Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 6 R 44/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 95/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 3/10 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.06.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente, namentlich die Höherbewertung von beitragsgeminderten Zeiten seiner beruflichen Ausbildung vom 1.4.1964 bis zum 30.9.1965.
Im Versicherungskonto des Klägers sind der Zeitraum vom 1.4.1963 bis zum 30.9.1965 als Pflichtbeitragszeiten mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung und der Zeitraum vom 1.4.1974 bis zum 31.3.1976 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit sowie wegen einer Fachschulausbildung (letztere bis zum 23.3.1976) gespeichert.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.2.2009 (Bescheid v. 11.11.2008). Dabei bewertete sie die beitragsfreie Zeit vom 1.4.1974 bis 31.3.1976 (24 Monate) als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit mit 80 v. H. des 0,1314 EP je Kalendermonat betragenden Gesamtleistungswertes, insgesamt mit 2.5224 EP. Die Monate von April 1963 bis März 1964 (12 Monate) bewertete sie mit monatlich 0,0625 EP, insgesamt mit 0,7500 EP. Für die Monate April 1964 bis September 1965 berücksichtigte sie - wegen der in § 74 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) angeordneten Begrenzung der Gesamtleistungsbewertung für höchstens drei Jahre einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme bei vorrangiger Bewertung der Fachschulausbildung - keinen Gesamtleistungswert. Stattdessen legte sie für diesen Zeitraum lediglich die aus dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt errechneten insgesamt 0,2067 EP zugrunde. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid v. 5.3.2009).
Mit der dagegen zum Sozialgericht (SG) Aachen erhobenen Klage begehrte der Kläger die Bewertung auch des Zeitraums von April 1964 bis September 1965 mit monatlich 0,0625 EP, insgesamt also mit zusätzlich 0,9183 EP.
Zur Begründung hat er vorgetragen: Der Zeitraum von April 1974 bis März 1976 sei sowohl eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) als auch eine Anrechnungszeit wegen Fachschulbesuches nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI. Ausweislich des Bescheides vom 11.11.2008 werde er aber nur als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit bewertet, die Anrechnungszeit als Fachschulausbildung also verdrängt. Dementsprechend dürfe die Zeit der Fachschulausbildung auch im Rahmen von § 74 Satz 3 SGB VI keine Berücksichtigung finden. Vielmehr seien auf die Höchstfrist von 36 Monaten nur solche Zeiten anzurechnen, die auch tatsächlich in EP bewertet worden seien. Der Sinn des § 74 Satz 3 SGB VI bestehe in erster Linie darin, die Fachschulzeiten besser zu stellen als die Zeiten der beruflichen Ausbildung, da es in der Regel für Zeiten des Besuches einer Fachschule überhaupt nicht zu einer Entrichtung von Beiträgen komme, wohingegen für Berufsausbildungszeiten Pflichtbeiträge gezahlt würden. Liege also nur ein Fachschulbesuch vor und nicht gleichzeitig eine andere rentenrechtlich zu bewertende Zeit, so ergebe sich in jedem Fall eine Begünstigung. Die Beklagte verkehre demgegenüber den Gesetzeszweck in sein Gegenteil, wenn sie die Zeit der Fachschulausbildung, die schon als anderer rentenrechtlicher Tatbestand besser bewertet worden sei, nun voll auf die beitragsgeminderten Zeiten einer beruflichen Ausbildung anrechne. Diese Zeiten (der Fachschulausbildung) bekämen dann eben nicht nur nicht mehr den eigentlichen gesetzlich gewollten Zuschlag, sondern die vorgenommene "Luftbewertung" sorge sogar überdies dafür, dass die beitragsschwachen Zeiten der Berufsausbildung einen Zuschlag nicht mehr erhielten. Ergänzend hat der Kläger auf das seine Rechtsansicht stützende Urteil des SG Aachen v. 3.11.2008 Az. S 24 R 78/08, anhängig beim LSG Nordrhein-Westfalen, Az. L 18 R 5/09) hingewiesen. Insgesamt seien daher eindeutig auch die restlichen 18 Monate der beruflichen Ausbildung mit 75 % des gedeckelten Gesamtleistungswertes zu bewerten.
Zusätzlich zu seinem bisherigen Begehren hat der Kläger die Bewertung (auch) der Zeiten der beruflichen Ausbildung von Oktober 1965 bis März 1966 mit einem begrenzten Gesamtleistungswert nach § 263 Abs. 5 SGB VI verlangt. Nachdem sich die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG bereit erklärt hat, hierüber eine Entscheidung außerhalb des Verfahrens zu treffen, hat der Kläger sein Klagebegehren ausdrücklich auf die Bewertung der Zeiten vom 1.4.1964 bis zum 30.9.1965 beschränkt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5.3.2009 zu verurteilen, den Gesamtleistungswert für die Zeiten vom 1.4.1964 bis zum 30.9.1965 in Höhe von 75 %, höchstens jedoch mit 0,0625 Entgeltpunkten pro Kalendermonat zu berücksichtigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen: Nach § 74 Satz 3 SGB VI könnten insgesamt lediglich 36 Monate als Zeiten der beruflichen Ausbildung bewertet werden. Dabei seien Kalendermonate mit Zeiten einer Fachschulausbildung vorrangig zu berücksichtigen. Dies gelte auch dann, wenn diese Zeiten bei einem Zusammentreffen mit anderen beitragsfreien Zeiten nicht bewertet würden. Es sei daher gerechtfertigt, im Rahmen der Bewertung den Zeitraum der Fachschulausbildung von den Beitragszeiten wegen beruflicher Ausbildung abzuziehen. Denn die Zeit der Fachschulausbildung werde durch die parallel vorliegende Zeit der Arbeitslosigkeit lediglich überlagert, in rentenrechtlicher Hinsicht jedoch mitbewertet und deshalb nicht verdrängt.
Mit Urteil vom 26.6.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich der Rechtsauffassung der Beklagten angeschlossen und zur Begründung ausgeführt, die Doppelbelegung mit Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit und Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung führe nicht dazu, dass die Zeiten der Fachschulausbildung vollständig verdrängt würden. Vielmehr setzten sich die Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Bewertung allein wegen des "überschießenden Teiles" durch. Der mit den Zeiten der Arbeitslosigkeit deckungsgleiche Teil der Zeiten der Fachschulausbildung werde hingegen mitbewertet. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 10.7.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.7.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend führt er aus, er stünde im Ergebnis besser da, wenn er in der fraglichen Zeit nur arbeitslos gewesen wäre. Die Tatsache, dass er die Zeit der Arbeitslosigkeit genutzt habe, um sich fortzubilden, führe hier ohne rechtfertigenden Grund zu einem geringeren Rentenanspruch.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.6.2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.3.2009 zu verpflichten, die Zeiten der beruflichen Ausbildung von April 1964 bis September 1965 mit 75 % des begrenzten Gesamtleistungswertes maximal 0,0625 Entgeltpunkte zu bewerten und die Altersrente des Klägers ab dem 1.2.2009 dementsprechend neu zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagtenverwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid vom 11.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5.3.2009 ist nicht rechtswidrig und der Kläger deswegen nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Festsetzung eines höheren Wertes seiner Altersrente. Insbesondere hat die Beklagte, was im Berufungsverfahren allein streitig ist, die auf die Beitragszeit vom 1.1.1964 bis zum 30.9.1965 entfallenden EP zutreffend berechnet.
Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden EP für Beitragszeiten ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Dass die Beklagte die insoweit erforderliche Berechnung zutreffend durchgeführt hat, steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Hieraus ergeben sich 0,1078 EP für die Zeit vom 1.4.1964 bis zum 31.12.1964 sowie 0,0989 EP für die Zeit vom 1.1.1965 bis zum 30.9.1965.
Der Kläger kann nicht verlangen, dass die für die Zeit vom 1.4.1964 bis zum 30.9.1965 ermittelten EP um einen Zuschlag erhöht werden.
Ein derartiger Zuschlag kommt ausschließlich im Rahmen der sog. Gesamtleistungsbewertung in Betracht, die in den §§ 71 bis 74 SGB VI geregelt ist. Nach § 71 Abs. 1 SGB VI erhalten beitragsfreie Zeiten den Durchschnittswert an EP, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt (sog. Gesamtleistungswert, dessen Berechnung im Einzelnen in § 71 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, 72 und 73 SGB VI geregelt ist). Zu den beitragsfreien Zeiten im Sinne dieser Bestimmung zählen insbesondere Anrechnungszeiten wie z.B. Fachschulzeiten, für die nicht auch Beiträge gezahlt worden sind (§ 54 Abs. 4 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI), im Falle des Klägers der Zeitraum vom 1.4.1974 bis zum 31.3.1976. Beitragsgeminderte Zeiten, zu denen auch Zeiten einer beruflichen Ausbildung gehören (§ 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI), werden um einen Zuschlag so erhöht, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten als beitragsfreie Zeiten hätten (§ 71 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Dies betrifft im Streitfall den Zeitraum vom 1.4.1963 bis zum 30.9.1965.
Die dem Grunde nach in § 71 Abs. 1 und 2 SGB VI vorgesehen Privilegierung beitragsfreier und beitragsgeminderter Zeiten durch Bewertung mit dem Gesamtleistungswert wird für Ausbildungszeiten allerdings in der Ausnahmeregelung des § 74 SGB VI in mehrfacher Hinsicht beschränkt: So werden Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung gar nicht bewertet (§ 74 Satz 4 SGB VI). Zeiten der beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme werden zwar bewertet, der Gesamtleistungswert wird jedoch auf 75 v.H., höchstens jedoch 0,0625 EP pro Kalendermonat, begrenzt (§ 74 Satz 1 und 2 SGB VI). Zudem ist die Gesamtleistungsbewertung dieser Zeiten auf insgesamt drei Jahre begrenzt, wobei Zeiten der Fachschulausbildung vorrangig bewertet werden (§ 74 Satz 3 SGB VI).
Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zutreffend entschieden, dass der Zeitraum des Fachschulbesuchs vom 1.4.1974 bis zum 31.3.1976 im Sinne von § 74 Satz 3 SGB VI "vorrangig" zu bewerten ist und sodann "nur" noch dem verbleibenden Zeitraum beruflicher Ausbildung von 12 Monaten in der Zeit vom 1.4.1963 bis zum 31.3.1964 gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zusätzliche EP bis zum begrenzten Gesamtleistungswert von 0,0625 EP je Kalendermonat zuzuordnen sind.
Entgegen der Auffassung des Klägers steht dieser Beurteilung nicht entgegen, dass die Beklagte die Zeit vom 1.4.1974 bis zum 31.3.1976 - zutreffend - aufgrund des Günstigkeitsprinzips nicht mit dem begrenzten Gesamtleistungswert für Ausbildungszeiten von 0,0625 EP, sondern mit dem höheren begrenzten Gesamtleistungswert für Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von 80 v.H. des Gesamtleistungswertes bewertet hat (§ 263 Abs. 2a Satz 1 SGB VI). Ausbildungszeiten werden im Sinne von § 74 Satz 3 SGB VI nämlich jedenfalls immer dann "bewertet", wenn ihnen ein (begrenzter) Gesamtleistungswert zugeordnet wird, auch wenn es sich dabei nicht um den Gesamtleistungswert für Ausbildungszeiten handelt.
Der Wortlaut des § 74 Satz 3 SGB VI enthält die Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zu "bewerten", allerdings insgesamt für höchstens drei Jahre. Im Zusammenhang mit der Überschrift des § 74 SGB VI ("begrenzte Gesamtleistungsbewertung") ist der Begriff des Bewertens im Sinne der Zuordnung des maßgebenden Gesamtleistungswertes (§ 71 Abs. 1 SGB VI i.V.m. den Vorschriften über dessen Höhe) bzw. der Erhöhung der Summe der Entgeltpunkte um den Zuschlag nach § 71 Abs. 2 SGB VI zu lesen. Weder der Vorschrift des § 71 SGB VI noch der Regelung des § 74 SGB VI lässt sich eine Verpflichtung oder Befugnis des Rentenversicherungsträgers entnehmen, Ausbildungszeiten nur dann zu bewerten bzw. im Sinne von § 74 Satz 3 SGB VI als "bewertet" anzusehen, wenn diese Zeiten gerade den für Ausbildungszeiten maßgebenden Gesamtleistungswert erhalten haben. Entscheidend ist dem Wortlaut nach vielmehr allein, dass überhaupt eine Bewertung im Sinne der Gesamtleistungsbewertung stattgefunden hat.
Ein abweichendes Ergebnis lässt sich auch nicht mit der Entstehungsgeschichte, mit Sinn und Zweck des § 74 Satz 3 SGB VI sowie mit der Einordnung der Vorschrift in den gesetzessystematischen Zusammenhang begründen.
§ 74 SGB VI hat seine gegenwärtige Fassung durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz v. 21.7.2004 (BGBl. I S. 1791) erhalten. Der Begründung des Gesetzentwurfs zufolge wollte der Gesetzgeber mit der Begrenzung der Gesamtleistungsbewertung auf drei Jahre eine weit reichende Besserstellung der Zeiten der beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung und Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme gegenüber den akademischen Ausbildungszeiten verhindern, die fortan überhaupt nicht mehr bewertet werden (BT-Drs. 15/2149, S. 24 zu Nr. 13). Dieses Anliegen spricht für ein enges Verständnis der Vorschrift dahingehend, für die Bestimmung der drei Jahre ausschließlich darauf abzustellen, ob in den betreffenden Zeiträumen Ausbildungszeiten im Sinne des § 74 Satz 3 SGB VI zurückgelegt worden sind. Eine sachliche Rechtfertigung, dabei danach zu differenzieren, ob die betreffenden Ausbildungszeiten (zufällig) mit anderen einer Gesamtleistungsbewertung zugänglichen Zeiten, z.B. Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit, zusammenfallen, ist aus den Gesetzesmaterialien nicht erkennbar.
