Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Dortmund (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 26 (1) R 40/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am xxx geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 20.12.2006 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger ist seit 1998 arbeitslos. Von August 2008 bis Januar 2009 arbeitete er im Rahmen einer durch die Arge vermittelten Arbeitsgelegenheit ("Ein-Euro-Job") als Hausmeistergehilfe. Nach einer Unterbrechung wegen seitens die Arge vorgenommener Einkommensanrechnung ist der Kläger seit Mitte April 2009 wiederum in dieser Arbeitsgelegenheit als Hausmeistergehilfe 6 Stunden pro Werktag beschäftigt.
Nachdem die Beklagte diverse medizinische Unterlagen über den Kläger beizog, ließ sie ihn durch den Arzt für Nervenheilkunde Dr. xxx, begutachten.
In seinem Gutachten vom 19.03.2007 diagnostizierte Dr. xxx bei dem Kläger Angst und depressive Störung, gemischt, sowie eine primär selbstunsichere Persönlichkeit. In seiner Leistungsbeurteilung führte Dr. xxx aus, dass der Kläger in der Lage sei, körperlich zumindest mittelschwere Arbeiten in Tagesschicht ohne Zeitdruck vollschichtig auszuüben.
Mit Bescheid vom 20.04.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers unter Bezugnahme auf die im Verwaltungsverfahren getroffenen medizinischen Feststellungen ab.
Seinen hiergegen fristgerecht eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass es ihm seine psychische Erkrankung unmöglich mache, mit anderen Personen außerhalb seiner Familie in Kontakt zu treten. Sobald er angesprochen werde, bekomme er Angstzustände und könne kein flüssiges Gespräch führen. Die Wahrnehmung des Gesprochenen sei gestört, und er könne nicht klar denken und antworten. Eine Tätigkeit sei ihm daher in keiner Form möglich.
Die Beklagte holte eine Bescheinigung der behandelnden Fachärztin für Neurologie N. xxx ein, wonach seit Oktober 2006 keine wesentlichen Änderungen im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten seien. Seit Dezember 2006 befinde er sich zusätzlich in psychotherapeutischer Behandlung bei einer russisch sprechenden Psychotherapeutin.
Daraufhin holte die Beklagte einen Befundbericht der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Lxxx ein, ebenso einen Bericht des evangelischen Krankenhauses xxx über eine Alkoholentzugsbehandlung des Klägers in der Zeit vom 07.01. bis 10.01.2008. Diese Unterlagen wurden dem beratenden Arzt der Beklagten Dr. xxx zur ergänzenden Stellungnahme vorgelegt. Dieser ging von der Weitergeltung der Leistungsbeurteilung des Vorgutachters Dr. xxx aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass ausweislich der Stellungnahme des beratungsärztlichen Dienstes die angeforderten Befundberichte die durch das im Verwaltungsverfahren erstellte Gutachten beschriebene Erkrankung bestätigt hätten, so dass sich eine Änderung der Leistungsbeurteilung hierdurch nicht ergebe.
Mit der fristgerecht am 11.06.2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und nimmt zur Begründung auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren Bezug. Da sich an den Gründen nichts geändert habe, sei er nach wie vor der Auffassung, dass sein Anspruch berechtigt sei.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich und sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 20.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt hierfür auf die im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren getroffenen medizinischen Feststellungen Bezug.
Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Fachärztinnen xxx und xxx eingeholt.
Sodann hat es den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. xxx, zum Sachverständigen ernannt.
In seinem psychosomatisch-psychotherapeutischen/psychiatrischen Gutachten vom 26.06.2009 hat Dr. xxx bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert:
Schwere soziale Phobie,
Alkoholmissbrauch/schädlicher Gebrauch von Alkohol,
depressive Störung i.S. einer rezidivierenden, mittelgradigen depressiven Episode vor dem Hintergrund einer vorwiegend selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung sowie
DD: Narzisstische Persönlichkeitsstörung.
