L 4 KR 632/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 2819/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 632/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Januar 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt als Rechtsnachfolger seiner am 2008 verstorbenen Ehefrau (im Folgenden: Versicherte) Kostenerstattung für Aufwendungen für eine Krebsbehandlung, die im Wesentlichen eine Therapie mit lymphokin-aktivierten Killerzellen (LAK) umfasste.

Die Versicherte war am 08. April 1965 geboren und Mitglied der Beklagten.

1. Am 22. Mai 2006 stellte Gynäkologin Dr. M. Q. bei einer Vorsorgeuntersuchung und einer Mammasonografie bei der Versicherten einen Knoten mit fünf Zentimetern Durchmesser und multiple Lymphknoten fest und äußerte den Verdacht auf ein Mammakarzinom (Zeugenaussage vom 30. Juni 2008). Sie überwies die Versicherte an den nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Radiologen Privatdozent (PD) Dr. T., der nach einer Mikrobiopsie am 23. Mai 2006 ein ausgedehntes ductal invasives Mammakarzinom Stadium T3 mit mehr als fünf Zentimetern Durchmesser mit multiplen multifokalen Herden in der Nachbarschaft diagnostizierte (Arztbericht vom 26. Mai 2006 an Dr. M. Q.). PD Dr. T. holte außerdem mehrere histologische Befundberichte ein, darunter den Bericht von Prof. Dr. K. vom Referenzzentrum für Gynäkopathologie vom 29. Mai 2006, der u.a. eine vollständige Rezeptornegativität des Tumors nach der Skala Remmele/Stegner ergab.

Am 29. Mai 2006 ließ die Versicherte bei dem ebenfalls nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Dr. Kü., M., ein molekulares Staging und eine Apherese (Zellsammlung) durchführen. Dr. Kü. berichtete in dem Arztbrief vom 30. Mai 2006, er habe post-bioptisch und präoperativ die molekulare Histologie erstellt. Die hämatogen disseminierenden (im Blut streuenden) Tumor-Stammzellen seien trotz der Multifokalität und Invasivität des Geschehens erfreulich gering, sodass bisher keine Organabsiedelungen zu befürchten seien. Dr. Kü. teilte ferner mit, er habe der Versicherten 300 mg des monoklonalen Brustkrebs-Antikörpers Herceptin gegeben. Ein (präoperatives) chemotherapeutisches "Downsizing" empfehle er nicht, da bestimmte Chemotherapeutika unwirksam bleiben würden und das indizierte operative Vorgehen dringlich sei. Dr. Kü. schlug vor, postoperativ die Therapie mit Herceptin fortzusetzen und prä- und postoperativ den Kinase-Inhibitor Rapakine sowie drei Wochen postoperativ den Protease-Inhibitor Phenylase einzusetzen, zusätzlich NK-Zellen zu geben und eine Tumor-Schutzimpfung durchzuführen.

Am 01. Juni 2006 untersuchte Allgemeinmediziner Dr. D. die Versicherte auf ihre OP- und Narkosefähigkeit. Außerdem rezeptierte er an jenem Tage dreimal 150 mg Herceptin, das der Versicherten bereits zuvor verabreicht worden war (Zeugenaussage vom 18. Juni 2008).

Vom 05. bis zum 14. Juni 2006 befand sich die Versicherte stationär bei den belegärztlich tätigen Fachärzten für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dres. Kr. in M ... Dort wurde am 06. Juni 2006 eine operative Mastektomie (Brustentfernung) durchgeführt, hierbei wurden multiple Karzinome verschiedener Größe festgestellt. Auch größere Teile der Lymphknoten wurden entfernt. In seinem Operationsbericht vom 07. Juni 2006 teilte der Operateur Dr. V. Kr. mit, trotz der Operationsmethode müsse mit einer massiven Tumorzell-Einschwemmung gerechnet werden, weswegen die präoperative Vorbereitung mit Herceptin sicher sinnvoll gewesen sei. Er habe den Kläger informiert, dass es sich nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnisse um einen Eingriff mit Palliativcharakter gehandelt habe. Eine konsequente cytostatische Nachbehandlung sei erforderlich. Ausweislich seines Entlassungsberichts vom 14. Juni 2006 verabreichte Dr. V. Kr. der Versicherten am 09. und am 12. Juni 2006 Herceptin. Er empfahl die "Weiterführung der begonnenen antitumoralen Therapie" bei Dr. Kü. sowie die weitere Gabe von Herceptin, wobei eine Kombination mit einem Taxan (ein aus der Pazifischen Eibe gewonnenes natürliches Cytostatikum) lohnend erscheine.

Unter dem 12. Juni 2006 berichtete Dr. W., Gemeinschaftspraxis Dr. Li., Prof. Dr. S.-G. u.a., über eine Untersuchung eingesandter Zellpopulationen der Versicherten auf ihre Resistenz gegen Cytostatika. Es sei Doxorubicin, Gemcitabine, Vinorelbin, 5-Fluoro-Uracil, Cyclophosphamid, Carboplatin, Docetaxel, Ascorbinsäure (15 Minuten Zellkontakt), Selen (30 Minuten Zellkontakt) und die Kombination FED, TDC und Gemcitabine/Docetaxel und Doxorubincin eingesetzt worden. Die Zellen im eingesandten Lymphknoten hätten sich als für eine chemotherapie-naive Tumorzell-Population als ungewöhnlich resistent erwiesen. Keine der für den Vortest verordneten Substanzen habe den therapeutischen Bereich (über 70 v.H. Cytostase) erreicht. Auch die beiden Substanzen der komplementären Medizin, Ascorbinsäure und Selen, hätten sich diesem Bereich erst mit der doppelten Basiskonzentration (1,5 mg/l bzw. 6,0 mg/l) genähert.

Vom 16. bis zumindest dem 29. Juni 2006 befand sich die Versicherte wiederum in ambulanter Behandlung bei Dr. D ... Auch wurde sie am 20./21., 22. und 28. Juni 2006 vom Internisten und Onkologen Dr. Fu. behandelt. Dieser stellte sonografisch mindestens eine hochgradig verdächtige Leberläsion fest. Die von Dr. Fu. ins Auge gefasste Behandlung, insbesondere die "wahrscheinlich palliative Aufnahme/Fortsetzung der Herceptin- und Vinorelbine-Therapie", nahm die Versicherte nicht wahr (Zeugenaussage Dr. Fu. vom 19. Juni 2008).

Unter dem 19. Juni 2006 führte Dr. Kü. verschiedene Maßnahmen zur Herstellung bzw. Aufbereitung von therapeutischen Heat-Shock-Protein-Vakzinen (HSP-Vakzinen) durch, darunter die Bereitung einer Mischkultur aus den der Versicherten entnommenen Lymphozyten (Rechnung vom 19. Juni 2006 über EUR 5.496,24). Am 06. Juli 2006 führte Dr. Kü. bei der Versicherten eine weitere diagnostische Apherese durch und entnahm Zellen für die Heranzüchtung von LAK-Zellen. In der Folgezeit bis zum 13. September 2007 führte Dr. Kü. eine LAK-Therapie durch (vgl. im Einzelnen die Angaben in der von Dr. Kü. mit seiner Zeugenaussage vom 27. Mai 2008 vorgelegten Patientenkartei). Hierbei handelt es sich um eine "kombinierte adoptive Immuntherapie mit dendritischen und lymphokin-aktivierten-Killerzellen (LAK)", wobei beide Zellarten von körpereigenen Blutstammzellen abstammen, mit einer Leukozyten-Apherese mit Hilfe des Medikaments Interleukin-2 dem Blut des Patienten entnommen, in vitro zur vollständigen Ausreife gebracht und sodann dem Patienten zurückgegeben werden (vgl. im Einzelnen Dr. U. Kü., "Kombinierte Immuntherapie", http://www.kueblergmbh.com/neu/userfiles/d2.pdf?kuebler=f4b55e4b395baa51df87979f9622a08f, deeplink abgerufen über www.google.de am 08. November 2009). Teil der Therapie ist auch der Einsatz der genannten HSP-Vakzine und des bereits genannten, von Dr. Kü. entwickelten und über die St.-A.-Apotheke in M. abgegebenen Medikaments "Rapakine" (vgl. www.stannaapotheke.de/onkologie/onkologie/rezepturen, abgerufen am 08. November 2009).

