L 1 AS 4084/09 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 3927/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 AS 4084/09 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 24.8.2009 wird zurückgewiesen.

2. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

3. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Antragsgegnerin (Ag.) zur Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) als Darlehen im Streit.

Die Antragstellerin (Ast.) ist 1973 geboren und besitzt eine abgeschlossene Berufsausbildung als Hotelfachfrau. Sie ist alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, welche 1999 und 2006 geboren sind.

Die Ast. nahm zum 01.10.2008 ein Studium der Volkswirtschaftslehre auf, wofür sie keine Leistungen nach dem BAföG erhält. Bis zum 31.07.2009 bezog sie für die mit ihren Kindern bestehende Bedarfsgemeinschaft von der Ag. Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Zuletzt erhielt sie für die aus ihr und ihren beiden Kindern bestehende Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 19.01.2009 Leistungen für die Zeit vom 01.02.2009 bis zum 31.07.2009 in Höhe von insgesamt 966,38 EUR (nach der Anrechnung von Kindergeld, Kindesunterhalt und dem Einkommen aus einer geringfügigen Beschäftigung) monatlich bewilligt.

Nachdem der Ag. bekannt wurde, dass die Ast. seit Oktober 2008 an der Universität F. als Bachelorstudentin Volkswirtschaftslehre studiert, hob sie mit Bescheid vom 28.07.2009 die Bewilligung von Leistungen an die Ast. mit Wirkung vom 01.10.2008 auf. Die Ag. machte die Erstattung von 5.863,17 EUR geltend, da die Ast. nach § 7 Abs. 5 SGB II seit der Aufnahme des Studiums keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen gehabt habe.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 09.07.2009 wurden der Ast. und ihren Kindern als Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 29.07.2009 für die Zeit vom 01.08.2009 bis zum 31.01.2010 nur noch 380,26 EUR monatlich bewilligt (129,00 EUR Mehrbedarf für Alleinerziehende, 466,00 EUR Sozialgeld für die beiden Kinder, 560,26 EUR anerkannte Unterkunftskosten = 1.155,26 EUR Gesamtbedarf abzüglich 328,00 EUR Kindergeld und abzüglich 447,00 EUR monatlich geleisteten Unterhalts).

Die Ast. hat am 06.08.2009 beim Sozialgericht Freiburg (SG) im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Ag. zur darlehensweisen Gewährung von Leistungen nach dem SGB II im Wege der Härtefallregelung nach § 7 Abs. 5 S. 2 SGB II beantragt. Sie hat hierzu vorgetragen, dass sich die in ihrem Ausbildungsberuf üblichen Arbeitszeiten nicht mit der Kindererziehung vereinbaren ließen. Eine Arbeitsaufnahme als Hotelfachfrau sei daher nicht möglich. Ohne die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II müsse sie ihr Studium sofort aufgeben. Als Ungelernte habe sie auf dem Arbeitsmarkt keine Aussicht, eine Beschäftigung zu finden. Ein Härtefall sei daher zu bejahen.

Mit Beschluss vom 24.08.2009 hat das SG den Antrag der Ast. als unbegründet abgelehnt. Der für eine stattgebende Entscheidung nach § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Anordnungsanspruch sei nach summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten nicht überwiegend wahrscheinlich. Zwar seien die grundsätzlichen Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erfüllt. Gemäß § 7 Abs. 5 S. 1 SGB II hätten indes Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder nach dem SGB III dem Grunde nach förderungsfähig sei, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Unstreitig sei das Studium der Ast. dem Grunde nach gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 BAföG förderungsfähig. Der grundsätzlichen Förderungsfähigkeit stehe nicht entgegen, dass die Ast. aufgrund des Überschreitens der in § 10 Abs. 3 BAföG festgelegten Altersgrenze keine Leistungen nach diesem Gesetz erhalte (unter Hinweis auf Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 7 Rdnr. 95).

