L 29 AS 1196/09 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
29
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 175 AS 12655/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 29 AS 1196/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2009 aufgehoben. Der Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu er-statten.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren, den Antragsgegner zur Zahlung von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 415,87 EUR monatlich für die Zeit vom 24. April 2009 bis 30. September 2009 zu verpflichten.

Die 1983 geborene Antragstellerin zu 1) und ihr 2003 geborener Sohn, der Antragsteller zu 2), bezogen von der ARGE SGB II Stadt/AA B bis zum 30. September 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Antragsteller waren seit dem 01. Januar 2007 wohnhaft in B, E. Zum 01. August 2008 bezogen sie eine Drei Zimmer Wohnung in B, J Straße , mit einer Wohnfläche von 48,54 m² und einer monatlichen Grundmiete von 184,50 EUR zzgl. Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 80,00 EUR monatlich, insgesamt 264,50 EUR monatlich. Die ARGE Stadt Bayreuth/AA Bayreuth bewilligte den Antragstellern für den Monat September 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Zugrundelegung einer monatlichen Miete von 264,50 EUR.

Ausweislich eines Aktenvermerks über ein Gespräch vom 29. Juli 2008 teilte die Antragstellerin zu 1) der ARGE SGB II Stadt/AA u. a. mit, dass sie zum 01. August 2008 in die J Straße in B und zum 01. Oktober 2008 nach B umziehe. Ausweislich eines weiteren
Aktenvermerks vom 06. August 2008 beantragte die Antragstellerin zu 1) bei der ARGE SGB II Stadt/AA B die Zustimmung zum Umzug nach B. Sie habe dort Aussicht auf einen Arbeitsplatz bzw. - ihrer Meinung nach - bessere Aussichten, einen Arbeitsplatz zu finden. Mit Schreiben vom 07. August 2008 lehnte die ARGE SGB II Stadt/AA B den Antrag der Antragsteller vom 06. August 2008 auf Zustimmung zum Umzug nach B ab. Der kommunale Träger sei nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich sei. Die Erforderlichkeit bestimme sich nach objektiven Kriterien. Ein Kriterium sei beispielsweise eine konkrete versicherungspflichtige Arbeitsaufnahme. Die Klägerin könne keinen Arbeitsvertrag bzw. Bestätigung eines Arbeitgebers vorlegen. Seitens der Arbeitsvermittlung lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in B die Vermittlungschancen der Antragstellerin zu 1) bei den in Betracht kommenden Berufen Service-, Verkaufs- und Hilfskraft besser seien als in B.

Mit Schreiben vom 25. August 2008 teilte die Antragstellerin zu 1) dem Antragsgegner mit, sie ziehe zum 01. Oktober 2008 mit ihrem Sohn, dem Antragsteller zu 2), nach B, und übersandte mit der Bitte um Bestätigung der Mietübernahme ein Wohnungsangebot betreffend eine Wohnung in der Sstraße in B zu einem Mietpreis von 280,43 EUR monatlich zzgl. Betriebskosten 86,36 EUR zzgl. Heizkosten 3,58 EUR monatlich, Gesamtmiete 370,37 EUR monatlich, zzgl. Heizkosten (Gas).

Mit Schreiben vom 26. August 2008 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1) daraufhin mit, für die Zustimmung zum Umzug und die Erteilung einer Kostenübernahme sei die bisher für sie zuständige ARGE in B zuständig. Zur Vorlage dort könne er mitteilen, dass das vorgelegte Wohnungsangebot Sstraße , B, mit einer Bruttomiete von 370,37 EUR zzgl. Heizkosten (Gas) für zwei Personen nach den Vorschriften des Landes B angemessen sei.

Ausweislich eines Schreibens der G vom 24. Oktober 2008 betrug die Abschlagszahlung für die Monate November 2008 bis Februar 2009 100,00 EUR monatlich.

Ausweislich eines Mietvertrages (ohne Datum) nebst diversen Zusatzvereinbarungen mietete die Antragstellerin zu 1) im Hause Sstraße in B ab dem 01. Oktober 2006 eine 1 2/2 Zimmer Wohnung mit einer Wohnfläche von 58,79 m² und einer Gesamtmiete (Miete und Vorauszahlung) in Höhe von 370,37 EUR monatlich.