Die Berücksichtigung von Fachschulzeiten, die mit Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit zusammenfallen, bei der Bemessung des Drei-Jahres-Zeitraums gemäß § 74 Satz 3 SGB VI führt auch nicht zu Wertungswidersprüche innerhalb des Systems der Gesamtleistungsbewertung.
Zunächst wird der Zeitraum, in dem der Kläger die Fachschulausbildung absolviert hat, aufgrund der Arbeitslosigkeit höher bewertet, als wenn es sich um eine reine Fachschulzeit handeln würde, nämlich mit 80 v.H. des Gesamtleistungswertes statt mit lediglich 75 v.H. bzw. maximal 0,0625 EP. Das entspricht dem gesetzgeberischen Konzept, Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit - anknüpfend an § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI - etwas höher zu bewerten als Ausbildungsanrechnungszeiten.
Zudem unterscheidet § 74 Satz 3 SGB VI für die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten im Rahmen des Drei-Jahres-Zeitraums nicht danach, in welchem Maße sich diese Zeiten bei der Gesamtleistungsbewertung ausgewirkt haben. So werden z.B. Fachschulzeiten, die neben einer beitragspflichtigen Beschäftigung liegen, auch dann vollständig (und nicht nur anteilig) "verbraucht", wenn sie nur zu einem ganz geringen Zuschlag führen, weil die aus den Beitragszeiten ermittelten EP den begrenzten Gesamtleistungswert fast erreichen.
Ob die Regelung des § 74 Satz 3 SGB VI schließlich auch in dem (wohl eher selteneren) Fall Anwendung findet, dass die aus den parallel liegenden Beitragszeiten ermittelten EP den begrenzten Gesamtleistungswert erreichen oder gar übersteigen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Jedenfalls ist kein Grund ersichtlich, den Kläger, der neben der Fachschulausbildung beitragsfreie Sozialleistungen bezogen hat, hinsichtlich der Bewertung der Zeiten seiner zu Beginn seiner Versicherungsbiografie liegenden beruflichen Ausbildung besser zu stellen als einen Versicherten, der neben einem späteren Fachschulbesuch einer beitragspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist.
Ein Anspruch auf Erhöhung für die Zeit vom 1.4.1964 bis zum 30.9.1965 ermittelten EP ergibt sich auch nicht aus § 263 Abs. 5 SGB VI. Denn diese Vorschrift erfasst, wie § 263 Abs. 3 SGB VI zeigt, lediglich Renten, die bis Januar 2009 einschließlich begonnen haben. Demgegenüber Rentenbeginn beim Kläger der 1.2.2009.
Die hier vertretene Auslegung des § 74 Satz 3 SGB VI ist mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar.
Das System der Gesamtleistungsbewertung insgesamt ist verfassungskonform (BSG, Urteil v. 17.12.1997, 13 RJ 97/96, SozR 3-2600 § 263 Nr. 2). Es verstößt insbesondere nicht gegen Art. 14 GG (BSG, Urteil v. 18.4.1996, 4 RA 36/94, SozR 3-2600 § 71 Nr. 1 m.w.N.). Die Bewertung der Ausbildungsanrechnungszeiten mit der seit dem 01.01.1992 bestehenden Begrenzung des Rangstellenwertes der beitragslosen Ausbildungs-Anrechnungszeiten auf zunächst 75 % des individuell ermittelten Wertes der Gesamtleistungsbewertung und in einem weiteren Schritt auf 0,0625 EP pro Kalendermonat (0,75 EP pro Kalenderjahr) ist, auch in der Veränderung, die sie durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz erhalten hat, verfassungsrechtlich ebenfalls unbedenklich (BSG, Urteil v. 30.3.2004, B 4 RA 36/02 R, SozR 4-2600 § 149 Nr. 1 Rdnr. 25 ff.).
Auch die erstmals durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz eingeführte Begrenzung der Bewertung von Zeiten einer beruflichen Ausbildung, einer Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf insgesamt drei Jahre ist mit dem GG zu vereinbaren.
Schon § 74 SGB VI in seiner bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung sah eine Begrenzung der Zeiten schulischer Ausbildung auf drei Jahre vor. Diese durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) v. 31.1.2001 (BGBl. I S. 403) mit Wirkung v. 1.1.2002 eingeführte Beschränkung der Bewertung war notwendig geworden, nachdem das AVmEG die Höchstdauer der grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Ausbildungszeiten zur Vermeidung von Versicherungslücken auf acht Jahre angehoben hatte (vgl. zur Entwicklung insoweit Meyer/Blüggel, NZS 2005, 1, 2). Im Falle des Klägers, ebenso wie bei allen Versicherten, die neben einer beruflichen Ausbildung Schulzeiten zurückgelegt hatten, wirkte sich die bis zum 31.12.2004 bestehende Regelung nicht nachteilig aus, sofern die Schulzeiten (wie im vorliegenden Fall) drei Jahre nicht überschritten. Auch wenn längere Schulzeiten vorlagen, änderte dies nichts an der Höherbewertung der Zeiten beruflicher Ausbildung, weil insoweit keine Gesamtbegrenzung stattfand. Für den vorliegenden Streitfall bedeutet dies, dass der Kläger unter Anwendung des bis zum 31.12.2004 bestehenden Rechts eine Anhebung der vollen Zeit seiner beruflichen Ausbildung auf 0,0625 EP pro Monat hätte beanspruchen können. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Probeberechnung ergäbe sich daraus bezogen auf den Rentenbeginn am 1.2.2009 ein Rentenzahlbetrag v. 1.689,90 EUR statt - jetzt - 1.667,99 EUR, d.h. ein um 21,91 EUR höherer Wert der Nettorente.
Die sich danach für den Kläger hier konkret nachteilig auswirkende Gesamtbegrenzung der (Fachschul-)Ausbildungszeiten durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Es liegt zunächst kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG vor.
Die Neuregelung des § 74 SGB VI beinhaltet zwar einen Eingriff in die Eigentumsfreiheit der betroffenen Versicherten. Denn Schutzobjekt des Art. 14 Abs. 1 GG ist die Rentenanwartschaft insgesamt, wie sie sich aus dem Gesetz ergibt. Rentenanwartschaften beruhen auf verschiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen. Die Einzelelemente können nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie selbstständige Ansprüche. Das gilt auch, soweit die Anwartschaft auf einer (Höher-)Bewertung einzelner Zeiten als Maßnahme des sozialen Ausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung beruht (BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007, 1 BvL 10/00, SozR 4-2600 § 58 Nr. 7). In die so geschützte Anwartschaft greift die Neuregelung des § 74 SGB VI durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz ein, indem die Höherbewertung der Zeiten der beruflichen Ausbildung reduziert wird, soweit (vorrangige) Zeiten der Fachschulausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme vorliegen.
