L 2 U 88/09 B PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 41 U 573/08
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 88/09 B PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Für die Beurteilung der Erfolgsaussicht einer Klage kann ein im Verwaltungsverfahren eingeholtes Gutachten im Urkundenbeweis verwertet werden
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom

19. Januar 2009 wird zurückgewiesen.



Gründe:

I.

Streitig ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe.

Im Ausgangsverfahren streiten die Beteiligten, ob die Beklagte dem Kläger - hier Beschwerdeführer - wegen etwaiger Folgen des Ereignisses vom 13.11.2006 Leistungen zu erbringen hat. Der Beschwerdeführer, als selbständiger Schreiner freiwillig in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert, hatte nach einem Sprung von einer Leiter aus 1 m Höhe Schmerzen im Rücken und im linken Knie verspürt und sich in ärztliche Behandlung begeben. Die Rückenbeschwerden wurden ärztlicherseits im Zusammenhang mit einer seit Jahren bekannten Bandscheibensymptomatik gesehen. Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) vom 16.01.2007 deckte eine Innenmeniskusverletzung Grad III und eine Auffaserung des vorderen Kreuzbandes auf.

Mit Bescheid vom 11.03.2008 lehnte die Beklagte - jetzt Beschwerdegegnerin - einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 13.11.2006 und den Knie- und Rückenbeschwerden ab. Nach dem Gutachten des Dr. von M. sei es unfallbedingt lediglich zu einer leichten Knie- und Wirbelsäulenstauchung gekommen. Die im MRT festgestellten Knorpelschäden sowie fasrigen Veränderungen des Innenmeniskushinterhorns und des Kreuzbandes seien Folgen degenerativer Abnutzungsprozesse. Der CT-Befund der Wirbelsäule vom 17.11.2006 habe lediglich ältere Bandscheibendegenerationen bei L 4/5 und L 5/S 1 gezeigt. Frische unfallbedingte Verletzungszeichen hätten sich nicht finden lassen. Im Übrigen sei der MRT-Befund durch die Arthroskopie am 26.02.2007 bestätigt worden.

Der Kläger ist der Meinung, der Bescheid der Beschwerdegegnerin sei fehlerhaft. Ein noch einzuholendes Sachverständigengutachten werde seine Auffassung bestätigen.

Am 16.10.2008 beantragte der Beschwerdeführer, ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwälte N. und D. beizuordnen. Am 23.10.2008, eingegangen am 24.10.2008, reichte der Beschwerdeführer die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach.

Mit Beschluss vom 19.01.2009 lehnte das Sozialgericht München (SG) die Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Die Rechtsverfolgung des Beschwerdeführers biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Dies ergebe sich aus dem schlüssig begründeten Gutachten des Dr. von M., das das Gericht im Wege des Urkundenbeweises verwerten dürfe.

Gegen den ihm am 22.01.2009 zugestellten Beschluss legte der Beschwerdeführer am 19.02.2009 Beschwerde ein. Die Auffassung des SG sei falsch. Es müsse ein unabhängiges Sachverständigengutachten eingeholt werden, um die Erfolgsaussichten seiner Klage prüfen zu können. Die Beschwerdegegnerin hielt den Beschluss für zutreffend.

Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19.01.2009 aufzuheben, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren und Rechtsanwälte N. und D. beizuordnen.

Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die Beschwerde ist statthat und zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber unbegründet.

Der Senat teilt die Auffassung des SG, dass die Klage nach dem bisherigen Ermittlungsstand keine Aussicht auf Erfolg hat. Nach § 73a SGG i.V.m. den §§ 114 f. Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren gewöhnlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe. Weitere Voraussetzung ist, dass die Partei ihre Bedürftigkeit glaubhaft macht, die Rechtsverfolgung nicht mutwillig ist und eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Ist, wie im sozialgerichtlichen Verfahren, eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs.2 ZPO).

Frühester Zeitpunkt für die Beurteilung, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, ist der Zeitpunkt der Antragstellung auf Prozesskostenhilfe, der späteste der der Beschlussfassung (Thomas/Putzo, ZPO, 24. Auflage, §§ 114 Rdnr.3, 119 Rdnr.4). Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 19.01.2009 lagen dem SG die Akten der Beklagten mit dem darin enthaltenen Gutachten des Dr. von M. vom 13.02.2008 vor. Anders als der Beschwerdeführer meint, können im Rahmen der freien Beweiswürdigung gemäß §§ 118, 128 SGG im Verwaltungsverfahren eingeholte Gutachten im Urkundenbeweis verwertet werden. Solche Gutachten sind keine Privatgutachten (Meyer-Ladewig, SGG, 9. Auflage § 118 Rdnr.12b). In ständiger Rechtsprechung geht das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 14.12.2000 - B 3 P 5/00 R zur Pflegeversicherung) davon aus, dass es der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nicht bedarf, wenn die zu klärenden Streitfragen durch ein im Verwaltungsverfahren eingeholtes Gutachten geklärt sind. Maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussicht der Klage, für die Prozesskostenhilfe beantragt wird, ist es demnach nicht notwendig, dass das Gericht selbst ein weiteres Gutachten durch einen von ihm zu bestimmenden Sachverständigen einholt.

Dr. von M. beantwortet in dem Gutachten vom 13.02.2008 die hier maßgeblichen Fragen dahin, dass sich am Unfalltag bei der Erstuntersuchung weder im linken Kniegelenk noch im Bereich der Wirbelsäule Zeichen einer frischen Verletzung fanden. Dies wurde durch das MRT vom 16.01.2007 und die Arthroskopie am 26.02.2007, soweit es die Verletzung am linken Kniegelenk angeht, bestätigt. An der Lendenwirbelsäule konnten lediglich degenerative Bandscheibenvorfälle festgestellt werden. Im Zusammenhang mit der geltend gemachten Rückenverletzung liefert das in der Akte der Beklagten enthaltene Gutachten des Dr. F. vom 21.10.2004 aufschlussreiche Hinweise. Der Sachverständige hatte ein Gutachten im Rechtsstreit des Klägers erstellt, in dem dieser geltend machte, er habe am 20.06.2003 bei Kreissägearbeiten durch plötzlich erzwungene Streckung des Körpers eine Art Reißen im Rücken verspürt. Bereits zum damaligen Zeitpunkt fielen bei der Untersuchung Protrusionen im Übergang zum Prolaps im 4. und 5. Segment der Lendenwirbelsäule auf. Damit steht fest, dass eindeutig vor dem jetzt streitigen Unfallgeschehen vom 13.11.2006 Bandscheibenschäden im Bereich der Lendenwirbelsäule vorgelegen hatten. Insoweit sind die Feststellungen von Dr. von M. gut nachvollziehbar und plausibel, dass außer anlagebedingter Wirbelsäulenveränderungen keine Anzeichen für eine frische Verletzung zu entdecken sind.

Da der Kläger lediglich vorträgt, die Beurteilung des Sozialgerichts sei falsch, es sei durch den Notsprung von der Leiter am 13.11.2006 zu den streitgegenständlichen Verletzungen am linken Knie und der Lendenwirbelsäule gekommen, ohne hierfür eine fundierte medizinische Aussage zu liefern, ist die Erfolgsaussicht nach dem derzeitigen Beweisstand negativ zu beurteilen.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 19.01.2009 war daher zurückzuweisen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs.4 ZPO).
Rechtskraft
Aus
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