L 11 KR 379/03

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 03118/00
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 379/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. November 2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom 3. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2000 aufgehoben.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladene Ziffer 1 in der Zeit vom 01.01.1999 bis 29.02.2000 bei dem Kläger versicherungspflichtig beschäftigt war.

Der Kläger organisiert Familien- und Nachbarschaftshilfe im Sinne des § 38 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie Verhinderungspflege im Sinne des § 39 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Zwischen dem Kläger selbst und den Hilfebedürftigen wird dabei kein schriftlicher Vertrag geschlossen, die erforderlichen Maßnahmen werden aber mit den Angehörigen abgesprochen. Üblicherweise findet ein erster Antrittsbesuch beim Hilfebedürftigen durch den Kläger statt. Anschließend wird ein erster Kontakt mit dem Hilfeleistenden organisiert, um ein gemeinsames Kennenlernen zu ermöglichen. Während der Pflege- bzw. Haushaltshilfe haben die Hilfebedürftigen die Möglichkeit, telefonisch Kontakt mit dem Kläger zu halten. Von diesem Angebot wird in der Regel auch Gebrauch gemacht. Die finanzielle Abwicklung läuft ebenfalls über den Kläger, der die Gesamtrechnung bei der Pflege- bzw. Krankenversicherung einreicht und hierfür einen Betrag als Vermittlungsgebühr in Höhe einer Tagespauschale von 40,- DM abzieht. Diese Pauschale umfasst auch die Haft- und Unfallversicherung der tätigen Personen.

Die 1942 geborene Beigeladene Ziffer 1 Kläger war seit 1997 - anfänglich zunächst nur als Nachbarschaftshelferin - geringfügig beschäftigt mit einem monatlichen Einkommen bis maximal 630,- DM. Ab 1. April 1999 wurde ihr eine Honorarvereinbarung angeboten, die sie zwar nicht unterschrieben hatte, auf deren Basis aber ab 2/99 die Zahlungen erfolgten (15,- DM pro Stunde).

Im Dezember 1999 beantragte die Beigeladene Ziffer 1 bei der Beklagten die Feststellung ihres sozialversicherungsrechtlichen Status. Sie gab an, sie könne zwar für mehrere Auftraggeber tätig werden, mache dies tatsächlich aber nicht. Ein Gewerbe habe sie nicht angemeldet und setze auch kein eigenes Kapital für ihre Tätigkeit ein. Sie unterhielte keine eigenen Geschäfts- bzw. Büroräume, beschäftige auch keine Arbeitnehmer. Sie habe die Möglichkeit, bestimmte Aufträge abzulehnen, gestalte ihre Preise nicht selbst, sondern erbringe diese ausschließlich im Namen und auf Rechnung des Klägers. Bezahlt werde sie pro Auftrag, wobei ein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit nicht bestehe. Bei der Tätigkeit müssten die Arbeitsbedingungen der Pflegevereinbarung eingehalten werden und sie müsse auch regelmäßige Arbeits- und Anwesenheitszeiten bei ihren Einsätzen beachten. Bei Erkrankung müsse sie den Auftraggeber informieren, aber keine Ersatzkraft stellen. Über die Tätigkeit müsse sie auch Berichte führen. Der Auftraggeber stelle Pflegemittel und Medikamente, ansonsten würden Arbeitsmittel kostenfrei zur Verfügung gestellt werden.

Mit Bescheid vom 3. März 2000 stellte die Beklagte daraufhin fest, dass die Beigeladene Ziffer 1 bei dem Kläger abhängig beschäftigt gewesen sei, da sie keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt habe, regelmäßig nur für einen Auftraggeber tätig gewesen sei, an die Weisungen des Klägers gebunden gewesen wäre und nicht unternehmerisch am Markt aufträte. Deswegen unterliege sie ab 01.01.1999 der Versicherungspflicht.

Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, ihm komme lediglich eine Vermittler- und Beraterrolle zu. Dahingegen bestünden keine kontinuierlichen Aufträge oder Verbindlichkeiten zu den angefragten oder vorgeschlagenen Pflegepersonen. Die Beigeladene Ziffer 1 könne bei Vorschlag für einen bestimmten Einsatz diesen annehmen oder auch ablehnen und sei deswegen keineswegs weisungsgebunden, sondern stimme alle Einzelheiten direkt mit der Pfleglingen ab. Die Pflegevereinbarungen würden zwischen Patienten und Pflegepersonen geschlossen, sofern diese es wollten. Beigefügt war ein Muster einer Honorar- und Pflegevereinbarung.