Am 10. Juli 2006 stellte sich die Versicherte bei Prof. Dr. V., Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums F./M., vor. Dort wurde eine Leberläsion dokumentiert. Nach einer dort vom 23. August bis zum 15. Dezember 2006 durchgeführten fünfmaligen lokalen Chemotherapie kam es zu einem Regress der Lebermetastasen. Daraufhin ließ die Versicherte die Lebermetastase am 20. März 2007 mit einer laserinduzierten Thermotherapie ("LITT") behandeln. Am Folgetag konnte eine komplette Ablation der Metastase dokumentiert werden. Bei einer Verlaufskontrolle am 21. Mai 2007 mit Hilfe einer Magnetresonanztomografie konnten eine fragliche Restaktivität der behandelten "Raumforderung" in der Leber sowie zwei kleinere Herde in anderen Lebersegmenten festgestellt werden (Angaben von Prof. Dr. V. in seiner Zeugenaussage vom 21. Mai 2008).

Bei der Versicherten traten auch zerebrale Metastasen auf. Am 01. Juni 2007 und am 15. Januar 2008 ließ sie jeweils eine Metastase radiochirurgisch bei PD Dr. Wo. und PD Dr. Mua. im Europäischen C.-Zentrum M. behandeln. Eine weitere - temporäre - zerebrale Metastase wurde am 10. Juli 2007 stereotaktisch im Klinikum H. bestrahlt (Bericht des C.-Zentrums an Dr. Do., Klinikum A., vom 16. Januar 2008).

Die Versicherte beendete die Behandlung bei Dr. Kü. am 13. September 2007. In der Folgezeit absolvierte sie drei stationäre Aufenthalte vom 04. bis 21. Dezember 2007, 07. bis 26. Januar 2008 und 07. bis 18. April 2008 in der Klinik St. G. in B. A. (Dr. Do.). Medikamentös wurde sie mit einer oralen Chemotherapie (Xelode und Tykerb) sowie naturheilkundlich behandelt.

Die Versicherte verstarb am 2008.

2. Bereits mit Schreiben vom 06. Dezember 2006, bei der Beklagten eingegangen am 27. Dezember 2006, hatte die Versicherte die Erstattung der bislang aufgelaufenen Kosten für ihre Behandlung beantragt. Sie trug vor, die bei ihr vorhandenen Turmorzellen seien sowohl auf Chemotherapeutika als auch auf Bestrahlung resistent. Sie habe daher eine Immuntherapie auf molekularer Ebene begonnen. Darüber hinaus erhalte sie verschiedene Medikamente wie Rapakine. Sie habe alle Kosten aus Eiligkeitsgründen selbst verauslagt. Sie überreichte 24 Rechnungen Dr. Kü. vom 30. Mai 2006 bis zum 06. Dezember 2006 über zusammen EUR 65.879,00 (zwei Rechnungen über zusammen EUR 3.898,86 für diagnostische Apheresen, zwei Rechungen über je EUR 5.496,24 für die therapeutischen HSP-Vakzine und 20 Rechnungen über je EUR 2.546,97 bzw. einmal EUR 2.595,23 für die LAK-Therapie), vier Rechnungen der St.-Anna-Apotheke vom 30. Juni bis 26. Oktober 2006 über zusammen EUR 6.320,00 über den Bezug von Rapakine (EUR 985,00, EUR 1.395,00, zweimal je EUR 1.970,00), die Rechnung des Prof. Dr. S.-G. vom 10. Oktober 2006 über die laborchemische Untersuchung vom 08. Juni 2006 als individuelle Gesundheitsleistung über EUR 699,48 sowie die Rechnung von PD Dr. T. vom 17. Juni 2006 für die Untersuchungen einschließlich Biopsie am 23. Mai 2006 über EUR 498,64. Sie bezifferte die bisherigen Kosten entsprechend mit EUR 78.397,12. Ferner legte sie medizinische Unterlagen vor, darunter den Bericht des Dr. W. vom 12. Juni 2006 über die Cytostatika-Testung.

Dr. Bi. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) teilte der Beklagten unter dem 09. Januar 2007 mit, die unter dem 03. Januar 2007 übersandten Fragen könnten gutachterlich nicht beantwortet werden, da wesentliche medizinische Unterlagen wie die Operationsberichte inkl. Histologie und vorgesehener Nachbehandlung, die ärztlichen Verordnungen für Rapakine und die Bewertung des Labors Li. fehlten. Der MDK teilte auch mit, dass Dr. Kü. kein Vertragsarzt sei.

Mit Bescheid ohne Rechtsbehelfsbelehrung vom 16. Januar 2007 teilte die Beklagte der Versicherten mit, sie (die Versicherte) habe die Behandlung mit der LAK-Therapie bereits begonnen bzw. abgeschlossen, ferner stehe die Behandlungs- und Diagnostikmethode im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung nicht zur Verfügung. Da sie (die Versicherte) die Kostenübernahme nicht vor Beginn der Behandlung beantragt habe, habe der Antrag nicht geprüft werden können. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass sich Versicherte zunächst an ihre Kasse wenden müssten, bevor sie sich eine Leistung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beschafften. Unter den gegebenen Umständen könne sie - die Beklagte - daher der von ihr - der Versicherten - beantragten Kostenbeteiligung nicht entsprechen.

Am 19. März 2007 erhob die Versicherte Widerspruch. Sie trug vor, sie sei am 06. Juni 2006 nach wissenschaftlicher Standardmethode operiert worden. Die danach vorgesehene Standardbehandlung mit einer Chemotherapie habe ausscheiden müssen, weil sich die Lymphknoten-Tumorzellen als ungewöhnlich resistent erwiesen hätten. Sie habe folglich unverzüglich auf nichtkonventionelle Alternativ- und Komplementärmethoden ausweichen müssen, die sie in den molekular-onkologischen/zellbiologischen immunologischen Methoden Dr. Kü. gefunden habe. Da mit einem Versagen von Chemotherapeutika zu rechnen gewesen sei, habe sie schon vor der Operation Kontakt mit Dr. Kü. aufgenommen. Dieser habe bereits präoperativ die Chemotherapeutikaresistenz der im Kreislauf zirkulierenden Tumorzellen nachgewiesen, was Dr. W. bestätigt habe. Danach habe schnellstens gehandelt werden müssen. Die Zustimmung der Beklagten einzuholen wäre mit einer unzumutbaren Zeitverzögerung und wahrscheinlich letztlich mit einer Ablehnung nach längerer Prüfung verbunden gewesen. Zu den Methoden Dr. Kü. trug die Versicherte vor, es handle sich um eine diagnostische Apherese zum Nachweis disseminierter zirkulierender Tumorstammzellen im Blut, die Herstellung therapeutischer HSP Vakzine und eine zwei- bis viermal im Monat durchgeführte LAK-Therapie begleitet von einer Medikation mit Rapakine. Die Versicherte berief sich auch auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BSG zur Erstattungsfähigkeit nicht zugelassener Behandlungsmethoden bei lebensbedrohlichen Krankheiten. Die Versicherte legte weitere Unterlagen vor, darunter den Entlassungsbericht von Dres. Kr. vom 14. Juni 2006 sowie die Schreiben des Dr. Kü. vom 26. März 2007 und des Prof. Dr. V. vom 02. April 2007.