Der Gesetzgeber ist mit der Neufassung des § 74 SGB VI jedoch im Rahmen seiner Befugnis geblieben, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Der Eingriff in die Rentenanwartschaften der betroffenen Versicherten ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Ausweislich der Materialien zum RV-Nachhaltigkeitsgesetz wollte der Gesetzgeber mit den darin getroffenen Maßnahmen die gesetzliche Rentenversicherung auch angesichts gestiegener Rentenlaufzeiten und weiterer ökonomischer Belastungen bezahlbar halten (vgl. im Einzelnen BT-Drs. 15/2149, S. 1 ff.). Dabei handelt es sich um Gründe des Allgemeinwohls, die grundsätzlich auch Eingriffe in bestehende Anwartschaften rechtfertigen können. Die Begrenzung der Bewertung der genannten Ausbildungszeiten ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Sie ist auch erforderlich. Der Gesetzgeber kann nicht darauf verwiesen werden, Einsparungen in anderen Bereichen zu erzielen. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass er die von ihm für erforderlich erachteten Einsparungen vor allem bei solchen sozialpolitischen Leistungen vornimmt, die nicht auf einer eigenen Vorleistung der Versicherten beruhen, wie es bei der (Höher-)Bewertung der Ausbildungsleistungen der Fall ist (BSG, Beschluss v. 25.11.2008, B 5 KN 1/07 R; vgl. auch BSG, Urteil v. 5.8.2004, B 13 RJ 40/03 R, SozR 4-2600 § 237 Nr. 6, wonach sogar eine Rechtsänderung, durch die rentenrechtliche Zeiten ohne eigene Beitragsleistung eines Versicherten künftig im Rahmen der begrenzten Gesamtleistungsbewertung gar nicht mehr bewertet werden, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt). Schließlich bestehen gegen die Neuregelung auch unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit keine Bedenken. Geht man z.B. typisierend davon aus, dass die Jahre der beruflichen Ausbildung allein aufgrund der geleisteten Beiträge insgesamt mit 0,3000 EP zu bewerten sind und sich im späteren Verlauf drei Jahre mit Zeiten einer Fachschulausbildung anschließen, so ergibt sich auch bei vollständigem Verlust der Höherbewertung der beruflichen Ausbildung eine im Hinblick auf die beschriebene gesetzgeberische Zielsetzung hinnehmbare Einbuße von maximal 1,950 EP (3 x 0,7500 EP - 0,3000 EP). Der vorliegende Streitfall zeigt ebenfalls, dass der Kläger keiner allzu schwerwiegenden Rentenminderung ausgesetzt ist. Vertrauensschutzerwägungen hat der Gesetzgeber durch die schrittweise abschmelzende Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI ausreichend Rechnung getragen.
Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) lässt sich nicht feststellen.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007, Az. 1 BvL 10/00 Rz. 70 m.w.N.).
Da die Neuregelung des § 74 SGB VI die Verringerung einer rentenrechtlichen Vergünstigung zum Gegenstand hat, kommen nach der Rechtsprechung des BVerfG als Vergleichsgruppe nur solche von der ursprünglichen Rechtslage begünstigte Versicherte in Betracht, die von der Kürzung nicht oder in geringem Maße betroffen sind (vgl. hierzu BVerfG a.a.O., Rdnr. 72).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist es daher nicht statthaft, als Vergleichsgruppe diejenigen Versicherten mit einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit ohne gleichzeitigen Fachschulbesuch heranzuziehen. Denn diese Gruppe ist nicht von der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des § 74 SGB VI begünstigt worden, sondern von der Bestimmung des § 263 Abs. 2a SGB VI. Diese Vorschrift ist zwar durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz auch geändert worden, aber nicht in einer im vorliegenden Zusammenhang relevanten Weise (Streichung von § 263 Abs. 2a Satz 2 SGB VI a.F.).
Von der ursprünglichen Regelung begünstigt worden ist demgegenüber die Gruppe der Hochschul- und Fachhochschulbesucher. Bei dieser ergibt sich nunmehr die Besonderheit, dass bei zeitgleichem Vorliegen einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit die Vorschrift des § 74 Satz 3 SGB VI nicht eingreift (weil ja keine anrechenbaren Zeiten mehr vorliegen) mit der Folge, dass - anders als bei Fachschülern wie dem Kläger - die Höherbewertung der Zeiten der beruflichen Ausbildung ungeschmälert erhalten bleibt. Darin liegt jedoch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Vom Gesetzesziel her gesehen wird die Gruppe der akademisch Ausgebildeten sogar schlechter gestellt als die Gruppe der nicht-akademisch Ausgebildeten, zu denen der Kläger gehört, weil Zeiten der akademischen Ausbildung überhaupt nicht mehr angerechnet werden. Im Kern enthält § 74 Satz 3 und 4 SGB VI daher eine Privilegierung des Personenkreises, zu dem der Kläger gehört. Soweit in dem hier einschlägigen Sonderfall (gleichzeitiges Vorliegen einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit) ausnahmsweise eine Begünstigung der Gruppe der akademisch Ausgebildeten eintritt, ist dies vom typisierenden Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt.
Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung die Vergleichsgruppen "Versicherte mit Arbeitslosigkeit und Fachschulbesuch" einerseits und "Versicherte mit Arbeitslosigkeit ohne Fachschulbesuch" andererseits bilden wollte, ergäbe sich nichts anderes. Denn in diesem Fall dürften nur die Auswirkungen der gesetzlichen Regelung auf die Bewertung der Zeit der Arbeitslosigkeit verglichen werden. Diese wird in beiden Vergleichsgruppen jedoch gleich bewertet, sodass es schon an einer Ungleichbehandlung fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Der Senat hat der für die Entscheidung des Rechtsstreites erheblichen Frage der Auslegung des § 74 Satz 3 SGB VI grundsätzliche Bedeutung zugemessen und daher gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Altersrente, namentlich die Höherbewertung von beitragsgeminderten Zeiten seiner beruflichen Ausbildung vom 1.4.1964 bis zum 30.9.1965.
