L 3 SB 5115/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SB 1834/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 5115/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mindestens 80.

Bei dem 1964 geborenen italienischen Kläger stellte der Beklagte mit Bescheid vom 05.08.2003 in Ausführung des zwischen ihm und dem Kläger im Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Kon-stanz (SG) geschlossenen Vergleichs (S 1 SB 1064/01) einen GdB von 50 aufgrund einer Funk-tionsbehinderung der Wirbelsäule, Bandscheibenschaden, chronisches Schmerz-Syndrom (Teil-GdB 40) und eines Zwölffingerdarmgeschwürsleidens (Teil-GdB 20) seit 07.08.2000 fest.

Am 03.02.2006 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag und beantragte gleichzeitig die Zuerkennung des Merkzeichens G. Der Beklagte zog von der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg das im Rentenrechtsstreit S 9 R 1251/04 für das SG erstattete nervenärzt-lich-sozialmedizinische Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. vom 14.09.2005 und die hierzu ergangene ärztliche Stellungnahme des Internisten Dr. B. vom 16.12.2005 sowie die Entlassungsberichte der Fachklinik E. über die stationären Aufenthalte des Klägers vom 10.11. bis 11.12.2004 und vom 16.02. bis 16.03.2006 (Diagnosen zuletzt: chroni-sches Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen bei: Lumboischialgie bei Zustand nach Bandscheibenoperation L 5/S 1 02/2000 mit postoperativer Fibrosierung und myofaszialer Dys-balance bei Zustand nach Arbeitsunfall mit Torsionsverletzung der Wirbelsäule und Quetschung der rechten Hüfte 1997, Cervikobrachialgie rechts mit occipitaler Ausstrahlung und rezidivieren-den Kopfschmerzen sowie in Schulter, Arm und Hand, Karpaltunnelsyndrom rechts, Ein- und Durchschlafstörungen, Medikamentenallergie gegen Tramal Tabletten, Pflasterallergie, chroni-sche Gastritis mit Zustand nach selektiver proximaler Vagotomie bei rezidivierenden Ulcera duodeni 1985; psychologische Diagnose: Chronische Schmerzstörung in Verbindung mit sowohl psychischen Faktoren wie einem medizinischen Krankheitsfaktor, sonstige andauernde Persön-lichkeitsveränderungen, Persönlichkeit bei chronischem Schmerzsyndrom, rezidivierende de-pressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode) bei. Gestützt auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme des Dr. N. lehnte der Beklagte sodann mit Bescheid vom 04.07.2006 den Antrag auf Neufeststellung des GdB und Zuerkennung des Merkzeichens G ab.

Im Rahmen des hiergegen eingelegten Widerspruchs legte der Kläger das im Rahmen des Ren-tenrechtsstreits S 9 R 1251/04 auf der Grundlage einer am 22.11.2006 erfolgten Untersuchung und Exploration in der Fachklinik E. S. erstattete Gutachten vor. Hierbei handelt es sich um ein neurologisch-schmerzspezifisches Gutachten der Neurologin Dr. A. vom 12.03.2007 (Diagno-sen: Undifferenzierte somatoforme Schmerzstörung, leichtgradige sensomotorische Rest-symptomatik nach Nukleotomie L 4/L 5 2002, depressive Störung), ein psychologisches Zusatz-gutachten des Psychologen Dr. K. vom 06.01.2007 (Diagnosen: Anhaltende somatoforme Schmerzstörung, Persönlichkeitsänderung bei chronischem Schmerzsyndrom) und ein ortho-pädisch-schmerzspezifisches Gutachten des Chefarztes des Interdisziplinären Schmerzzentrums und der Abteilung für spezielle Orthopädie Dr. L. vom 04.12.2006 (Diagnosen zusammen-gefasst: Chronisches Schmerzsyndrom Stadium III nach Gerbershagen bei Lumboischialgie sowie Hinweisen für Segmentinstabilität und Drehgleiten L 2/L 3 bei pathologischer keil-förmiger Deformierung LWK 2 unklarer möglicherweise traumatischer Ursache bei Zustand nach Bandscheibenoperation L5/S1 02/2000 mit funktionell bedeutsamer postoperativer Fibrosierung mit wohl hierdurch bedingter chronischer Radikulopathie L5 rechts im Sinne eines neuropathischen Schmerzsyndroms und myofascialer Dysbalance bei Zustand nach Arbeitsunfall mit Torsionsverletzung der Wirbelsäule und Quetschung der rechten Hüfte 1997, Cervikobrachialgie rechts mit occipitaler Ausstrahlung und rezidivierenden Kopfschmerzen sowie in Schulter, Arm und Hand mit Streckfehlstellung der Halswirbelsäule unklarer Ursache, Ein- und Durchschlafstörungen, anhaltende somatoforme Schmerzsstörung, Persönlichkeits-änderung bei chronischem Schmerzsyndrom). Unter Berücksichtigung dieser Unterlagen und einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme des Dr. N. wies der Beklagte den Wider-spruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2007 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 02.07.2007 Klage beim SG erhoben und die Feststellung eines GdB von mindestens 80 geltend gemacht. Zur Begründung hat er den Entlassungsbericht über die stationäre Heilbehandlung in der psychosomatischen Fachklinik in D. in der Zeit vom 31.10. bis 24.11.2007 vorgelegt. Ausweislich dieses Entlassungsberichts vom 11.12.2007 betrug das Aufnahmegewicht des Klägers bei einer Körpergröße von 182 cm 92 kg und das Entlassungs-gewicht 90 kg. Es wurden die Diagnosen einer chronischen somatoformen Schmerzstörung, einer dissoziativen halbseitigen Sensibilitäts- und Empfindungsstörung, einer kombinierten Persönlichkeitsstörung narzisstisch-passiv-aggressiv, eines Opioidmissbrauchs und eines Zu-stands nach NPP L4/5, Rückenschmerzen gestellt.

