Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 51 AS 670/09 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 364/09 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bewohnt ein Hilfebedürftiger ein in hälftigem Miteigentum stehendes Wohneigentum und unternimmt der andere Miteigentümer nichts, um hälftiges Wohneigentum zu verwerten bzw. um den Hilfebedürftigen aus der Wohnung zu entfernen, besteht keine Eilbedürftigkeit im Hinblick auf Leistungen für Unterkunft und Heizung
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 13. Mai 2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer (Bf.) begehrt von der Beschwerdegegnerin (Bg.) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Der Bf. steht seit 07.05.2008 bei der Bg. im Leistungsbezug. Für den Bewilligungszeitraum vom 01.04.2009 bis 31.08.2009 erhält der Bf. nach dem insoweit bestandskräftigen Beschluss des Sozialgerichts München vom 13.05.2009 monatlich die Regelleistung in Höhe von 351,00 Euro.
Das Sozialgericht München (SG) hat Leistungen für Unterkunft und Heizung im Beschluss vom 13.05.2009 mit der Begründung abgelehnt, es sei nicht belegt, dass der Bf. Kosten für die Unterkunft zu irgendeinem Zeitpunkt tatsächlich getragen hat.
Hiergegen hat der Bf. Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und eine eidesstattliche Versicherung des Bruders des Bf. vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass zwischen dem Bf. und seinem Bruder vereinbart wurde, dass der Bruder des Bf. bis zur Zahlung von Leistungen durch die Arge den Bedarf des Bf. darlehensweise und zinslos deckt, um einen sonst eintretenden Notstand zu vermeiden. Der Bruder trägt vor, er befände sich in einer moralischen Zwangslage gegenüber dem Bf. Der Bf. und er seien Miteigentümer der vom Bf. bewohnten Eigentumswohnung. Wohngeld für die Wohnung sei ebenso wie die Stromrechnung bisher von seinem Konto abgebucht worden.
Im Vertrag zwischen dem Bf. und seinem Bruder ist geregelt, dass für die 46 Quadratmeter große Wohnung ab 01.01.2009 ein Mietzins in Höhe von 225,00 Euro monatlich vereinbart wurde und sich der Bf. dabei verpflichtet, das Wohngeld von 247,00 Euro monatlich in voller Höhe allein zu tragen, ebenfalls die jährliche Grundsteuer in Höhe von 157,82 Euro. Mit Schriftsatz vom 17.07.2009 hat der Bf. zudem vorgetragen, dass nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 03.03.2009, Az.: B 4 AS 37/08 R der Umstand, dass keine Gelder fließen, nichts über einen Bedarf aussagen. Im Übrigen könne der Bf. über dem Regelsatz von 351,00 Euro nicht verfügen, da sein Konto ein Negativsaldo aufweise.
Die Bg. hat mit Schreiben vom 29.06.2009 Stellung genommen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz.
II.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 155 Absatz 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das SG hat zutreffend die Voraussetzungen dargelegt, unter denen im Rahmen eines Eilverfahrens eine Regelungsanordnung möglich ist.
Hier fehlt es am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Eine Bedürftigkeit im Hinblick auf Verfahren betreffend die Kosten der Unterkunft ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur gegeben, wenn der Wohnungsverlust unmittelbar droht, also beispielsweise bei Mietverhältnissen die Räumungsklage bereits erhoben ist (vgl. insoweit auch Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.03.2009, Az.: B 4 AS 37/08 R) bzw. bei Eigenheimen eine Zwangsvollstreckung droht. Diese Grundsätze übertragen auf Unterkünfte, an denen ein Hilfebedürftiger lediglich einen Miteigentumsanteil hat, bedeutet, dass der andere Miteigentümer, hier also der Bruder des Bf., Maßnahmen eingeleitet haben müsste, die dem Bf. die Nutzung seines Miteigentumsanteils unmittelbar zu entziehen droht. Dass der Bruder irgendwelche Maßnahmen in dieser Richtung unternommen hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr unternimmt der Bruder alles, um dem Bf. weiterhin die Nutzung der im gemeinsamen Eigentum stehenden Wohnung zu ermöglichen.
Unerheblich für die Beurteilung, ob Eilbedürftigkeit vorliegt, also ein Anordnungsgrund gegeben ist, ist der Umstand, dass der Bf. angeblich über den Regelsatz nicht verfügen kann. Es ist Sache des Bf. bzw. der Bevollmächtigten des Bf., sich gegen die Verrechnung bzw. Pfändung der nichtpfändbaren Sozialleistung mit den entsprechenden rechtlichen Mitteln zu wehren. Es erscheint nicht überzeugend, dass die Bevollmächtigten des Bf. nicht wissen, welche rechtlichen Schritte hier zu ergreifen wären.