Daraufhin führte die Beklagte mit Schreiben vom 9. Juni 2000 das Anhörungsverfahren nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) durch, woraufhin ihr der Kläger die jeweiligen Einsätze der Beigeladenen Ziffer 1 mitteilte. Danach war die Beigeladene Ziffer 1 bis 31. März 1999 in der Nachbarschaftshilfe geringfügig beschäftigt. Danach wurde Nachbarschaftshilfe nur noch im Dezember 1999 40 Stunden und 2000 wieder im Januar mit 80 Stunden und Februar mit 42 Stunden geleistet. Verhinderungspflege fand 1999 im April an 10 Tagen, im Juni an 18 Tagen, im Juli an 11 Tagen, im August an 24 Tagen, im September an 20 Tagen und im Oktober an 20 Tagen statt. Hierfür erhielt die Beigeladene Ziffer 1 für die Verhinderungspflege 1999 12.380,- DM und für die Nachbarschaftshilfe 1999 1.934, 78 DM (600,-DM plus 1334,78 DM) und 2000 1.830,- DM.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13. September 2000 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, aufgrund der getroffenen Vereinbarungen müsse davon ausgegangen werden, dass der Kläger das Risiko und die Verantwortung für die Pflege- bzw. Nachbarschaftshilfe zu tragen habe. Dies ergebe sich auch aus der fachlichen Begleitung der vom Verein vermittelten Leistungen. Wäre die Aktivität des Klägers. - wie vorgetragen - auf bloße Vermittlung begrenzt gewesen, hätte hierfür kein Erfordernis bestanden. Außerdem sei die Beigeladene Ziffer 1 nicht Rechnungsstellerin gegenüber den Pflegebedürftigen und insofern nicht auf eigene Rechnung tätig gewesen. Hierbei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beigeladene Ziffer 1 bereits seit 1997 als Pflegeperson tätig gewesen wäre und zwar zunächst im Rahmen einer geringfügigen - abhängigen - Beschäftigung, d.h. abhängig beschäftigt. Durch die Umstellung der Tätigkeit auf eine Honorarvereinbarung habe sich an der Art und dem Inhalt der Tätigkeit und somit an den tatsächlichen Verhältnissen nichts geändert. Die Beigeladene Ziffer 1 habe auch kein unternehmerisches Risiko getragen, kein eigenes Kapital eingesetzt und sich auch nicht um eigene Arbeitsmittel bemühen müssen. Der wirtschaftliche Erfolg ihrer Arbeitseinsätze seien nicht ungewiss gewesen, da in jedem Fall Anspruch auf die vereinbarten Honorare bestanden habe. Sie habe auch keinerlei unternehmerische Initiative entfaltet. Insgesamt gesehen müsse aufgrund ihrer Einkünfte davon ausgegangen werden, dass sie bis zum 31.03.1999 geringfügig beschäftigt gewesen sei und danach wieder ab 01.03.2000.

Mit seiner dagegen beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhobenen Klage machte der Kläger geltende, konkrete Pflegevereinbarungen würden jeweils zwischen den zu pflegenden Personen und der Beigeladenen Ziffer 1 abgeschlossen werden. Nur diese würden Zeitraum und Dauer des Einsatzes untereinander abmachen. Auch sei den Pflegepersonen nur empfohlen worden, ein Dokumentationsblatt über die erbrachte Pflegeleistung zu führen. Insofern habe keine Berichtspflicht gegenüber dem Kläger bestanden. Daher habe die Beigeladene Ziffer 1 auch ergebnislos ein Verfahren bei der Arbeitsgerichtsbarkeit geführt (Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 06.02.2001, Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 13.03.2002 und Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 9.10.2002).