Auf ihren Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern mit Bescheid vom 17. Oktober 2008 ab dem 01. Oktober 2008 bis 31. März 2009 Leistungen in Höhe von 798,50 EUR monatlich und legte hierbei Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 264,50 EUR (je 132,25 EUR mo-natlich für die Antragstellerin zu 1] und den Antragsteller zu 2]) zugrunde.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Antragsteller höhere Kosten der Unterkunft und Heizung unter Zugrundelegung der monatlichen Miete von 370,37 EUR zzgl. der Abschlagszahlung für Gas in Höhe von 100,00 EUR monatlich begehrten, wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2008 als unbegründet zurück. Die Antragsteller hätten bis einschließlich Monat September 2008 laufende Leistungen nach dem SGB II von der ARGE B unter Berücksichtigung von Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 264,50 EUR im Gesamtbedarf erhalten. Bereits mit Bescheid vom 07. August 2008 habe die ARGE Bden Antrag der Antragstellerin zu 1) auf Zustimmung zum Umzug nach B abgelehnt. Erhöhten sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, würden die Leistungen weiter nur in Höhe der bis dahin zu tragenden Aufwendungen gewährt. Da der Umzug nach Berlin nicht notwendig gewesen sei, seien bei den Berechnungen der Leistungen nach dem SGB II als Kosten für Unterkunft und Heizung die Unterkunftskosten der ehemals in B bewohnten Wohnung in Höhe von monatlich 264,50 EUR im Gesamtbedarf be-rücksichtigt. Im Übrigen entsprächen die Aufwendungen für die neue Wohnung auch nicht den Angemessenheitskriterien der AV Wohnen. Hiernach gelte für einen Zwei Personen Haushalt eine Wohnung mit einer Brutto Warmmiete von 444,00 EUR als Richtwert. Die Aufwendungen für die neue Wohnung beliefen sich jedoch auf 470,37 EUR monatlich und überstiegen diesen Richtwert. Am 17. Dezember 2008 erhoben die Antragsteller Klage vor dem Sozialgericht Ber-lin.

Auf einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verpflichtete das Sozialgericht Berlin mit Beschluss vom 14. Januar 2009 (S 43 AS 39037/08 ER) den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung, den Antragstellern zu 1) und 2) Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 08. Dezember 2008 bis 31. März 2009 vorläufig unter Berücksichtigung von 415,87 EUR monatlich als Kosten der Unterkunft und Heizung zu bewilligen. Eine hiergegen von dem Antragsgegner eingelegte Beschwerde verwarf das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg mit Beschluss vom 24. Februar 2009 (L 25 AS 211/09 B ER) als unzulässig.

Mit Bescheid vom 07. April 2009 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern zu 1) und 2) für den Folgezeitraum (01. April 2009 bis 30. September 2009) vorläufig Leistungen in Höhe von insgesamt 681,50 EUR monatlich und mit Änderungsbescheid vom 06. Juni 2009 für die Zeit vom 01. Juli 2009 bis 30. September 2009 in Höhe von 696,50 EUR monatlich und legte hierbei wiederum als Kosten der Unterkunft und Heizung einen monatlichen Betrag von insgesamt 264,50 EUR zugrunde.

Bereits am 27. April 2009 haben die Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für den Zeitraum ab dem 24. April 2009 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 415,87 EUR monatlich vorläufig zu bewilligen. Entgegen der Ansicht des Antragsgegners seien die zu übernehmenden Kosten der Unterkunft und Heizung nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der ab 01. August 2006 geltenden Fassung auf die Höhe der vor dem Umzug zu übernehmenden Aufwendungen begrenzt. Die Vorschrift gelte nur für einen Wohnungswechsel innerhalb des für die Bestimmung der Angemessenheit maßgeblichen örtlichen Bereichs, also üblicherweise innerhalb des jeweiligen Wohnortes.

Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 24. Juni 2009 den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellern zu 1) und 2) Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 24. April 2009 bis 30. September 2009 vorläufig zu bewilligen unter Berücksichtigung von 415,87 EUR monatlich für Kosten der Unterkunft und Heizung. Der Antragsgegner habe die Kosten der Unterkunft in beantragter Höhe über den bereits berücksichtigten Betrag von 264,50 EUR monatlich hinaus zu berücksichtigen. Das Gericht sei davon überzeugt, dass der beantragte Betrag von 415,87 EUR monatlich für einen Zwei Personen Haushalt jedenfalls nicht unangemes-sen hoch sei. Denn er liege deutlich unter dem Betrag, den der Antragsgegner selbst für einen Zwei Personen Haushalt für angemessen erachtet (444,00 EUR gemäß AV Wohnen). Im Übrigen spreche einiges dafür, dass nach der Produkttheorie des Bundessozialgerichts (BSG) möglicherweise sogar ein höherer Wert für angemessen erachtet werden könne. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass die Antragsteller ohne Zusicherung gemäß § 22 Abs. 2 SGB II von B nach B gezogen seien. Die Zusicherung gemäß § 22 Abs. 2 SGB II sei keine Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme der Aufwendungen, da das Zusicherungsverfahren lediglich Aufklärungs- und Warnfunktion habe. Der Anspruch der Antragsteller auf Leistungen für Kosten der Unterkunft sei auch nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II auf den Betrag von 264,50 EUR beschränkt. Die in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II normierte Deckelung der Unterkunftskosten auf die zuletzt bewilligten 264,50 EUR finde nach Überzeugung des Gerichts vorliegend keine Anwen-dung. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II sei teleologisch reduzierend dahingehend auszulegen, dass ein "Umzug" den Unterkunfts- bzw. Wohnungswechsel innerhalb der der jeweiligen aktuellen Wohnortgemeinde meine. Denn nach dem Sinn und Zweck der Regelung, die im Rahmen des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende mit Wirkung vom 01. August 2006 in das SGB II aufgenommen worden sei, hätten die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt werden sollen, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten zögen. Begriffsnotwendig könne ein "Ausschöpfen der örtlichen Angemessenheitsgrenzen" aber nur dann stattfinden, wenn jemand innerhalb desselben örtlichen Wohnungsmarktes umziehe, für den die maßgeblichen Grenzen der Angemessenheit nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bestimmt worden seien. Eine weitergehende Auslegung von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II würde außerdem dazu führen, dass diejenigen SGB II Leistungsempfänger, die in einer Region mit niedrigem Mietniveau lebten, schlechter gestellt wären, weil sie bei einem Umzug im Bundesgebiet an einen teureren Zuzugsort ge-zwungen wären, eine allenfalls unterdurchschnittliche Wohnung anzumieten, wenn sie unter diesen Umständen nicht ganz auf den Umzug verzichten wollten, während ein SGB II Leistungsempfänger aus einer Region mit hohem Mietniveau fast unbeschränkt wäre in seiner Auswahl einer neuen Unterkunft.