Zur Leistungsbeurteilung hat sich Dr. xxx wie folgt geäußert:
Der Kläger könne grundsätzlich jegliche körperlich leichte, mittelschwere und schwere Arbeit in Wechselschicht, ohne Nachtschicht, ohne regelmäßigen Kundenkontakt bei geistig einfachen Tätigkeiten und geringen bis zeitweise durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit, Übersicht und Verantwortungsbewusstsein durchführen. Er benötige ein Arbeitsumfeld mit einem guten Betriebsklima sowie insbesondere ein oder zwei Ansprechpartner, die ihm dauerhaft wohlwollend zur Seite stünden. Eine eher geringe Anzahl von unmittelbaren Kollegen wäre dabei vorteilhaft. Die gegenwärtige Arbeitsstelle des Klägers entspreche diesen Ansprüchen fast idealtypisch und zeige auch dessen grundsätzlich vorhandene Arbeitsfähigkeit. Bei Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen könne der Kläger daher sechs Stunden und mehr regelmäßig arbeiten.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, dass er mit dem Inhalt des Gutachtens einverstanden sei und keine Einwände habe. Der Inhalt entspreche den wahren Gegebenheiten.
Der Kläger ist zum Verhandlungstermin nicht erschienen. Er ist ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 107 der Gerichtsakte) am 26.11.2009 ordnungsgemäß von dem Termin benachrichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte den Rechtsstreit auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil er ordnungsgemäß von dem Termin benachrichtigt und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger ist nicht gemäß § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert, weil sich der angefochtene Bescheid der Beklagten als rechtmäßig erweist.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI), weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI scheidet schon aufgrund des Geburtsdatums des Klägers (26.10.1962) aus (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen hat sich nicht zur Überzeugung der Kammer feststellen lassen, dass der Kläger für Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch über ein Restleistungsvermögen von unter sechs Stunden täglich verfügt (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Der Kläger ist zwar nicht uneingeschränkt leistungsfähig, da sich aufgrund seiner Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet und der hieraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen qualitative Einschränkungen in seiner Belastbarkeit ergeben. Dennoch kann er noch körperlich leichte, mittelschwere und schwere Arbeiten in Wechselschicht, ohne Nachtschicht sowie ohne regelmäßigen Kundenkontakt bei geistig einfachen Tätigkeiten und geringen bis zeitweise durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit, Übersicht und Verantwortungsbewusstsein durchführen. Bei Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen ist er in der Lage, die ihm zumutbaren Tätigkeiten täglich sechs Stunden und mehr regelmäßig zu verrichten, dies auch unter den üblichen betrieblichen Bedingungen sowie regelmäßig fünf Tage pro Woche.
Hinsichtlich dieser Feststellungen zur gesundheitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers im Erwerbsleben stützt sich die Kammer insbesondere auf das von Amts wegen eingeholte psychiatrische Gutachten des Sachverständigen Dr. xxx vom 26.06.2009. Der Sachverständige hat den Kläger gründlich untersucht, die aktenkundigen medizinischen Unterlagen vollständig ausgewertet und ist zu einer überzeugenden Leistungsbeurteilung gelangt. Den objektiv vorhandenen Erkrankungen wurde durch Einschränkungen in qualitativer Hinsicht Rechnung getragen. Ferner werden die Ausführungen und Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen durch das im Verwaltungsverfahren erstellte Gutachten des Arztes für Nervenheilkunde Dr. xxx vom 19.03.2007 gestützt.
So hat der Sachverständige Dr. xxx im Rahmen seiner gutachtlichen Befundung eine nur mäßig niedergedrückte Stimmung bei lediglich etwas verminderter affektiver Schwingungsfähigkeit festgestellt. Auch erschien der zielgerichtete Antrieb lediglich als leicht vermindert. Im umfänglichen Untersuchungsverlauf ergab sich kein Anhalt für eine schwerwiegende Antriebsstörung. Auch lieferten die zahlreichen, vom Sachverständigen Dr. xxx durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen keine solchen Ergebnisse, die auf ein in quantitativer Hinsicht vermindertes Leistungsvermögen im bereits qualitativ geminderten Leistungsbild schließen lassen. Endlich hat der Kläger gegen das Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme keine Einwände erhoben.
Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die derzeitige Beschäftigung des Klägers als Hausmeistergehilfe im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit i.S. des § 16d des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bestätigt. Die tatsächliche Arbeitsleistung stellt insofern auch ein Beweismittel dar, das selbst eine vom medizinischen Sachverständigen angenommene Erwerbsminderung widerlegen kann. Dies gilt erst recht, wenn der medizinische Sachverständige zum Ergebnis einer bestehenden Erwerbsfähigkeit des Versicherten (bei gewissen qualitativen Leistungseinschränkungen) gelangt. Dass es sich bei dieser Hausmeistergehilfentätigkeit des Klägers nicht um ein Arbeitsverhältnis i.S. des Arbeitsrechts kraft gesetzlicher Fiktion (s. § 16d Satz 2 SGB II) handelt, steht der Bestätigung der vorhandenen Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht entgegen, da es hierbei auf die tatsächliche Arbeitsleistung bzw. Beschäftigung ankommt. Diese besteht nach der glaubhaften Schilderung des Klägers im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung beispielsweise darin, dass er mit dem Hausmeister zusammen Zelte auseinander nimmt, diese säubert und einpackt, er einen Grill geschweißt hat und an Aufräumarbeiten beteiligt gewesen ist. Auch hat er nach eigenen Angaben Plakatständer vorbereitet und beim Anstreichen geholfen. Diese Tätigkeit übt der Kläger täglich sechs Stunden aus. Ferner hat der Sachverständige Dr. xxx festgestellt, dass sich das psychische Befinden des Klägers gerade seit Aufnahme bzw. Wiederaufnahme seiner Tätigkeit verbessert hat. Es hat sich kein Hinweis darauf ergeben, dass die aktuelle Arbeitssituation dem Kläger schadet oder beispielsweise zu nicht tolerablen Schmerzen führt. Mithin verrichtet der Kläger die Tätigkeit auch nicht auf Kosten seiner Gesundheit (vgl. hierzu KassKomm/Niesel, SGB VI, § 43 Rdnr. 28 m.w.N.).
Endlich steht der vorhandenen Erwerbsfähigkeit des Klägers auch die Tatsache nicht entgegen, dass er eine Beschäftigung derzeit auf einem für seine Bedürfnisse angepassten Arbeitsplatz ausübt, bzw. laut gutachtlicher Feststellungen hierbei ein Arbeitsumfeld mit einem guten Betriebsklima sowie ihm wohlgesonnener Mitarbeiter in geringer Anzahl benötigt. Denn hierbei handelt es sich nicht um ein nur vergönnungsweise begründetes Beschäftigungsverhältnis oder um einen Schonarbeitsplatz, der durch eine ungewöhnliche, von den üblichen betrieblichen Bedingungen abweichende Gestaltung geprägt ist und der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres zur Verfügung steht. Denn der Kläger leistet seine Tätigkeit lediglich auf einem angepassten Arbeitsplatz aufgrund einer den betrieblichen Bedingungen entsprechenden Beschäftigung. Dies steht einer fortbestehenden Erwerbsfähigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes i.S. des § 43 Abs. 1 SGB VI nicht entgegen (vgl. hierzu KassKomm/Niesel, a.a.O., § 43 Rdnr. 29 m.w.N.). Der Kläger ist mit einer typischen Gehilfentätigkeit betraut und übt diese gemäß seinen eigenen Angaben im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung ohne jede Einschränkung aus. Dass das Arbeitsumfeld gerade seinen Bedürfnissen entspricht, zeigt, dass der Kläger unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen (kein Publikumsverkehr, geringe Anzahl von unmittelbaren Mitarbeitern) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen erwerbsfähig ist.
Ist dies - wie hier - der Fall, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine ausreichende Zahl von Erwerbsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Ob Arbeitsplätze für den Kläger vermittelbar sind oder ob konkrete Einsatzmöglichkeiten bestehen, ist rentenversicherungsrechtlich irrelevant. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, obliegt in diesen Fällen nicht der Rentenversicherung, sondern dem Versicherten bzw. der Arbeitslosenversicherung (vgl. BSG GS 19.12.1996, SozR 3 - 2600 § 44 Nr. 8).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am xxx geborene Kläger beantragte bei der Beklagten am 20.12.2006 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Der Kläger ist seit 1998 arbeitslos. Von August 2008 bis Januar 2009 arbeitete er im Rahmen einer durch die Arge vermittelten Arbeitsgelegenheit ("Ein-Euro-Job") als Hausmeistergehilfe. Nach einer Unterbrechung wegen seitens die Arge vorgenommener Einkommensanrechnung ist der Kläger seit Mitte April 2009 wiederum in dieser Arbeitsgelegenheit als Hausmeistergehilfe 6 Stunden pro Werktag beschäftigt.