Mit Urteil vom 13. November 2002, dem Kläger zugestellt am 7. Januar 2003, wies das SG die Klage mit der Begründung ab, nach dem Gesamtbild der Tätigkeit der Beigeladenen Ziffer 1 sei diese nicht als freie Mitarbeiterin in einem freiberuflichen Dienstverhältnis, sondern abhängig beschäftigt gewesen. Dabei trete das Kriterium der Weisungsgebundenheit gegenüber dem Kriterium der Eingliederung in den Betrieb zurück. Diese komme bereits dadurch zum Ausdruck, dass die Beigeladene Ziffer 1 Mitglied eines "Pools" an Pflegekräften sei, den der Kläger aufgebaut habe und aus dem er sich zur Erbringung von Pflegeleistungen gegenüber den pflegebedürftigen Personen bedient habe, insbesondere auch durch Akzeptierung der vorgegebenen Arbeitsvertragsformulare für das Verhältnis zwischen Pflegepersonen und den jeweiligen Pflegebedürftigen. Deswegen würde auch die vorgegebene Vermittlungsgebühr von 40 DM pro Pflegeeinsatztag akzeptiert, was ein ganz wesentliches Indiz dafür sei, dass sich die Beigeladene Ziffer 1 dem Willen des Klägers untergeordnet habe, in einer Art und Weise, wie dies für ein freies Mitarbeiterverhältnis untypisch wäre. Hierbei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich nicht um eine jeweils pauschale Vermittlungsgebühr pro Pflegebedürftigen handle, sondern eine Vermittlungsgebühr, die für jeden Tag für Pflege fällig geworden sei, also auch für Tage, um die gelegentlich die Beigeladene die Pflegedauer in Abstimmung mit dem Pfleglingen selbst verlängert haben sollte. Wieso ein freier Mitarbeiter bei einer Verlängerung des Einsatzes, der auf eigener Abmachung mit dem Pflegling beruhe, für weitere Tage die Vermittlungsgebühr an den Kläger schulden solle, wäre unerfindlich. Auch habe es der Verein selbst übernommen, bei Krankheit für eine Vertretung zu sorgen. Ebenso bei Reklamationen sei der Verein direkt angesprochen worden. Deswegen habe man den Pflegekräften empfohlen, eine Pflegedokumentation zu führen, um gegenüber den Verwandten des Pflegebedürftigen etwas in der Hand zu haben. Auch durch die Zahlungsvereinbarungen würde die Unterordnung der Beigeladenen Ziffer 1 sehr deutlich, denn die Pflegebedürftigen würden die gesamten Beträge bei dem Kläger einreichen und dieser würde nach Abzug der Vermittlungsgebühren jeweils die Mitarbeiter aus dem Pflegepool zahlen. Demgegenüber träten geringfügige Indizien, die für eine Selbstständigkeit der Beigeladenen Ziffer 1 sprechen könnten, in den Hintergrund.

Hiergegen richtete sich die am 3. Februar 2003 eingelegte Berufung des Klägers, mit der dieser geltend macht, die Beigeladene Ziffer 1 sei schon deswegen nicht in eine Betriebsorganisation eingegliedert gewesen, weil kein räumlicher Kontakt zur Verwaltung bestanden habe, Arbeitsräume seien nämlich bei dem Verein nicht vorhanden. Auch habe man keinerlei technische Arbeitsmittel bereit gestellt, deren sich die Beigeladene Ziffer 1 hätte bedienen können oder müssen. Ein Weisungsrecht sei ebenfalls nicht wahrgenommen worden. Die Abrechnung sei nur aus Kulanz gegenüber dem Pflegebedürftigen so vorgenommen worden. Auch handle es sich um einen gemeinnützigen Verein, bei dem das soziale Engagement, aber kein Gewinnstreben im Vordergrund stünde. Schließlich sei ausschlaggebend, dass nur die eigentliche Pflegeleistung durch Sozialstationen in versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen erbracht würde, während die Verhinderungspflege von professionellen Pflegediensten nicht angeboten werde, mithin nicht marktfähig sei. Es hätten auch keinerlei vertragliche Verpflichtungen bestanden, diese seien ausschließlich zwischen der Pflegeperson und den Pflegebedürftigen abgeschlossen worden. Folglich habe der Kläger auch für die Qualität der Vereinbarung nicht einstehen müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 13. November 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2000 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das erstinstanzliche Urteil sei zu Recht ergangen, denn eine deutliche Einflussmöglichkeit des Klägers bestehe schon deswegen, da die Leiterin Frau M. aus der Liste der in Betracht kommenden Pflegepersonen versuche, eine persönlich und objektiv möglichst geeignete Pflegeperson zu finden und diese einem Pflegebedürftigen zu vermitteln.

Die Beigeladene Ziff. 1 beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Beschluss vom 2. November 2004 wurden die übrigen Versicherungsträger zum Rechtsstreit beigeladen.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes hat der Senat in dem Erörterungstermin vom 21. September 2004 den Geschäftsführer des Klägers, Herrn S., angehört sowie die ehemalige Angestellte, die Sozialpädagogin Frau M., als Zeugin vernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten ihrer Angaben wird auf die Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Berufung ist zulässig und insbesondere statthaft im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG.

