S 128 AS 18211/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
128
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 128 AS 18211/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt C L, Hstr ..., 1 Bi, wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid.

Der Beklagte hat dem Kläger und seiner mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Lebensgefährtin (L.) mit Bescheid vom 6. September 2007 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2008 in Höhe von monatlich 1.056,25 EUR bewilligt. Auf den Kläger entfiel ein Bewilligungsbetrag von 528,13 EUR (Regelleistung 312,- EUR, Unterkunfts- und Heizkosten 216,13 EUR). Die Bewilligung erfolgte ohne Einkommensanrechnung.

Im März und im April 2008 erzielte L. aus abhängiger Beschäftigung einen Bruttolohn in Höhe von 333,33 EUR, netto 258,20 EUR (März) und 1.000,- EUR, netto 774,59 EUR (April). Der Kläger erzielte aus abhängiger Beschäftigung im März und im April 2008 einen Bruttolohn in Höhe von 400,- EUR, netto 308,48 EUR (März) und 1.000,- EUR, netto 770,93 EUR (April).

Nach Anhörung erließ der Beklagte gegenüber dem Kläger unter dem 2. Juli 2008 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, mit dem er Regelleistungen in Höhe von 442,01 EUR sowie Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 200,77 EUR aufhob und die Erstattung von insgesamt 642,78 EUR verlangte.

Am 7. Januar 2009 stellte der Kläger beim Beklagten einen Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2009 ab. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X lägen nicht vor, denn der Bescheid vom 2. Juli 2008 sei rechtmäßig. Die Aufhebungsentscheidung beruhe auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X.

Am 15. Juni 2009 hat der Kläger Klage erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Die Höhe von Aufhebungs- und Rückforderungsbetrag sei nicht nachvollziehbar. Eine konkret individuelle Aufstellung liege nicht vor. Der Kläger rügt des Weiteren, dass die Absetzung der Warmwasserpauschale im vom Beklagten vorgenommenen Umfang fehlerhaft sei. Er sei seinen Mitwirkungspflichten schließlich jederzeit nachgekommen und habe bereits Vermögensverfügungen über die gewährten Leistungen getroffen.

Der Beklagte hat unter dem 5. Oktober 2009 zwei Bescheide erlassen. Mit einem Änderungsbescheid hat er für März 2008 einen Bewilligungsbetrag für die Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 802,54 EUR und für April 2008 in Höhe von 37,03 EUR ermittelt. Als Grund für die Änderung hat er angegeben "Korrektur Mietberechnung". Der Sache nach hat er höhere Heizkosten (im Umfang von je 3,15 EUR monatlich) bewilligt, weil er für die Warmwasserbereitung einen geringeren Betrag abgezogen hat. Mit weiterem Bescheid vom 5. Oktober 2009 hat er den Aufhebungs- und Erstattungsbetrag auf 636,45 EUR reduziert.

Der Kläger meint nunmehr, die Bewilligungshöhe der Regelleistung sei verfassungsrechtlich zu beanstanden. Er beantragt das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 25. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 2. Juli 2008 in der Fassung des Bescheides vom 5. Oktober 2009 zurückzunehmen sowie dem Kläger Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat dargelegt, für März 2008 Einkommen der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 260,01 EUR und für April in Höhe von 1.025,52 EUR angerechnet zu haben. Auf grobe Fahrlässigkeit des Klägers oder L. komme es nicht an.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Er war Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen. Seine Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 114 der Zivilprozessordnung).

Die Erfolgsaussicht des Rechtsschutzbegehrens beurteilt sich nicht nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Abzustellen ist vielmehr auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs. Um den Zweck der Prozesskostenhilfe, dem Unbemittelten den weitgehend gleichen Zugang zu Gericht zu ermöglichen, nicht zu verfehlen, dürfen zudem die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung nicht überspannt werden. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Prozesskostenhilfeverfahren zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347, 357 f.). Die Erfolgsaussicht ist deshalb zu bejahen, wenn eine schwierige Rechtsfrage zu entscheiden ist. Das gilt auch dann, wenn sie Gegenstand eines summarischen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist. Zwar muss Prozesskostenhilfe nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Ihre Bewilligung ist aber ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt, wenn die Rechtsfrage weder anhand der gesetzlichen Regelung noch im Hinblick auf die vorliegende Rechtsprechung ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann (vgl. BVerfG a. a. O, BVerfGE 81, 347, 359).