Nachdem die Beklagte diverse medizinische Unterlagen über den Kläger beizog, ließ sie ihn durch den Arzt für Nervenheilkunde Dr. xxx, begutachten.
In seinem Gutachten vom 19.03.2007 diagnostizierte Dr. xxx bei dem Kläger Angst und depressive Störung, gemischt, sowie eine primär selbstunsichere Persönlichkeit. In seiner Leistungsbeurteilung führte Dr. xxx aus, dass der Kläger in der Lage sei, körperlich zumindest mittelschwere Arbeiten in Tagesschicht ohne Zeitdruck vollschichtig auszuüben.
Mit Bescheid vom 20.04.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers unter Bezugnahme auf die im Verwaltungsverfahren getroffenen medizinischen Feststellungen ab.
Seinen hiergegen fristgerecht eingelegten Widerspruch begründete der Kläger im Wesentlichen damit, dass es ihm seine psychische Erkrankung unmöglich mache, mit anderen Personen außerhalb seiner Familie in Kontakt zu treten. Sobald er angesprochen werde, bekomme er Angstzustände und könne kein flüssiges Gespräch führen. Die Wahrnehmung des Gesprochenen sei gestört, und er könne nicht klar denken und antworten. Eine Tätigkeit sei ihm daher in keiner Form möglich.
Die Beklagte holte eine Bescheinigung der behandelnden Fachärztin für Neurologie N. xxx ein, wonach seit Oktober 2006 keine wesentlichen Änderungen im Gesundheitszustand des Klägers eingetreten seien. Seit Dezember 2006 befinde er sich zusätzlich in psychotherapeutischer Behandlung bei einer russisch sprechenden Psychotherapeutin.
Daraufhin holte die Beklagte einen Befundbericht der behandelnden Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Lxxx ein, ebenso einen Bericht des evangelischen Krankenhauses xxx über eine Alkoholentzugsbehandlung des Klägers in der Zeit vom 07.01. bis 10.01.2008. Diese Unterlagen wurden dem beratenden Arzt der Beklagten Dr. xxx zur ergänzenden Stellungnahme vorgelegt. Dieser ging von der Weitergeltung der Leistungsbeurteilung des Vorgutachters Dr. xxx aus.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.05.2008 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass ausweislich der Stellungnahme des beratungsärztlichen Dienstes die angeforderten Befundberichte die durch das im Verwaltungsverfahren erstellte Gutachten beschriebene Erkrankung bestätigt hätten, so dass sich eine Änderung der Leistungsbeurteilung hierdurch nicht ergebe.
Mit der fristgerecht am 11.06.2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und nimmt zur Begründung auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren Bezug. Da sich an den Gründen nichts geändert habe, sei er nach wie vor der Auffassung, dass sein Anspruch berechtigt sei.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich und sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 20.04.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab Antragstellung Rente wegen Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt hierfür auf die im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren getroffenen medizinischen Feststellungen Bezug.
Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Fachärztinnen xxx und xxx eingeholt.
Sodann hat es den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. xxx, zum Sachverständigen ernannt.
In seinem psychosomatisch-psychotherapeutischen/psychiatrischen Gutachten vom 26.06.2009 hat Dr. xxx bei dem Kläger folgende Gesundheitsstörungen diagnostiziert:
Schwere soziale Phobie,
Alkoholmissbrauch/schädlicher Gebrauch von Alkohol,
depressive Störung i.S. einer rezidivierenden, mittelgradigen depressiven Episode vor dem Hintergrund einer vorwiegend selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung sowie
DD: Narzisstische Persönlichkeitsstörung.
