L 5 AS 385/09 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 4 AS 2569/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 385/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
nichteheliche Lebensgemeinschaft - Vermutungstatbestände - Versorgung von Kindern
Der Beschluss des Soziagerichts Magdeburg vom 16. September 2009 wird abgeändert.

Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, der Antragstellerin zu 1. vorläufig weitere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II für September 2009 in Höhe von 397,11 EUR, für Oktober 2009 in Höhe von 425,47 EUR und für November 2009 in Höhe von 425,47 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern die notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge zu erstatten.

Gründe:
I.
Die Antragsteller und Beschwerdeführer begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II); insbesondere wehren sie sich gegen die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 1. und Herrn K.-D. M ...

Die 26-jährige Antragstellerin zu 1. ist die Mutter des vierjährigen Antragstellers zu 2. Sie trennte sich im Februar 2008 von ihrem Ehemann, dem Vater des Antragstellers zu 2., und bezog gemeinsam mit dem Antragsteller zu 2. eine 59 m² große Wohnung in O., für die eine monatliche Gesamtmiete von 414,00 EUR (Kaltmiete 264,00 EUR, Betriebskostenabschlag 72,00 EUR und Abschlag für Heizkosten einschließlich Wassererwärmung 78,00 EUR) zu entrichten ist.

In der Zeit vom 13. Juni 2008 bis zum 24. Mai 2009 bezog die Antragstellerin zu 1., die zuvor als Verkäuferin tätig war, Arbeitslosengeld I (Alg I) iHv 20,72 EUR täglich (monatlich 621,60 EUR). Für den Antragsteller zu 2. bezieht sie ein monatliches Kindergeld von 164,00 EUR. Der Antragsteller zu 2. erhält monatliche Unterhaltszahlungen seines Vaters iHv 230,00 EUR. Bis einschließlich Mai 2009 erhielten die Antragsteller noch Wohngeld iHv 76,00 EUR monatlich.

Mit Bescheid vom 11. Mai 2009 bewilligte die Antragsgegnerin der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum vom 1. Juni bis zum 30. November 2009 monatliche Leistungen iHv 560,70 EUR. Hiervon entfielen auf den Antragsteller zu 2. nach Anrechnung seines Kindergeld- und Unterhalteinkommens 11,76 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU), die die Antragsgegnerin in voller Höhe – gekürzt um einen Anteil für die Warmwasserbereitung – anerkannt hatte. Auf die Antragstellerin zu 1. entfielen 548,94 EUR. Als Bedarf der Antragstellerin zu 1. ging sie von 678,68 EUR aus (Regelleistung 351,00 EUR, Mehrbedarf Alleinerziehung 126,00 EUR, KdU 201,68 EUR). Davon setzte die Antragsgegnerin ein fiktives Unterhaltseinkommen iHv 288,67 EUR ab. Weil die Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft geringer waren als das zuvor bezogene Alg I, erhielt die Antragstellerin zu 1. noch einen befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II iHv 122,00 EUR.

Mit Änderungsbescheid vom 6. Juni 2009 erhöhte die Antragsgegnerin die Gesamtbewilligungssumme auf 575,70 EUR wegen der Erhöhung der Regelsätze ab dem 1. Juli 2009.

Mit am 13. August 2009 bei der Antragsgegnerin eingeganger Änderungsmitteilung erklärte die Antragstellerin zu 1. auf einem Formblatt, die Anzahl der Personen in der Bedarfsgemeinschaft habe sich ab 11. August 2009 geändert. Der 25-jährige K.-D. M. (M) sei eingezogen. Er sei erwerbsfähig und habe Einkommen. In der Folge übersandte die Antragstellerin zu 1. den Alg I-Bewilligungsbescheid für M über 17,71 EUR täglich für die Zeit vom 9. Juni 2009 bis zum 1. Juni 2010 (monatlich 531,30 EUR).

Daraufhin berechnete die Antragsgegnerin den Leistungsanspruch unter Einbeziehung von M als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft neu. Mit Bescheid vom 21. August 2009 bewilligte sie der nunmehr aus der Antragstellerin zu 1. und M bestehenden Bedarfsgemeinschaft einen monatlichen Gesamtbetrag von 232,40 EUR für die Monate September bis November 2009. An KdU legte sie 134,46 bzw. 134,47 EUR zugrunde. Das Einkommen des M werde auf die Leistungen der Antragstellerin zu 1. angerechnet. Zudem entfalle der Mehrbedarf für Alleinerziehung.

Mit Schreiben vom selben Tag hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur beabsichtigten teilweisen Aufhebung und Rückforderung der im August 2009 iHv 234,81 EUR zu Unrecht bezogenen SGB II-Leistungen an. Ab 11. August 2009 sei das Einkommen des neuen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft auf den Bedarf der Antragstellerin zu 1. anzurechnen, sodass sich ein geringerer Leistungsanspruch ergebe. Die Überzahlung habe die Antragstellerin zu 1. verursacht, weil sie die erhebliche Änderung in ihren persönlichen Verhältnissen verspätet angezeigt habe. Auf dem beigefügten Formblatt zur Anhörung erklärte die Antragstellerin zu 1. durch Ankreuzen, der aufgeführte Sachverhalt treffe zu.