Nach Maßgabe dieser Grundsätze bietet die Rechtsverfolgung des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Der Bescheid vom 25. Februar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Mai 2009, mit dem der Beklagte die Rücknahme des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 2. Juli 2008 abgelehnt hat, in der Fassung des Bescheides vom 5. Oktober 2009, ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zu Recht hat der Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 2. Juli 2008 nach Maßgabe des § 44 SGB X abgelehnt. Denn ebenfalls zur Recht hat er die Leistungsbewilligung des Klägers für die Zeit vom 1. März 2008 bis zum 30. April 2008 teilweise rückwirkend aufgehoben und insoweit Erstattung verlangt.

Grundlage für das Begehren des Klägers ist § 44 Abs. 1 SGB X. Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist danach der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Die Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 2. Juli 2008 in der Fassung des Bescheides vom 5. Oktober 2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Der Bescheid hält zunächst den Anforderungen des in § 33 Abs. 1 SGB X normierten Bestimmtheitsgebotes stand. Gemäß § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Hinreichende Bestimmtheit des Verwaltungsaktes ist gegeben, wenn seine Eigenschaft als verbindliche Regelung erkennbar ist. Dies setzt voraus, dass verständlich ist, welcher Sachverhalt durch den Verwaltungsakt geregelt werden soll und wer der Adressat ist. Da die Rücknahmeentscheidung letztendlich das Spiegelbild der Leistungsbewilligung darstellt, muss die Rückabwicklung im jeweiligen individuellen Leistungsverhältnis erfolgen. Die Rücknahme kann daher grundsätzlich nur gegenüber dem Begünstigten ergehen. Daher muss der Grundsicherungsträger die Rücknahme und Erstattung überzahlter Leistungen im Bezug auf eine Bedarfsgemeinschaft gegenüber jedem einzelnen Mitglied durch eine individuelle Verwaltungsentscheidung geltend machen. Für die Erstattungsentscheidung auf der Grundlage des § 50 SGB X folgt aus den vorgenannten Grundsätzen die Konsequenz, dass der Grundsicherungsträger die Erstattung der überzahlten Leistungen ebenfalls nur von dem jeweiligen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft in Höhe der tatsächlichen Überzahlungen verlangen kann.

Die Entscheidung des Beklagten genügt ersichtlich diesen Ansprüchen. Der Aufhebungs- und Erstattungsbetrag ist individualisiert für den Kläger nach Leistungsart und Leistungszeitraum übersichtlich und verständlich dargestellt. Die diesbezüglichen Einwände des Klägers sind nicht nachvollziehbar.

Auch im Übrigen begegnet der Bescheid keinen rechtlichen Bedenken. Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung ist § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 SGB X. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch ist kein Ermessen auszuüben.

Der Beklagte hat die zitierten Vorschriften richtig angewendet. Der Kläger und L. haben Einkommen nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 6. September 2007 im März und April 2008 erzielt. Bei der Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X kommt es nicht darauf an, inwieweit dem Betroffenen grobe Fahrlässigkeit oder eine unterlassene Mitteilung vorzuwerfen ist. Raum für Vertrauensschutz ist nicht, Ermessen ist nicht auszuüben. Die Höhe des Aufhebungs- und Erstattungsbetrages - die Erstattungsforderung fußt auf § 50 Abs. 1 SGB X - hat der Beklagte gleichfalls zutreffend berechnet. Insbesondere hat er die Freibetragsregelungen des § 11 Abs. 1 Satz 2, § 30 SGB II zutreffend angewandt.