Die zulässige Berufung des Klägers ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht entschieden, dass die Beigeladene Ziffer 1 bei dem Kläger versicherungspflichtig beschäftigt war. Der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Zur Überzeugung des Senats steht aufgrund der vorgelegten Unterlagen, die sich in Übereinstimmung mit den Angaben in der Anhörung des Geschäftsführers S. wie auch der Zeugenvernehmung der Frau M. befinden fest, dass die Beigeladene Ziffer 1 in der streitbefangenen Zeit nicht versicherungspflichtig beschäftigt war.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitsgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig nicht tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSGE 45, 199, 200 ff. = SozR 2200 § 1227 Nr. 8; SozR 3 - 2490 § 7 Nr. 13 S. 31 f.; SozR 3 - 3400 § 7 Nr. 15 jeweils m. w. N.).

Ausgehend hiervon ist die Beschäftigung der Beigeladenen Ziffer 1 in der streitbefangenen Zeit als freie Mitarbeit und damit als selbstständige einzustufen. Insoweit ist schon fraglich, ob der Kläger aufgrund der gewählten Rechtskonstruktion sowie seiner Aufgabenstellung überhaupt Arbeitgeber sein kann oder ob es ihm nicht bereits an der erforderlichen Betriebseigenschaft fehlt. Der Kläger ist nämlich als gemeinnütziger Verein, der nicht auf Gewinnstreben ausgerichtet ist, organisiert und beschäftigt mit Ausnahme der Zeugin M. keine fest angestellten Mitarbeiter. Deren Tätigkeit besteht allein in der Vermittlung von Pflegekräften aus dem Pool an Pflegebedürftige, während die eigentlichen Vertragsbeziehungen ohne Einbeziehung des Klägers begründet werden, der dann lediglich - auf freiwilliger Basis - in die finanzielle Abwicklung des Vertrages eingeschaltet wird. Die einbehaltene Pauschale in Form der Vermittlungsgebühr deckt noch nicht einmal die Personalkosten der Frau M. ab, so dass diese in der Vergangenheit vom Landkreis getragen wurden. Deswegen war auch bei dem Kläger keine eigentliche Betriebsstätte vorhanden, mithin besteht auch keine Verwaltungsstruktur. Den im Rahmen der Nachbarschaftshilfe oder der Verhinderungspflege tätigen "Mitarbeitern" konnten daher auch keine Arbeitsmittel z. B. in Form von Fahrzeugen - wie dies bei professionell arbeitenden Pflegestationen üblicherweise der Fall ist - oder Pflegehilfsmitteln gestellt werden.

Das kann aber im Ergebnis dahingestellt bleiben, denn unabhängig davon fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Eingliederung bzw. Weisungsgebundenheit der Beigeladenen Ziffer 1 in eine irgendwie geartete Geschäftstätigkeit des Klägers. Zwar hat der Kläger eine Tätigkeit entfaltet, die über die bloße Vermittlung, d. h. eine Maklertätigkeit hinausgeht, indem insbesondere die Abrechnung der Pflegeleistungen über ihn erfolgte. Dies führt aber für sich allein betrachtet nicht dazu, dass von einer Eingliederung der Beigeladenen Ziff. 1 in eine Betriebsorganisation ausgegangen werden muss. Vielmehr war der gesamte Arbeitsablauf, d. h. auch Ort und Art der Arbeitsleistung, durch die Tätigkeit selbst und die Gesetzesbestimmungen vorbestimmt. Aus diesen ergab sich auch Umfang und Art der erforderliche Pflege selbst wie auch deren Dokumentation über die von der Beigeladenen Ziffer 1 angefertigten Pflegeberichte, bei denen sie sich einzig des von dem Kläger zur Verfügung gestellten Formulars bediente, dies aber nicht benutzen musste. Der Kläger hat der Beigeladenen Ziffer 1 keinerlei detaillierte Vorschriften über den Inhalt ihrer Tätigkeit gemacht und insbesondere ist dem Senat auch kein einziger Fall benannt worden, in dem der Beigeladenen Ziffer 1 konkrete Einzelweisungen erteilt wurden. Zu solchen Weisungen haben noch nicht einmal die Rückmeldungen der Pflegebedürftigen bei dem Kläger geführt, vielmehr hat dieser unstreitig keinerlei inhaltlichen Einfluss auf die Tätigkeit der Beigeladenen Ziffer 1 genommen und damit auch tatsächlich im Einzelfall kein Weisungsrecht ausgeübt.