Mit Schreiben vom 25. August 2009 legte die Antragstellerin zu 1. Widerspruch gegen den Bescheid vom 21. August 2009 ein. Die Leistungen seien fehlerhaft berechnet, denn sie erhalte – anders als ihr Sohn – von ihrem Ehemann keinen Unterhalt. Unter dem 3. September 2009 stellte die Antragstellerin zu 1., nunmehr vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) zur bestandskräftigen Leistungsbewilligung ab Juni 2009 und verwies auf den tatsächlich nicht gezahlten Unterhalt. Zum Widerspruch führte sie ergänzend aus, sie habe den Einzug des M mitgeteilt; zu Recht sei der auf ihn entfallende KdU-Anteil berücksichtigt worden. Es bestehe keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Zwar lebten sie beide mit dem Antragsteller zu 2. zusammen, jedoch übernehme M keine Versorgungs-, Betreuungs- oder Erziehungsleistungen.

Mit Änderungsbescheid vom 9. September 2009 hat die Antragsgegnerin den Leistungsanspruch für Juni und Juli 2009 ohne Anrechnung von Unterhaltseinkommen der Antragstellerin zu 1. neu berechnet und somit dem Überprüfungsantrag entsprochen.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 9. September 2009 hat die Antragsgegnerin für die aus der Antragstellerin zu 1. und M bestehende Bedarfsgemeinschaft im Zeitraum von September bis November 2009 nunmehr monatliche Leistungen iHv 369,07 EUR bewilligt. Auf die Antragstellerin entfallen hiervon Regelleistungen iHv 50,08 EUR und KdU iHv 134,45 EUR. Zur Begründung gab sie an, der Trennungsunterhalt sei weggefallen, damit sei der Zuschlag nach § 24 SGB II entfallen.

Bereits am 3. September 2009 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Magdeburg (SG) um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und beantragt, ihnen Leistungen ohne Anrechnung eines Unterhaltseinkommens der Antragstellerin zu 1. und ohne Anrechung des Einkommens von M zu gewähren. M sei nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Es treffe keiner der gesetzlichen Vermutungsgründe zu. Es bestehe keine wechselseitige Vermögensverfügungsbefugnis. Die Streichung des Alleinerziehungszuschlags sei fehlerhaft. Die Antragstellerin zu 1. benötige dringend weitere Leistungen, da sie den Lebensunterhalt im September 2009 nicht bestreiten könne.

Auf Nachfrage des SG hat die Antragstellerin zu 1. ausgeführt, in der Wohnung habe der Antragsteller zu 2. ein Kinderzimmer. Das Schlafzimmer, Küche und Bad nutzten M und sie gemeinsam. M stamme auch aus Oebisfelde, sie kenne ihn von früher. Sie seien vor ca. neun Jahren schon einmal befreundet gewesen. Es sei ein lockerer Kontakt geblieben. M habe zwischenzeitlich in Sangerhausen gelebt. Nach seiner Trennung von seiner Ehefrau sei wieder ein intensiverer Kontakt entstanden. Bei Familienbesuchen in Oebisfelde habe M auch sie besucht. M habe nach Oebisfelde zurückkehren und eine eigene Wohnung anmieten wollen. Die örtliche Wohnungsbaugesellschaft habe ihm aber wegen alter Mietschulden keine Wohnung vermieten wollen. M habe zunächst bei Verwandten oder Freunden übernachtet, da er seine Wohnung in Sangerhausen aufgegeben hatte. Nachdem sich dieser Zustand hingezogen habe, habe sie angeboten, M aufzunehmen. Dies sei zu einem so frühen Zeitpunkt nach Wiederaufleben der Beziehung nicht beabsichtigt gewesen. Aufgrund der Notlage des M habe sie erklärt, man könne es jetzt schon mit dem gemeinsamen Wohnen versuchen.

Die Antragsgegnerin hat das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bejaht: § 7 Abs. 3a SGB II sei nicht abschließend. Für ein Eingreifen der Vermutung müsse eine umfassende Abwägung der Lebensumstände erfolgen. Die Antragstellerin zu 1. und M sähen sich als Paar, nutzten die Wohnung gemeinsam. Sie seien schon einmal liiert gewesen, der Kontakt sei nie abgebrochen. Allein die Einlassungen der Antragstellerin zu 1. könnten nicht maßgeblich sein. Wenn – wie hier – faktisch ein Zusammenleben wie in einer Ehe praktiziert werde, müssten auch entsprechende Einstandspflichten in Kauf genommen werden.