Im Auftrag der Beklagten erstattete Dr. Dr. Eg. vom MDK das Gutachten vom 29. Mai 2007. Er führte aus, bei der Kläger sei noch vor der Operation eine Therapie mit Herceptin durchgeführt worden. Im Oktober 2006 sei bei einer Vorstellung bei Dr. Fu. in H. eine palliative Therapie mit Herceptin und Vinorelbine geplant gewesen, die jedoch nicht begonnen worden sei, weil sich die Versicherte weiterhin bei Dr. Kü. habe behandeln lassen. Der Befundbericht des Dr. W. vom 12. Juni 2006 dokumentiere, dass für eine Auswahl von Chemotherapeutika kein therapeutischer Bereich erreicht worden sei. Bei Dr. Kü. sei eine LAK Therapie in Kombination mit einer medikamentösen Therapie durch Rapakine durchgeführt worden. Medizinische Dokumentationen zur Verlaufsbeobachtung, z.B. durch bildgebende Verfahren oder klinische Untersuchungen, hätten der Akte nicht entnommen werden können. Die präoperative Therapie entspreche dem Zulassungsstatus von Herceptin und sei eine moderne, sehr effektvolle Therapie. Die anerkannten Therapiemodalitäten im metastasierenden Stadium beständen in erster Linie in palliativen Maßnahmen, während eine kurative Behandlung in diesem fortgeschrittenen Stadium in der Regel nicht möglich sei. Die bei der Versicherten vorliegende Konstellation stelle eine ungünstige Prognose dar. Trotzdem stünden konventionelle Chemotherapien zur Verfügung. Hier seien in erster Linie FAC-Protokolle (5 FU/Doxorubicin/Cyclophosphamid), die Substanzen Docetaxel/Epirubicin/Paclitaxel/Her-ceptin/Vinorelbine und Epirubicin/Paclitaxel sowie Therapien mit Biphosphonaten zur Schmerzreduktion zu nennen. Zu der Chemosensitivitätstestung der Versicherten im Labor Li. führte Dr. Dr. Eg. aus, solche Testungen an Tumorgeweben seien der experimentellen Forschung zuzurechnen. Es existierten keine Ergebnisse aus kontrollierten Studienprüfungen oder valide Evaluationen einheitlicher Fallserien, aus denen Aussagen zur Wertigkeit solcher Prüfungen in Zusammenhang mit einer Vorhersagbarkeit der klinischen Wirksamkeit einer Chemotherapie im Hinblick auf eine prospektive bestimmbare Verbesserung von Krankheitsabläufen abgeleitet werden könnten. Auf Grund der derzeitigen Datenlage seien Chemosensitivitätstestungen außerhalb klinischer Prüfungen sozialmedizinisch nicht zu empfehlen, da ein Nutzen bislang nicht belegt sei. Demgegenüber seien andere Verfahren zur Einschätzung der Wirksamkeit von Antikörpertherapien klinisch etabliert und in Fachkreisen als wirksam anerkannt. Zu der von Dr. Kü. durchgeführten Therapie führte Dr. Dr. Eg. weiter aus, bei der aduktiven Zelltherapie würden autologe Immuneffektorzellen, die vor ihrem Einsatz ex vivo expandiert und aktiviert würden, in einen tumortragenden Wirkmechanismus übertragen. Lymphokin-aktivierte Killerzellen, die durch Inkubation von Lymphozyten aus dem peripheren Blut mit Hilfe von Interleukin-2 gewonnen würden, könnten frisch isolierte Zellen solider Tumoren im Labor lysieren (auflösen). Bei einer Suche in den bei MEDLINE (medizinische Literaturdatenbanken im Internet, www.medline.de) gelisteten medizinischen Datenbanken hätten zu den Stichworten LAK und "breast cancer" 432 Einträge gefunden werden können, jedoch nach kritischer Durchsicht dieser Fundstellen kein Hinweis über einen klinischen Nutzen dieser Therapiestudien, die die Phase I (Dosisfindung) überschritten hätten. Es handle sich in der Regel um Ergebnisse aus Labor- und Tierversuchen. Aussagefähige, evidenzgesicherte Studien lägen derzeit nicht vor. Die LAK-Therapie sei bislang vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) nicht beraten worden und befinde sich dort auch nicht auf einer Warteliste. Zu dem vom Dr. Kü. verordneten Medikament "Rapakine" führte Dr. Dr. Eg. aus, nach Angaben im Internet zur "Rezeptur nach Dr. Kü." bestehe Rapakine aus Rapamycon 0,5 mg, Quercetin 50 mg und Füllstoffen. Rapamycin sei ein Immunsuppressivum, das bei Erwachsenen mit Nierentransplantat zur Prophylaxe der Organabstoßung arzneimittelrechlich zugelassen sei. Zur Behandlung des Mammakarzinoms liege ein "Off-Label-Use" außerhalb der zugelassenen Indikation vor. Zusammenfassend führte Dr. Dr. Eg. aus, die Versicherte habe sich einer nicht etablierten Therapie durch einen Nicht-Vertragsarzt und einer Medikation im "Off-Label-Use" unterzogen. Es hätten aber für die Behandlung des bereits bei Diagnosestellung fernmetastasierten Mammakarzinoms anerkannte und zugelassene Chemotherapieprotokolle zur Verfügung gestanden.

Gestützt auf dieses Gutachten wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch der Versicherten am 19. Juli 2007 zurück. Die LAK-Therapie, die diagnostische Apherese und die Behandlung mit HSP-Vakzinen seien als neue Behandlungsmethoden zu werten. Sie seien nicht in das vertragsärztliche Versorgungssystem aufgenommen worden. Der GBA habe sich mit ihnen bislang nicht befasst. Die LAK-Therapie sei wissenschaftlich nicht anerkannt, da ein Nachweis für eine klinisch wirksame Krebstherapie derzeit nicht vorliege. Auch handle es sich bei Dr. Kü. nicht um einen Vertragsbehandler, der keine Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abrechnen dürfe. Das Arzneimittel Rapakine sei für die Erkrankung der Versicherten nicht zugelassen, sodass eine Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung bereits dem Grunde nach ausscheide. Die Voraussetzungen, unter denen eine Leistungspflicht für eine Therapie im "Off-Label-Use" ausnahmsweise bestehe, seien nicht erfüllt. Es lägen keine wissenschaftlich nachprüfbaren Daten über die Wirksamkeit und den Nutzen des Medikaments vor. Auch stünden alternative Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Weiterhin sei für eine Kostenübernahme für außervertragliche Leistungen Voraussetzung, dass diese im Vorfeld, vor der Beschaffung, beantragt würden, da ein Kostenerstattungsanspruch ansonsten aus formellen Gründen verwirkt sei. Eine Unaufschiebbarkeit der Leistungen sei nicht zu erkennen.

3. Am 14. August 2007 erhob die Versicherte Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Sie beantragte schriftlich, die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Leistungen PD Dr. T.s, des Prof. Dr. S.-G. und Dr. Kü.s sowie für die medikamentöse Versorgung durch die St.-Anna-Apotheke gemäß den vorgelegten und weiter zu erwartenden Rechnungen zu erstatten oder sich angemessen an ihnen zu beteiligen. Sie trug ergänzend vor, die konventionelle Chemotherapie habe wegen einer nachgewiesenen Resistenz gegen Chemotherapeutika ausscheiden müssen. Sie habe schnell auf eine alternative Methode ausweichen müssen. Deswegen habe auch die Beklagte nicht vorab eingeschaltet werden können, die ihr ohnehin entsprechend dem Gutachten des Dr. Dr. Eg. nur unzumutbare Chemotherapien angeboten hätte. Bei ihr habe ein notfallartiger Ausnahmefall vorgelegen. Das Gutachten des Dr. Dr. Eg. sei nicht schlüssig. Zum Beweis ihres Vortrags, die in Anspruch genommene Therapie habe zumindest eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf gehabt, beantragte die Versicherte die Einholung eines molekular-onkologisch-medizinischen Gutachtens. Die Versicherte teilte auch das Ende der Behandlung bei Dr. Kü. mit.

Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte aus, die beantragten Leistungen könnten nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung gestellt werden. Die Leistungen bis zum Tage der Ablehnung durch sie (16. Januar 2007) könnten schon deswegen nicht erstattet werden, weil sie sich die Versicherte ohne Kausalzusammenhang mit einer Ablehnung selbst beschafft habe.

Das SG wies die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2008 ab. Es ging davon aus, die Versicherte habe eine Verurteilung der Beklagten zur Erstattung - nur - der bislang aufgelaufenen Kosten von EUR 78.397,12 beantragt. Es führte aus, die Versicherte habe keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten, die für die Behandlungen entstanden seien. Ein auf die Verweigerung einer (geschuldeten) Sachleistung gestützter Kostenerstattungsanspruch scheide aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt habe, ohne die Krankenkasse einzuschalten und ihre Entscheidung abzuwarten. Ein solcher Fall liege hier vor. Sämtliche von der Versicherten vorgelegten Rechnungen datierten von vor dem Zeitpunkt, an dem sie auch nur den Antrag auf Kostenübernahme bei der Beklagten gestellt habe. Eine vorherige Entscheidung der Krankenkasse sei auch dann nicht entbehrlich, wenn die Ablehnung von vornherein festgestanden habe. Ein Kostenübernahmeanspruch wegen nicht erbrachter, unaufschiebbarer Leistung bestehe ebenfalls nicht. Die Behandlung sei nicht unaufschiebbar gewesen. Die Versicherte habe in ihrem Widerspruch vom 12. März 2007 selbst vorgetragen, sich bereits vor der Operation, die im Juni 2006 stattgefunden habe, mit Dr. Kü. besprochen zu haben, da sie bereits zu diesem Zeitpunkt mit einem Versagen der Chemotherapeutika gerechnet habe. Die Untersuchungen zur Chemotherapieresistenz seien präoperativ durchgeführt worden. Damit wäre es ihr ohne Weiteres möglich gewesen, zumindest vorsorglich einen Antrag bei der Beklagten zu stellen.

4. Am 08. Februar 2008 hat die Versicherte Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Sie hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr die bis zur Antragstellung aufgelaufenen Kosten von EUR 78,397,12 oder einen etwaigen geringeren Betrag, der bei einer vertragsärztlichen Versorgung angefallen wäre, zu erstatten, hilfsweise, sich an diesen Kosten zu beteiligen. Mit Schriftsatz vom 07. Mai 2008 hatte sie ihren Zahlungsantrag um EUR 66.685,58 auf EUR 145.082,71 erweitert. Hierzu hat sie weitere Rechnungen Dr. Kü.s eingereicht, und zwar 22 Rechnungen über LAK-Therapien vom 14. Dezember 2006 bis zum 23. August 2007 (jeweils EUR 2.546,97), eine Rechnung vom 27. April 2007 über eine diagnostische Apherese (EUR 1.908,51), eine vom 12. Juni 2007 über die Herstellung und Injektion von HSP-Vakzinen (EUR 5.683,74) und neun Rechnungen vom 12. Juni 2007 bis zum 13. September 2007 über Interleukin-2-Injektionen (jeweils EUR 340,00). Mit weiterem Schriftsatz vom 10. Juni 2008 hat die Versicherte weitere EUR 37.442,95 für die stationären Behandlungen in Bad Aibling (Rechnungen vom 21. Dezember 2007, 28. Januar 2008 und 21. April 2008) geltend gemacht. Nach einem Hinweis des Berichterstatters, dass die Beklagte über eine Kostenerstattung für diese stationären Behandlungen bislang nicht entschieden habe, hat die Versicherte unter dem 24. Juni 2008 mitgeteilt, diesen Betrag nicht mehr geltend zu machen, und ihre Forderung wiederum auf EUR 145.082,71 verringert.

Nach dem Tode der Versicherten am 2008 hat der Kläger, ihr Ehemann, einen Allein-Vor-Erbschein des Notariats 7 H. vom 17. November 2008 vorgelegt, wonach er auf Grund Testaments befreiter Alleinvorerbe geworden ist, und den Rechtsstreit aufgenommen.

Der Kläger meint, die speziellen Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs bei lebensbedrohlichen Krankheiten nach der Rechtsprechung des BVerfG und des BSG hätten vorgelegen. Das SG habe ausgeführt, die Versicherte habe für eine Antragstellung bei der Beklagten genügend Zeit gehabt. Das eigentliche Kriterium für eine Unaufschiebbarkeit, ob nämlich auch eine längere Wartezeit bis zu einer Entscheidung der Beklagten zumutbar gewesen sei, habe es dagegen nicht beachtet. Die Beklagte hätte nicht ohne Begutachtung durch den MDK entschieden. Das Verfahren hätte so lange gedauert, dass es medizinisch nicht vertretbar gewesen wäre, die Entscheidung abzuwarten. Dabei sei ohnehin mit Sicherheit eine Ablehnung zu erwarten gewesen. Die Versicherte habe sich nicht von Anfang an auf eine Behandlung durch Dr. Kü. festgelegt. Auch bei der Untersuchung durch ihn am 29. Mai 2006 habe die molekulare Behandlung noch nicht festgestanden. Vielmehr habe sie u.a. am 01. und 20. Juni 2006 den Onkologen Dr. Fu. in H. konsultiert. Es sei darum gegangen, trotz der bereits präoperativ, nämlich am 26. Mai 2006 durch das Institut für Gynäkopathologie in Mannheim und am 29. Mai 2006 durch Dr. Kü., festgestellten Chemotherapieresistenz eine angemessene Therapie zu finden. Dr. Fu. habe lediglich eine palliative medikamentöse Behandlung mit Herceptin und Vinorelbe geplant. Da schulmedizinische Methoden wegen der Chemotherapieresistzenz hätten ausscheiden müssen, habe sich die molekular-onkologische Behandlung bei Dr. Kü. als einzige Alternative angeboten. Die Versicherte sei sodann durch ihn (den Kläger) - selbst Arzt und in Krebsfällen erfahren - zu Dr. Kü. und Prof. Dr. V. gelangt. Zur Klärung der Frage, ob die streitigen Therapien im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf gehabt hätten, müsse von Amts wegen ein Gutachten eingeholt werden. Als Sachverständige kämen Prof. Dr. Peters, Göttingen, Prof. Dr. Unger, Freiburg und Prof. Dr. Allgayer, H., in Frage. Zur Chemotherapieresistenz bestimmter Krebszellen hat der Kläger außerdem Internet-Ausdrucke (www.curado.de, www.meduniwien.ac.at und www.tumorbio.uni-freiburg.de) vorgelegt, auf die verwiesen wird.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 14. Januar 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2007 zu verurteilen, a.) ihm die anlässlich der Brustkrebserkrankung seiner verstorbenen Ehefrau entstandenen Kosten für die privatärztlichen Leistungen von PD Dr. T., Dres. Li./S.-G. und Dr. Kü. sowie für private medikamentöse Versorgung durch die St.-A.-Apotheke in M. gemäß den vorgelegten Rechnungen in Höhe von EUR 145.082,71 zu erstatten, b.) hilfsweise, die eventuell geringeren Kosten, die bei vertragsärztlicher Versorgung entstanden wären, zu erstatten, c.) weiter hilfsweise, sich an den genannten Kosten angemessen zu beteiligen, d.) höchst hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren und auf die Ausführungen des angefochtenen Urteils. Ergänzend trägt sie vor, das Vorbringen des Klägers, die Prüfung eines Antrags bei ihr hätte unvertretbar lange gedauert, könne nicht nachvollzogen werden. Die Beurteilung durch den MDK habe binnen zwei Wochen vorgelegen.

