Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
34
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 61 AS 26410/07
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 34 AS 1183/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Kostenentscheidung mit Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. Februar 2009 wird aufgehoben, soweit der Klägerin Verschuldenskosten auferlegt worden sind. Kosten sind nicht zu erstatten. Der Klägerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin F M, Bstraße , B, bewilligt.
Gründe:
I.
Die Klägerin hat mit der am 18. Oktober 2007 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage sinngemäß die Auszahlung einer vom Beklagten bereits bewilligten Nachzahlung begehrt. Der Beklagte hat daraufhin mitgeteilt, die Nachzahlung in Höhe von 1.433,33 Euro sei – wie mit der Klägerin vereinbart – ihrem Vermieter überwiesen worden. Das Sozialgericht hat mit Verfügungen von November 2007 und März 2008 sowie zwischenzeitlichen Erinnerungen der Klägerin nahe gelegt, die Klage zurückzunehmen, und ihr zuletzt Verschuldenskosten in Höhe von mindestens 350 Euro angedroht. Ausweislich der Zustellungsurkunde vom 11. März 2008 ist der entsprechende Hinweis in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten unter der vom Zusteller korrigierten Adresse eingelegt worden. Mit in gleicher Weise zugesandtem Hinweis vom 21. April 2008 hat das Sozialgericht der Klägerin Verschuldenskosten zwischen 150 bis 750 Euro angedroht, sollte eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid notwendig werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Februar 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und der Klägerin zugleich Verschuldenskosten in Höhe von 350 Euro mit der Begründung auferlegt, sie habe sich trotz des ausdrücklichen Hinweises über die Rechtsmissbräuchlichkeit der Aufrechterhaltung des Rechtsschutzbegehrens nicht mehr zur Klage geäußert.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 15. Juni 2009 mitgeteilt, sie habe den Gerichtsbescheid nicht erhalten, weil sie nach der Trennung von ihrem Ehemann umgezogen sei und sich bereits im Januar 2008 umgemeldet habe. Gegen den ihr daraufhin unter ihrer neuen Adresse am 24. Juni 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 30. Juni 2009 beim Sozialgericht Berlin Berufung eingelegt, die sie damit begründete, dass sie – mangels entsprechender Kenntnis – mit der Auferlegung von Verschuldenskosten nicht einverstanden sei.
Die Klägerin hat die Klage und den am 3. August 2009 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe am 21. September 2009 zurückgenommen und zugleich sinngemäß beantragt,
die ihr gemäß § 192 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auferlegten Verschuldenskosten aufzuheben und ihr hierfür Prozesskostenhilfe zu gewähren.
II.
Mit der Klagerücknahme hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (§ 102 Satz 2 SGG). Gemäß § 102 Satz 3 SGG ist auf Antrag diese Wirkung durch Beschluss auszusprechen und, soweit Kosten entstanden sind, über diese zu entscheiden. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG wird zwar die Entscheidung über die Auferlegung von Verschuldenskosten von der Rücknahme der Klage nicht berührt. Sie kann jedoch nach § 192 Abs. 3 Satz 2 SGG durch eine zu begründende Kostenentscheidung auf Antrag im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden. Dies gilt auch für den Fall der Klagerücknahme (vgl. LSG Berlin vom 10. Juni 2004 – L 3 U 15/04 – Juris RdNr. 16; LSG Thüringen, Beschluss vom 28. November 2008 – L 6 R 165/06 – Juris RdNr. 9 m.w.N.). Dabei ist der mit der Berufungsrücknahme aufrecht erhaltene Antrag, die Kostenentscheidung nach § 192 SGG aufzuheben, als – nach § 172 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGG statthafte – Beschwerde gegen die Festsetzung von Verschuldenskosten nach § 192 SGG im Urteil bzw. Gerichtsbescheid des Sozialgerichts anzusehen.
Die Beschwerde ist begründet. Die Entscheidung, der Klägerin Verschuldenskosten (in Höhe von 350 Euro) aufzuerlegen, ist aufzuheben, weil die Voraussetzungen hierfür – wie sich erst nach Erlass des Gerichtsbescheides vom 3. Februar 2009 gezeigt hat – nicht vorlagen.
Gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Zwar wird der Warnfunktion der Vorschrift in der Fassung des Gesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) auch Genüge getan, wenn der Beteiligte schriftlich auf das Vorliegen der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung und die Möglichkeit der Kostenauferlegung hingewiesen worden ist. Dass hier die Klägerin einen dahingehenden (schriftlichen) Hinweis des Vorsitzenden (tatsächlich) erhalten hat, ist jedoch nicht feststellbar. Wie (erst) nach Erlass des angefochtenen Gerichtsbescheides aufgrund des Schriftsatzes der Klägerin vom 15. Juni 2009 bekannt geworden ist, war sie im Zeitpunkt der versuchten Zustellung der gerichtlichen Hinweise vom 5. März 2008 und 21. April 2008 bereits aus der bei Klageerhebung angegebenen Wohnung in der Tstr. , aber auch aus der vom Zusteller auf der Zustellungsurkunde von März 2008 dahingehend berichtigten Adresse in der G Str. verzogen und in der Bstr. wohnhaft. Dies wird sowohl von dem mit Schriftsatz vom 21. September 2009 vorgelegten Untermietvertrag, wonach sie zum 1. Februar 2008 ein Zimmer in der Bstr. angemietet hat, als auch von der gerichtlich (im Juni 2009) eingeholten Meldeauskunft bestätigt, wonach sie sich bereits zum 24. Januar 2008 von der G Straße in die Bstr. umgemeldet hatte. Bei dieser Sachlage führt der Umstand, dass der schriftliche Hinweis des Sozialgerichts vom 21. April 2008 ausweislich der Zustellungsurkunde vom 24. April 2008 noch in den zur früheren Wohnung in der "Gstr. " (wohl G Str. ) gehörenden Briefkosten eingelegt wurde, zu keiner anderen Beurteilung, zumal sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 15. Juni 2009 ergibt, dass sie sich von ihrem Ehemann getrennt hat und dieser weiterhin in der G Str. wohnte, so dass an sie unter dieser Adresse gerichtete Schreiben weiterhin dort eingeworfen worden sein könnten.
Der wirtschaftlich bedürftigen Klägerin war gemäß § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin FMBstraßeB, zu gewähren, weil die aufgrund des Antrags vom 21. September 2009 nur noch aufrecht erhaltene Rechtsverfolgung – eine Beschwerde im Sinne des § 172 Abs. 1 SGG – hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Klägerin hat mit der am 18. Oktober 2007 beim Sozialgericht Berlin erhobenen Klage sinngemäß die Auszahlung einer vom Beklagten bereits bewilligten Nachzahlung begehrt. Der Beklagte hat daraufhin mitgeteilt, die Nachzahlung in Höhe von 1.433,33 Euro sei – wie mit der Klägerin vereinbart – ihrem Vermieter überwiesen worden. Das Sozialgericht hat mit Verfügungen von November 2007 und März 2008 sowie zwischenzeitlichen Erinnerungen der Klägerin nahe gelegt, die Klage zurückzunehmen, und ihr zuletzt Verschuldenskosten in Höhe von mindestens 350 Euro angedroht. Ausweislich der Zustellungsurkunde vom 11. März 2008 ist der entsprechende Hinweis in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten unter der vom Zusteller korrigierten Adresse eingelegt worden. Mit in gleicher Weise zugesandtem Hinweis vom 21. April 2008 hat das Sozialgericht der Klägerin Verschuldenskosten zwischen 150 bis 750 Euro angedroht, sollte eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid notwendig werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. Februar 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und der Klägerin zugleich Verschuldenskosten in Höhe von 350 Euro mit der Begründung auferlegt, sie habe sich trotz des ausdrücklichen Hinweises über die Rechtsmissbräuchlichkeit der Aufrechterhaltung des Rechtsschutzbegehrens nicht mehr zur Klage geäußert.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 15. Juni 2009 mitgeteilt, sie habe den Gerichtsbescheid nicht erhalten, weil sie nach der Trennung von ihrem Ehemann umgezogen sei und sich bereits im Januar 2008 umgemeldet habe. Gegen den ihr daraufhin unter ihrer neuen Adresse am 24. Juni 2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat sie am 30. Juni 2009 beim Sozialgericht Berlin Berufung eingelegt, die sie damit begründete, dass sie – mangels entsprechender Kenntnis – mit der Auferlegung von Verschuldenskosten nicht einverstanden sei.