Im Rahmen des Erörterungstermins vor dem SG am 15. September 2009 hat die Antragstellerin zu 1. erklärt, sie habe M zu Ostern 2009 wieder getroffen. Sie seien vor einigen Jahren schon einmal für zwei Jahre zusammen gewesen, hätten sich dann aber getrennt. Im Juni 2009 habe M sie öfters an den Wochenenden besucht und ab diesem Zeitpunkt auch versucht, in Oebisfelde wieder eine Wohnung zu finden. Seit dem 17. Juli 2009 seien sie wieder zusammen. Sie wollten es einfach noch mal probieren. Mit der Wohnungssuche des M habe es nicht geklappt, da noch Mietschulden offen gewesen seien. Sie habe dann irgendwann die Nase voll gehabt und gesagt, er könne auch bei ihr einziehen, sie könnten das ja versuchen. Am 11. August 2009 sei er dann eingezogen. Ihr Sohn verstehe sich gut mit ihm, sodass sie diesbezüglich nicht mehr so große Probleme gesehen habe. Sie seien auch öfters zu dritt auf dem Spielplatz. Die Antragstellerin zu 1. hat den gemeinsamen Tagesablauf geschildert. Sie bringe ihren Sohn in den Kindergarten und hole ihn auch von dort immer allein ab. Einmal habe M das gemacht, als sie wegen einer ambulanten Krankenhausbehandlung verhindert gewesen sei. Lebensmitteleinkäufe zahle größtenteils sie, zum Teil auch M. An Miete gebe er das dazu, was er zahlen könne. Er habe jedoch noch viele Ausgaben ringsherum, sodass nicht viel übrig bleibe. Von den Stromkosten zahle er die Hälfte.

Von einer Vernehmung des M als Zeugen hat das SG im Erörterungstermin abgesehen. Er hat auf Befragen erklärt, Alg I iHv 531,30 EUR monatlich zu erhalten.

Mit Beschluss vom 16. September 2009 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt. Der Antrag sei als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 21. August 2009 auszulegen. Denn die nunmehr begehrten Leistungen habe die Antragsgegnerin bereits mit Bescheid vom 11. Mai 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. Juni 2009 bewilligt, sodass es einer weiteren Regelungsanordnung nicht bedürfe. Der Antrag sei jedoch nicht begründet, denn der Bescheid vom 21. August 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. September 2009 sei überwiegend rechtmäßig und verletze die Antragsteller nicht wesentlich in ihren Rechten. Zwar habe die Antragstellerin zu 1. einen Anspruch auf Bewilligung von weiteren 29,47 EUR monatlich. Die Höhe des Zahlungsanspruchs rechtfertige jedoch nicht die Anordnung der aufschiebende Wirkung des Widerspruches. Es sei der Antragstellerin zu 1. zuzumuten, das Hauptsacheverfahren abzuwarten. Der Antragsteller zu 2. habe keinen Zahlungsanspruch. Es sei von einer eheähnlichen Gemeinschaft und daher einer Bedarfsgemeinschaft auszugehen, weil die gesetzliche Vermutungstatsache des § 7 Abs. 3a Nr. 3 SGB II erfüllt sei. Die Antragstellerin zu 1. und M versorgten gemeinsam im Haushalt ein Kind, den Antragsteller zu 2. Es werde ein gemeinsamer Haushalt geführt und aus einem Topf gewirtschaftet. Jeder bezahle das, was er könne. Dies gelte sowohl für die Lebensmittel als auch für die Miete sowie die Stromkosten. Der eintägige ambulante Krankenhausaufenthalt der Antragstellerin zu 1. verdeutliche, dass M bereit sei, für sie Verantwortung zu übernehmen und für sie einzustehen. Es handle sich um ein normales Familienleben, in dem versucht werde, so viel Zeit wie möglich gemeinsam zu verbringen. Einen Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende habe die Antragstellerin zu 1. seit dem Einzug von M nicht mehr, denn dieser beteilige sich in einem nicht unerheblichen Maß an der Pflege und Erziehung des Antragstellers zu 2. Einen Anspruch auf Zahlung eines befristeten Zuschlags habe die Antragstellerin zu 1. nicht mehr.

Gegen den ihnen am 21. September 2009 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am 21. Oktober 2009 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führen sie aus, keiner der Vermutungstatbestände in § 7 Abs. 3a SGB II sei erfüllt. Eine gemeinsame Versorgung des Antragstellers zu 2. erfolge nicht. Eine gemeinsame Verantwortung für das Kind bestehe nicht. M sei nur in einer Notsituation als Betreuungsperson eingesprungen. Die hälftige Beteiligung des M an den Stromkosten beruhe darauf, dass er sich wegen eines finanziellen Engpasses (Leistungskürzung beim Alg I) nicht weitergehend an den Kosten habe beteiligen können. Die Beziehung zwischen der Antragstellerin zu 1. und M befinde sich im Frühstadium; möglicherweise entwickle sie sich zu einer Verantwortungsgemeinschaft. Derzeit kümmere sich M vornehmlich um seine eigenen wirtschaftlichen Belange und sei im Kontakt zum Antragsteller zu 2. eher zurückhaltend.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. September 2009 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege einstweiligen Rechtschutzes zu verpflichten, ihnen für die Zeit ab dem 1. September 2009 bis zum 30. November 2009 höhere Leistungen nach dem SGB II, insbesondere ohne Anrechnung des Einkommens von Herrn K.-D. M., sowie einen Mehrbedarf für Alleinerziehende zu zahlen.