Gegen den dem Antragsgegner am 30. Juni 2009 zugestellten Beschluss hat dieser am 07. Juli 2009 Beschwerde bei dem Sozialgericht Berlin zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Er ist weiterhin der Auffassung, dass gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II nur Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 264,50 EUR bei der Berechnung der Leistungen nach dem SGB II zu berücksichtigen seien.

Der Antragsgegner beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2009 auf-zuheben und den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer
einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Die Antragsteller beantragen schriftsätzlich,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsteller sind der Auffassung, die zu übernehmenden Kosten der Unterkunft und Heizung seien nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der ab 01. August 2006 geltenden Fassung auf die Höhe der vor dem Umzug zu übernehmenden Aufwendungen begrenzt, da die
Vorschrift nur für einen Wohnungswechsel innerhalb des für die Bestimmung der Angemessenheit maßgeblichen örtlichen Bereichs, also üblicherweise innerhalb des jeweiligen Wohnorts, gelte. Die Rechtsprechung zur Kostenübernahme von Unterkünften bei Umzügen von einem örtlichen Bereich in einen anderen örtlichen Bereich sei fast einhellig der Auffassung, dass eine Deckelung der Unterkunftskosten auf die Höhe der ehemaligen Wohnung nicht möglich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten, der beigezogenen Verwaltungsakte der ARGE SGB II Stadt/AA B () sowie der Verwaltungsakte des Antragsgegners () Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.

Das Sozialgericht hat den Antragsgegner mit dem Beschluss vom 24. Juni 2009 zu Unrecht verpflichtet, den Antragstellern zu 1) und 2) Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 24. April 2009 bis 30. September 2009 vorläufig unter Berücksichtigung von 415,87 EUR monatlich für Kosten der Unterkunft und Heizung zu bewilligen.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, der der Antragsteller das Bestehen eines zu sichernden Rechts (den so genannten Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit ei-ner vorläufigen Regelung (den so genannten Anordnungsgrund) glaubhaft macht (§ 86 b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG , § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung ZPO ). Auch im Beschwerdeverfahren sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der
gerichtlichen Entscheidung maßgebend (OVG Hamburg NVwZ 1990, 975).

Es kann dahinstehen, ob vorliegend ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden ist, denn für die hier streitbefangene Zeit vom 24. April 2009 bis zum 30. September 2009 ist das Sozialgericht zu Unrecht von einem Anordnungsanspruch auf Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von 415,87 EUR monatlich für Kosten der Unterkunft ausgegangen.

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen erbracht (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der seit dem 01. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 - BGBl. I S. 2917).

Nach diesen Regelungen ist es zwar zutreffend, dass die begehrte höhere Leistung nicht bereits aufgrund einer fehlenden Zusicherung ausgeschlossen ist. Die Zusicherung zur Kostenübernahme der (höheren) Kosten bei einem Umzug ist keine Anspruchsvoraussetzung dafür, höhere Umzugskosten zu übernehmen (BSG, Urteil vom 07. November 2006 B 7 b AS 10/06 R in SozR 4 4200 § 22 Nr. 2 sowie juris Rz. 27).

Die Antragsteller haben aufgrund der Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II dennoch keinen Anspruch auf Übernahme höherer Kosten für Unterkunft und Heizung als die vom dem Antragsgegner bewilligten, weil die Erforderlichkeit des Umzuges der Antragsteller von B nach B für den Senat nicht ersichtlich ist.