Es liege auch kein besonderer Härtefall im Sinne des § 7 Abs. 5 S. 2 SGB II vor. Beim Tatbestandsmerkmal des "besonderen Härtefalls" handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliege (BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 -). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zu § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) sei ein besonderer Härtefall dann anzunehmen, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgingen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden sei und vom Gesetzgeber in Kauf genommen werde (BVerwGE 94, 224). Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, müsse der Ausschluss von der Ausbildungsförderung als übermäßig hart und somit als unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen. Aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 SGB II lasse sich erkennen, dass der Ausschluss von Leistungen zur Grundsicherung während einer förderungsfähigen Ausbildung der Regelfall sei. Aus diesem Grunde vermöge nicht bereits allein der Umstand, dass eine Ausbildung wegen fehlender Förderung nicht fortgeführt werden könne, einen Härtefall zu begründen. Erforderlich seien vielmehr besondere Umstände des Einzelfalles, die es darüber hinaus gehend als unzumutbar erscheinen ließen, dem Hilfebedürftigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu verweigern. Ein besonderer Härtefall könne unter Beachtung dieser Grundsätze angenommen werden, wenn ein wesentlicher Teil der Ausbildung bereits absolviert sei und der bevorstehende Abschluss unverschuldet an Mittellosigkeit zu scheitern drohe (unter Hinweis auf BSG a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Ast. sei danach die Absolvierung eines wesentlichen Teils der Ausbildung ein erheblicher Gesichtspunkt im Rahmen der Prüfung eines Härtefalls. Da das Studium der Ast. erst im Oktober 2008 begonnen habe, lasse sich hieraus kein besonderer Härtefall ableiten. Nach den vorliegenden Erkenntnissen komme es auch nicht entscheidend darauf an, ob die Ast. in ihrem Beruf als Hotelfachfrau eine Tätigkeit ausüben könne. Ein Härtefall könne insoweit nur in Betracht kommen, wenn die konkrete Ausbildung bei objektiver Betrachtung die einzige Chance darstelle, Zugang zum Erwerbsleben zu erhalten (BSG a.a.O.). Vorliegend sei aber weder ersichtlich noch vorgetragen, dass allein das Studium der Volkswirtschaftslehre der Ast. den Zugang zum Erwerbsleben ermögliche. Da das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht überwiegend wahrscheinlich sei, komme es auf das Bestehen eines Anordnungsgrundes nicht an.

Der Bevollmächtigte der Ast. hat deswegen am 03.09.2009 beim SG Beschwerde eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG liege ein besonderer Härtefall vor, weil die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinaus gingen, welches regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden sei und vom Gesetzgeber in Kauf genommen werde. Der Ast. sei es nicht möglich, ihr Studium durch Aufnahme einer Nebentätigkeit selbst zu finanzieren, und ihre Lebensumstände als alleinerziehende Mutter mit zwei minderjährigen Kindern unterschieden sich wesentlich von denjenigen eines durchschnittlichen Studenten. Diese Tatsache habe sowohl Auswirkungen auf den zu deckenden Bedarf (größere Wohnung und höherer Lebensunterhalt) als auch auf die Nebenverdienstmöglichkeiten. Die Ast. sei gegenüber den normalen Studenten im Hinblick auf etwaige Arbeitszeiten wesentlich weniger flexibel. Demnach wäre die Ast. darauf zu verweisen, entweder einen ihrer bisherigen Ausbildung entsprechenden Beschäftigung nachzugehen oder sich als Ungelernte auf dem Arbeitsmarkt zu bewerben. Da das Hotelgewerbe besonders familienunfreundliche Arbeitszeiten aufweise, sei ihr eine Tätigkeit im Ausbildungsberuf nicht möglich. Andererseits erscheine es gegenüber der Ast. unzumutbar, sie als Ungelernte auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verweisen, denn es sei nicht zu erwarten, dass die Ast. als Ungelernte auf dem Arbeitsmarkt den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder verdienen könne. Aufgrund der erforderlichen Kinderbetreuung stehe die Ast. dem Arbeitsmarkt momentan und voraussichtlich für einige weitere Zeit nicht zur Verfügung. Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass der Ast. derzeit keine Mittel zum Bestreiten ihres Lebensunterhaltes zur Verfügung stünden. Schließlich sei auch die Verfassungsmäßigkeit des Leistungsausschlusses aus § 7 Abs. 5 SGB II zweifelhaft, da hierdurch in die Grundrechte aus Art. 2, Art. 3 und Art. 12 des Grundgesetzes (GG) eingegriffen werde. Auch wenn das SGB II nach dem Willen des Gesetzgebers nicht der Ausbildungsförderung dienen solle, stehe es dem Bezieher von SGB II Leistungen frei, welche Ausbildung er verfolge.