Die Antragsgegnerin hat sich zum Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§§ 173, 172 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 iVm § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 750,00 EUR, wie sich bereits aus dem Tenor ergibt.

Vorliegend ist die zutreffende Rechtsschutzform eine Kombination aus der Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen den Bescheid vom 21. August 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 9. September 2009 gemäß § 86b Abs. 1 SGG und dem Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG in Form der Regelungsanordnung. Denn die Antragsteller begehren nicht (nur) das Wiederaufleben der bestandskräftigen Regelung für die Monate September bis November 2009 (mit Bescheid vom 11. Mai 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 6. Juni 2009), sondern darüber hinausgehende Leistungen und damit die Erweiterung ihres Rechtskreises. Das Schwergewicht des Rechtsschutzbegehrens liegt hier in der einstweiligen Anordnung, weil die bestandskräftige Regelung die tatsächliche und rechtliche Lebenssituation der Antragsteller nicht zutreffend abbildet. Die einstweilige Anordnung verdrängt insoweit die grundsätzlich vorrangige Aussetzung des Vollzugs.

Es gibt für den vom 1. Juni bis zum 30. November 2009 laufenden Bewilligungszeitraum bereits eine bestandskräftige Entscheidung der Antragsgegnerin in Form des Bescheides vom 11. Mai 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 6. Juni 2009. Diese ist durch den Bescheid der Antragsgegnerin vom 21. August 2009 und den Änderungsbescheid vom 9. September 2009 abgeändert worden. Üblicherweise erfolgt in einem solchen Fall, soweit in der Hauptsache lediglich die Erhebung einer Anfechtungsklage erforderlich wäre, die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes über § 86b Abs. 1 SGG durch eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung des eingelegten Rechtsbehelfs (hier Widerspruch).

Jedoch würde allein die Erhebung einer Anfechtungsklage dem Rechtsschutzziel der Antragsteller nicht gerecht. Sie begehren mehr, als ihnen durch die bestandskräftigen Bewilligungsbescheide, die – auch nach Auffassung der Antragsgegnerin – teilweise rechtswidrig waren, gewährt worden war. Zu Unrecht hatte die Antragsgegnerin bei der ursprünglichen Bewilligung ein Unterhaltseinkommen der Antragstellerin zu 1. berücksichtigt. Dadurch wurde fehlerhaft eine zu geringe Regelleistung und (voraussichtlich) ebenfalls zu Unrecht ein Zuschlag nach § 24 SGB II bewilligt. Dies hat auf den Überprüfungsantrag vom 3. September 2009 hin zum Erlass der Änderungsbescheide vom 9. September 2009 geführt. Damit hat die Antragsgegnerin zum einen für die Monate Juni und Juli 2009 den bestandskräftigen Bewilligungsbescheid vom 11. Mai 2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. Juni 2009 für die vorgenannten beiden Monate vollständig ersetzt. Zum anderen hat sie die Leistungsbewilligung für den Zeitraum von September bis November 2009 abgeändert und auf der Grundlage des hier streitigen Änderungsbescheides vom 21. August 2009 eine weitere Änderung vorgenommen, die zu einer Erhöhung der Leistungen geführt hat. Zwar hat die Antragsgegnerin diesen zweiten Bescheid vom 9. September 2009 nicht als Reaktion auf den Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X bezeichnet. Gleichwohl ist in der Sache dadurch sowie durch den Änderungsbescheid vom 21. August 2009 der ursprüngliche, bestandskräftige Bewilligungsbescheid nunmehr vollständig ersetzt worden.

In der aktuellen Prozesssituation verbleibt daher nach Änderung der tatsächlichen Verhältnisse durch Einzug des neuen Partners in die Wohnung kein weiterhin zutreffender Regelungsbestandteil der ursprünglichen Bewilligung, dessen aufschiebende Wirkung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens angeordnet werden könnte: Die KdU haben sich durch den Einzug des Partners verringert. Dadurch ist der Antragsteller zu 2. aus der Bedarfsgemeinschaft mit der Antragstellerin zu 1. ausgeschieden. Die Regelleistung (inklusive Mehrbedarf) für die Antragstellerin zu 1. war fehlerhaft berechnet und ist nach dem Überprüfungsantrag erhöht worden (Bescheid vom 9. September 2009). Durch diese erheblichen Veränderungen in der Leistungsbewilligung ist der Rechtsgrund für den im ursprünglichen Bewilligungsbescheid noch gewährten befristeten Zuschlag nach § 24 SGB II iHv 122,00 EUR/Monat, welcher zur eigentlichen Leistungsbewilligung akzessorisch ist, entfallen.