Die Antragsteller haben nicht glaubhaft gemacht, dass der Umzug von B nach B im Oktober 2008 erforderlich war. Wann ein Umzug erforderlich bzw. nicht erforderlich ist, ergibt sich nicht aus dem Gesetzestext. Ob ein Umzug erforderlich ist, bestimmt sich danach, ob plausible, nachvollziehbare und verständliche Gründe vorliegen, von denen sich auch Nichthilfeempfän-ger leiten lassen würden (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 22 Rz. 84 m.w.N.). In der Gesetzesbegründung wird hierzu beispielsweise ausgeführt (BT Drs. 16/1410 S. 23 zu Nr. 21 Buchst. a): "Diese Begrenzung (des § 22 Abs. 1 S 2 SGB II) gilt insbesondere nicht, wenn der Wohnungswechsel zur Eingliederung in Arbeit oder aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen erforderlich ist."

Aus den Verwaltungsakten der ARGE SGB II Stadt/AA Bergibt sich in diesem Zusammenhang lediglich, dass die Antragstellerin zu 1) der Auffassung gewesen war, in B bessere Aussichten auf einen Arbeitsplatz im Service-, Verkaufs-Bereich und als Hilfskraft zu haben. Die Antragstellerin zu 1) hatte zum Zeitpunkt ihres Umzugs von B nach B jedoch weder einen Arbeitsvertrag noch ein konkretes Angebot eines Arbeitgebers in B gehabt. Die vage Hoffnung auf eine Verbesserung der Arbeitsmarktposition ist aber nicht ausreichend, die Erforderlichkeit eines Umzuges im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu bejahen (Berlit in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 22 Rz. 84 m.w.N.). Auch im gerichtlichen Verfahren haben die Antragsteller die Erforderlichkeit des Umzugs von B nach B in diesem Sinne nicht glaubhaft gemacht.

Da somit der Umzug nicht erforderlich gewesen ist, hat der Antragsgegner die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung der Antragsteller in B, Sstraße, zu Recht auf die vor dem Umzug von B nach B gewährten Kosten der Unterkunft und Heizung von 264,50 EUR monatlich für die in B bewohnte Wohnung begrenzt.

Ein anderes Ergebnis ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass die Antragsteller nicht innerhalb eines örtlichen Wohnungsmarktes umgezogen sind, sondern von einem Bundesland in ein an-deres, hier von Bayern nach Berlin, verzogen sind.

§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II sowohl in der seit dem 01. August 2006 geltenden Fassung des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 als auch in der seit dem 01. Januar 2009 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 9 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 gilt nicht nur für einen Wohnungswechsel innerhalb des maßgeblichen örtlichen Bereichs, d. h. innerhalb des jeweiligen Wohnorts, sondern auch für diejenigen Fälle, in denen der Hilfebedürftige den Wohnort wechselt.

Das BSG hat diese Frage in dem genannten Urteil vom 07. November 2006 (a. a. O., Rz. 27) ausdrücklich offen gelassen. Der in Teilen der Rechtsprechung und der Literatur vertretenen Auffassung, § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II finde nur Anwendung bei einem Umzug innerhalb
desselben örtlichen Wohnungsmarktes beziehungsweise der Wohnortgemeinde (in diesem Sinne LSG Niedersachsen-Bremen L 13 AS 168/07 ER , Beschluss vom 26. Oktober 2007, Rz. 19; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Juli 2008 L 7 AS 1300/08 , Rz. 28; in diesem Sinne wohl auch Hessisches LSG, Beschluss vom 19. März 2009 L 7 AS 53/09 B ER , Rz. 18 - alle zitiert nach juris; Krauß in Hauck-Noftz, SGB II-Kommentar K § 22 Rz. 95, Stand 27. Erg.Lfg.; Lang/Link, in Eicher/Spellbrink, SGB II-Kommentar, 2. Aufl., § 22 Rz. 47 b, 71a; Berlit in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 22 Rz. 51 m.w.N.), vermag sich der Senat nicht anzuschließen.

Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nicht entnehmen, dass diese nur bei einem Umzug innerhalb desselben örtlichen Wohnungsmarktes beziehungsweise der Wohnortgemeinde Anwendung finden soll. § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II lautet wie folgt: "Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen erbracht."

Der Gesetzestext verlangt mithin nicht, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nur dann auf die bisherigen vor dem Umzug bestehenden Kosten zu begrenzen sind, wenn die-ser Umzug innerhalb des örtlichen Wohnungsmarktes beziehungsweise der Wohnortgemeinde stattfindet. Dem insoweit allein als auslegungsfähig in Betracht zu ziehenden Wort "angemessenen" kann ein solcher Sinn nicht beigemessen werden.

Zur Begründung der Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II nur auf Umzüge innerhalb desselben Wohnungsmarktes wird im Wesentlichen ausgeführt, der Gesetzgeber habe durch die Neuregelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II (ab dem 1. August 2006, BGBl. I Seite 1706 ff.) nicht in das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 Grundgesetz eingreifen wollen und können (LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O.). Gegebenenfalls sei die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II teleologisch zu reduzieren, wenn der Betroffene in eine andere Wohnortgemeinde ziehe, weil er nicht gehindert werden dürfe, sein soziales Umfeld zu verlassen (vgl. Lang/Link, in Eicher/Spellbrink, SGB II-Kommentar, 2. Aufl., § 22 Rz. 47b).