Die Antragstellerin beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr vorläufig ab dem 01.08.2009 darlehensweise Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu bewilligen und auszubezahlen, sowie ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten zu bewilligen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Ag. hält den angefochtenen Beschluss des SG für rechtmäßig.

Auf Nachfrage des Berichterstatters hat der Bevollmächtigte der Ast. am 19.11.2009 unter anderem mitgeteilt, dass ein bestandskräftiger Bescheid über die Ablehnung von BAföG-Leistungen vorliegt. Sozialhilfe oder sonstige Sozialleistungen habe die Ast. nicht beantragt. Das Studium werde fortgeführt. Die Ast. übe derzeit eine geringfügige Beschäftigung (auf 400,00 EUR-Basis) aus und erhalte Unterstützung ihrer Eltern zum Lebensunterhalt, soweit das diesen möglich sei.

Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten, die Akten des SG sowie die Akten des Landessozialgerichts Bezug genommen.

II.

Die nach § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene Beschwerde ist zulässig.

Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass aus den Akten kein Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.07.2009 ersichtlich ist. Denn der Antrag vom 06.08.2009 auf die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz ist so auszulegen, dass die Ast. den angegriffenen Bescheid selbst vorübergehend nicht geltend lassen wollte, womit im Wege der Auslegung ein fristgemäßer Widerspruch vorliegt, über den die Ag. noch nicht entschieden hat (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.09.2008 - L 16 B 36/08 KR ER -; allgemein zur Auslegung von Prozesshandlungen Keller, in Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, vor § 60 Rdnr. 11a).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R -). Zeitlich beginnt der vorliegend im einstweiligen Rechtsschutzverfahren streitgegenständliche Anspruch ab dem 01.08.2009, dem Zeitpunkt, ab dem die Ag. erstmalig geringere Leistungen wegen des Studiums der Ast. bewilligt hat. Die von der Ag. geltend gemachte Erstattungsforderung ist entsprechend den Anträgen des Bevollmächtigten der Ast. nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. In persönlicher Hinsicht ist der Streitgegenstand auf die Ablehnung von Leistungen gegenüber der Ast. beschränkt, weil ihre Kinder als Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft eigene Ansprüche nach dem SGB II besitzen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R -), die von der Ag. vollumfänglich erfüllt werden; dementsprechend hat der Bevollmächtigte der Ast. zutreffend seinen Antrag auf die Gewährung höherer Leistungen an die Ast. beschränkt.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag 1. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, 2. in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, 3. in den Fällen des § 86 a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.

Soweit ein Fall des Abs. 1 der Vorschrift nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift sieht vor, dass einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig sind, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

Vorliegend kommt nur der Erlass einer einstweiligen Anordnung als Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Betracht. Eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt einen Anordnungsanspruch (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) und einen Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -). Der Anordnungsanspruch ist gegeben, wenn bei der im Verfahren gebotenen summarischen Prüfung ein Erfolg in der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist, wobei auch wegen der mit der einstweiligen Regelung verbundenen Vorwegnahme der Hauptsache ein strenger Maßstab anzulegen ist (Bundesverwaltungsgericht, Buchholz 310 § 123 Nr. 15). Denn grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden. Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG -), ist von diesem Grundsatz aber eine Abweichung dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere und unzumutbare, später nicht wieder gutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69 , 74 m.w.N.).

Der Senat lässt offen, ob angesichts des monatlichen Einkommens der Ast. für sich selbst und die von ihr abhängigen Kinder (380,26 EUR Leistungen der Beklagten, 328,00 EUR Kindergeld, 447 EUR Kindesunterhalt, 400,00 EUR aus der geringfügigen Beschäftigung, Zuwendung ihrer Eltern = 1.555,26 EUR zuzüglich der nicht näher bestimmten elterlichen Zuwendungen) vom Vorliegen eines Anordnungsgrundes ausgegangen werden kann. Jedenfalls besteht der geltend gemachte Anordnungsanspruch nicht.

Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II in der seit dem 01.01.2008 geltenden Fassung haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 des Dritten Buches dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In besonderen Härtefällen können nach Satz 2 der Vorschrift Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen geleistet werden.