Insoweit hat sich für den Leistungsanspruch im hier streitigen Zeitraum von September bis einschließlich November 2009 der Regelungsgehalt der ursprünglichen Bewilligung weitgehend erledigt, sodass im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur noch im Hinblick auf die der Antragstellerin zu 1. (in zu geringer Höhe) bewilligten monatlichen Regelleistung (inklusive Mehrbedarfe iHv 237,57 EUR) möglich wäre.

Der begehrte weitergehende einstweilige Rechtsschutz kann daher im vorliegenden Fall nur über eine einstweilige Anordnung in Form der Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erreicht werden. Zur Vereinfachung und im Interesse der Vollstreckbarkeit des Tenors ist dieser allein nach Art einer einstweiligen Anordnung gefasst.

Nach 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Das Rechtsmittel des einstweiligen Rechtsschutzes hat vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) die Aufgabe, in den Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung in dem grundsätzlich vorrangigen Verfahren der Hauptsache zu schweren und unzumutbaren, nicht anders abwendbaren Nachteilen führen würde, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002, Az.: 1 BvR 1586/02, NJW 2003, S. 1236 und vom 12. Mai 2005, Az.: 1 BvR 569/05, Breithaupt 2005, S. 803).

Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrundes (also die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruches (hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsachen nicht die volle richterliche Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Rechtsbehelfs- bzw. Rechtsmittelverfahrens getroffen werden, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für als gegen die Richtigkeit der Angaben spricht (vgl. Keller in Meyer-Ladwig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 86b Nr. 16d).

Hier ist ein Anordnungsanspruch für die geltend gemachten höheren vorläufigen Leistungen in Bezug auf die Antragstellerin zu 1. glaubhaft gemacht. Sie hat mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit dargelegt, dass sie hilfebedürftig iSv § 9 Abs. 1 SGB II ist und mit ihrem Partner keine Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II besteht.

Für den Antragsteller zu 2. besteht hingegen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Er ist nicht hilfebedürftig iSv § 9 Abs. 1 SGB II, weil er seinen Bedarf aus seinen Einkünften decken kann.

Nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Berechtigt, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu erhalten, sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Erwerbsfähig ist nach § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Die im streitgegenständlichen Zeitraum 26 Jahre alte Antragstellerin zu 1. erfüllt die oben genannten Voraussetzungen. Sie ist im passenden Alter sowie erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland.

Sie ist auch hilfebedürftig in dem von ihr geltend gemachten Umfang. Nach § 7 Abs. 2 SGB II erhalten Leistungen auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Zur Bedarfsgemeinschaft im vorgenannten Sinne gehören der erwerbsfähige Hilfebedürftige und u.a. gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.

§ 7 Abs. 3a SGB II stellt eine gesetzliche Vermutung für das Vorhandensein eines wechselseitigen Willens, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen auf, wenn Partner

1. länger als ein Jahr zusammenleben, 2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, 3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

Darlegungspflichtig für das Vorliegen der Vermutungstatsachen sowie weiterer Indizien ist die Antragsgegnerin (so für die Vermutung einer Haushaltsgemeinschaft nach § 9 Abs. 5 SGB II: BSG, Urteil vom 27. Januar 2009, Az.: 14 AS 6/08 R, m. w. Nachw.). Entgegen der Auffassung des SG hält der Senat den der Antragsgegnerin obliegenden Nachweis der Indiztatsachen für einen Einstandswillen nicht für erbracht.

Im vorliegenden Fall ist auf der Grundlage der Angaben der Antragstellerin zu 1. für das SG keine der Varianten für das Vorliegen der gesetzlichen Vermutung erfüllt. Der Vermutungstatbestand der Nr. 1 setzt ein Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt voraus, das länger als ein Jahr dauert. Damit hat der Gesetzgeber der Beziehung zwischen zwei potenziellen Partnern quasi ein Jahr zugebilligt, um festzustellen, ob sie füreinander einstehen wollen. Die Antragstellerin zu 1. lebt im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats erst seit vier Monaten mit ihrem Partner in einer Wohnung zusammen. Sie haben gemeinsam keine Kinder. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin zu 1. oder ihr Partner befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des jeweils anderen zu verfügen, liegen nicht vor.

Auch greift insoweit die gesetzliche Vermutung der Nr. 3 nicht, wenn Kinder, d.h. der Antragsteller zu 2., im Haushalt (gemeinsam) versorgt werden.

Soweit das SG in der angegriffenen Entscheidung zum dem Ergebnis gelangt ist, die Vermutungstatsache des § 7 Abs. 3a Nr. 3 SGB II sei erfüllt, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Im Erörterungstermin hat die Antragstellerin zu 1. ausgeführt, sie allein sei für die Versorgung und Erziehung des Antragstellers zu 2. zuständig. Sie hat lediglich erklärt, dass bislang – zum Zeitpunkt des Erörterungstermins lebten die Antragstellerin zu 1. und ihr Partner seit einem Monat zusammen – M den Antragsteller zu 2. einmal aus dem Kindergarten abgeholt habe.

