L 10 R 2058/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3285/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 2058/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 30.03.2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der vom Kläger zu entrichtenden Beiträge für seine ver-sicherungspflichtige selbständige Tätigkeit.

Der am 1962 geborene Kläger nahm am 26.08.2005 eine selbständige Tätigkeit auf, für die er seitens der Bundesagentur für Arbeit einen Existenzgründungszuschuss nach § 421 Abs. 1 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) bezog. Mangels hinreichender Einkünfte gab der Kläger diese Tätigkeit zum 30.06.2007 wieder auf.

Im Fragebogen der Beklagten zur Feststellung der Versicherungspflicht aufgrund des Bezugs eines Existenzgründerzuschusses beantragte der Kläger die Entrichtung einkommensgerechter Pflichtbeiträge nach einem Arbeitseinkommen von 3.600.- EUR jährlich.

Mit Bescheid vom 12.10.2005 stellte die Beklagte ab 26.08.2005 die Versicherungspflicht des Klägers nach § 2 Satz 1 Nr. 10 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) fest. Gleichzeitig setzte sie den monatlichen Beitrag mit 78,00 EUR fest. Insoweit führte sie aus, Grund-lage der Beitragsberechnung sei das vom Kläger zuletzt für das Veranlagungsjahr 2005 nach-gewiesene Einkommen von 3.600,- EUR. Da dieses Einkommen die Mindestbeitragsbemessungs-grundlage in Höhe von 4.800,- EUR unterschreite, sei es auf diesen Betrag anzuheben. U.a. wurde weiter ausgeführt, künftig sei ein Einkommenssteuerbescheid spätestens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorzulegen, Änderungen des Arbeitseinkommens würden ab dem Ers-ten des Kalendermonats berücksichtigt, der auf den Monat folgt, in dem der Einkommenssteuer-bescheid oder eine entsprechende Bescheinigung des Finanzamts vorgelegt wird, spätestens aber ab Beginn des dritten Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommenssteuerbescheids.

Mit Schreiben vom 21.12.2005 und 15.12.2006 informierte die Beklagte den Kläger über die Höhe des ab 01.01.2006 bzw. 01.01.2007 jeweils zu entrichtenden Beitrags von 78,- EUR bzw. 79,60 EUR. Gleichzeitig wies sie jeweils darauf hin, dass ein neuer Einkommensteuerbescheid spä-testens zwei Kalendermonate nach seiner Ausfertigung vorzulegen sei, wobei anstelle des Ein-kommenssteuerbescheids auch eine entsprechende Bescheinigung des Finanzamts vorgelegt werden könne.

Da ein aktueller Einkommensteuerbescheid des Klägers bei der Beklagten weiterhin nicht ein-ging, wandte sich diese mit Schreiben vom 23.01.2007 an den Kläger und bat um Mitteilung, ob zwischenzeitlich ein neuer Einkommensteuerbescheid ergangen sei und ggf. um entsprechende Vorlage. Sie legte dar, dass der Kläger von der Möglichkeit der Zahlung eines einkommens-gerechten Beitrags Gebrauch gemacht habe und der Nachweis über die Höhe des Einkommens durch Vorlage von Einkommenssteuerbescheiden zu führen sei, der innerhalb von zwei Kalen-dermonaten nach seiner Ausfertigung vorgelegt werden müsse. Da der Kläger auch hierauf nicht reagierte, holte die Beklagte eine Auskunft vom Finanzamt G. ein, wonach der Einkommens-steuerbescheid für das Jahr 2005 vom 14.08.2006 datiere und Einkünfte des Klägers aus Gewer-bebetrieb in Höhe von 4.260,- EUR ausweise.