Für den Beklagten hat sich hierzu Dr. Ö. in einer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.06.2008 dahingehend geäußert, dass auf eine zwischenzeitliche wesentliche Ver-schlimmerung der Auswirkungen der seelischen Störung nicht zu schließen sei.

Ergänzend hat das SG aus der Rentenakte S 9 R 1251/04 das bereits bekannte Gutachten des Dr. H., ärztliche Atteste des Arztes für Allgemeinmedizin Lang und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. R., jeweils vom 14.09.2005, Arztberichte der Schmerzambulanz des Klinikums F. vom 02.09. und 13.09.2005 und die Einwendungen des Klägers gegen das von Dr. H. er-stattete Gutachten und dessen Stellungnahme hierzu beigezogen.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.09.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Än-derung in den Verhältnissen im Vergleich zu den dem Bescheid vom 05.08.2003 zugrunde lie-genden Befunden sei nicht eingetreten. Der Kläger leide nach wie vor an einer Schmerzkrank-heit.

Gegen den am 07.10.2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 05.11.2008 Berufung eingelegt. Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen und ist weiterhin der Ansicht, dass sein Gesamt-GdB aufgrund der sich aus dem ärztlichen Entlassungsbericht der psychosomatischen Fachklinik D. vom 11.12.2007 ergebenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen insbesondere unter Berücksichtigung der außergewöhnlichen Schmerzen mit mindestens 80 zu bewerten sei.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung sachverständiger Zeugenauskünfte des Dr. C., Schmerzambulanz des Klinikums F., und des Dr. R ...

Dr. C. hat unter Beifügung eines Arztbriefes des Dr. R. vom 10.10.2008 (Diagnose Schmerz-störung) mitgeteilt, der Kläger leide weiter unter starken Rückenschmerzen ausgehend von der Lendenwirbelsäule, Schmerzen im rechten Schulterbereich ausstrahlend in den rechten Arm mit plötzlichem Anschwellen und Verfärben des Armes und an ausgeprägten Schlafstörungen. Wäh-rend der langjährigen Behandlung habe er dem Kläger immer nur zeitweise und kurzfristig hel-fen können. Die Beschwerden seien immer wieder aufgetreten und seien letztendlich nicht zu-friedenstellend zu therapieren.