Das einmalige "Einspringen" des Partners bei der Versorgung des Kinds und der weitere Umstand, dass die von der Antragstellerin zu 1. zubereiteten Mahlzeiten gemeinsam eingenommen werden, reichen nach Auffassung des Senats nicht aus, um das Merkmal "Partner versorgen Kinder im Haushalt" (gemeinsam) zu bejahen. Auch wenn sich der Partner am Zubettbringen des Antragstellers zu 2. beteiligen sollte, bedeutet dies nicht, dass dadurch die Antragstellerin zu 1. nachhaltig in ihren Erziehungsaufgaben unterstützt wird. Schon das hier praktizierte familienähnliche Zusammenleben schließt eine Beteiligung des Partners an derartigen Aufgaben ein, ohne dass daraus ein besonderes Verantwortungsgefühl ableitbar wäre. Dasselbe gilt für den Umstand, dass Unternehmungen zu dritt erfolgen, bzw. in Anwesenheit und mit Beteiligung des Partners. Dies lässt nicht zwangsläufig darauf schließen, dass M einen wesentlichen Anteil an der Versorgung des Antragstellers zu 2. übernommen hat. Dies gilt auch für die von der Antragstellerin zu 1. geschilderten gemeinsamen Besuche auf dem Spielplatz zu dritt. Möglicherweise geht es dem Partner insoweit vorrangig um das Zusammensein mit der Antragstellerin zu 1. Wenn M allein mit dem Antragsteller zu 2. den Spielplatz besuchte, wäre eher dies ein Anhaltspunkt für eine Übernahme eigenständiger Sorgeanteile. Solche Feststellungen hat das SG aber nicht getroffen.

Der Senat verkennt nicht, dass auch bei Personen, die keine der Vermutungstatbestände des § 7 Abs. 3a SGB II erfüllen, etwa weil sie (deutlich) kürzer als ein Jahr zusammenleben, eine Einstehensgemeinschaft bestehen kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Partner in dem Bewusstsein einen gemeinsamen Haushalt begründen, nunmehr Verantwortung füreinander tragen zu wollen.

Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II muss ein Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt dann so erfolgen, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Willen anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Für die Annahme einer solchen Partnerschaft bedarf es jedoch entsprechender Feststellungen. Es müssen besonders gewichtige Gründe oder völlig eindeutige Indiztatsachen vorliegen, um bei einem sehr kurzen Zusammenleben von einer Einstandsgemeinschaft ausgehen zu können.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in seinen Entscheidungen zu eheähnlichen Gemeinschaften (vgl. Urteil vom 27. Januar 2009, Az.: B 14/7b AS 14/07 R, SGb 2009, 154; Urteil vom 13. November 2008, Az.: B 14 AS 2/08 R, SGb 2009, 32; Urteil vom 17. Oktober 2002, Az.: B 7 AL 96/00 R, BSGE 90, 90) betont, dass an das Vorliegen einer solchen Einstandsgemeinschaft strenge Anforderungen zu stellen sind. Ansonsten könnten Regelungen des SGB II, die nicht den Kriterien des Unterhaltsrechts folgen, sondern über diese hinausgehen, gegen verfassungsrechtliche Grundsätze verstoßen. Denn nur bei familienhaften Beziehungen dürfe der Gesetzgeber typisierend davon ausgehen, dass die Verteilung der für das Existenzminimum der einzelnen Personen notwendigen Leistungen entsprechend der individuellen Bedarfe erfolgt. Dabei dürfe er auch einen gegenseitigen Willen, für einander einzustehen, voraussetzen, der über bestehende Unterhaltspflichten hinausgeht (vgl. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009, RN 27). Nur wenn eine solche familienhafte oder eheähnliche Konstellation vorliegt, ergebe sich aus dem das SGB II bestimmenden Grundsatz der Subsidiarität (§ 3 Abs. 3 SGB II), dass zur Überwindung einer Notlage zunächst der Partner einer ehelichen oder vergleichbaren Lebensgemeinschaft in Anspruch zu nehmen ist, bevor staatliche Hilfe gewährt wird.

Ein solches Gewicht erreichen die im vorliegenden Fall für den Senat erkennbar vorhandenen Indiztatsachen nicht. Die für eine Familie klassische Wohnungsaufteilung und -nutzung (Elternschlafzimmer, Kinderzimmer, gemeinsames Wohnzimmer) und der Anschein eines sog. normalen Familienlebens belegen nicht ohne weiteres einen ernsthaften Bindungswillen. Auch das Bestreben, so viel Zeit wie möglich miteinander zu verbringen, spricht eher für eine junge Beziehung als für einen besonderen Bindungswillen. Dass gemeinsam eingekauft, gekocht und gegessen wird, ist ebenfalls ein Aspekt des familienähnlichen Zusammenlebens und keine eindeutige Hinweistatsache. Dass M einmal die Betreuung des Antragstellers zu 2. übernommen hat, bedeutet nicht, dass er generell bereit ist, für die Antragstellerin zu 1. Verantwortung zu übernehmen und für sie bei der Erfüllung ihrer Erziehungspflichten einzustehen. Bei lebensnaher Betrachtung lässt sich diesem Verhalten nur die Bereitschaft entnehmen, ausnahmsweise bei der Bewältigung einer Betreuungslücke zu helfen.