Bei dem Studium der Ast. handelt es sich um eine nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung, was zum Förderungssauschluss in Form eines Zuschusses im Sinne von § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II führt. Die Ausnahmevorschriften des § 7 Abs. 6 SGB II, wonach ausnahmsweise der Anspruchsausschluss nicht greift, sind vorliegend nicht gegeben. Dass die Ausbildung tatsächlich nicht gefördert wird, ist im Rahmen des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ebenso ohne Belang wie die Frage, aus welchen individuellen Gründen keine Förderung erfolgt. Die Vorschrift stellt allein auf die Förderungsfähigkeit der Ausbildung ab (BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R -). Schließlich kann auch keine ergänzende Gewährung von Unterkunftsleistungen nach der ergänzenden Regelung in § 22 Abs. 7 SGB II erfolgen, weil diese Regelung bei einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II nur dann einschlägig ist, wenn Berufsausbildungsbeihilfe, Ausbildungsgeld nach dem SGB III oder Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz tatsächlich bezogen werden.

Dementsprechend macht der Bevollmächtigte der Ast. im vorliegenden Verfahren auch nur noch die Gewährung von Leistungen nach 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II als Darlehen wegen des Vorliegens eines "besonderen Härtefalls" geltend. Liegt ein besonderer Härtefall vor, hat die Verwaltung unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens Art und Umfang der Leistungsgewährung zu prüfen. Bei dem Tatbestandsmerkmal "besonderer Härtefall" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Auslegung der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R -; BSG, Urteil vom 8. Februar 2007 - B 7a AL 34/06 R = SGb 2007, 224).

Ein "besonderer Härtefall" im Sinne von 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II liegt vor, wenn die Folgen des Anspruchsausschlusses über das Maß hinausgehen, das regelmäßig mit der Versagung von Hilfe zum Lebensunterhalt für eine Ausbildung verbunden ist und vom Gesetzgeber in Kauf genommen wird. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck, die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, muss der Ausschluss von der Ausbildungsförderung als übermäßig hart im Sinne von unzumutbar oder in hohem Maße unbillig erscheinen (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R – mit Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG zu § 26 BSHG, BVerwGE 94, 224).

Zur Bestimmung der besonderen Härte im Sinne des SGB II ist dabei Folgendes zu beachten (BSG a.a.O.): Aus dem Wortlaut von § 7 Abs. 5 SGB II lässt sich ein Regel-Ausnahmeverhältnis entnehmen. Nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II werden bei Vorliegen einer dem Grunde nach dem BAföG oder §§ 60 bis 62 SGB III förderungsfähigen Ausbildung keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährt. Nur ausnahmsweise können im Einzelfall gleichwohl Leistungen bewilligt werden, wenn trotz des generellen Leistungsausschlusses im Hinblick auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts die Gewährung derartiger Leistungen geboten erscheint. Außerdem soll das Recht der Grundsicherung in aller Regel ebenso wenig wie die Leistungen nach dem SGB XII dazu dienen, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. SGB II und SGB XII zusammen - als sich gegenseitig im Hinblick auf die Hilfe zum Lebensunterhalt nach § 5 Abs. 2 SGB II und § 21 SGB XII ausschließende Systeme - sollen von Leistungen zur Ausbildungsförderung freigehalten werden, soweit der Hilfebedarf im Hinblick auf den Lebensunterhalt durch die Ausbildung entsteht.

Allerdings betrifft der Ausschluss nur den ausbildungsbedingten Bedarf. Ein Mehrbedarf, unabhängig von der Ausbildung, ist daher gleichwohl nach § 21 SGB II oder § 23 SGB XII zu erbringen; so erhält die Ast. auch vorliegend nach § 21 Abs. 3 SGB II einen Mehrbedarf von 129,00 EUR dafür, dass sie alleinerziehend ist. Dies bedeutet aber auch, dass die Fallgruppen wie vorliegend die alleinige Erziehung der leiblichen Kinder durch die Ast., welche die Leistungen für Mehrbedarfe prägen, keinen "besonderen Härtefall" im Sinn von § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II darstellen können (BSG a.a.O.). Dem Argument des Bevollmächtigten, dass wegen der Betreuung der zwei minderjährigen Kinder die Ausbildung gefördert werden müsste, ist daher nicht zu folgen.