Diese Begründungen sind nicht nachvollziehbar.

§ 22 Abs. 1 S. 2 SGB II kann nicht im Wege einer teleologischen Reduktion dahin ausgelegt werden, dass er nur für einen Umzug innerhalb desselben örtlichen Wohnungsmarktes, nicht aber für überörtliche Umzüge gilt. Eine solche teleologische Reduktion kann sich zur Überzeugung des Senats nicht auf den Willen des Gesetzgebers stützen (so auch LSG Berlin-Brandenburg – Urteil vom 10. September 2009 - L 34 AS 1724/08 – in sozialgerichtsbarkeit.de –sowie Kurztext in juris - ausdrücklich entgegen LSG Baden-Württemberg – Urteil vom 17. Juli 2008 - L 7 AS 1300/08 und LSG Niedersachsen-Bremen vom 26.10.2007- L 13 AS 168/07 ER ).

Für den Senat ist schon ein vermeintlicher Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit nach Art. 11 Grundgesetz (GG) nicht erkennbar.

Nach Art. 11 Abs. 1 GG genießen alle Deutschen Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet. Freizügigkeit im Sinne dieser Vorschrift umfasst das Recht, an jedem Ort innerhalb des Bundesge-bietes Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen, wozu die Einreise nach Deutschland zum Zweck der Wohnsitznahme und die Freizügigkeit zwischen Ländern, Gemeinden und innerhalb einer Gemeinde gehören (vgl. Durner, in Maunz-Dürig, Grundgesetz, Kommentar, Art. 11 Rz. 71, Jarass, in Jarass/Pieroth, GG, Kommentar, 10. Aufl. 2009, Art. 11 Rz. 2; BVerfG, Urteil vom 17. März 2004 - 1 BvR 1266/00 - in BVerfGE 110, 177 sowie juris Rz. 33 m. w. N.).

Hiernach liegt zur Überzeugung des Senats in der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II schon kein Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts auf Freizügigkeit gemäß Art. 11 GG vor, denn Hilfebedürftige, wie die Antragsteller zu 1) und 2), sind trotz der Beschränkung der Unterkunftskosten nicht gehindert, den Wohnort zu wechseln. Ein solcher Wohnortwechsel wird weder durch § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II untersagt, noch sind Sanktionen bei einem
Wohnortwechsel (beispielsweise durch Kürzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung) vorgesehen. § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II enthält vielmehr nur für den Fall eines nicht erforderlichen Umzugs die Regelung, dass hieraus entstehende höhere Kosten für Unterkunft und Heizung nicht der Solidargemeinschaft zur Last fallen sollen.

Selbst wenn man in der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II eine mittelbare Beeinträchtigung des Rechts auf Freizügigkeit des Art. 11 GG insoweit sehen würde, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige sich aus finanziellen Gründen an einem nicht erforderlichen Umzug gehindert sähen, weil höhere Kosten nach einem nicht erforderlichen Umzug durch die Solidargemeinschaft nicht übernommen werden, wäre dieser Eingriff gerechtfertigt. Hierzu hat bereits das Sozialgericht Braunschweig zutreffend ausgeführt (Beschluss vom 03. Juli 2008 - S 17 AS 1510/08 ER - Rz. 31 bis 33 – zitiert nach juris):

" ...Gemäß Art. 11 Absatz 2 GG kann die Freizügigkeit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes in den Fällen eingeschränkt werden, in denen eine ausreichende Lebensgrundlage nicht vorhanden ist und der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen würden. So kommt eine Einschränkung bei Personen in Betracht, die ihrem Lebensmindestbedarf nicht aus eigener Kraft sicherstellen können (BVerfG, Urteil vom 17. März 2004, 1 BvR 1266/00, BVerfGE 110, 177 ff. m.w.N.). Die Antragsteller können als Bezieher von Leistungen nach dem SGB II ihren Lebensmindestbedarf nicht aus eigener Kraft sicherstellen.

Bei der Feststellung, ob der Allgemeinheit daraus besondere Lasten entstehen, ist grundsätzlich auf den Einzelfall abzustellen (Durner in Maunz/Dürig, Komm. z. GG. Art. 11 Rdnr. 135). Jedoch ermöglicht Art. 11 Absatz 2, 1. Alt. GG dem Gesetzgeber auch eine Beschränkung des Grundrechts auf Freizügigkeit, wenn unterstützungsbedürf-tige Personen in anhaltend großer Zahl betroffen sind und daraus erhebliche Lasten entstehen (BVerfG, a.a.O.). Durch die maximale Ausschöpfung der festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum durch Leistungsbezieher nach dem SGB II entstünden erhebliche höhere Lasten. Diese zusätzliche Belastung wollte der Gesetzgeber vermeiden. Eine Reduzierung dieser Beschränkung auf Wohnungswechsel innerhalb eines Wohnortes lässt sich auch nicht aus dem Grund vornehmen, dass die Kosten der Unterkunft grundsätzlich von den Kommunen getragen werden und damit nur eine Reduzie-rung der Kosten für jede Kommune gesondert beabsichtigt war. Das ergibt sich schon allein daraus, dass gemäß § 46 Absatz 5 SGB II die Unterkunftskosten teilweise auch durch Bundesmittel finanziert werden.