Nachdem die Beschwerde schon mangels Anordnungsgrundes unbegründet ist, kommt es im Übrigen auf das Vorliegen eines Anordnungsanspruches nicht mehr an. Anzumerken ist lediglich, dass nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 27.01.2009, Az.: B 14 AS 52/07 R es sich bei der Wohnung um ein nach § 12 SGB II geschütztes Wohneigentum handelt, auch wenn die Wohnung nicht in vollem Eigentum des Bf. steht. Allerdings bestehen ernsthafte Zweifel an der Ernsthaftigkeit des vorgelegten Mietvertrages. Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 03.03.2009, Az.: B 4 AS 37/08 R die Kriterien dargelegt, anhand derer die Ernsthaftigkeit eines Mietverhältnisses zu überprüfen ist. Danach ist die Übernahme von Kosten der Unterkunft dann ausgeschlossen, wenn der Mietzins "dauerhaft" gestundet wird, wofür hier Anzeichen bestehen. Sollte im Hauptverfahren sich herausstellen, dass keine dauerhafte Stundung vorliegt, so wäre im Weiteren der Mietvertrag auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen, wobei die finanzgerichtliche Rechtsprechung betreffend den Fremdvergleich nach der Entscheidung des BSG vom 03.03.2009 insoweit heranzuziehen ist, als es auf den tatsächlichen Vollzug des Vertrages ankommt. Hier gibt es keinerlei Anzeichen für die Durchsetzung der Rechte des Bruders an seinem Mieteigentumsanteil. Vielmehr scheint der Bruder des Bf. alles zu tun, um den Bf. in der Wohnung zu halten, anstatt die Verwertung seines Miteigentumsanteils zu betreiben. Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Mietvertrags ergeben sich insbesondere auch daraus, dass die gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten gegenüber der Eigentümergemeinschaft zunächst vertraglich auf den Bruder abgewälzt wurden und dann im Laufe des Leistungsbezugs durch den Bf. plötzlich nach dem jetzt vorgelegten Vertrag der Bf. alleine diese Verbindlichkeiten tragen soll, obwohl er hilfebedürftig ist. Zudem ist nicht einsichtig, dass der Bf. einen Quadratmeterpreis von 10,00 Euro zahlt und dabei auch das volle Wohngeld übernimmt, das auch Rückstellungen für die Zukunft enthält. Vielmehr müsste bei einem hälftigen Miteigentumsanteil einer 46 Quadratmeter großen Wohnung davon ausgegangen werden, dass die dem Bf. zustehende Miteigentumshälfte von diesem kostenfrei genutzt werden kann, so dass für die verbleibenden 23 Quadratmeter nicht eine Miethöhe von 225,00 Euro monatlich, sondern eine deutlich niedrigere Nutzungsentschädigung angemessen erscheint. Die Klärung dieser Fragen bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Im Ergebnis ist die Beschwerde mangels Vorliegens eines Anordnungsgrundes als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass Bf. mit seinem Begehren erfolglos blieb.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer (Bf.) begehrt von der Beschwerdegegnerin (Bg.) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen für Unterkunft und Heizung.
Der Bf. steht seit 07.05.2008 bei der Bg. im Leistungsbezug. Für den Bewilligungszeitraum vom 01.04.2009 bis 31.08.2009 erhält der Bf. nach dem insoweit bestandskräftigen Beschluss des Sozialgerichts München vom 13.05.2009 monatlich die Regelleistung in Höhe von 351,00 Euro.
Das Sozialgericht München (SG) hat Leistungen für Unterkunft und Heizung im Beschluss vom 13.05.2009 mit der Begründung abgelehnt, es sei nicht belegt, dass der Bf. Kosten für die Unterkunft zu irgendeinem Zeitpunkt tatsächlich getragen hat.
Hiergegen hat der Bf. Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt und eine eidesstattliche Versicherung des Bruders des Bf. vorgelegt. Daraus ergibt sich, dass zwischen dem Bf. und seinem Bruder vereinbart wurde, dass der Bruder des Bf. bis zur Zahlung von Leistungen durch die Arge den Bedarf des Bf. darlehensweise und zinslos deckt, um einen sonst eintretenden Notstand zu vermeiden. Der Bruder trägt vor, er befände sich in einer moralischen Zwangslage gegenüber dem Bf. Der Bf. und er seien Miteigentümer der vom Bf. bewohnten Eigentumswohnung. Wohngeld für die Wohnung sei ebenso wie die Stromrechnung bisher von seinem Konto abgebucht worden.
Im Vertrag zwischen dem Bf. und seinem Bruder ist geregelt, dass für die 46 Quadratmeter große Wohnung ab 01.01.2009 ein Mietzins in Höhe von 225,00 Euro monatlich vereinbart wurde und sich der Bf. dabei verpflichtet, das Wohngeld von 247,00 Euro monatlich in voller Höhe allein zu tragen, ebenfalls die jährliche Grundsteuer in Höhe von 157,82 Euro. Mit Schriftsatz vom 17.07.2009 hat der Bf. zudem vorgetragen, dass nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 03.03.2009, Az.: B 4 AS 37/08 R der Umstand, dass keine Gelder fließen, nichts über einen Bedarf aussagen. Im Übrigen könne der Bf. über dem Regelsatz von 351,00 Euro nicht verfügen, da sein Konto ein Negativsaldo aufweise.
Die Bg. hat mit Schreiben vom 29.06.2009 Stellung genommen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz.