Der Berichterstatter des Senats hat die behandelnden Ärzte der Versicherten Prof. Dr. V., Dr. Kü., Dr. Fu., M. Q. und Dr. D. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Außerdem hat er die St.-A.-Apotheke in M. um eine schriftliche Stellungnahme gebeten. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Ausführungen unter 1. verwiesen. Dr. Kü. hat außerdem mitgeteilt, er habe die Versicherte am 29. Mai 2006 erstmals untersucht, jedoch nicht behandelt. Auch die am 30. Mai 2006 durchgeführte Apherese habe der Diagnostik gedient. Bei einer weiteren diagnostischen Apherese am 06. Juli 2006 habe man festgestellt, dass die Zahl der im Blut zirkulierenden Tumorzellen nach der Operation erheblich gestiegen sei. Durch die dann begonnene Therapie sei die Zahl der Tumorzellen bis zur weiteren Apherese am 25. April 2007 rapide zurückgegangen. Das bei der St.-A.-Apotheke bezogene Rapakine habe er (Dr. Kü.) jeweils verordnet. Interleukin-2 sei ein für die Krebsbehandlung zugelassenes Medikament. Die Versicherte habe die Behandlung am 13. September 2007 beendet und sie auch zu einer abschließenden Diagnostik nicht wieder erschienen. Dr. Kü. hat außerdem seine Patientenkartei über die Versicherte vorgelegt, auf die verwiesen wird. Dr. D. hat in seiner Zeugenaussage vom 18. Juni 2008 zusätzlich angegeben, die Versicherte habe die anstehende Operation in M. selbst geplant. Dr. Fu. hat ergänzend bekundet, er habe der Versicherten neben der weiteren Therapie mit Herceptin und Vinorelbe ein weiteres Staging mit Computertomographie Thorax/Abdomen empfohlen und sie insoweit zu einer Echokardiografie und einer Knochenszintigrafie überwiesen. Ergebnisse hierüber lägen ihm aber nicht vor. Zu den weiteren anberaumten Behandlungsterminen sei die Versicherte nicht erschienen. An Dr. Kü. habe er (Dr. Fu.) die Versicherte nicht überwiesen, da Dr. Kü. Praktiken äußerst umstritten seien und er sie ablehne. Sofern er sich erinnern könne, habe die Versicherte über eine Behandlung bei Dr. Kü. bereits seit dem 29. Mai 2006 gesprochen.

Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die von der Versicherten nach § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig.

Dies gilt auch für die Erweiterung des Klagantrags um die Kosten der weiteren Behandlungen bei Dr. Kü. vom 14. Dezember 2006 bis zum 13. September 2007 in Höhe von EUR 66.685,58 (Schriftsatz vom 07. Mai 2008).

a) Hierbei handelte es sich nicht um eine Klagerweiterung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG. Vielmehr war auch die Erstattung der in diesem Zeitraum angefallenen Kosten bereits im Klagverfahren vor dem SG in Streit. Die Versicherte hatte in der Klagschrift vom 13. August 2007 neben den - bis dato - vorgelegten auch die "weiter zu erwartenden" Rechnungen geltend gemacht. Es ist davon auszugehen, dass das SG in seinem Gerichtsbescheid konkludent auch über diesen Zeitraum entschieden hat, sodass kein verdeckter Teil-Gerichtsbescheid vorliegt. Dann aber hat die Versicherte den bereits streitigen Gesamtanspruch lediglich nachträglich beziffert, sodass ein Fall des § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG vorliegt.

b) Weiterhin wurde auch hinsichtlich des späteren Teils des Streitzeitraums ein ordnungsgemäßes Vorverfahren nach § 78 Abs. 1 SGG durchgeführt. Bereits in ihrem Antrag bei der Beklagten vom 27. Dezember 2006 hatte die Versicherte ausgeführt, sie habe die Therapie bei Dr. Kü. "begonnen" und lege "alle bis jetzt angefallenen Rechnungen" vor. Hieraus ergibt sich, dass die Versicherte bereits damals auch für die zukünftigen Behandlungen Kostenerstattung begehrte. Dann aber hat die Beklagte aus der Sicht eines objektiven Empfängers (§§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs [BGB]) in ihrem Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2007 auch über den gesamten streitigen Anspruch entschieden.

2. Das Berufungsverfahren wird zulässigerweise von dem Ehemann der Versicherten fortgeführt. Dieser ist als Alleinvorerbe nach §§ 1922 Abs. 1, 2101 Abs. 1 BGB Gesamtrechtsnachfolger der Versicherten geworden. Zu den auf ihn übergegangenen Rechtspositionen der Versicherten würde auch der in diesem Prozess streitige Kostenerstattungsanspruch gehören (vgl. § 58 Satz 1 i.V.m. § 59 Satz 2 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs - SGB I). Daher konnte der Kläger nach § 202 SGG i.V.m. § 249 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) den Rechtsstreit der Versicherten aufnehmen und fortführen.

3. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage der Versicherten (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht als unbegründet abgewiesen. Der angegriffene Ablehnungsbescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzte die Versicherte nicht in ihren Rechten. Der Versicherten stand und nunmehr dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung der für die Krebstherapie aufgewendeten EUR 145.082,71 gegen die Beklagte zu.

a) Die Klägerin hat nicht nach § 13 Abs. 2 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB V) anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung durch die Beklagte gewählt. Als Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch kommt damit nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht.

b) Auch ein Anspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V besteht nicht.

§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

aa) Es fehlt hier an der Voraussetzung, dass der Klägerin dadurch Kosten entstanden sind, dass die Beklagte die Leistung abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Variante 2 SGB V).

Ein auf die Verweigerung der Sachleistung gestützter Erstattungsanspruch scheidet nach ständiger Rechtsprechung aus, wenn sich der Versicherte die Leistung besorgt hat, ohne die Krankenkasse einzuschalten und deren Entscheidung abzuwarten. § 13 Abs. 3 SGB V soll einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall gewähren, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. SozR 3-2500 § 13 Nr. 15; SozR 4-2500 § 13 Nr. 8; SozR 4-2500 § 13 Nr. 12). Dieses Verfahren ist entgegen früherer Andeutung (vgl. BSG SozR 3-2500 § 34 Nr. 2) auch zu fordern in Fällen, in denen von vornherein feststand, dass eine durch Gesetz oder Verordnung von der Versorgung ausgeschlossene Sachleistung verweigert werden würde und sich der Versicherte dadurch gezwungen gesehen hat, die Leistung selbst zu beschaffen (vgl. eingehend BSGE 98, 26 unter Hinweis auf die Besonderheit der Verschreibung nicht zum Leistungskatalog gehörender Arzneimittelverordnungen auf Privatrezept). Nur bei einer Vorabprüfung können die Krankenkassen ihre - Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken vorbeugenden - Beratungsaufgaben erfüllen, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen zu schützen und ggf. aufzeigen, welche Leistungen an Stelle der begehrten in Betracht kommen. Dies gilt auch bei Behandlungen, die über längere Zeiträume angelegt sind oder laufen. Wird hier die Kostenübernahme nach Beginn der Behandlung abgelehnt, stellt dies zwar eine Zäsur dar, sodass grundsätzlich für Behandlungen danach eine Kostenübernahme möglich ist. Dies gilt jedoch nur, wenn die Ablehnung noch geeignet war, das weitere Leistungsgeschehen zu beeinflussen, weil es sich nämlich bei den späteren Behandlungsschritten um selbstständige, von der bisherigen Behandlung abtrennbare Leistungen handelt (BSG SozR 4-2500, § 135 Nr. 1; SozR 4-2500 § 13 Nr. 10). An dieser Rechtslage hat sich durch den Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 19. März 2009 (1 BvR 316/09, veröffentlicht in Juris) nichts geändert. Das BVerfG hat darin - zu einer Behandlung, die ebenfalls (auch) die Gabe dendritischer Zellen umfasste - nur ausgeführt, dass ein in die Zukunft gerichteter Sachleistungsanspruch nicht deswegen versagt werden könne, weil die Krankenkasse in der Vergangenheit nicht mit dem Begehren des Versicherten befasst gewesen sei. Es hat jedoch nicht die bisherige Rechtsprechung des BSG beanstandet, dass auch für die Zeit nach der Befassung einer Krankenkasse bzw. der Antragsablehnung ein Anspruch auf Kostenerstattung ausgeschlossen ist, wenn der Versicherte einen einheitlichen Behandlungsvorgang durchführt und also die Entscheidung der Krankenkasse den weiteren Ablauf nicht beeinflussen konnte.