Dr. R. hat am 08.07.2009 ausgeführt, es handele sich beim Kläger um eine im Wesentlichen bei gewissen Fluktuationen unverändert fortbestehende Beschwerdesymptomatik, nämlich die chro-nische Schmerzsymptomatik, wobei er von einer somatoformen Überlagerung im Rahmen einer andauernden Persönlichkeitsänderung und völlig chronifiziert fortbestehender zumindest mittel-schwer ausgeprägter depressiver Entwicklung ausgehe. Eine elektrophysiologische Unter-suchung sei seinerseits in letzter Zeit nicht durchgeführt worden. Der Kläger habe sich sozial völlig isoliert, es sei zu einer ehelichen Zerrüttung gekommen. Ergänzend hat Dr. R. einen Arzt-brief des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. T. vom 24.06.2009 (Diagnose Verdacht auf Carpaltunnelsyndrom beidseits; Neurographie: grenzwertige Befunde) vorgelegt.

Für den Beklagten haben sich hierzu in versorgungsärztlichen Stellungnahmen vom 23.06. und 08.10.2009 Dr. G. und Dr. I. geäußert. Dr. G. hat ausgeführt, die Auskunft von Dr. C. begründe keine Höherbewertung. Eine schmerztherapeutische Behandlung sei bereits langjährig akten-kundig. Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzsymptomatik mit der Notwendigkeit einer speziellen ärztlichen Behandlung sei bereits in der bisherigen Bewertung berücksichtigt. Dr. I. hat sich dahingehend geäußert, dass sich aus der Auskunft von Dr. R. und dem Arztbrief von Dr. T. versorgungsmedizinisch keine neuen Erkenntnisse ergäben. Für die Funktionsbeein-trächtigung von Seiten des Magens sei ein GdB von 20 als überhöht anzusehen. Eine Bauch-schmerzproblematik werde in der Auskunft der Fachklinik E. nicht beschrieben. Seit 1986 sei eine Gewichtszunahme von 20 kg festzustellen, was anhaltende Beschwerden nach der durch-geführten Operation (Vagotomie 06/1986) als unwahrscheinlich erscheinen lasse. Die Funktions-beeinträchtigung in diesem Bereich sei deshalb nur noch mit einem Teil-GdB von 10 zu be-werten und als Funktionsbeeinträchtigung bei vagotomiertem Magen zu bezeichnen. Der Gesamt-GdB betrage weiterhin 50 (medizinisch 40).

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 30. September 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 04. Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juni 2007 zu verurteilen, einen GdB von mindestens 80 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Ver-waltungsakte des Beklagten, die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Vorprozessakte des SG S 1 SB 1064/01 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist sachlich nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG ist nicht zu beanstanden. Der Bescheid des Beklagten vom 04.07.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2007 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da er gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von min-destens 80 hat.