Im Versicherungskonto des Klägers sind der Zeitraum vom 1.4.1963 bis zum 30.9.1965 als Pflichtbeitragszeiten mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung und der Zeitraum vom 1.4.1974 bis zum 31.3.1976 als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit sowie wegen einer Fachschulausbildung (letztere bis zum 23.3.1976) gespeichert.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 1.2.2009 (Bescheid v. 11.11.2008). Dabei bewertete sie die beitragsfreie Zeit vom 1.4.1974 bis 31.3.1976 (24 Monate) als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit mit 80 v. H. des 0,1314 EP je Kalendermonat betragenden Gesamtleistungswertes, insgesamt mit 2.5224 EP. Die Monate von April 1963 bis März 1964 (12 Monate) bewertete sie mit monatlich 0,0625 EP, insgesamt mit 0,7500 EP. Für die Monate April 1964 bis September 1965 berücksichtigte sie - wegen der in § 74 Satz 3 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) angeordneten Begrenzung der Gesamtleistungsbewertung für höchstens drei Jahre einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme bei vorrangiger Bewertung der Fachschulausbildung - keinen Gesamtleistungswert. Stattdessen legte sie für diesen Zeitraum lediglich die aus dem tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt errechneten insgesamt 0,2067 EP zugrunde. Der dagegen erhobene Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid v. 5.3.2009).
Mit der dagegen zum Sozialgericht (SG) Aachen erhobenen Klage begehrte der Kläger die Bewertung auch des Zeitraums von April 1964 bis September 1965 mit monatlich 0,0625 EP, insgesamt also mit zusätzlich 0,9183 EP.
Zur Begründung hat er vorgetragen: Der Zeitraum von April 1974 bis März 1976 sei sowohl eine Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit im Sinne des § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI) als auch eine Anrechnungszeit wegen Fachschulbesuches nach § 58 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI. Ausweislich des Bescheides vom 11.11.2008 werde er aber nur als Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit bewertet, die Anrechnungszeit als Fachschulausbildung also verdrängt. Dementsprechend dürfe die Zeit der Fachschulausbildung auch im Rahmen von § 74 Satz 3 SGB VI keine Berücksichtigung finden. Vielmehr seien auf die Höchstfrist von 36 Monaten nur solche Zeiten anzurechnen, die auch tatsächlich in EP bewertet worden seien. Der Sinn des § 74 Satz 3 SGB VI bestehe in erster Linie darin, die Fachschulzeiten besser zu stellen als die Zeiten der beruflichen Ausbildung, da es in der Regel für Zeiten des Besuches einer Fachschule überhaupt nicht zu einer Entrichtung von Beiträgen komme, wohingegen für Berufsausbildungszeiten Pflichtbeiträge gezahlt würden. Liege also nur ein Fachschulbesuch vor und nicht gleichzeitig eine andere rentenrechtlich zu bewertende Zeit, so ergebe sich in jedem Fall eine Begünstigung. Die Beklagte verkehre demgegenüber den Gesetzeszweck in sein Gegenteil, wenn sie die Zeit der Fachschulausbildung, die schon als anderer rentenrechtlicher Tatbestand besser bewertet worden sei, nun voll auf die beitragsgeminderten Zeiten einer beruflichen Ausbildung anrechne. Diese Zeiten (der Fachschulausbildung) bekämen dann eben nicht nur nicht mehr den eigentlichen gesetzlich gewollten Zuschlag, sondern die vorgenommene "Luftbewertung" sorge sogar überdies dafür, dass die beitragsschwachen Zeiten der Berufsausbildung einen Zuschlag nicht mehr erhielten. Ergänzend hat der Kläger auf das seine Rechtsansicht stützende Urteil des SG Aachen v. 3.11.2008 Az. S 24 R 78/08, anhängig beim LSG Nordrhein-Westfalen, Az. L 18 R 5/09) hingewiesen. Insgesamt seien daher eindeutig auch die restlichen 18 Monate der beruflichen Ausbildung mit 75 % des gedeckelten Gesamtleistungswertes zu bewerten.
Zusätzlich zu seinem bisherigen Begehren hat der Kläger die Bewertung (auch) der Zeiten der beruflichen Ausbildung von Oktober 1965 bis März 1966 mit einem begrenzten Gesamtleistungswert nach § 263 Abs. 5 SGB VI verlangt. Nachdem sich die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG bereit erklärt hat, hierüber eine Entscheidung außerhalb des Verfahrens zu treffen, hat der Kläger sein Klagebegehren ausdrücklich auf die Bewertung der Zeiten vom 1.4.1964 bis zum 30.9.1965 beschränkt.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5.3.2009 zu verurteilen, den Gesamtleistungswert für die Zeiten vom 1.4.1964 bis zum 30.9.1965 in Höhe von 75 %, höchstens jedoch mit 0,0625 Entgeltpunkten pro Kalendermonat zu berücksichtigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen: Nach § 74 Satz 3 SGB VI könnten insgesamt lediglich 36 Monate als Zeiten der beruflichen Ausbildung bewertet werden. Dabei seien Kalendermonate mit Zeiten einer Fachschulausbildung vorrangig zu berücksichtigen. Dies gelte auch dann, wenn diese Zeiten bei einem Zusammentreffen mit anderen beitragsfreien Zeiten nicht bewertet würden. Es sei daher gerechtfertigt, im Rahmen der Bewertung den Zeitraum der Fachschulausbildung von den Beitragszeiten wegen beruflicher Ausbildung abzuziehen. Denn die Zeit der Fachschulausbildung werde durch die parallel vorliegende Zeit der Arbeitslosigkeit lediglich überlagert, in rentenrechtlicher Hinsicht jedoch mitbewertet und deshalb nicht verdrängt.
Mit Urteil vom 26.6.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich der Rechtsauffassung der Beklagten angeschlossen und zur Begründung ausgeführt, die Doppelbelegung mit Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit und Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung führe nicht dazu, dass die Zeiten der Fachschulausbildung vollständig verdrängt würden. Vielmehr setzten sich die Zeiten der Arbeitslosigkeit bei der Bewertung allein wegen des "überschießenden Teiles" durch. Der mit den Zeiten der Arbeitslosigkeit deckungsgleiche Teil der Zeiten der Fachschulausbildung werde hingegen mitbewertet. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.
Gegen das dem Klägerbevollmächtigten am 10.7.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.7.2009 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend führt er aus, er stünde im Ergebnis besser da, wenn er in der fraglichen Zeit nur arbeitslos gewesen wäre. Die Tatsache, dass er die Zeit der Arbeitslosigkeit genutzt habe, um sich fortzubilden, führe hier ohne rechtfertigenden Grund zu einem geringeren Rentenanspruch.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.6.2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5.3.2009 zu verpflichten, die Zeiten der beruflichen Ausbildung von April 1964 bis September 1965 mit 75 % des begrenzten Gesamtleistungswertes maximal 0,0625 Entgeltpunkte zu bewerten und die Altersrente des Klägers ab dem 1.2.2009 dementsprechend neu zu berechnen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagtenverwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid vom 11.11.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5.3.2009 ist nicht rechtswidrig und der Kläger deswegen nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Festsetzung eines höheren Wertes seiner Altersrente. Insbesondere hat die Beklagte, was im Berufungsverfahren allein streitig ist, die auf die Beitragszeit vom 1.1.1964 bis zum 30.9.1965 entfallenden EP zutreffend berechnet.
Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB VI werden EP für Beitragszeiten ermittelt, indem die Beitragsbemessungsgrundlage durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt wird. Dass die Beklagte die insoweit erforderliche Berechnung zutreffend durchgeführt hat, steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Hieraus ergeben sich 0,1078 EP für die Zeit vom 1.4.1964 bis zum 31.12.1964 sowie 0,0989 EP für die Zeit vom 1.1.1965 bis zum 30.9.1965.
Der Kläger kann nicht verlangen, dass die für die Zeit vom 1.4.1964 bis zum 30.9.1965 ermittelten EP um einen Zuschlag erhöht werden.
Ein derartiger Zuschlag kommt ausschließlich im Rahmen der sog. Gesamtleistungsbewertung in Betracht, die in den §§ 71 bis 74 SGB VI geregelt ist. Nach § 71 Abs. 1 SGB VI erhalten beitragsfreie Zeiten den Durchschnittswert an EP, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt (sog. Gesamtleistungswert, dessen Berechnung im Einzelnen in § 71 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, 72 und 73 SGB VI geregelt ist). Zu den beitragsfreien Zeiten im Sinne dieser Bestimmung zählen insbesondere Anrechnungszeiten wie z.B. Fachschulzeiten, für die nicht auch Beiträge gezahlt worden sind (§ 54 Abs. 4 i.V.m. § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI), im Falle des Klägers der Zeitraum vom 1.4.1974 bis zum 31.3.1976. Beitragsgeminderte Zeiten, zu denen auch Zeiten einer beruflichen Ausbildung gehören (§ 54 Abs. 3 Satz 2 SGB VI), werden um einen Zuschlag so erhöht, dass mindestens der Wert erreicht wird, den diese Zeiten als beitragsfreie Zeiten hätten (§ 71 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Dies betrifft im Streitfall den Zeitraum vom 1.4.1963 bis zum 30.9.1965.
Die dem Grunde nach in § 71 Abs. 1 und 2 SGB VI vorgesehen Privilegierung beitragsfreier und beitragsgeminderter Zeiten durch Bewertung mit dem Gesamtleistungswert wird für Ausbildungszeiten allerdings in der Ausnahmeregelung des § 74 SGB VI in mehrfacher Hinsicht beschränkt: So werden Zeiten der Schul- oder Hochschulausbildung gar nicht bewertet (§ 74 Satz 4 SGB VI). Zeiten der beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme werden zwar bewertet, der Gesamtleistungswert wird jedoch auf 75 v.H., höchstens jedoch 0,0625 EP pro Kalendermonat, begrenzt (§ 74 Satz 1 und 2 SGB VI). Zudem ist die Gesamtleistungsbewertung dieser Zeiten auf insgesamt drei Jahre begrenzt, wobei Zeiten der Fachschulausbildung vorrangig bewertet werden (§ 74 Satz 3 SGB VI).
Auf dieser Grundlage hat die Beklagte zutreffend entschieden, dass der Zeitraum des Fachschulbesuchs vom 1.4.1974 bis zum 31.3.1976 im Sinne von § 74 Satz 3 SGB VI "vorrangig" zu bewerten ist und sodann "nur" noch dem verbleibenden Zeitraum beruflicher Ausbildung von 12 Monaten in der Zeit vom 1.4.1963 bis zum 31.3.1964 gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zusätzliche EP bis zum begrenzten Gesamtleistungswert von 0,0625 EP je Kalendermonat zuzuordnen sind.
Entgegen der Auffassung des Klägers steht dieser Beurteilung nicht entgegen, dass die Beklagte die Zeit vom 1.4.1974 bis zum 31.3.1976 - zutreffend - aufgrund des Günstigkeitsprinzips nicht mit dem begrenzten Gesamtleistungswert für Ausbildungszeiten von 0,0625 EP, sondern mit dem höheren begrenzten Gesamtleistungswert für Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit in Höhe von 80 v.H. des Gesamtleistungswertes bewertet hat (§ 263 Abs. 2a Satz 1 SGB VI). Ausbildungszeiten werden im Sinne von § 74 Satz 3 SGB VI nämlich jedenfalls immer dann "bewertet", wenn ihnen ein (begrenzter) Gesamtleistungswert zugeordnet wird, auch wenn es sich dabei nicht um den Gesamtleistungswert für Ausbildungszeiten handelt.
Der Wortlaut des § 74 Satz 3 SGB VI enthält die Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers, Zeiten einer beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung oder der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zu "bewerten", allerdings insgesamt für höchstens drei Jahre. Im Zusammenhang mit der Überschrift des § 74 SGB VI ("begrenzte Gesamtleistungsbewertung") ist der Begriff des Bewertens im Sinne der Zuordnung des maßgebenden Gesamtleistungswertes (§ 71 Abs. 1 SGB VI i.V.m. den Vorschriften über dessen Höhe) bzw. der Erhöhung der Summe der Entgeltpunkte um den Zuschlag nach § 71 Abs. 2 SGB VI zu lesen. Weder der Vorschrift des § 71 SGB VI noch der Regelung des § 74 SGB VI lässt sich eine Verpflichtung oder Befugnis des Rentenversicherungsträgers entnehmen, Ausbildungszeiten nur dann zu bewerten bzw. im Sinne von § 74 Satz 3 SGB VI als "bewertet" anzusehen, wenn diese Zeiten gerade den für Ausbildungszeiten maßgebenden Gesamtleistungswert erhalten haben. Entscheidend ist dem Wortlaut nach vielmehr allein, dass überhaupt eine Bewertung im Sinne der Gesamtleistungsbewertung stattgefunden hat.
Ein abweichendes Ergebnis lässt sich auch nicht mit der Entstehungsgeschichte, mit Sinn und Zweck des § 74 Satz 3 SGB VI sowie mit der Einordnung der Vorschrift in den gesetzessystematischen Zusammenhang begründen.
§ 74 SGB VI hat seine gegenwärtige Fassung durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz v. 21.7.2004 (BGBl. I S. 1791) erhalten. Der Begründung des Gesetzentwurfs zufolge wollte der Gesetzgeber mit der Begrenzung der Gesamtleistungsbewertung auf drei Jahre eine weit reichende Besserstellung der Zeiten der beruflichen Ausbildung, Fachschulausbildung und Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme gegenüber den akademischen Ausbildungszeiten verhindern, die fortan überhaupt nicht mehr bewertet werden (BT-Drs. 15/2149, S. 24 zu Nr. 13). Dieses Anliegen spricht für ein enges Verständnis der Vorschrift dahingehend, für die Bestimmung der drei Jahre ausschließlich darauf abzustellen, ob in den betreffenden Zeiträumen Ausbildungszeiten im Sinne des § 74 Satz 3 SGB VI zurückgelegt worden sind. Eine sachliche Rechtfertigung, dabei danach zu differenzieren, ob die betreffenden Ausbildungszeiten (zufällig) mit anderen einer Gesamtleistungsbewertung zugänglichen Zeiten, z.B. Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit, zusammenfallen, ist aus den Gesetzesmaterialien nicht erkennbar.