Nicht durchdringen kann der Kläger mit seinem Einwand, die mit Bescheid vom 6. September 2007 bewilligte Leistungshöhe sei rechtswidrig zu niedrig gewesen. Offen bleiben kann dabei, inwieweit der Bewilligungsbescheid vom 6. September 2007, der durch den Bescheid vom 2. Juli 2008 in der Fassung des Bescheides vom 5. Oktober 2009 teilweise aufgehoben worden ist, Leistungen in gesetzlich (in Bezug auf die Heizkosten) und verfassungsrechtlich (in Bezug auf die Regelleistungen) zutreffender Höhe bewilligt hat. Die Rechtmäßigkeit der mit Bescheid vom 6. September 2007 verfügten Bewilligungshöhe ist nicht Streitgegenstand. Ausgangspunkt für die Frage, inwieweit nach § 48 Abs. 1 SGB X eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, nicht die gegebenenfalls abweichende Rechtslage. Sind also ursprünglich zu niedrige Leistungen bewilligt worden und tritt nach dem Verwaltungsakt eine wesentliche Änderung – wie hier durch Erzielung von Einkommen – ein, kann über § 48 Abs. 1 SGB X nur diese Änderung im Verhältnis zum Ursprungsverwaltungsakt berücksichtigt werden. Eine ursprünglich rechtswidrige Entscheidung zuungunsten des Bescheidadressaten kann allein nach Maßgabe des § 44 SGB X korrigiert werden (vgl. auch BSG, Urteil vom 22. Oktober 1986 - 9a RVs 55/85 - SozR 1300 § 48 Nr. 29 -; Steinwedel in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 48 SGB X, Rn. 28). Es ist dem Gericht also nicht möglich, eine Aufhebungsentscheidung nach § 48 Abs. 1 SGB X mit der Begründung zugunsten des Betroffenen zu korrigieren, die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung sei zu niedrig gewesen. Eine andere Betrachtungsweise läuft § 77 SGG einerseits und der Regelungssystematik der §§ 44 ff. SGB X andererseits zuwider.

Vorliegend geht es zwar um ein Verfahren nach § 44 SGB X. Gegenstand ist aber eben nur der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 2. Juli 2008 und nicht der Bewilligungsbescheid vom 6. September 2007. Das Gericht kann auch nicht etwa deshalb die Prüfung des Bescheides vom 6. September 2007 nach Maßgabe des § 44 SGB X zum Verfahrensgegenstand machen, weil es einen Überprüfungsantrag auch ohne Verwaltungsentscheidung aufgreifen müsste (in diese Richtung wohl LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 22. Juni 2009 - L 7 AS 266/09 B ER). Soweit sich das LSG Niedersachsen-Bremen in dem zitierten Beschluss auf ein Urteil des BSG vom 21. März 2002 (B 7 AL 44/01 R - SozR 3-4100 § 119 Nr. 23) bezieht, ist festzustellen, dass auch das BSG eine abschlägige Bescheidung eines Antrags nach § 44 SGB X durch Widerspruchsbescheid verlangt also eben nicht davon ausgeht, dass das Gericht ohne weiteres über einen gestellten, aber nicht verbeschiedenen Antrag nach § 44 Abs. 1 SGB X entscheiden kann. Der Kläger hatte aber in dem vom BSG entschiedenen Verfahren bereits in der Begründung seines Widerspruchs ausdrücklich vorgetragen, dass auch die erste Sperrzeit unberechtigt gewesen sei und auf "§ 44 SGB" hingewiesen. Wenn bei einer derartigen Fallgestaltung der Widerspruchsbescheid sich darauf beschränke, auf den ersten Sperrzeit-Bescheid hinzuweisen und ihn als "bestandskräftig geworden" zu bezeichnen, so könne - so das BSG - jener Bescheid - da er nicht etwa eine weitere, gesonderte Entscheidung über den Antrag nach § 44 SGB X ankündigt - nur als abschlägige Bescheidung des gesamten Widerspruchsvorbringens, wozu auch der Antrag auf Überprüfung nach § 44 SGB X gehörte, angesehen werden. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Der anwaltlich vertretene Kläger hat in seiner Widerspruchsbegründung § 44 SGB X unerwähnt gelassen und den Bewilligungsbescheid vom 6. September 2007 nur in Bezug auf die Heizkosten (wegen Abzugs der Kosten für die Warmwasserbereitung) angegriffen. Der Beklagte hat zur Bewilligungshöhe keine Ausführungen gemacht und sich zwar auf die Bestandskraft des Bescheides vom 2. Juli 2008, nicht aber auf die des Bescheides vom 6. September 2007 berufen. Damit fehlte es aber zum Zeitpunkt der Klageerhebung bereits an einer auch nur konkludenten Entscheidung über einen gegen den Bescheid vom 6. September 2007 gerichteten Überprüfungsantrag. Dies gilt natürlich auch und erst recht in Bezug auf die im Widerspruchsverfahren gänzlich unbeanstandet gebliebene Höhe der Regelleistung.