Die ärztlichen Leistungen, deren Kosten geltend gemacht werden, begannen am 23. Mai 2006 mit den Untersuchungen des PD Dr. T ... Ab 29. Mai 2006 befand sich die Klägerin dann in Behandlung bei Dr. Kü ... Auch wenn den Angaben des Dr. Kü. folgend zunächst nur Diagnostik durchgeführt wurde, behandelte Dr. Kü. jedenfalls spätestens seit dem 06. Juli 2006. Dies bestätigt auch die von Dr. Kü. übersandte Patientenkartei, die für den 06. Juli 2006 - erstmals - eine "LAK-Sammlung" nennt. Die Behandlung begann mithin weit vor dem erstmaligen Antrag vom 06. Dezember 2006, der bei der Beklagten am 27. Dezember 2006 einging. Insofern kommt es auf die Frage, ob die Behandlung möglicherweise schon am 29. Mai 2006 begonnen hatte, nicht an. Dr. Kü. hat hierzu bekundet, die Versicherte am 29. Mai 2006 lediglich untersucht zu haben (molekulares Staging, diagnostische Apherese). Allerdings ergibt sich aus seiner Rechnung vom 19. Juni 2006, dass er bereits die am 29. Mai 2006 entnommenen Proben zur Herstellung von HSP-Vakzinen genutzt hatte, die Teil seines Behandlungskonzepts waren. Unabhängig davon hatte er die Versicherte am 29. Mai 2006 in jedem Fall insoweit behandelt, als er ihr zweimal 150 mg Herceptin verabreichte.

Die spätestens am 06. Juli 2006 begonnene Behandlung bei Dr. Kü. war auch bis zu ihrem Ende am 13. September 2007 ein einheitlicher medizinischer Vorgang, auf den sich die Versicherte bereits vor der Befassung der Beklagten festgelegt hatte. Die Ablehnungsentscheidung der Beklagten vom 16. Januar 2007 stellte keine Zäsur dar, die den weiteren Ablauf noch beeinflussen konnte. Aus der Patientenkartei und den Rechnungen Dr. Kü. ergibt sich ein kontinuierlicher Behandlungsablauf ohne größere Unterbrechungen. Vom 06. bzw. 13. Juli 2006, wo der Versicherten erstmals (dendritische) Zellen zurückgegeben wurden, bis zum 13. September 2007 war die Versicherte in kurzen Abständen von durchschnittlich weniger als einer Woche bei Dr. Kü., wobei jeweils Zellen zurückgegeben und bei den meisten Terminen auch neue Zellen zur LAK- oder HSP-Vakzinen-Herstellung entnommen wurden. Größere Abstände als zwei Wochen lagen nur zwischen den Behandlungen vom 02. und 25. April 2007 (23 Tage) und sodann vom 25. April bis 12. Juni 2007 (48 Tage). In dieser Zeit hielt sich die Versicherte zur Verlaufskontrolle bei Prof. Dr. V. in Frankfurt/Main (21. Mai 2007) und erstmals zur radiochirurgischen Entfernung einer zerebralen Metastase bei PD Dr. Wo. und PD Dr. Mua. im Europäischen C.-Zentrum M. (01. Juni 2007) auf. Auch nach diesen beiden längeren Unterbrechungen wurde die Behandlung bei Dr. Kü. wieder in etwa im Wochentakt durchgeführt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Behandlungen bei Dr. Kü. aus medizinischen Gründen in einzelne Abschnitte unterteilt werden könnten. Ziel der Behandlung war, die Anzahl der im Blut schwimmenden und sich möglicherweise in anderen Organen ansiedelnden Tumorstammzellen möglichst niedrig zu halten. Eine vollständige Ausheilung, also eine vollständig tumorzellfreier Zustand, war nicht zu erreichen. Dies ergibt sich nicht nur aus den Aussagen Dr. Kü. selbst, sondern auch aus jenen der anderen behandelnden Ärzte. So hatte Dr. V. Kr. in seinem Operationsbericht vom 07. Juni 2006 angegeben, bereits bei der Operation habe es sich um einen Eingriff mit Palliativcharakter gehandelt, es sei weiterhin eine konsequente cytostatische Nachbehandlung erforderlich. Auch Dr. Fu. hat in seiner Zeugenaussage vom 19. Juni 2008 darauf hingewiesen, die von ihm angeratene weitere Behandlung mit Herceptin und Vinorelbine sei "wahrscheinlich" als palliativ anzusehen.

Die weiteren, ebenfalls privatärztlich abgerechneten Untersuchungen und Behandlungen bei PD Dr. T. (23. Mai 2006) und durch Dr. W., Gemeinschaftspraxis Dr. Li., Prof. Dr. S.-G. u.a., (08./12. Juni 2006) liegen ebenfalls deutlich vor der erstmaligen Befassung der Beklagten mit dem Begehren der Versicherten.

bb) Die Untersuchungen und Behandlungen durch PD Dr. T., Dr. W. und Dr. Kü. waren auch nicht unaufschiebbar im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Variante 1 SGB V.

Eine Leistung ist unaufschiebbar, wenn sie im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr besteht. Die medizinische Dringlichkeit ist indessen nicht allein ausschlaggebend. Denn neben der Unaufschiebbarkeit wird vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22; SozR 4-2500 § 13 Nr. 15). Nur bei einer Vorabprüfung können die Krankenkassen ihre Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken vorbeugenden Beratungsaufgaben erfüllen, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen zu schützen und ggf. aufzeigen, welche Leistungen an Stelle der begehrten in Betracht kommen.

Die Behandlung bei Dr. Kü. und die damit verbundene Versorgung mit Rapakine durch die St.-A.-Apotheke war nicht unaufschiebbar im Rechtssinne. Auch diese Voraussetzung liegt deshalb nicht vor, weil die Versicherte die Beklagte mit ihrem Leistungsbegehren nicht vor Beginn der Behandlung konfrontiert hat. Nach den Umständen des Falles war eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse jedoch nicht entbehrlich, sondern konnte von der Versicherten verlangt werden, sodass die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung auch nicht unterstellt werden kann. Nachdem die Diagnose des Mammakarzinoms nach den Untersuchungen durch PD Dr. T. gesichert war, bestand sicher Anlass, sich zügig um die Therapie zu kümmern. Gleichwohl hätte jedenfalls bereits zu diesem Zeitpunkt die Beklagte eingeschaltet werden können, insbesondere als sich nach dem Vortrag des Klägers schon wenige Tage danach (29. Mai 2006) aufgrund der eingeholten Erkundigungen und weiteren Untersuchungen abzeichnete, dass voraussichtlich nicht die übliche Behandlungsweise gewählt werden kann. Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, ging die Versicherte bereits kurzfristig nach der Diagnose des Mammakarzinoms von einer weitgehenden Chemotherapeutikaresistenz aus, nämlich spätestens nach der Untersuchung bei Dr. Kü. am 29. Mai 2006 (der Nachbericht des gynäkopathologischen Referenzzentrums Mannheim vom 29. [nicht 26.] Mai 2006 hatte lediglich eine Rezeptornegativität der Tumorzellen auf Östrogen und Progesteron ergeben, also die Notwendigkeit einer Chemotherapie). Dr. Kü. hatte bereits in seinem Bericht vom 30. Mai 2006 an Dres. Kr., der nachrichtlich auch an die Versicherte ging, ausgeführt, er habe bei der histologischen Untersuchung nach der Apherese vom Vortag membranständige Transpoter-Proteine exprimiert, die es der Tumor-Stammzelle erlaubten, Cytostatika vom CMF-Typ aus sich herauszupumpen. Das Gleiche leisteten intrazelluläre Transport-Vehikel, in denen sich beispielsweise Adriamycin, ein häufig eingesetzes Cytostatikum, anreichern und unwirksam bleiben würde. Außerdem verfüge die Zelle über eine enzymatisch bedingte extreme Entgiftungskapazität, die insbesondere die Anwendung des Cisplatins verbiete. Dr. Kü. hatte weiter ausgeführt, wenn man angesichts der günstigen Ergebnisse überhaupt noch an ein chemotherapeutisches Downsizing denken müsse, blieben Gemcitabin und Taxane. Auf beide sollte aber wegen der Dringlichkeit des indizierten operativen Vorgehens verzichtet werden. Die alternative molekular-onkologische Behandlung begann nach dem Vortrag des Klägers und der Patientenkartei Dr. Kü.s dagegen erst am 06. Juli 2006, also einen Monat nach der Operation bei Dres. Kr ... Dieser Zeitraum war lang genug, als dass zumindest ein Antrag bei der Beklagten auf Bereitstellung einer vertragsärztlichen Nachbehandlung nach der Masektomie gestellt werden konnte. Ob zu erwarten war, dass der Antrag abgelehnt würde, ist unerheblich. Zumindest hätte eine Antragstellung der Beklagten die Möglichkeit gegeben, die Versicherte zu noch möglichen chemotherapeutischen Behandlungen mit anderen als den getesteten Cytostatika oder alternativen Behandlungen zu beraten.