Die Grundrechtseinschränkung ist auch insgesamt verhältnismäßig. So sind gegebenenfalls für Härtefälle Ausnahmen vorzusehen (BVerfG, a.a.O.). Dieses ist insbesondere notwendig, wenn die Beschränkung der Freizügigkeit gemäß Art. 11 Absatz 2, 1. Alt GG aus Gründen einer Vielzahl Unterstützungsbedürftiger erfolgt. Gemäß § 22 Absatz 1 Satz 2 SGB II wird ein Anspruch auf höhere angemessene Unterkunftskosten bei einem Umzug nicht generell ausgeschlossen. Vielmehr sind im Falle der Erforderlichkeit des Umzuges die höheren angemessenen Kosten zu übernehmen. Den Wohnungswechsel einer Erforderlichkeitsprüfung zu unterziehen, stellt eine verhältnismäßige, am Einzelfall orientierte Entscheidung über die Beschränkung der Freizügigkeit dar und ermöglicht die Berücksichtigung von härtefallbedingten Ausnahmen."

Der Senat schließt sich diesen Ausführungen des Sozialgerichts Braunschweig nach eigener Prüfung als ihn überzeugend an. Insoweit ist zu ergänzen, dass, anders als in dem vom BVerfG in der genannten Entscheidung vom 17. März 2004 zu beurteilenden Sachverhalt, es sich zudem bei von der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II betroffenen Hilfebedürftigen im Sinne des SGB II nicht um von Amts wegen an einen bestimmten Ort zugewiesene Personen handelt, sondern um solche Personen, die freiwillig an einem Ort wohnen und von dort an einen anderen Ort umziehen. Wenn jedoch die Einschränkung des Freizügigkeitsrechts schon bei Personen gerechtfertigt ist, die ihren Wohnort nicht selbstbestimmt und freiwillig gewählt haben, dann erst recht bei Personen, denen nicht zwangsweise ein Wohnort zugewiesen worden war.

Danach ist insbesondere ein Eingriff durch § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II in Art. 11 GG nicht festzustellen und daher eine einschränkende Auslegung nicht möglich oder gar geboten.

Darüber hinaus ist nach Ansicht des Senates ein einschränkendes Verständnis der Regelung auch mit den klassischen Auslegungsregelungen nicht in Einklang zu bringen.

Wie bereits dargestellt, spricht für ein solches Verständnis dieser Regelung nicht der klare Wortlaut des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II. Denn dieser unterscheidet ausdrücklich nicht zwischen einem Umzug innerhalb eines Wohnortes und dem Umzug in einen anderen Wohnort. Nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II ist daher diese Regelung ohne Einschränkungen auch auf Umzüge Hilfebedürftiger in einen anderen Ort anzuwenden.

Für ein solches Verständnis der Regelung sprechen zudem aber auch ihre Entstehungsgeschichte, ihr Zweck und die Gesetzessystematik.

Die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706) mit Wirkung zum 1. August 2006 eingeführt. Nach dem Gesetzesentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD vom 9. Mai 2006 (BT-Drucks. 16/1410) hätten die Erfahrungen gezeigt, dass das bestehende System fortentwickelt werden müsse (siehe Einleitung "A. Problem und Ziel"). Der Gesetzes-entwurf sollte dazu beitragen, den gesamten so genannten Hartz-IV-Prozess zuoptimieren, indem Regelungen zur Fortentwicklung des Leistungsrechts, zur Verbesserung der Verwaltungspraxis und zur Vermeidung von Leistungsmissbrauch geschaffen wurden. Hintergrund war insbesondere ein extremer Einstieg insbesondere der Unterkunftskosten.

Unter Berücksichtigung dieser Entstehungsgeschichte ist eine einschränkende Auslegung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB III nicht möglich. In der Entstehungsgeschichte sind keine Hinweise er-sichtlich, die eine solche Auslegung zulassen würden. Die Entstehungsgeschichte spricht vielmehr im Gegenteil dafür, alle Umzüge zur Erreichung der gesetzten Ziele (insbesondere Vermeidung von Leistungsmissbrauch) einzubeziehen.

Auch der Zweck der Regelung selbst spricht gegen eine einschränkende Auslegung.