Hinsichtlich der Darstellung der Rechtsgrundlagen für die Feststellung des GdB, der dabei an-zuwendenden Bewertungsmaßstäbe und der gesetzlichen Voraussetzungen, unter denen ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben ist, nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht deshalb insoweit von einer eigenen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist lediglich fest-zustellen, dass seit 01.01.2009 die bisher maßgeblichen Anhaltspunkte für die ärztliche Gut-achtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (AHP 2008) durch die auf der Grundlage der Versorgungsmedizin - Verordnung vom 10.12.2008 er-lassenen Versorgungsmedizinischen Grundsätze (VMG) ersetzt worden sind. Die im Wesentlichen mit den AHP 2008 inhaltsgleichen VMG treten an die Stelle der AHP 2008. Eine andere Beurteilung der hier im Streit stehenden Funktionseinschränkungen ergibt sich durch die Anwendung der VMG nicht.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht auch zur Überzeugung des Senats fest, dass - wie vom SG in nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, weshalb auch hierauf gemäß § 153 Abs. 2 SGG zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird - eine Verschlimmerung der Behinderung des Klägers von Seiten der Wirbelsäule, des Bandscheibenschadens und des chro-nischen Schmerzsyndroms nicht festgestellt werden kann. Diese Funktionsbehinderung des Klä-gers ist gemäß Nr. 18.9 der VMG (Seite 90 f) in Verbindung mit Nr. 3.7 (Seite 27) der VMG mit einem GdB von 40 weiterhin angemessen bewertet. Nach Nr. 18.9 der VMG bedingen Wirbel-säulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende oder an-haltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz dauernd auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 10, solche mit mittelgradigen funkti-onellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 20, Wirbelsäulenschäden mit schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) einen GdB von 30 und solche mit mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbel-säulenabschnitten einen GdB von 30 bis 40. Diese Bewertung anhand der VMG schließt die üb-licherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigt auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände (Teil A 2 j der VMG, Seite 9). Nur bei außergewöhnlichen Schmerz-syndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z.B. Postdis¬kotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen. Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen mit leichteren psychovegetativen oder psychischen Störungen ha-ben nach Nr. 3.7 einen GdB zwischen 0 und 20, solche mit stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere de¬pressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krank-heitswert, somatoforme Störungen) einen GdB zwischen 30 und 40 und schwere Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB zwischen 50 und 70 und mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB zwischen 80 und 100 zur Folge. Bei Anwendung dieser in den VMG aufgeführten Vergleichswerte ist zu beachten, dass die Bewegungseinschränkung des Klägers von Seiten der Wirbelsäule Schwan-kungen unterliegt. Aufgrund der Schmerzen sind die Bewegungseinschränkungen nicht konstant. Zuletzt wurde anlässlich der Heilbehandlung des Klägers in der Psychosomatischen Fachklinik in D. im Oktober/November 2007 eine reizfreie Narbe über der unteren Lendenwirbelsäule und über dem ISG rechts ein leichter Druckschmerz festgestellt. Der Fingerbodenabstand wurde mit ca. 50 Zentimeter gemessen. Das Lasègue‘sche Zeichen war rechts bei 30 bis 40 Grad, links bei 80 Grad positiv. Koordinationsstörungen bestanden indessen keine. Der Zehen- und Hackengang war unauffällig. Auch Atrophien waren nicht feststellbar. Röntgenbefunde der Lendenwirbel-säule zeigten keinerlei degenerative Veränderungen und lediglich bei L5/S1 eine Ver-schmälerung. Bei der Untersuchung durch Dr. C. am 15.10.2008 waren die Patellasehnenreflexe beidseits stark abgeschwächt. Lähmungen bestanden nicht. Angegeben wurden Sensibilitäts-störungen an beiden unteren Extremitäten. Dr. R. beschreibt bei der Untersuchung im Oktober 2008 keine sicheren Paresen und einen endgradig positiven Lasègue. Seit dem Jahr 2000 wird beim Kläger eine Schmerztherapie mit unterschiedlichen Medikamenten durchgeführt. Zumin-dest seit dem Jahr 2000 wird auch immer wieder eine depressive Störung des Klägers be-schrieben, die vom 02. bis 04.08. und vom 17.08. bis 17.09.2000 auch eine stationäre Be-handlung des Klägers in der Klinik Weissenau zur Folge hatte, wobei bei letzterem Aufenthalt insbesondere die Schmerzen behandelt wurden. Anlässlich des stationären Aufenthalts in der Psychosomatischen Fachklinik in D. im Oktober/November 2007 wird der Kläger als zu Ort, Zeit, Person und Situation sicher orientiert, psychomotorisch angespannt und unterschwellig gereizt beschrieben. Die Stimmung war ansonsten ausgeglichen, die affektive Schwingungs-fähigkeit erhalten. Die Kontaktaufnahme mit dem Kläger war gut. Der Kläger teilte mit, dass er für die Familie koche und auch weitgehend den Haushalt bestreite. Er gehe ein Mal wöchentlich zur Wassergymnastik und zur Lymphdrainage. Diese Befunde rechtfertigen zweifelsohne eine Erhöhung des GdB für die Wirbelsäulenbeschwerden aufgrund der beim Kläger vorliegenden Schmerzen, die schon jahrelang eine Schmerzbehandlung erforderlich machen. Die Bewegungs-einschränkungen von Seiten der Wirbelsäule bewegen sich jedoch noch in einem Bereich, der den Wirbelsäulenschäden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbel-säulenabschnitt, der einen GdB von 20 zur Folge hat, entsprechen. Angesichts des vom Kläger bei der Rehabilitationsbehandlung geschilderten Tagesablaufs und seines Auftretens in der Klinik handelt es sich bei ihm auch nur um psychische Störungen, die mit einem GdB von 20 angemessen bewertet sind. Eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähig-keit, die einen höheren GdB bedingen würde, liegt beim Kläger noch nicht vor. In der Zu-sammenschau dieser Ansätze verbleibt es damit bei dem vom Beklagten festgesetzten Teil-GdB von 40 für diese sich gegenseitig überlagernde Behinderung.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil nach der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. R. von 08.07.2009 beim Kläger nunmehr eine eheliche Zerrüttung vorliege und er sich sozial völlig isoliert habe. Nähere Angaben hierzu fehlen. Ins Gewicht fällt insoweit, dass Dr. R. weder über eine gestiegene Frequenz der durch ihn durchgeführten Behandlung noch über eine medikamentöse Intervention aufgrund einer verschlechterten psychischen Lage des Klägers be-richtet, weshalb sich weitere Ermittlungen hierzu, zumal auch der Arzt für Neurologie und Psy-chiatrie Dr. T. in seinem Arztbrief vom 24.06.2009 über keine psychische Auffälligkeit berichtet, erübrigen.