Die Klägerin hat die Klage und den am 3. August 2009 gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe am 21. September 2009 zurückgenommen und zugleich sinngemäß beantragt,
die ihr gemäß § 192 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auferlegten Verschuldenskosten aufzuheben und ihr hierfür Prozesskostenhilfe zu gewähren.
II.
Mit der Klagerücknahme hat sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt (§ 102 Satz 2 SGG). Gemäß § 102 Satz 3 SGG ist auf Antrag diese Wirkung durch Beschluss auszusprechen und, soweit Kosten entstanden sind, über diese zu entscheiden. Nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG wird zwar die Entscheidung über die Auferlegung von Verschuldenskosten von der Rücknahme der Klage nicht berührt. Sie kann jedoch nach § 192 Abs. 3 Satz 2 SGG durch eine zu begründende Kostenentscheidung auf Antrag im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden. Dies gilt auch für den Fall der Klagerücknahme (vgl. LSG Berlin vom 10. Juni 2004 – L 3 U 15/04 – Juris RdNr. 16; LSG Thüringen, Beschluss vom 28. November 2008 – L 6 R 165/06 – Juris RdNr. 9 m.w.N.). Dabei ist der mit der Berufungsrücknahme aufrecht erhaltene Antrag, die Kostenentscheidung nach § 192 SGG aufzuheben, als – nach § 172 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGG statthafte – Beschwerde gegen die Festsetzung von Verschuldenskosten nach § 192 SGG im Urteil bzw. Gerichtsbescheid des Sozialgerichts anzusehen.
Die Beschwerde ist begründet. Die Entscheidung, der Klägerin Verschuldenskosten (in Höhe von 350 Euro) aufzuerlegen, ist aufzuheben, weil die Voraussetzungen hierfür – wie sich erst nach Erlass des Gerichtsbescheides vom 3. Februar 2009 gezeigt hat – nicht vorlagen.
Gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Zwar wird der Warnfunktion der Vorschrift in der Fassung des Gesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) auch Genüge getan, wenn der Beteiligte schriftlich auf das Vorliegen der Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung und die Möglichkeit der Kostenauferlegung hingewiesen worden ist. Dass hier die Klägerin einen dahingehenden (schriftlichen) Hinweis des Vorsitzenden (tatsächlich) erhalten hat, ist jedoch nicht feststellbar. Wie (erst) nach Erlass des angefochtenen Gerichtsbescheides aufgrund des Schriftsatzes der Klägerin vom 15. Juni 2009 bekannt geworden ist, war sie im Zeitpunkt der versuchten Zustellung der gerichtlichen Hinweise vom 5. März 2008 und 21. April 2008 bereits aus der bei Klageerhebung angegebenen Wohnung in der Tstr. , aber auch aus der vom Zusteller auf der Zustellungsurkunde von März 2008 dahingehend berichtigten Adresse in der G Str. verzogen und in der Bstr. wohnhaft. Dies wird sowohl von dem mit Schriftsatz vom 21. September 2009 vorgelegten Untermietvertrag, wonach sie zum 1. Februar 2008 ein Zimmer in der Bstr. angemietet hat, als auch von der gerichtlich (im Juni 2009) eingeholten Meldeauskunft bestätigt, wonach sie sich bereits zum 24. Januar 2008 von der G Straße in die Bstr. umgemeldet hatte. Bei dieser Sachlage führt der Umstand, dass der schriftliche Hinweis des Sozialgerichts vom 21. April 2008 ausweislich der Zustellungsurkunde vom 24. April 2008 noch in den zur früheren Wohnung in der "Gstr. " (wohl G Str. ) gehörenden Briefkosten eingelegt wurde, zu keiner anderen Beurteilung, zumal sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 15. Juni 2009 ergibt, dass sie sich von ihrem Ehemann getrennt hat und dieser weiterhin in der G Str. wohnte, so dass an sie unter dieser Adresse gerichtete Schreiben weiterhin dort eingeworfen worden sein könnten.
Der wirtschaftlich bedürftigen Klägerin war gemäß § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin FMBstraßeB, zu gewähren, weil die aufgrund des Antrags vom 21. September 2009 nur noch aufrecht erhaltene Rechtsverfolgung – eine Beschwerde im Sinne des § 172 Abs. 1 SGG – hinreichende Aussicht auf Erfolg hatte.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
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