Aus dem Gesetzeszweck, die Grundsicherung für Arbeitsuchende von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung freizuhalten, folgt auch, dass nicht bereits allein der Umstand, dass eine Ausbildung wegen fehlender Förderung nicht fortgeführt werden kann, einen Härtefall zu begründen vermag. Ob ein besonderer Härtefall vorliegt, ist im Lichte dieser Zweckrichtungen unter Berücksichtigung der individuellen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. das Urteil des erkennenden Senats vom 15.06.2009 – L 1 AS 2216/08 –).

Vorliegend ist zunächst festzustellen, dass die Ast. ihre Ausbildung ohne Kenntnis der Ag. aufgenommen hat, weswegen eine hohe Rückforderung der Ag. im Raum steht. Da die Ast. der Ag. die Aufnahme ihres Studiums nicht angezeigt hat, kann die Ast. sich jedenfalls nicht darauf berufen, die Ag. habe sie nicht rechtzeitig über die fehlenden Förderungsmöglichkeiten während ihres Studiums gewarnt. Im Übrigen kann bei dem seit Oktober 2008 begonnenen Studium auch nicht eine Härte aus dem Gesichtspunkt des Abbruchs eines bereits zu einem wesentlichen Teil absolvierten Studiums angenommen werden (vgl. Hessisches LSG, Beschluss vom 07.11.2006 - L 7 AS 200/06 ER = ZfSH/SGB 2007, 274 ff.; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15.04.2005 - L 2 B 7/05 AS ER - = NZS 2006, 161 f. für die Fälle, dass die Abschlussprüfung bevorsteht oder die Diplomarbeit begonnen wurde). Eine durch objektive Umstände belegbare Aussicht, die Ausbildung werde mit Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in absehbarer Zeit durch einen Abschluss zum Ende gebracht, besteht daher nicht.

Es erscheint auch nicht zwingend, Leistungen des SGB II durch die Förderung gerade des Studiums der Volkswirtschaftslehre zu gewähren, um eine Integration der Ast. in den Arbeitsmarkt zu erreichen. Die Ast. hat bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung als Hotelfachfrau. Inwieweit sie mit dieser Ausbildung bei der Betreuung ihrer minderjährigen Kinder nicht auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen kann, wurde vom Bevollmächtigten der Ast. nicht substantiiert dargelegt, ohne dass es indes für die Entscheidung in dem vorliegenden Verfahren auf eine solche Darlegung ankäme. Denn für eine Förderung der von der Ast. gewählten Zweitausbildung ist nicht ersichtlich, weshalb gerade hierdurch ihre Eingliederungsmöglichkeiten in den Arbeitsmarkt wesentlich verbessert werden könnten. Inwiefern die Arbeitszeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für Volkswirte besser sein könnten als für Personen mit einer Ausbildung als Hotelfachleute, ist jedenfalls nicht erkennbar. Der Ausnahmefall, dass wegen persönlicher Defizite nur eine einzige Ausbildung für die Integration in den Arbeitsmarkt erfolgversprechend erscheint (vgl. Hamburgisches OVG, Beschluss vom 09.09.1997 - Bs IV 36/97 - = ZfSH/SGB 1997, 673), ist vorliegend nicht gegeben.

Die vom SGB II angestrebte Integration in den Arbeitsmarkt setzt zudem, wie nicht zuletzt die von der Ast. stundenweise ausgeübte Erwerbstätigkeit zeigt, eine abgeschlossene Ausbildung nicht notwendig voraus. Das ergibt sich auch aus § 3 Abs. 2 SGB II. Satz 1 dieser Vorschrift verpflichtet den Grundsicherungsträger, erwerbsfähige Hilfebedürftige, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unverzüglich nach Antragstellung in eine Arbeit, eine Ausbildung oder eine Arbeitsgelegenheit zu vermitteln. § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB II zeigt zwar, dass Hilfebedürftige ohne Berufsabschluss vorrangig in eine Ausbildung vermittelt werden sollen, ein Anspruch auf Förderung einer bestimmten Ausbildung folgt daraus aber nicht (BSG a.a.O.). Insofern ist auch das Argument des Bevollmächtigten, die Ast. sei mit einer Universitätsausbildung zu fördern, weil sie nur dadurch später ein ausreichendes Einkommen für sich und ihre Kinder erzielen könne, nicht stichhaltig. Abgesehen davon, dass nicht erwiesen absehbar ist, dass die Ast. mit der genannten Ausbildung mehr verdienen kann als auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt oder als Hotelfachfrau, ist der maßgebliche Unterschied, dass der Bedarf an existenzsichernden Leistungen seitens der Ag. durch die Ast. bei der Aufnahme einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sofort beseitigt werden könnte, was dem Prinzip der Bedarfsdeckung bei aktuellen Bedarfslagen eher entspricht. Der Gesichtspunkt der Verantwortlichkeit für andere Personen dürfte außerdem bei der Frage der Förderungsfähigkeit eines Studiums mit öffentlichen Mitteln nachrangig sein, weil diese Personen ggf. eigene Sozialleistungsansprüche besitzen und speziell in der vorliegenden Fallgestaltung wegen der Gewährung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende nach § 21 Abs. 3 SGB II eine erneute Berücksichtigung dieses Gesichtspunktes bei der Härtefallprüfung nicht zulässig ist.