Auch das von der Antragsgegnerin herangezogene Indiz, die Antragstellerin zu 1. und ihr Partner seien bereits in der Vergangenheit befreundet waren, lässt in der vorliegenden Konstellation nicht auf einen ernsthaften Bindungswillen schließen. Dabei kann dahin stehen, ob die gemeinsame Beziehung vor neun Jahren bestand, wie dies der Prozessbevollmächtigte im Schriftsatz vom 8. September 2008 (Seite 2, dritter Absatz) ausgeführt hat, oder "vor einigen Jahren", wie die Antragstellerin zu 1. im Erörterungstermin geschildert hat. Jedenfalls dürfte diese Beziehung zu einer Zeit vor der Geburt des Antragstellers zu 2. bestanden haben und damit mindestens fünf Jahre zurückliegen. Die Antragstellerin zu 1. kann maximal 21 Jahre und M 20 Jahre alt gewesen sein. Einzelheiten zur Intensität der damaligen Beziehung oder zum Zusammenwohnen sind nicht bekannt. Daher lässt sich aus dem Umstand der vormaligen Beziehung nicht schließen, dass bei beiden Partnern nunmehr bereits ab Einzug des Partners ein Einstandswille besteht, weil sie wussten, "worauf sie sich einlassen". Nach den von der Antragstellerin zu 1. im Erörterungstermin geschilderten Umständen erscheint es eher naheliegend, dass der Einzug mehr der Wohnungsnot des M geschuldet als das Ergebnis einer wohl abgewogenen, gemeinsamen Entscheidung war.

In dieser Gesamtsituation kommt auch dem Umstand, dass die Antragstellerin zu 1. in der vorgedruckten Änderungsanzeige der Antragsgegnerin angekreuzt hat, die Anzahl der Personen in der Bedarfsgemeinschaft habe sich geändert, und Angaben zum Einzug des Partners gemacht hat, kein eigenständiger Erklärungswert zu. Zum einen war im Vordrucktext der Einzug eines Mitbewohners nicht vorgesehen; zum anderen hat die Antragstellerin zu 1. die rechtlichen Voraussetzungen für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft wohl nicht abschätzen können.

Es lässt sich im vorliegenden Fall anhand der bisherigen Angaben der Antragstellerin zu 1. gerade nicht feststellen, dass ein gegenseitiger Wille besteht, in einer Weise füreinander einzustehen, die unterhaltsrechtliche Folgen auslöst, die denen einer Eheschließung entsprechen. Es kann daher nicht von einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Antragstellerin zu 1. und ihrem Partner nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II ausgegangen werden.

Es ist daher für die Antragstellerin zu 1. eine Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der derzeit gültigen Fassung anzusetzen, die 359,00 EUR/Monat beträgt.

Zudem hat die Antragstellerin zu 1. Anspruch auf Gewährung eines Mehrbedarfs für Alleinerziehende gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II. Denn nach den obigen Ausführungen kann nicht festgestellt werden, dass M wesentliche Anteile an der Erziehung des Antragstellers zu 2. übernimmt. Sie wird dadurch nicht so nachhaltig unterstützt, wie es typischerweise ein in Haushaltsgemeinschaft lebender Elternteil tun würde. Die einmalige Übernahme der Betreuung des Antragstellers zu 2. hat keine Indizwirkung für den Umfang der Erziehungsleistung. Der Mehrbedarf für Alleinerziehung ist iHv 36 % des Eckregelsatzes, d.h. iHv 129,24 EUR anzunehmen.

Zum Bedarf der Antragstellerin zu 1. gehören auch die auf sie entfallenden KdU. Die Unterkunftskosten iHv 414,00 EUR für die von den drei Personen bewohnte Wohnung sind angemessen und nach Kopfteilen aufzuteilen (vgl. BSG, Urteil v. 25. Juni 2008, B 11 b AS 45/06 R, zitiert nach juris). Es ergibt sich ein Kopfanteil von 138,00 EUR. Von diesem Betrag ist der im Regelsatz enthaltene Anteil für die Kosten der Wassererwärmung abzuziehen, denn diese erfolgt ausweislich des Mietvertrages über die Zentralheizung (vgl. BSG, Urteil v. 27. Februar 2008, Az.: B 14/11b AS 15/07 R, zitiert nach juris). Der Regelsatzanteil für die Wassererwärmung beträgt für die Antragstellerin 6,47 EUR (für den Antragsteller zu 2., der ein monatliches Sozialgeld gemäß § 28 Abs. 1 und 3 SGB II iHv 60% des Eckregelsatzes erhielte (215,40 EUR), beträgt er 3,88 EUR). Der Gesamtbedarf der Antragstellerin zu 1. beträgt somit 619,77 EUR.