Ebenfalls fand eine inhaltliche Kontrolle der Tätigkeit der Beigeladenen Ziffer 1 - auch soweit die Möglichkeit der Auswahl der Pflegepersonen aus dem Pool der geeigneten Pflegepersonen wie der Rückkopplung der Pflegebedürftigen durch Rücksprache mit Frau M. bestand - nicht statt. So wäre der Kläger nicht berechtigt gewesen, in den Arbeitsablauf der Beigeladenen Ziffer 1 konkret einzugreifen und beispielsweise die Beigeladene Ziffer 1 von ihrer Pflegetätigkeit abzuziehen oder sie konkret anzuweisen, die Pflege in einer bestimmten Art und Weise vorzunehmen. Von einer fachlichen Begleitung ihrer Tätigkeit durch den Kläger kann daher keine Rede sein. Dass bei Schlechtleistung die Beigeladene Ziffer1 künftig möglicherweise nicht mehr in dem Pool mitberücksichtigt worden wäre, d.h. keine Aufträge mehr erhalten hätte, stellt ebenfalls ein typisches Risiko eines Selbständigen dar, während dies bei einem abhängig Beschäftigte allenfalls einen Kündigungsgrund begründet.

Des weiteren hätte die Beigeladene Ziffer 1 jederzeit einen Auftrag ablehnen können, was sie unstreitig hinsichtlich der Nachbarschaftshilfe auch getan hat, soweit die Aufträge für sie nicht lukrativ genug waren. Das wird schließlich im Ergebnis auch durch den zeitlichen Umfang ihrer Tätigkeit belegt, der starke Schwankungen gerade bei der Nachbarschaftshilfe aufzeigt und der Beigeladenen Ziffer 1 weder den Lebensunterhalt hätte sichern können noch einer anderen Tätigkeit für andere Auftraggeber entgegen gestanden hätte. Auch dies zeigt zur Überzeugung des Senats, dass die Beigeladene Ziffer 1 wie eine Selbständige tätig war.

Weiterhin lag das wirtschaftliche Risiko der Tätigkeit - wie bei allen Selbständigen typisch - allein bei der Beigeladenen Ziffer 1. Denn ihr Lohn war ausschließlich abhängig von dem Umfang der von ihr geleisteten Tätigkeit bzw. der abgerechneten Stunden. Für den Fall der Verhinderung erfolgte demzufolge auch keine Lohnfortzahlung, d.h. insoweit hat sich typischerweise das Risiko eines Selbstständigen realisiert. Vor diesem Hintergrund erklärt sich auch, dass die Beigeladenen Ziffer 1 ebenso wenig wie der Kläger für eine Ersatzperson im Falle ihrer Verhinderung sorgen musste. Das Risiko der Verhinderung der Pflegeperson hat sich mithin ausschließlich bei dem Pflegebedürftigen realisiert. Das erklärt sich daraus, dass - wie dies der Kläger nachvollziehbar dargelegt hat- die Verhinderungspflege eigentlich keine marktfähige Leistung für professionelle Pflegedienste darstellt und deswegen nur in der Nische zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit, nämlich der Vermittlungstätigkeit des Vereins, und bezahlter Arbeit, nämlich der Tätigkeit der Beigeladenen Ziffer 1, stattfindet. Dass die Beigeladene Ziffer 1 selbst ebenfalls keine Betriebsstätte führte und auch kein Betriebskapital einsetzen musste, steht dieser Beurteilung nicht entgegen, sondern ergibt sich ebenso aus der Art und Weise der Tätigkeit selbst. Die Pflegetätigkeit bei der Verhinderungspflege erfordert nämlich lediglich, dass die Pflegeperson den Wohnort der Pflegebedürftigen aufsuchen kann. Dies stellt die Beigeladene Ziffer 1 mit einem eigenen Pkw sicher. Die Pflegehilfsmittel stellt der Pflegling als eigentlicher Auftraggeber. Einer Betriebsorganisation bedarf es somit für die Pflege ebenso wenig wie für deren erforderliche Dokumentation und deren anschließende Abrechnung, die nur in der Addition der geleisteten Stunden unter Berücksichtigung der Fahrzeiten besteht, wofür es keinerlei Buchhaltung oder eines Büros bedarf. Zwar erhob der Kläger für die Abrechnung, die allein kulanzhalber auf Wunsch der Pflegebedürftigen wie auch der Pflegepersonen selbst, die das während der Pflege entstandene Vertrauensverhältnis nicht durch finanzielle Forderungen belasten wollten, von dem Kläger ohne eigene finanzielle Vorteile wahrgenommen wurde, die Vermittlungsgebühr von jeweils 20,- DM, die deswegen pauschal für den geleisteten Pflegetag erhoben wurde. Allein dieser gewählte Abrechnungsweg, der für alle Beteiligten eine Vereinfachung darstellte, wie auch die Pauschale selbst stehen der Beurteilung als selbständige Tätigkeit nicht entgegen, sondern folgen daraus, dass dem Verein durch die Vermittlung keine Kosten entstehen sollten.

Nach alledem war daher das Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide aufzuheben und der Berufung stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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