Eine höhere Einstufung ist auch nicht wegen der vom Kläger beklagten Missempfindungen in der rechten Körperhälfte vorzunehmen. Auch hierüber wird schon seit 2001 berichtet. Ein orga-nischer Befund konnte zu keiner Zeit erhoben werden. Bewegungseinschränkungen werden nicht beschrieben. Die von Dr. R. erwähnte Verfärbung und Verdickung des Armes wird nicht näher dargestellt und ist im Übrigen nicht konstant vorhanden, so dass mit einem Teil-GdB von 40 für die Behinderung von Seiten der Wirbelsäule/Bandscheibenschaden/somatoforme Schmerz-störung auch dieser Behinderung des Klägers Rechnung getragen wird.

Die Funktionsbeeinträchtigungen des Klägers von Seiten des Magens, die im Jahr 1986 eine Va-gotomie zur Folge hatte, ist Dr. I. in seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 08.10.2009 folgend nach Nr. 10.2.1 der VMG (Seite 53) allenfalls noch mit einem GdB von 10 zu bewerten, nachdem nach Nr. 10.2.1 bei Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwürsleiden mit Rezidiven in Abständen von zwei bis drei Jahren ein GdB von 0 bis 10 anzusetzen ist. Ein GdB zwischen 20 und 30 kommt nur bei Geschwürsleiden, häufigeren Rezidiven und Beein-trächtigung des Ernährungs- und Kräftezustands in Betracht. Über Geschwüre wird beim Kläger schon mehrere Jahre nicht mehr berichtet. Bei der Begutachtung durch Dr. L. im November 2006 gab er an, dass er keine Probleme mit dem Magen habe. Mittlerweile wiegt der Kläger bei einer Größe von 182 cm auch über 90 kg, so dass auch keine Beeinträchtigung des Ernährungs- und Kräftezustands zu konstatieren ist.

Weitere Behinderungen liegen beim Kläger nicht vor. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den von Dr. R. geäußerten Verdacht auf eine beginnende Polyneuropathie, nachdem Dr. R. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 08.07.2009 diesen Befund nicht bestätigt hat, in letzter Zeit keine elektrophysiologischen Untersuchungen durchgeführt hat und auch Dr. T. über keine motorischen Ausfälle anlässlich der Untersuchung am 23.06.2009 oder auffällige Neurographie¬befunde berichtet.

Dasselbe gilt auch im Hinblick auf den von Dr. T. geäußerten Verdacht auf ein Carpaltunnel-syndrom beidseits. Die Neurographiebefunde sind insoweit noch grenzwertig. Über Ein-schränkungen des Klägers wird nicht berichtet.

Hieraus resultiert ein Gesamt-GdB von keinesfalls mehr als 50.

Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist zu beachten, dass nach Teil A Nr. 3 (Seite 10) der VMG dann, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen die einzelnen Werte nicht addiert werden dürfen. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Bei der Gesamtwürdigung der verschiedenen Funktionsbeeinträchtigungen sind unter Berücksichtigung aller sozial-medizinischen Erfahrungen Vergleiche mit Gesundheitsschäden anzustellen, zu denen in der Tabelle feste GdB-Werte angegeben sind. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hier-durch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeein-trächtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Be-hinderung insgesamt gerecht zu werden. Gemäß Teil A Nr. 3 d der VMG führen, von Aus-nahmefällen abgesehen, zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zur Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, die bei der Gesamt-beurteilung berücksichtigt werden könnte. Unter Beachtung dessen ist bei Teil-GdB-Werten von 40 und 10 ein Gesamt-GdB von 50 der maximale Wert.

Die Berufung konnte hiernach keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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