Wie bereits erwähnt sollte durch den Gesetzesentwurf das SGB II insgesamt optimiert werden. Dies sollte insbesondere durch eine Fortentwicklung des Leistungsrechts, eine Verbesserung der Verwaltungspraxis und der Vermeidung von Leistungsmissbrauch erreicht werden.

Gerade die beiden zuletzt erwähnten Ziele sprechen für eine einheitliche Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II auf alle Umzüge erwerbsfähiger Hilfebedürftige. Es ist nicht nachvollziehbar, wie diese Ziele erreicht werden sollen, wenn Hilfebedürftige, die ihren Wohnortbezirk verlassen, ohne die Einschränkung dieser Regelung zusätzliche Kosten für die Unterkunft und Heizung erhalten. Denn hiermit würden eine Umgehungsmöglichkeit und damit gerade die Möglichkeit eines Leistungsmissbrauches geschaffen. Würde beispielsweise ein Leistungsempfänger sich an einem nicht erforderlichen Umzug innerhalb seines Wohnortbezirkes aufgrund der Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB III gehindert sehen, so könnte er diese Regelung umgehen, indem er zunächst seinen Wohnortbezirk verlässt um anschließend wieder zurück zu ziehen. Abgesehen davon, dass in einem solchen Fall durch den mehrfachen Umzug weitere Kosten anfallen würden, wäre ein solcher mehrfacher Umzug auch für die Verwaltungspraxis kontraproduktiv, weil er im Zweifel auch mit einem mehrfachen Wechsel des Leistungsträgers einhergehen würde. Für die Verwaltungspraxis wirkt es sich demgegenüber aber vereinfachend aus, wenn bei einem Umzug vor einer aufwändigen Ermittlung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung die Erforderlichkeit des Umzuges geprüft wird. Ist diese Erforderlichkeit nicht gegeben, so entfällt für die nunmehr zuständige Leistungsverwaltung eine (neue) aufwändige Ermittlung der angemessenen Kosten und es kann ohne weitere Ermittlungen auf die bisher festgestellte Kostenhöhe zurückgegriffen werden.

Aus der Begründung zu der Einfügung des Satzes 2 in § 22 Abs. 1 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 ergibt sich nichts anderes. Dort wird lediglich ausgeführt (BT Drs. 16/1410 S. 23 zu Nr. 21 Buchst. a): "Mit der Regelung werden die Kosten der Unterkunft und Heizung in den Fällen auf die bisherigen angemessenen Unterkunftskosten begrenzt, in denen Hilfebedürftige unter Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum in eine Wohnung mit höheren, gerade noch angemessenen Kosten ziehen ..." Hieraus ergibt sich keine Begrenzung des Anwendungsbereichs auf lediglich Umzüge innerhalb des örtlichen Woh-nungsmarktes und zwar auch nicht durch Bezug auf "den" kommunalen Träger (in diesem Sinne zwar LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Juli 2008 L 7 AS 1300/08 Rz. 28; anders aber zur Überzeugung des Senats zutreffend Sozialgericht Braunschweig, Beschluss vom 03. Juli 2008 S 17 AS 1510/08 ER Rz. 26 - zitiert nach juris). Vielmehr ist auch dieser Begründung der Kerngedanke zu entnehmen, dass höhere Kosten für Unterkunft und Heizung nur übernommen werden sollen, wenn hierfür sachliche Gründe vorliegen. Folgerichtig enthält die Begründung deshalb den weitergehenden Hinweis: "Diese Begrenzung gilt insbesondere nicht, wenn der Wohnungswechsel zur Eingliederung in Arbeit aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen erforderlich ist".

Aus der Einfügung des Wortes "angemessenen" nach den Worten "zu tragenden" in § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II durch das zum 01. Januar 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2917) ergibt sich ebenfalls nichts anderes. Die hierzu gegebene Gesetzesbegründung (BR Drs. 755/08 S. 83 zu Nr. 9) gibt für eine einschränkende Auslegung in dem genannten Sinne nichts her, wenn es dort heißt, dass die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchen-de eingeführte Begrenzung der Leistungen für Unterkunft und Heizung bei einem nicht erforderlichen Umzug auf Anregungen aus der Praxis dahingehend präzisiert werden, dass die Leistungen für die neue Unterkunft bei einem nicht erforderlichen Umzug auf die bisherigen angemessenen Kosten zu begrenzen sind. Eine Änderung in der Rechtslage zum 1. Januar 2009 ist danach nicht zu erkennen, sondern lediglich eine Klarstellung. Schon nach der oben genannten Gesetzesbegründung vom 9. Mai 2006 (BT-Drucks. 16/1410, zu Nr. 21 Buchst. a) sollten nur die bisher "angemessenen" Unterkunftskosten weiter zu zahlen sein.