Soweit der Beklagte mit dem Änderungsbescheid vom 5. Oktober 2009 nachträglich höhere Heizkosten bewilligt hat, ergibt sich daraus nichts Anderes. Der Sache nach ist der Änderungsbescheid vom 5. Oktober 2009 nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 SGB X ergangen und hat daher den Bewilligungsbescheid vom 6. September 2007, nicht aber den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 2. Juli 2008 abgeändert.

Die mit Bescheid vom 6. September 2007 verfügte Leistungshöhe ist auch nicht etwa deshalb Streitgegenstand geworden, weil der Beklagte mit dem Erlass des Änderungsbescheides vom 5. Oktober 2009 ihn dazu gemacht hätte. Eine eigene Regelung enthält der Änderungsbescheid vom 5. Oktober 2009 nämlich nur in Bezug auf die erhöhten Unterkunfts- und Heizkosten. Im Übrigen setzt der Bescheid aber nur die Aufhebungsentscheidung vom 2. Juli 2008 in der Fassung des Bescheides vom 5. Oktober 2009 - gleichsam als wiederholende Verfügung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. April 1991 - 1 RR 2/89) - um. Mit anderen Worten: Der Bescheid vom 5. Oktober 2009 verfügt - mit Ausnahme der Änderung der Heizkosten - nicht eigenständig eine Leistungshöhe, sondern wiederholt nur die verfügte Teilaufhebung bezogen auf den Bewilligungsbescheid vom 6. September 2007.

Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache ergeben sich auch nicht daraus, dass der Kläger durch den geänderten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 5. Oktober 2009 wirtschaftlich in geringem Umfang Erfolg gehabt hat. Der wirtschaftliche Erfolg beruht nämlich nicht auf den Erfolgsaussichten in der Hauptsache, die – da nicht Streitgegenstand – auch nicht in Bezug auf die in zu geringem Umfang gewährten Heizkosten bestanden haben, sondern darauf, dass der Beklagte – unabhängig vom hiesigen Verfahren – nach Maßgabe des § 44 Abs. 1 SGB X den Bewilligungsbescheid vom 6. September 2007 in geringem Umfang geändert hat. Aber auch wenn man annehmen wollte, der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X sei in Bezug auf die Heizkosten bereits Verfahrensgegenstand geworden, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Die Kammer ist der Auffassung, dass geringfügige Erfolgsaussichten in der Hauptsache – vorliegend im Umfang von allenfalls einem Prozent - eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht rechtfertigen. Zunächst ist die Kammer der Ansicht, bei nur teilweiser Erfolgsaussicht in der Hauptsache auch nur teilweise Prozesskostenhilfe bewilligen zu können (vgl. auch SG Mainz, Beschluss vom 10. Juli 2008 – S 3 ER 223/08 AS – a. A. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4. Mai 2009 - L 3 AS 30/09 B). Die Kammer hält die in der Rechtsprechung vorgetragenen Argumente gegen eine teilweise Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht für überzeugend. So wird geltend gemacht, eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf einen Teil des Anspruchs führe im Zivilverfahren dazu, dass sich der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse auch nur nach dem Teilgegenstandswert bemesse. Im Falle einer Rahmengebühr gebe es jedoch keinen derart eindeutigen Anknüpfungspunkt für die Gebührenhöhe. Vielmehr sei die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers nach billigem Ermessen zu bestimmen. Somit führe ein geringerer Wert des Verfahrensgegenstandes nicht zwingend zu einer geringeren Gebühr innerhalb des vorgesehenen Gebührenrahmens. Mangels sachgerechter Kriterien dafür, wie sich eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf einen nach Rahmengebühren zu bemessenden Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts auswirkt und im Rahmen der Kostenfestsetzung umzusetzen ist, sei sie im sozialgerichtlichen Verfahren daher weder praktikabel noch sinnvoll (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 8. März 2007 - L 5 B 118/06 ER AS).