Zur Leistungsbeurteilung hat sich Dr. xxx wie folgt geäußert:
Der Kläger könne grundsätzlich jegliche körperlich leichte, mittelschwere und schwere Arbeit in Wechselschicht, ohne Nachtschicht, ohne regelmäßigen Kundenkontakt bei geistig einfachen Tätigkeiten und geringen bis zeitweise durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit, Übersicht und Verantwortungsbewusstsein durchführen. Er benötige ein Arbeitsumfeld mit einem guten Betriebsklima sowie insbesondere ein oder zwei Ansprechpartner, die ihm dauerhaft wohlwollend zur Seite stünden. Eine eher geringe Anzahl von unmittelbaren Kollegen wäre dabei vorteilhaft. Die gegenwärtige Arbeitsstelle des Klägers entspreche diesen Ansprüchen fast idealtypisch und zeige auch dessen grundsätzlich vorhandene Arbeitsfähigkeit. Bei Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen könne der Kläger daher sechs Stunden und mehr regelmäßig arbeiten.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, dass er mit dem Inhalt des Gutachtens einverstanden sei und keine Einwände habe. Der Inhalt entspreche den wahren Gegebenheiten.
Der Kläger ist zum Verhandlungstermin nicht erschienen. Er ist ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 107 der Gerichtsakte) am 26.11.2009 ordnungsgemäß von dem Termin benachrichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte den Rechtsstreit auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil er ordnungsgemäß von dem Termin benachrichtigt und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der Kläger ist nicht gemäß § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beschwert, weil sich der angefochtene Bescheid der Beklagten als rechtmäßig erweist.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI), weil er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Ein Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 SGB VI scheidet schon aufgrund des Geburtsdatums des Klägers (26.10.1962) aus (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen hat sich nicht zur Überzeugung der Kammer feststellen lassen, dass der Kläger für Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nur noch über ein Restleistungsvermögen von unter sechs Stunden täglich verfügt (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Der Kläger ist zwar nicht uneingeschränkt leistungsfähig, da sich aufgrund seiner Erkrankungen auf psychiatrischem Fachgebiet und der hieraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen qualitative Einschränkungen in seiner Belastbarkeit ergeben. Dennoch kann er noch körperlich leichte, mittelschwere und schwere Arbeiten in Wechselschicht, ohne Nachtschicht sowie ohne regelmäßigen Kundenkontakt bei geistig einfachen Tätigkeiten und geringen bis zeitweise durchschnittlichen Anforderungen an Reaktionsfähigkeit, Aufmerksamkeit, Zuverlässigkeit, Übersicht und Verantwortungsbewusstsein durchführen. Bei Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen ist er in der Lage, die ihm zumutbaren Tätigkeiten täglich sechs Stunden und mehr regelmäßig zu verrichten, dies auch unter den üblichen betrieblichen Bedingungen sowie regelmäßig fünf Tage pro Woche.
Hinsichtlich dieser Feststellungen zur gesundheitlichen Leistungsfähigkeit des Klägers im Erwerbsleben stützt sich die Kammer insbesondere auf das von Amts wegen eingeholte psychiatrische Gutachten des Sachverständigen Dr. xxx vom 26.06.2009. Der Sachverständige hat den Kläger gründlich untersucht, die aktenkundigen medizinischen Unterlagen vollständig ausgewertet und ist zu einer überzeugenden Leistungsbeurteilung gelangt. Den objektiv vorhandenen Erkrankungen wurde durch Einschränkungen in qualitativer Hinsicht Rechnung getragen. Ferner werden die Ausführungen und Feststellungen des gerichtlich beauftragten Sachverständigen durch das im Verwaltungsverfahren erstellte Gutachten des Arztes für Nervenheilkunde Dr. xxx vom 19.03.2007 gestützt.
So hat der Sachverständige Dr. xxx im Rahmen seiner gutachtlichen Befundung eine nur mäßig niedergedrückte Stimmung bei lediglich etwas verminderter affektiver Schwingungsfähigkeit festgestellt. Auch erschien der zielgerichtete Antrieb lediglich als leicht vermindert. Im umfänglichen Untersuchungsverlauf ergab sich kein Anhalt für eine schwerwiegende Antriebsstörung. Auch lieferten die zahlreichen, vom Sachverständigen Dr. xxx durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen keine solchen Ergebnisse, die auf ein in quantitativer Hinsicht vermindertes Leistungsvermögen im bereits qualitativ geminderten Leistungsbild schließen lassen. Endlich hat der Kläger gegen das Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme keine Einwände erhoben.
Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die derzeitige Beschäftigung des Klägers als Hausmeistergehilfe im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit i.S. des § 16d des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) bestätigt. Die tatsächliche Arbeitsleistung stellt insofern auch ein Beweismittel dar, das selbst eine vom medizinischen Sachverständigen angenommene Erwerbsminderung widerlegen kann. Dies gilt erst recht, wenn der medizinische Sachverständige zum Ergebnis einer bestehenden Erwerbsfähigkeit des Versicherten (bei gewissen qualitativen Leistungseinschränkungen) gelangt. Dass es sich bei dieser Hausmeistergehilfentätigkeit des Klägers nicht um ein Arbeitsverhältnis i.S. des Arbeitsrechts kraft gesetzlicher Fiktion (s. § 16d Satz 2 SGB II) handelt, steht der Bestätigung der vorhandenen Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht entgegen, da es hierbei auf die tatsächliche Arbeitsleistung bzw. Beschäftigung ankommt. Diese besteht nach der glaubhaften Schilderung des Klägers im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung beispielsweise darin, dass er mit dem Hausmeister zusammen Zelte auseinander nimmt, diese säubert und einpackt, er einen Grill geschweißt hat und an Aufräumarbeiten beteiligt gewesen ist. Auch hat er nach eigenen Angaben Plakatständer vorbereitet und beim Anstreichen geholfen. Diese Tätigkeit übt der Kläger täglich sechs Stunden aus. Ferner hat der Sachverständige Dr. xxx festgestellt, dass sich das psychische Befinden des Klägers gerade seit Aufnahme bzw. Wiederaufnahme seiner Tätigkeit verbessert hat. Es hat sich kein Hinweis darauf ergeben, dass die aktuelle Arbeitssituation dem Kläger schadet oder beispielsweise zu nicht tolerablen Schmerzen führt. Mithin verrichtet der Kläger die Tätigkeit auch nicht auf Kosten seiner Gesundheit (vgl. hierzu KassKomm/Niesel, SGB VI, § 43 Rdnr. 28 m.w.N.).
Endlich steht der vorhandenen Erwerbsfähigkeit des Klägers auch die Tatsache nicht entgegen, dass er eine Beschäftigung derzeit auf einem für seine Bedürfnisse angepassten Arbeitsplatz ausübt, bzw. laut gutachtlicher Feststellungen hierbei ein Arbeitsumfeld mit einem guten Betriebsklima sowie ihm wohlgesonnener Mitarbeiter in geringer Anzahl benötigt. Denn hierbei handelt es sich nicht um ein nur vergönnungsweise begründetes Beschäftigungsverhältnis oder um einen Schonarbeitsplatz, der durch eine ungewöhnliche, von den üblichen betrieblichen Bedingungen abweichende Gestaltung geprägt ist und der auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres zur Verfügung steht. Denn der Kläger leistet seine Tätigkeit lediglich auf einem angepassten Arbeitsplatz aufgrund einer den betrieblichen Bedingungen entsprechenden Beschäftigung. Dies steht einer fortbestehenden Erwerbsfähigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes i.S. des § 43 Abs. 1 SGB VI nicht entgegen (vgl. hierzu KassKomm/Niesel, a.a.O., § 43 Rdnr. 29 m.w.N.). Der Kläger ist mit einer typischen Gehilfentätigkeit betraut und übt diese gemäß seinen eigenen Angaben im Rahmen der gutachtlichen Untersuchung ohne jede Einschränkung aus. Dass das Arbeitsumfeld gerade seinen Bedürfnissen entspricht, zeigt, dass der Kläger unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen (kein Publikumsverkehr, geringe Anzahl von unmittelbaren Mitarbeitern) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter betriebsüblichen Bedingungen erwerbsfähig ist.
Ist dies - wie hier - der Fall, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass eine ausreichende Zahl von Erwerbsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Ob Arbeitsplätze für den Kläger vermittelbar sind oder ob konkrete Einsatzmöglichkeiten bestehen, ist rentenversicherungsrechtlich irrelevant. Das Risiko, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, obliegt in diesen Fällen nicht der Rentenversicherung, sondern dem Versicherten bzw. der Arbeitslosenversicherung (vgl. BSG GS 19.12.1996, SozR 3 - 2600 § 44 Nr. 8).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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