Das Gleiche gilt im Ergebnis wegen der Kosten für die laborchemische Cytostatika-Testung durch die Gemeinschaftspraxis Dres. Li./S.-G. am 12. Juni 2006. Die hier untersuchten Proben hatten Dres. Kr. in M. nach der Operation vom 06. Juni 2006 eingesandt. Nachdem bereits seit dem 29./30. Mai 2006 der Verdacht einer Chemotherapeutika-Resistenz bestand, hätte der vorhandene Zeitraum ausgereicht, die Beklagte zu befassen, um diese in Stand zu setzen, die Versicherte über alternative Möglichkeiten zur Abschätzung der Wirksamkeit der indizierten Chemotherapie aufzuklären. Welche derartigen Methoden vertragsärztlich anerkannt sind und daher im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung als Sachleistung angeboten werden, hat Dr. Dr. Eg. in dem Gutachten vom 29. Mai 2007 beschrieben ("targeting therapies", "HER2-neu-Überexpressionen").

Nachdem Dr. M. Q. am 22. Mai 2006 den Verdacht auf ein Mammakarzinom geäußert hatte, war zwar eine weitere Abklärung unverzüglich erforderlich. Diese Untersuchungen hätten allerdings durch einen zugelassenen Vertragsarzt erfolgen können. Die von (nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen) PD Dr. T. im Wesentlichen erbrachten Leistungen Mammastanzbiopsie bzw. Mammapunktion und Mammasonografie sind grundsätzlich auch Bestandteil des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM) und damit Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (Biopsie: Nr. 08320; Punktion: Nr. 02341; Sonografie der Brustdrüse: Nr. 33041).

cc) Ein Kostenerstattungsanspruch der Versicherten aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V für die geltend gemachten Behandlungen des PD Dr. T. und Dr. Kü. scheitert außerdem an dem weiteren Umstand, dass diese Ärzte nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung reicht der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 11; SozR 4-2500 § 13 Nr. 12; SozR 4-2500 § 27 Nr. 12). Zu diesen Voraussetzungen gehört auch § 76 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Nach dieser Vorschrift können Versicherte, soweit sie sich ambulant durch Ärzte behandeln lassen, - nur - unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten wählen. Zu dieser Gruppe gehörten PD Dr. T. und Dr. Kü. nicht.

Andere als die zugelassenen Ärzte dürfen Versicherte nur im Notfall in Anspruch nehmen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Ein Notfall liegt nur dann vor, wenn ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden muss und ein fachlich zuständiger Vertragsarzt nicht in der gebotenen Eile herbeigerufen oder aufgesucht werden kann (vgl. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 9). Behandlungsbedürftigkeit mit der Erforderlichkeit baldiger Entscheidung bedingt noch keine Behandlungsdringlichkeit in diesem Sinne. Eine derart dringende Eilbedürftigkeit lag bei der Versicherten nicht vor. Die Behandlung bei Dr. Kü. begann nach ihrem Vortrag fast sechs Wochen nach der Diagnose des Mammakarzinoms. Diese Behandlung zielte auch nicht auf die Linderung akuter, erheblicher Beschwerden, sondern war langfristig angelegt. Allenfalls die Überweisung von Dr. M. Q. an PD Dr. T. vom 22. auf den 23. Mai 2006 zur Verifizierung der Verdachtsdiagnose Mammakarzinom war eilig. Nachdem die Untersuchungen, die PD Dr. T. durchgeführt hat, jedoch auch ohne Weiteres im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung hätten erbracht werden können und nicht ersichtlich ist, dass ein Vertragsarzt nicht ebenso schnell wie PD Dr. T. die fraglichen Untersuchungen hätte erbringen können, lag auch insoweit kein Notfall im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor. Im Übrigen hätten die in Anspruch genommenen Ärzte, wenn ein Notfall vorgelegen hätte, unmittelbar mit der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung abrechnen müssen und der Versicherten selbst keine Rechnungen über durchgeführte Notfallbehandlungen stellten dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 9/05 R - mwN; Beschluss vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 114/06 B -; beide veröffentlicht in Juris). Auch wäre bei Vorliegen eines Notfalls allein die Notfallbehandlung als solche - also bis zur umgehenden Verlegung des Patienten zu einem zugelassenen Leistungserbringer - zulässig (vgl. BSG SozR 4-2500 § 109. Nr. 6).

dd) Die Klägerin kann sich - hinsichtlich der ambulanten Untersuchungen und Behandlungen - auch nicht auf die Rechtsprechung des BVerfG zur Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung für neue Behandlungsmethoden in Fällen einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankung berufen.

In Betracht kommt eine verfassungskonforme Auslegung der Anspruchseinschränkungen in § 13 Abs. 3 SGB V in diesem Bereich nur bei neuen Behandlungsmethoden, die bislang nicht zur vertragsärztlichen Erbringung zugelassen sind, weil der GBA in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V keine Empfehlungen u.a. über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit abgegeben hat (vgl. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Diese Anforderungen erfüllen nur die Behandlung bei Dr. Kü. und die laborchemische Untersuchung durch Dr. W ... Die Untersuchungen bei PD Dr. T. dagegen hätten nach dem EBM vertragsärztlich erbracht werden können.

Zur Erstattungsfähigkeit nicht anerkannter neuer Behandlungsmethoden hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 06. Dezember 2005 (BVerfGE 115, 25) ausgeführt, es sei mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht vereinbar, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine insoweit ungünstige Auslegung der leistungsrechtlichen Vorschriften sei in der extremen Situation krankheitsbedingter Lebensgefahr oder der Gefahr des Verlusts eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion verfassungswidrig. Das BSG hat diese verfassungsgerichtlichen Vorgaben näher konkretisiert (vgl. BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr. 1; BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr. 4; BSG SozR 4-2500 § 31 Nr. 8). Gerechtfertigt ist hiernach eine verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur, wenn eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf innerhalb überschaubaren Zeitraums mit Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird; Ähnliches kann für den nicht kompensierbaren Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen Körperfunktion gelten.

