abs. 1 SGB X). Der Adressat muss eindeutig erkennen können, was die Behörde regeln will. Dies setzt u.a. eine zweifelsfreie Entscheidung der Behörde voraus.
Weder der Bescheid vom 10. August 2007 noch der vom 23. August 2007 heben einen vorangegangenen Bescheid auf und benennen, insofern konsequent, keinen Ausgangsbescheid. Sie enthalten lediglich die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs. Dieser richtet sich nach § 50 SGB X und setzt die Aufhebung eines Verwaltungsaktes voraus, § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X. Daran fehlt es zunächst. Im Hinblick auf die erforderliche Ermessensausübung bestehen erhebliche Zweifel, ob eine konkludente Aufhebung nach § 45 oder § 48 SGB X möglich ist (offen lassend: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 31.10.2007, Az.: L 11 KR 92/06). Der Senat kann dies jedoch dahin gestellt lassen, da die Beklagte im Widerspruchsbescheid § 45 SGB X als Rechtsgrundlage heranzog und den Mangel damit heilte (§ 42 SGB X). Sie stützte sich ausdrücklich auf § 45 SGB X und stellte fest, dass der Bescheid vom 16. Mai 2006 zu Recht aufgehoben wurde.
Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). § 45 SGB X findet Anwendung, wenn der Verwaltungsakt im Zeitpunkt des Erlasses rechtswidrig war. Allerdings wollte die Beklagte, wie sich aus den letzten Schriftsätzen im Berufungsverfahren ergibt, nicht den im Widerspruchsbescheid benannten Bescheid vom 16. Mai 2006, sondern den ursprünglichen Rentenbescheid vom 25. November 1994 in der Gestalt der maßgeblichen Neuberechnungsbescheides, hier vom 17. Februar 2004 und 2. März 2006, aufheben. Dies ist auch zutreffend, da der Bescheid vom 16. Mai 2006 wie auch die vorangegangen Bescheide vom 7. März 2006 oder 17. Februar 2004 lediglich eine Neuberechnung der gewährten Rente beinhalten. Die Neuberechnung aufgrund nachträglich eingetretener Änderungen stützt sich jeweils auf § 48 SGB X, nicht auf § 45 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Im Gegensatz zu § 45 SGB X ist hier die Änderung also erst nach Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung wie dem vorliegenden Rentenbescheid eingetreten. Aufgrund der besonderen Einkommenssituation der Klägerin im Jahre 2005 trat nach Erlass des ursprünglichen Rentenbescheides eine Änderung ein, so dass sich eine Aufhebung nur auf § 48 SGB X stützen kann. Diese Rechtsgrundlage benennen jedoch weder die Bescheide vom 10. und 22. August 2007 noch der Widerspruchsbescheid.
Das Bundessozialgericht (BSG) hat eine mögliche Umdeutung nach § 43 SGB X eines Aufhebungsbescheides nach § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X in einen nach § 45 SGB X bzw. die Zulässigkeit des Austausches der Begründung wegen des gravierenden Unterschiedes zwischen diesen beiden Normen abgelehnt (BSG SozR 1300 § 43 Nr. 1; BSG v. 11.04.2002, Az.: B 3 P 8/01 R zur Ermessenreduzierung auf Null). Auch wenn dies im umgekehrten Fall für zulässig erachtet wird (z.B. KassKomm-Steinwedel, § 43 SGB X Rdnr. 20 und § 48 SGB X Rdnr. 8), ist vorliegend ferner zu berücksichtigen, dass die Beklagte zugleich den unzutreffenden Bescheid - vom 16. Mai 2006 - aufhob. Ferner bezogen sich die streitgegenständlichen Bescheide bislang - wohl zutreffend, wie sich aus der Anlage 1 des Bescheides vom 10. August 2007 ergibt, wobei die maßgeblichen Änderungen aufgrund der Änderung des anzurechnenden Einkommens im Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 angefallen sind - auf einen Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 30. September 2007, während die Beklagte in der mit Schriftsatz vom 10. April 2009 nachgeschobenen Begründung nur den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 bei gleichem Erstattungsbetrag zugrunde legte. Jedenfalls dann, wenn neben der Änderung der Rechtsgrundlage noch Begründungen zu weiteren Änderungen wie hier hinsichtlich des aufzuhebenden Verwaltungsakts vorgenommen werden müssen, scheidet eine Umdeutung eines auf § 45 SGB X gestützten Bescheides in einen nach § 48 SGB X aus. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte auch nicht angab, auf welche Regelung des § 48 Abs. 1 SGB X sie die Aufhebung im Einzelnen stützt. Die streitgegenständlichen Bescheide würden dem Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 SGB X und somit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr gerecht. Da keine zweifelsfreie Entscheidung der Beklagten hinsichtlich der Aufhebung vorliegt, konnte die Klägerin nicht mehr eindeutig erkennen, was die Behörde regeln wollte. Zutreffend weist die Beklagte zwar darauf hin, dass diese den Bescheid vom 10. August 2007 "so verstanden, wie ihn die Beklagte auch gemeint hat." Die Klägerin erkannte, dass sie 2.901,27 EUR zurückerstatten soll. Dies betrifft jedoch nur die Erhebung der Erstattungsforderung nach § 50 SGB X, nicht jedoch den ebenfalls zu erlassenden Aufhebungsbescheid. Insoweit ist allenfalls ein konkludenter Bescheid erlassen worden, zu dem bis zuletzt wechselnde und teilweise unzutreffende Regelungen und Ausführungen nachgeschoben wurden. Von einer zweifelsfreien Regelung durch die Beklagte kann hierbei nicht gesprochen werden, zumal auch im Rahmen des Erstattungsanspruchs unklar ist, ob die Beklagte dies auf den Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005 oder bis 30. September 2007 bezieht.
Auch wenn sich der Senat hinsichtlich der Anrechnung des Gewinns in Höhe von 404.111,00 EUR zur Berechnung der Witwenrente den Ausführungen des Sozialgerichts anschließt, sind aus den dargelegten Gründen das Urteil des Sozialgerichts sowie die streitgegenständlichen Bescheide aufzuheben, soweit diese eine Erstattungspflicht der Klägerin aussprechen bzw. eine Verrechnung vorgenommen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.
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