Diese Argumentation überzeugt zum einen nicht, weil die Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf einen Teil natürlich sehr sinnvoll ist, dies insbesondere dann, wenn ein Antrag oder eine Klage von vornherein in weitem Umfang offensichtlich ohne Erfolgsaussichten ist. Einem Rechtsanwalt die Möglichkeit zu eröffnen, gleichsam risikolos auch offensichtlich unbegründete Ansprüche geltend zu machen, wenn nur ein geringfügiger Teil erfolgversprechend ist, erscheint der Kammer nicht sinnvoll.

Aber auch das praktische Argument, eine Vergütungskürzung sei im Verfahren mit Rahmengebühren mangels Gegenstandswertes nicht möglich, überzeugt nur vordergründig. Gibt es nämlich keinen Gegenstandswert, so ist eben der Vergütungsanspruch entsprechend zu kürzen. Dass dies nicht möglich sein soll, kann die Kammer nicht erkennen, zumal § 48 Abs. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes ausdrücklich bestimmt, dass sich der Vergütungsanspruch nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet oder bestellt worden ist, bestimmt.

Ist eine teilweise Bewilligung von Prozesskostenhilfe demnach möglich und statthaft, so folgt daraus auch, dass in Fällen geringfügiger Erfolgsaussichten – wie hier – eine Gewährung von Prozesskostenhilfe auch ganz versagt werden kann (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19. Mai 2008 - L 10 B 184/08 AS PKH, das allerdings einen anderen rechtlichen Ansatzpunkt wählt).

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde zulässig, obgleich in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Diese in der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortete Frage bejaht die Kammer. Mit der Neufassung des § 172 SGG zum 1. April 2008 sollte ein Ausschluss der Beschwerde bei den ausdrücklich genannten wirtschaftlich nicht relevanten Kostengrundentscheidungen und sonstigen Nebenentscheidungen sowie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und der Prozesskostenhilfe greifen (vgl. BT-Drucks. 16/7716 zu Nr. 29 [§ 172] Buchst. b). Angesichts dieser eindeutigen und abschließenden Regelung bleibt für die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke kein Raum. Eine analoge Anwendung des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO oder des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG kommt deshalb nicht in Betracht (wie hier LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juli 2009 - L 28 B 1379/08 AS PKH; a. A. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Mai 2009 - L 34 B 2136/08 AS PKH). Die Kammer hält die für einen Beschwerdeausschluss vorgetragenen Argumente für nicht durchgreifend. Soweit insbesondere vorgetragen wird, es sei schwer vorstellbar, dass der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom 26. Mär 2008 durch die Einführung von § 172 Abs. 3 SGG die Sozialgerichtsbarkeit habe entlasten wollen und zugleich den Beschwerdeausschluss wegen Unterschreiten des Berufungsbeschwerdewertes nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO habe beseitigen wollen (so Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 22. Oktober 2009 - L 7 AS 525/09 B PKH), beruht dies auf der Annahme, der Beschwerdeausschluss nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO habe vor dem 1. April 2008 tatsächlich bestanden. Dies war aber gerade umstritten (vgl. nur LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. August 2007 - L 5 B 573/07 AS PKH -, das die Anwendung des § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO verneint hat, m. w. N.). Daher muss man umgekehrt argumentieren. Wenn der Gesetzgeber Beschwerdeausschlussgründe ausdrücklich regelt und dabei bekannt umstrittene Fallkonstellationen unerwähnt lässt, ist davon auszugehen, dass diese umstrittenen Fallkonstellationen nicht vom Beschwerdeausschluss erfasst werden sollen.
Rechtskraft
Aus
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