Die Rechtsprechung des BVerfG führt nur dazu, dass die Krankenkasse dem Versicherten materiellrechtliche Einschränkungen seines Anspruchs auf Krankenbehandlung aus § 27 Abs. 1 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht entgegenhalten darf. Die formellen Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind davon nicht berührt. Auch unter den vom BVerfG aufgestellten Voraussetzungen besteht zunächst nur ein Sachleistungsanspruch nach § 2 Abs. 2 SGB V. Auch hier kann der Versicherte nur verlangen, dass er die außerhalb des vertragsärztlichen Systems stehende Behandlung als Sachleistung erhält und die Abrechnung unmittelbar zwischen der Krankenkasse und dem Arzt stattfindet. Dies hat das BVerfG in dem genannten Kammerbeschluss vom 19. März 2009 (a.a.O., Rn. 21) unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 03. April 2001 - B 1 KR 40/00 R - (SozR 3-2500 § 27a Nr. 3) auf die zukünftige Versorgung bezogen erneut festgestellt. Macht der Versicherte stattdessen einen Kostenerstattungsanspruch geltend, so bleibt es bei der zusätzlichen Voraussetzung, dass er sich außer in Eilfällen - zuvor an die Krankenkasse gewandt und dieser Gelegenheit zur Prüfung, Beratung und ggfs. zum Angebot alternativer, anerkannter Methoden gegeben hat.

Vor diesem Hintergrund scheiterte ein Anspruch der Versicherten bereits daran, dass die Beklagte erst am 27. Dezember 2006 angegangen wurde, die Behandlung bei Dr. Kü. und die Untersuchung durch Dr. W. aber bereits lange zuvor stattgefunden bzw. begonnen hatten.

Außerdem fehlte es bei der Versicherten an den materiellen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Bereitstellung der Behandlung bei Dr. Kü. als nicht anerkannter neuer Behandlungsmethode. Zwar bestand nach den Angaben von Dr. V. Kr. im Operationsbericht und Dr. Fu. in seiner Zeugenaussage ein voraussichtlich tödlicher Krankheitsverlauf ("palliativer Charakter der Behandlung"), wobei die Überlebensdauer der Versicherten nicht abzuschätzen war. Hiervon geht auch Dr. Dr. Eg. in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 29 Mai 2007 aus. Jedenfalls aber bestand für die Nachbehandlung nach der operativen Entfernung der Brust eine allgemein anerkannte im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Behandlungsmethode. Dr. Dr. Eg. hat in dem Gutachten vom 29. Mai 2007 darauf hingewiesen, dass auch für die Nachbehandlung eines Tumors mit ungünstiger Prognose wie bei der Versicherten arzneimittelrechtlich anerkannte Therapieprotokolle zur Verfügung standen. Nicht alle der von ihm genannten Wirkstoffe waren durch Dr. W. getestet und für ungeeignet befunden worden. Die auch von Dr. Dr. Eg. genannte - Therapie mit Herceptin, die fortgeführt wurde, hatten auch der Operateur Dr. V. Kr. und die behandelnden Ärzte Dr. Fu. und Dr. Kü. in Kenntnis der Ergebnisse des Labors Li. vorgeschlagen. Dass diese Behandlungsmethoden nach Einschätzung von Dr. Dr. Eg. lediglich palliative Wirkungen haben würden, führt nicht zu einem Anspruch nach der Rechtsprechung des BVerfG, denn auch die von Dr. Kü. durchgeführte Behandlung hatte allein palliativen Charakter.

ee) Das Gleiche gilt im Ergebnis für die Erstattung der Kosten des von Dr. Kü. verordneten, über die St. Anna-Apotheke bezogenen Medikaments Rapakine. Einschlägig ist insoweit die Rechtsprechung des BSG zum "Off-Label-Use", also zur Erstattungsfähigkeit zugelassener Medikamente außerhalb ihres Zulassungsbereichs, denn der in Rapakine enthaltene Wirkstoff Rapamycin ist arzneimittelrechtlich zugelassen, allerdings nur als Immunsuppressivum zur Prophylaxe der Organabstoßung bei Erwachsenen nach Nierentransplantation (Gutachten Dr. Dr. Eg.). Grundsätzlich ist ein Off-Label-Use, also eine Anwendung außerhalb des zulassungsrechtlichen Anwendungsbereichs eines Arzneimittels, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Hiervon hat das BSG bereits in seinem Urteil vom 19. März 2002 (SozR 3-2500 § 31 Nr. 8) Ausnahmen zugelassen. Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsprechung u.a. in seinem Urteil vom 16. September 2005 (L 4 KR 1094/04, veröffentlicht auf www.sozialgerichtsbarkeit.de) angeschlossen. Ein Off-Label-Use kommt danach nur in Betracht (ebenso zuletzt BSG SozR 4-2500 § 31 Nr. 5), wenn es 1. um die Behandlung einer schwerwiegenden (lebensbedrohlichen oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigenden) Erkrankung geht, 2. keine andere Therapie verfügbar ist und 3. aufgrund der Datenlage die begründete Aussicht besteht, dass mit dem betreffenden Präparat ein Behandlungserfolg (kurativ oder palliativ) erzielt werden kann. Bei der Klägerin war aber eine andere Therapie für die notwendige Nachbehandlung nach der Entfernung des Mammakarzinoms verfügbar. Außerdem hatte sie die Versorgung mit Rapakine im Rahmen eines Off-Label-Use bei der Beklagten nicht vor Beginn der Behandlung beantragt.

c) Mit seinem ersten Hilfsantrag, die Beklagte zur Erstattung jener Kosten zu verurteilen, die bei einer vertragsärztlichen Versorgung angefallen wären, hat der Kläger ebenfalls keinen Erfolg. Ein solcher Erstattungsanspruch außerhalb des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V aus der Erwägung ersparter Aufwendungen heraus (§§ 677 ff., 812 ff. BGB) ist im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung durch die abschließenden Regelungen des § 13 Abs. 2 bis 4 SGB V ausgeschlossen. Das BSG hat für in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Grundsätze des Leistungserbringungsrechts einem auf den Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung gestützten Anspruch gegen den Kostenträger entgegenstehen, wenn Leistungen an Versicherte erbracht werden, zu denen der Leistungserbringer nach diesen Grundsätzen nicht berechtigt ist (z. B. zum Leistungsrecht: SozR 3-2500 § 13 Nr. 21; zum Vertragsarztrecht: SozR 4-2500 § 39 Nr. 3). Ihre Steuerungsaufgabe könnten die Regelungen über die Zulassung zur Leistungserbringung nicht erfüllen, wenn der Arzt oder der mit ihm zusammenarbeitende nichtärztliche Leistungserbringer die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht und zum Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion, zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Denn sonst würde die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen (BSG, Beschluss vom 26. Juli 2004 B 1 KR 30/04 B -, veröffentlicht in juris).

d) Der weitere Hilfsantrag, die Beklagte dazu zu verurteilen, sich an den Kosten der Versicherten in angemessenem Umfang zu beteiligen, findet im Recht keine Stütze. Soweit nicht auch dieser Anspruch auf die Ersparnis eigener Aufwendungen gestützt ist und deshalb aus den zuvor genannten Gründen keinen Erfolg hat, könnte er sich allenfalls auf allgemeine Billigkeitserwägungen (§ 242 BGB) stützen. Solche Erwägungen sind in dem abschließend geregelten Versorgungs- und Kostenerstattungssystem des SGB V aber ebenfalls ausgeschlossen.

4. Der Senat konnte wie geschehen über die Berufung des Klägers entscheiden, ohne den Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Wirksamkeit bzw. den Erfolgsaussichten der Behandlung durch Dr. Kü. nachzugehen. Auf die Frage, ob die LAK-Therapie und die weiteren von Dr. Kü. durchgeführten Behandlungsschritte eine Aussicht auf Heilung oder zumindest spürbare Auswirkung auf den Krankheitsverlauf im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG hatten, kommt es für die Entscheidung nicht an. Die Untersuchungen durch PD Dr. T. und Dr. W. waren sicher sinnvoll und entsprachen dem anerkannten Stand der Medizin, gleichwohl bestand auch für sie kein Kostenerstattungsanspruch.

5. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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