Insofern ist schließlich außerdem auf die Gesetzessystematik hinzuweisen. § 22 SGB II betrifft insgesamt die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Im Absatz 1 S. 1 dieser Regelung ist der Grundsatz normiert, wonach nur die angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für Unter-kunft und Heizung als Leistung erbracht werden. Der S. 2 des 1. Absatzes enthält insoweit eine Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffes "angemessenen Kosten", als für den Sonderfall eines nicht erforderlichen Umzuges als angemessene Kosten die bisher angemessenen Kosten angesehen werden. Würde die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II nur auf Umzüge innerhalb eines Wohnortbezirkes angewendet, so hätte es nahe gelegen, diese weitere Einschränkung entsprechend klarzustellen.

Hierfür spricht auch die insgesamt recht komplexe Regelung des § 22 SGB II. Er enthält in insgesamt sieben Absätzen zahlreiche Regelungen zu den Kosten der Unterkunft, insbesondere zu Einschränkungen. Im Absatz 1 enthält er jedoch ausschließlich allgemeine Regelungen. Neben dem bereits erwähnten allgemeinen Grundsatz des Satzes 1 enthält er im Satz 3 eine Regelung für den Fall, dass die Kosten den angemessenen Umfang übersteigen und im Satz 4 eine Regelung für die Berücksichtigung von Rückzahlungen und Guthaben bei den Kosten der Unterkunft. Entsprechend ist es nahe liegend, dass auch der Satz 2 eine solche grundsätzliche Regelung enthält (nämlich für den Fall eines nicht erforderlichen Umzuges).

Abgesehen davon spricht auch die Systematik des § 22 SGB II insgesamt für ein nicht eingeschränktes Verständnis der Regelung. Bei einer Gesamtbetrachtung dieser Regelung wird klar, dass jede vom Leistungsempfänger beeinflussbare Kostenerhöhung nur unter bestimmten Bedingungen von der Solidargemeinschaft aufgefangen werden soll.

So ist beispielsweise nach Abs. 2 vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft eine Zusicherung des Leistungsträgers über die Kostenübernahme einzuholen, die nur zu erteilen ist, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft
angemessen sind.

Im Abs. 2a ist weiter geregelt, dass bei einem Umzug von Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Leistungen für Unterkunft und Heizung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres grundsätzlich nur erbracht werden, wenn eine Zusicherung des Leistungsträgers vorliegt. Auch zu dieser Zusicherung ist der Leistungsträger nur unter bestimmten Bedingun-gen verpflichtet.

Auch Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten werden nach Abs. 3 des § 22 SGB II nur übernommen, wenn der Umzug durch die kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung einer Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann.

Schulden aus dem Mietverhältnis können nach Abs. 5 nur übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft und zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist.

Auch dem Regelungsinhalt des § 22 SGB II insgesamt würde es somit widersprechen, wenn der S. 2 des Abs. 1 nur bei einem Umzug innerhalb des Wohnbezirkes Anwendung fände.

Abschließend ist schließlich auf verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf Art. 3 des Grundgesetzes bei einem eingeschränkten Verständnis des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II hinzuweisen.

Insofern ist zunächst anzumerken, dass in Literatur und Rechtsprechung im Rahmen der dort befürworteten einschränkenden Auslegung schon nicht von einheitlichen Begriffen ausgegangen wird. So stellt beispielsweise das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in seinem oben genannten Beschluss auf "denselben Wohnungsmarkt" ab, während andere (Lang/Link in Eicher/ Spellbrink, a.a.O.) auf die "aktuelle Wohnortgemeinde" oder das Gebiet "ein- und des-selben Leistungsträgers" (so wohl Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 27. Juni 2007, L 20 B 81/07 AS, zitiert nach juris) abstellen. Schon aus diesem Grund wäre eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund zu befürchten, weil die Anwendungsbereiche unterschiedlich weit gefasst werden.

Selbst wenn jedoch einheitlich auf einen bestimmten Bereich (beispielsweise auf die Wohnortgemeinde) abgestellt würde, so würde eine Verletzung des Gleichheitssatzes nach Art. 3 GG nahe liegen. Unterstellt, es würde als ein Verstoß gegen das Recht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Grundgesetz angesehen, wenn einem Leistungsempfänger durch die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB III ein Umzug in eine andere Wohnortgemeinde erschwert wird, so würde ein solcher Verstoß auch bei Leistungsbeziehern zu befürchten sein, die innerhalb einer Gemeinde umziehen. Denn wie bereits dargestellt, beinhaltet das Recht auf Freizügigkeit nicht nur das Recht die Wohnortgemeinde zu verlassen. Es beinhaltet vielmehr auch das Recht, seinen Wohnsitz an jedem Ort des Bundesgebietes zu nehmen. So genießt auch ein Leistungsempfänger der innerhalb der Wohnortgemeinde umzieht Freizügigkeit. Ein sachlicher Grund für die Unterscheidung, ob ein Leistungsempfänger nach einem Umzug nicht nur an einem anderen Ort wohnt, sondern auch in einem anderen örtlichen Wohnungsmarkt oder Wohnortgemeinde wohnt, ist nicht erkennbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochtenen werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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