Die Beschwerde des Antragstellers zu 2. war zurückzuweisen, weil dieser nach den obigen Ausführungen im hier streitgegenständlichen Zeitraum keinen eigenen Leistungsanspruch gegen die Antragsgegnerin hat.

Im streitigen Zeitraum ist der Antragsteller zu 2. nicht Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, denn er ist in der Lage, seinen Bedarf iHv insgesamt 349,52 EUR (215,40 EUR Sozialgeld und 134,12 EUR KdU) aus seinem Unterhaltseinkommen iHv 230,00 EUR und dem auf ihn entfallenden Kindergeld iHv 164,00 EUR zu decken. Das Einkommen ist – jedenfalls für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – nicht um eine Versicherungspauschale iHv 30,00 EUR zu reduzieren. Denn der eigene Unterhalt von Versicherungen durch den Antragsteller zu 2) ist nicht vorgetragen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Alg II-V in der hier maßgeblichen, seit dem 1. August 2009 geltenden Fassung). Nach vollständiger Deckung seines Bedarfs verbleibt ein nicht zur Bedarfsdeckung benötigter Rest von 44,48 EUR.

Dieser ist der Antragstellerin zu 1. als Einkommen anzurechnen. Er ist um die Versicherungspauschale gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V in Höhe von 30,00 EUR sowie die Beiträge der Antragstellerin zu 1. für eine geförderte Altersvorsorge gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 4 SGB II iHv 5,00 EUR monatlich zu bereinigen. Es verbleibt ein auf den Bedarf anzurechnendes Einkommen von 9,48 EUR. Damit ergibt sich im vorliegenden Fall folgende Berechnung:

Bedarf Antragst. zu 1. Antragst. zu 2. Regelleistung/Sozialgeld 359,00 EUR 215,40 EUR Mehrbedarf Alleinerz. 129,24 EUR - 1/3 KdU (138-6,47/3,88) 131,53 EUR 134,12 EUR 619,77 EUR 349,52 EUR Abzgl. Einkommen: Unterhalt - 230,00 EUR Kindergeld - 164,00 EUR Übersteigender Betrag + 44,48 EUR Anrechnung Ast. zu 1. - 9,48 EUR Bedarf 610,29 EUR

Die Antragstellerin zu 1. hat nach alledem einen gemäß § 41 Abs. 2 SGB II gerundeten monatlichen Leistungsanspruch iHv 610,00 EUR.

Der Senat lässt für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes offen, ob die Antragstellerin zu 1. aktuell noch einen Anspruch auf einen befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld I gemäß § 24 SGB II haben kann. Einerseits verfügt sie insoweit über eine bestandskräftige Bewilligung. Andererseits betrug nach dem Änderungsbescheid vom 9. September 2009 der SGB II-Leistungsanspruch der Bedarfsgemeinschaft nach Ende des Arbeitslosengeldbezugs im Juni 2009 697,37 EUR. Er war damit annähernd gleich hoch wie das zuvor bezogene Alg I iHv 621,16 EUR monatlich zzgl. des Wohngelds iHv 76,00 EUR.

Da der Zuschlag nach § 24 SGB II nicht der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums dient, sondern finanzielle Härten beim Übergang von Alg I auf die Grundsicherung nach dem SGB II als zusätzliche Leistung abfedern soll, kann sein Fehlen eine akute wirtschaftliche Notlage nicht begründen. Ob ein Zuschlag zu zahlen wäre, kann daher für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes dahinstehen. Insoweit ist die Antragstellerin zu 1. auf die Durchführung des Hauptsacheverfahrens zu verweisen.

Vom hier ermittelten Leistungsanspruch in Höhe von 610,00 EUR monatlich sind die bereits bewilligten und ausgezahlten Leistungen iHv 184,53 EUR monatlich (Bescheid vom 9. September 2009) abzuziehen. Für den Monat September 2009 sind 28/30 der Monatsleistung zu berücksichtigen, da der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erst am 3. September 2009 gestellt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats werden Leistungen regelmäßig erst ab Eingang des Rechtsschutzantrags bei Gericht gewährt. Soweit eine Leistungsgewährung ab 1. September 2009 beantragt war, war die Beschwerde daher zurückzuweisen. Der Zahlbetrag für September 2009 beträgt 397,11 EUR.

Angesichts des deutlichen monatlichen Defizits liegt ein Anordnungsgrund vor, denn die Antragstellerin zu 1. ist mit den von der Antragsgegnerin gewährten Leistungen nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt sicherzustellen. Es besteht eine akute wirtschaftliche Notlage.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Da das Unterliegen der Antragsteller wirtschaftlich geringfügig war, kam eine Kostenteilung nicht in Betracht.

Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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