Ebenso wie in dem der Grundsatzentscheidung des BSG zu § 7 Abs. 5 SGB II (Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R -) zugrunde liegenden Sachverhalt erscheint daher angesichts der nur kurzen Ausbildungsdauer, die die Ast. im Zeitpunkt der Bekanntgabe des ablehnenden Bescheides der Ag. zurückgelegt hatte, und dem entsprechend kurzzeitigen Leistungsbezug, ein Abbruch des Studiums noch zumutbar. Darüber hinaus fehlte es für ein schutzwürdiges Vertrauen auf eine Sicherung des Bedarfes während der Ausbildung an objektiven Anhaltspunkten, zumal davon auszugehen ist, dass die Ag. die Gewährung von Leistungen an die Ast. vom Beginn des Studiums an abgelehnt hätte, wenn die Ag. rechtzeitig von dem Studium erfahren hätte.

Der Leistungsausschluss begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar führt der Ausschluss sowohl im SGB II als auch im SGB XII dazu, dass im Einzelfall für Ausbildungszeiten überhaupt keine staatliche Sozialleistung zur Verfügung gestellt wird. Der Gesetzgeber stellt aber grundsätzlich ein besonderes System der Ausbildungsförderung zur Verfügung, mit dem er den Lebensunterhalt während einer Ausbildung sichert. Das Sozialhilferecht solle nicht dazu dienen, durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhaltes das Betreiben einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung zu ermöglichen. Nichts anderes soll nach dem Willen des Gesetzgebers für die den Vorschriften der Sozialhilfe nachgebildete Parallelvorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II gelten (vgl. BT-Drucks 15/1749 S. 31). Die im BAföG und im SGB III vorgesehenen Ausbildungsförderungsmöglichkeiten sind nach der gesetzgeberischen Konzeption des Sozialleistungssystems abschließend. Der Gesetzgeber ist verfassungsrechtlich nicht gehalten, darüber hinaus Ausbildungszeiten auch außerhalb dieses Systems zu fördern. Soweit jemand eine Ausbildung betreiben möchte, obwohl er die Anspruchsvoraussetzungen des zur Förderung einer Ausbildung vorgesehenen Sozialleistungssystems nicht erfüllt, handelt es sich um eine vom Auszubildenden selbst zu verantwortende Entscheidung. Sie kann zumindest nicht die Konsequenz haben, den Gesetzgeber zu verpflichten, auch während dieser Ausbildung Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts nach einem System (SGB II) zu gewähren, das der Existenzsicherung von Personen dient, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Einkommen erzielen wollen und nur wegen des Fehlens einer Erwerbsmöglichkeit (vorübergehend) der Unterstützung bedürfen. (BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 28/06 R -). Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung kann hierin nicht gesehen werden, da für die mit der Ast. vergleichbaren Personengruppen das Gleiche gilt. Die vom Bevollmächtigten der Ast. gerügte Verletzung von Freiheitsgrundrechten (Art. 2 und Art. 12 GG) liegt ebenfalls nicht vor, weil in der Nichtgewährung von Leistungen kein Eingriff in diese Grundrechte gesehen werden kann. Tatsächlich steht es der Ast. frei, selbst ihre Ausbildung zu wählen, doch kann sie daraus noch keine Leistungsansprüche ableiten.

Da im Beschwerdeverfahren keine hinreichende Erfolgsaussicht bestand, war Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren nicht zu bewilligen, §§ 73 a SGG, 114 ff. ZPO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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