Die Berücksichtigung von Fachschulzeiten, die mit Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit zusammenfallen, bei der Bemessung des Drei-Jahres-Zeitraums gemäß § 74 Satz 3 SGB VI führt auch nicht zu Wertungswidersprüche innerhalb des Systems der Gesamtleistungsbewertung.
Zunächst wird der Zeitraum, in dem der Kläger die Fachschulausbildung absolviert hat, aufgrund der Arbeitslosigkeit höher bewertet, als wenn es sich um eine reine Fachschulzeit handeln würde, nämlich mit 80 v.H. des Gesamtleistungswertes statt mit lediglich 75 v.H. bzw. maximal 0,0625 EP. Das entspricht dem gesetzgeberischen Konzept, Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit - anknüpfend an § 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI - etwas höher zu bewerten als Ausbildungsanrechnungszeiten.
Zudem unterscheidet § 74 Satz 3 SGB VI für die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten im Rahmen des Drei-Jahres-Zeitraums nicht danach, in welchem Maße sich diese Zeiten bei der Gesamtleistungsbewertung ausgewirkt haben. So werden z.B. Fachschulzeiten, die neben einer beitragspflichtigen Beschäftigung liegen, auch dann vollständig (und nicht nur anteilig) "verbraucht", wenn sie nur zu einem ganz geringen Zuschlag führen, weil die aus den Beitragszeiten ermittelten EP den begrenzten Gesamtleistungswert fast erreichen.
Ob die Regelung des § 74 Satz 3 SGB VI schließlich auch in dem (wohl eher selteneren) Fall Anwendung findet, dass die aus den parallel liegenden Beitragszeiten ermittelten EP den begrenzten Gesamtleistungswert erreichen oder gar übersteigen, braucht der Senat nicht zu entscheiden. Jedenfalls ist kein Grund ersichtlich, den Kläger, der neben der Fachschulausbildung beitragsfreie Sozialleistungen bezogen hat, hinsichtlich der Bewertung der Zeiten seiner zu Beginn seiner Versicherungsbiografie liegenden beruflichen Ausbildung besser zu stellen als einen Versicherten, der neben einem späteren Fachschulbesuch einer beitragspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist.
Ein Anspruch auf Erhöhung für die Zeit vom 1.4.1964 bis zum 30.9.1965 ermittelten EP ergibt sich auch nicht aus § 263 Abs. 5 SGB VI. Denn diese Vorschrift erfasst, wie § 263 Abs. 3 SGB VI zeigt, lediglich Renten, die bis Januar 2009 einschließlich begonnen haben. Demgegenüber Rentenbeginn beim Kläger der 1.2.2009.
Die hier vertretene Auslegung des § 74 Satz 3 SGB VI ist mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar.
Das System der Gesamtleistungsbewertung insgesamt ist verfassungskonform (BSG, Urteil v. 17.12.1997, 13 RJ 97/96, SozR 3-2600 § 263 Nr. 2). Es verstößt insbesondere nicht gegen Art. 14 GG (BSG, Urteil v. 18.4.1996, 4 RA 36/94, SozR 3-2600 § 71 Nr. 1 m.w.N.). Die Bewertung der Ausbildungsanrechnungszeiten mit der seit dem 01.01.1992 bestehenden Begrenzung des Rangstellenwertes der beitragslosen Ausbildungs-Anrechnungszeiten auf zunächst 75 % des individuell ermittelten Wertes der Gesamtleistungsbewertung und in einem weiteren Schritt auf 0,0625 EP pro Kalendermonat (0,75 EP pro Kalenderjahr) ist, auch in der Veränderung, die sie durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz erhalten hat, verfassungsrechtlich ebenfalls unbedenklich (BSG, Urteil v. 30.3.2004, B 4 RA 36/02 R, SozR 4-2600 § 149 Nr. 1 Rdnr. 25 ff.).
Auch die erstmals durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz eingeführte Begrenzung der Bewertung von Zeiten einer beruflichen Ausbildung, einer Fachschulausbildung und der Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme auf insgesamt drei Jahre ist mit dem GG zu vereinbaren.
Schon § 74 SGB VI in seiner bis zum 31.12.2004 gültigen Fassung sah eine Begrenzung der Zeiten schulischer Ausbildung auf drei Jahre vor. Diese durch das Altersvermögensergänzungsgesetz (AVmEG) v. 31.1.2001 (BGBl. I S. 403) mit Wirkung v. 1.1.2002 eingeführte Beschränkung der Bewertung war notwendig geworden, nachdem das AVmEG die Höchstdauer der grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Ausbildungszeiten zur Vermeidung von Versicherungslücken auf acht Jahre angehoben hatte (vgl. zur Entwicklung insoweit Meyer/Blüggel, NZS 2005, 1, 2). Im Falle des Klägers, ebenso wie bei allen Versicherten, die neben einer beruflichen Ausbildung Schulzeiten zurückgelegt hatten, wirkte sich die bis zum 31.12.2004 bestehende Regelung nicht nachteilig aus, sofern die Schulzeiten (wie im vorliegenden Fall) drei Jahre nicht überschritten. Auch wenn längere Schulzeiten vorlagen, änderte dies nichts an der Höherbewertung der Zeiten beruflicher Ausbildung, weil insoweit keine Gesamtbegrenzung stattfand. Für den vorliegenden Streitfall bedeutet dies, dass der Kläger unter Anwendung des bis zum 31.12.2004 bestehenden Rechts eine Anhebung der vollen Zeit seiner beruflichen Ausbildung auf 0,0625 EP pro Monat hätte beanspruchen können. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Probeberechnung ergäbe sich daraus bezogen auf den Rentenbeginn am 1.2.2009 ein Rentenzahlbetrag v. 1.689,90 EUR statt - jetzt - 1.667,99 EUR, d.h. ein um 21,91 EUR höherer Wert der Nettorente.
Die sich danach für den Kläger hier konkret nachteilig auswirkende Gesamtbegrenzung der (Fachschul-)Ausbildungszeiten durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Es liegt zunächst kein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG vor.
Die Neuregelung des § 74 SGB VI beinhaltet zwar einen Eingriff in die Eigentumsfreiheit der betroffenen Versicherten. Denn Schutzobjekt des Art. 14 Abs. 1 GG ist die Rentenanwartschaft insgesamt, wie sie sich aus dem Gesetz ergibt. Rentenanwartschaften beruhen auf verschiedenen Elementen, die erst in ihrem funktionalen Zusammenwirken zu einem Gesamtergebnis führen. Die Einzelelemente können nicht losgelöst voneinander behandelt werden, als seien sie selbstständige Ansprüche. Das gilt auch, soweit die Anwartschaft auf einer (Höher-)Bewertung einzelner Zeiten als Maßnahme des sozialen Ausgleichs in der gesetzlichen Rentenversicherung beruht (BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007, 1 BvL 10/00, SozR 4-2600 § 58 Nr. 7). In die so geschützte Anwartschaft greift die Neuregelung des § 74 SGB VI durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz ein, indem die Höherbewertung der Zeiten der beruflichen Ausbildung reduziert wird, soweit (vorrangige) Zeiten der Fachschulausbildung oder einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme vorliegen.