II.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 155 Absatz 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das SG hat zutreffend die Voraussetzungen dargelegt, unter denen im Rahmen eines Eilverfahrens eine Regelungsanordnung möglich ist.
Hier fehlt es am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Eine Bedürftigkeit im Hinblick auf Verfahren betreffend die Kosten der Unterkunft ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur gegeben, wenn der Wohnungsverlust unmittelbar droht, also beispielsweise bei Mietverhältnissen die Räumungsklage bereits erhoben ist (vgl. insoweit auch Urteil des Bundessozialgerichts vom 03.03.2009, Az.: B 4 AS 37/08 R) bzw. bei Eigenheimen eine Zwangsvollstreckung droht. Diese Grundsätze übertragen auf Unterkünfte, an denen ein Hilfebedürftiger lediglich einen Miteigentumsanteil hat, bedeutet, dass der andere Miteigentümer, hier also der Bruder des Bf., Maßnahmen eingeleitet haben müsste, die dem Bf. die Nutzung seines Miteigentumsanteils unmittelbar zu entziehen droht. Dass der Bruder irgendwelche Maßnahmen in dieser Richtung unternommen hätte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr unternimmt der Bruder alles, um dem Bf. weiterhin die Nutzung der im gemeinsamen Eigentum stehenden Wohnung zu ermöglichen.
Unerheblich für die Beurteilung, ob Eilbedürftigkeit vorliegt, also ein Anordnungsgrund gegeben ist, ist der Umstand, dass der Bf. angeblich über den Regelsatz nicht verfügen kann. Es ist Sache des Bf. bzw. der Bevollmächtigten des Bf., sich gegen die Verrechnung bzw. Pfändung der nichtpfändbaren Sozialleistung mit den entsprechenden rechtlichen Mitteln zu wehren. Es erscheint nicht überzeugend, dass die Bevollmächtigten des Bf. nicht wissen, welche rechtlichen Schritte hier zu ergreifen wären.
Nachdem die Beschwerde schon mangels Anordnungsgrundes unbegründet ist, kommt es im Übrigen auf das Vorliegen eines Anordnungsanspruches nicht mehr an. Anzumerken ist lediglich, dass nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 27.01.2009, Az.: B 14 AS 52/07 R es sich bei der Wohnung um ein nach § 12 SGB II geschütztes Wohneigentum handelt, auch wenn die Wohnung nicht in vollem Eigentum des Bf. steht. Allerdings bestehen ernsthafte Zweifel an der Ernsthaftigkeit des vorgelegten Mietvertrages. Das Bundessozialgericht hat im Urteil vom 03.03.2009, Az.: B 4 AS 37/08 R die Kriterien dargelegt, anhand derer die Ernsthaftigkeit eines Mietverhältnisses zu überprüfen ist. Danach ist die Übernahme von Kosten der Unterkunft dann ausgeschlossen, wenn der Mietzins "dauerhaft" gestundet wird, wofür hier Anzeichen bestehen. Sollte im Hauptverfahren sich herausstellen, dass keine dauerhafte Stundung vorliegt, so wäre im Weiteren der Mietvertrag auf seine Wirksamkeit hin zu überprüfen, wobei die finanzgerichtliche Rechtsprechung betreffend den Fremdvergleich nach der Entscheidung des BSG vom 03.03.2009 insoweit heranzuziehen ist, als es auf den tatsächlichen Vollzug des Vertrages ankommt. Hier gibt es keinerlei Anzeichen für die Durchsetzung der Rechte des Bruders an seinem Mieteigentumsanteil. Vielmehr scheint der Bruder des Bf. alles zu tun, um den Bf. in der Wohnung zu halten, anstatt die Verwertung seines Miteigentumsanteils zu betreiben. Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Mietvertrags ergeben sich insbesondere auch daraus, dass die gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten gegenüber der Eigentümergemeinschaft zunächst vertraglich auf den Bruder abgewälzt wurden und dann im Laufe des Leistungsbezugs durch den Bf. plötzlich nach dem jetzt vorgelegten Vertrag der Bf. alleine diese Verbindlichkeiten tragen soll, obwohl er hilfebedürftig ist. Zudem ist nicht einsichtig, dass der Bf. einen Quadratmeterpreis von 10,00 Euro zahlt und dabei auch das volle Wohngeld übernimmt, das auch Rückstellungen für die Zukunft enthält. Vielmehr müsste bei einem hälftigen Miteigentumsanteil einer 46 Quadratmeter großen Wohnung davon ausgegangen werden, dass die dem Bf. zustehende Miteigentumshälfte von diesem kostenfrei genutzt werden kann, so dass für die verbleibenden 23 Quadratmeter nicht eine Miethöhe von 225,00 Euro monatlich, sondern eine deutlich niedrigere Nutzungsentschädigung angemessen erscheint. Die Klärung dieser Fragen bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.
Im Ergebnis ist die Beschwerde mangels Vorliegens eines Anordnungsgrundes als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und der Erwägung, dass Bf. mit seinem Begehren erfolglos blieb.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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