Der Gesetzgeber ist mit der Neufassung des § 74 SGB VI jedoch im Rahmen seiner Befugnis geblieben, Inhalt und Schranken des Eigentums auszugestalten (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG). Der Eingriff in die Rentenanwartschaften der betroffenen Versicherten ist durch Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt und genügt den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Ausweislich der Materialien zum RV-Nachhaltigkeitsgesetz wollte der Gesetzgeber mit den darin getroffenen Maßnahmen die gesetzliche Rentenversicherung auch angesichts gestiegener Rentenlaufzeiten und weiterer ökonomischer Belastungen bezahlbar halten (vgl. im Einzelnen BT-Drs. 15/2149, S. 1 ff.). Dabei handelt es sich um Gründe des Allgemeinwohls, die grundsätzlich auch Eingriffe in bestehende Anwartschaften rechtfertigen können. Die Begrenzung der Bewertung der genannten Ausbildungszeiten ist geeignet, dieses Ziel zu erreichen. Sie ist auch erforderlich. Der Gesetzgeber kann nicht darauf verwiesen werden, Einsparungen in anderen Bereichen zu erzielen. Es ist insbesondere nicht zu beanstanden, dass er die von ihm für erforderlich erachteten Einsparungen vor allem bei solchen sozialpolitischen Leistungen vornimmt, die nicht auf einer eigenen Vorleistung der Versicherten beruhen, wie es bei der (Höher-)Bewertung der Ausbildungsleistungen der Fall ist (BSG, Beschluss v. 25.11.2008, B 5 KN 1/07 R; vgl. auch BSG, Urteil v. 5.8.2004, B 13 RJ 40/03 R, SozR 4-2600 § 237 Nr. 6, wonach sogar eine Rechtsänderung, durch die rentenrechtliche Zeiten ohne eigene Beitragsleistung eines Versicherten künftig im Rahmen der begrenzten Gesamtleistungsbewertung gar nicht mehr bewertet werden, keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt). Schließlich bestehen gegen die Neuregelung auch unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit keine Bedenken. Geht man z.B. typisierend davon aus, dass die Jahre der beruflichen Ausbildung allein aufgrund der geleisteten Beiträge insgesamt mit 0,3000 EP zu bewerten sind und sich im späteren Verlauf drei Jahre mit Zeiten einer Fachschulausbildung anschließen, so ergibt sich auch bei vollständigem Verlust der Höherbewertung der beruflichen Ausbildung eine im Hinblick auf die beschriebene gesetzgeberische Zielsetzung hinnehmbare Einbuße von maximal 1,950 EP (3 x 0,7500 EP - 0,3000 EP). Der vorliegende Streitfall zeigt ebenfalls, dass der Kläger keiner allzu schwerwiegenden Rentenminderung ausgesetzt ist. Vertrauensschutzerwägungen hat der Gesetzgeber durch die schrittweise abschmelzende Übergangsregelung des § 263 Abs. 3 SGB VI ausreichend Rechnung getragen.
Auch ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) lässt sich nicht feststellen.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt den allgemeinen Gleichheitssatz vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007, Az. 1 BvL 10/00 Rz. 70 m.w.N.).
Da die Neuregelung des § 74 SGB VI die Verringerung einer rentenrechtlichen Vergünstigung zum Gegenstand hat, kommen nach der Rechtsprechung des BVerfG als Vergleichsgruppe nur solche von der ursprünglichen Rechtslage begünstigte Versicherte in Betracht, die von der Kürzung nicht oder in geringem Maße betroffen sind (vgl. hierzu BVerfG a.a.O., Rdnr. 72).
Entgegen der Auffassung des Klägers ist es daher nicht statthaft, als Vergleichsgruppe diejenigen Versicherten mit einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit ohne gleichzeitigen Fachschulbesuch heranzuziehen. Denn diese Gruppe ist nicht von der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des § 74 SGB VI begünstigt worden, sondern von der Bestimmung des § 263 Abs. 2a SGB VI. Diese Vorschrift ist zwar durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz auch geändert worden, aber nicht in einer im vorliegenden Zusammenhang relevanten Weise (Streichung von § 263 Abs. 2a Satz 2 SGB VI a.F.).
Von der ursprünglichen Regelung begünstigt worden ist demgegenüber die Gruppe der Hochschul- und Fachhochschulbesucher. Bei dieser ergibt sich nunmehr die Besonderheit, dass bei zeitgleichem Vorliegen einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit die Vorschrift des § 74 Satz 3 SGB VI nicht eingreift (weil ja keine anrechenbaren Zeiten mehr vorliegen) mit der Folge, dass - anders als bei Fachschülern wie dem Kläger - die Höherbewertung der Zeiten der beruflichen Ausbildung ungeschmälert erhalten bleibt. Darin liegt jedoch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung. Vom Gesetzesziel her gesehen wird die Gruppe der akademisch Ausgebildeten sogar schlechter gestellt als die Gruppe der nicht-akademisch Ausgebildeten, zu denen der Kläger gehört, weil Zeiten der akademischen Ausbildung überhaupt nicht mehr angerechnet werden. Im Kern enthält § 74 Satz 3 und 4 SGB VI daher eine Privilegierung des Personenkreises, zu dem der Kläger gehört. Soweit in dem hier einschlägigen Sonderfall (gleichzeitiges Vorliegen einer Anrechnungszeit wegen Arbeitslosigkeit) ausnahmsweise eine Begünstigung der Gruppe der akademisch Ausgebildeten eintritt, ist dies vom typisierenden Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt.
Selbst wenn man entgegen der hier vertretenen Auffassung die Vergleichsgruppen "Versicherte mit Arbeitslosigkeit und Fachschulbesuch" einerseits und "Versicherte mit Arbeitslosigkeit ohne Fachschulbesuch" andererseits bilden wollte, ergäbe sich nichts anderes. Denn in diesem Fall dürften nur die Auswirkungen der gesetzlichen Regelung auf die Bewertung der Zeit der Arbeitslosigkeit verglichen werden. Diese wird in beiden Vergleichsgruppen jedoch gleich bewertet, sodass es schon an einer Ungleichbehandlung fehlt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Der Senat hat der für die Entscheidung des Rechtsstreites erheblichen Frage der Auslegung des § 74 Satz 3 SGB VI grundsätzliche Bedeutung zugemessen und daher gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die Revision zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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