Mit Bescheid vom 25.04.2007 setzte die Beklagte den Beitrag des Klägers ab 01.11.2006 aus-gehend von einer Hochrechnung der vom Finanzamt mitgeteilten, in der Zeit ab 26.08.2005 er-zielten Einkünfte auf ein Jahreseinkommen neu mit 197,57 EUR und ab 01.01.2007 dynamisiert mit 205,45 EUR fest. Zur Begründung führte sie u.a. aus, der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 sei laut Mitteilung des Finanzamts bereits am 14.08.2006 ergangen, weshalb die Beitrags-umstellung ab 01.11.2006 zu erfolgen habe. Dagegen legte der Kläger mit am 16.05.2007 bei der Beklagten eingegangenem Schreiben Widerspruch ein und wandte sich gegen diese Neuver-anlagung, die im Hinblick auf seine Einkünfte nicht gerechtfertigt sei. Beigefügt war die Bestätigung des Steuerberaters S. vom 11.05.2007, wonach der Kläger im Zeitraum vom 01.01. bis 30.04.2007 voraussichtlich einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von lediglich 699,20 EUR habe. Mit Bescheid vom 22.05.2007 setzte die Beklagte im Hinblick auf die mitgeteilten Einkommensverhältnisse den Beitrag daraufhin ab 01.06.2007 auf 79,60 EUR fest. Mit Widerspruchbescheid vom 14.08.2007 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 29.08.2007 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und aus-geführt, in dem fraglichen Zeitraum lediglich äußerst geringe Einkünfte erzielt zu haben, weshalb er allenfalls zu einem Mindestbeitrag heranzuziehen sei. Im Dezember 2006 habe er lediglich einen Gewinn von 634,- EUR, von Januar bis April 2007 einen Gewinn von 699,20 EUR und im Mai 2007 einen solchen von 638,- EUR erzielt; im Juni 2007 habe er keine Einnahmen gehabt. Keinesfalls dürfe ausgehend von seinem früheren Verdienst für diesen Zeitraum ein Einkommen hochgerechnet werden.

Mit dem Kläger am 14.04.2009 zugestellten Gerichtsbescheid vom 30.03.2009 hat das SG die Klage abgewiesen.

Dagegen hat der Kläger am 04.05.2009 beim Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt und im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag wiederholt, wonach angesichts seines geringen Ein-kommens im Zeitraum von November 2006 bis Mai 2007 von ihm keine monatlichen Beiträge von 205,45 EUR verlangt werden könnten.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 30.03.2009 aufzuheben und die Be-scheide vom 25.04.2007 und 22.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.08.2007 insoweit aufzuheben, als monatliche Beträge über den Mindestbeitrag fest-gesetzt wurden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für richtig.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil oh-ne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Akten beider Rechtszüge Bezug ge-nommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegte und gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einver-ständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig; die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Bescheide der Beklagten vom 25.04.2007 und 22.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.08.2007 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Beiträge des Klägers für den im Streit stehenden Zeitraum vom 01.11.2006 bis 31.05.2007 auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2005 vom 14.08.2006 festgesetzt hat. Dies entspricht den maßgeblichen gesetzlichen Regelungen und begegnet auch im Hinblick auf die vom Kläger in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten geringeren Einkünfte keinen rechtlichen Bedenken. Die Beklagte war angesichts der Einkommensverhältnisse nicht verpflichtet, die Bei-träge lediglich nach einem Mindesteinkommen zu erheben.

Das SG hat die für die Beitragserhebung maßgeblichen Rechtsvorschriften (§ 165 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 ff, Abs. 1a SGB VI) dargelegt und mit zutreffender Begründung ausgeführt, dass die Beklagte unter Anwendung dieser Regelungen die Beiträge des Klägers für den in Rede stehenden Zeitraum zu Recht unter Heranziehung der im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2005 ausgewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb ermittelt hat. Der Senat verweist zur Ver-meidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG in der angefochtenen Entscheidung.

Soweit der Kläger im Berufungsverfahren unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens dem von der Beklagten ermittelten Beitrag wiederum die von ihm jeweils tatsächlich erzielten monatlich Einkünfte gegenüberstellt und aus dem sich hieraus ergebenden Missverhältnisses auf die Fehlerhaftigkeit der Beitragsbemessung schließt, wird seitens des Senats ergänzend nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gesetz eine monatliche Gegenüberstellung und ent-sprechende Beitragsanpassung an das tatsächlich jeweils erzielte Einkommen nicht vorsieht. Nach den gesetzlichen Regelungen werden Änderungen in den Einkommensverhältnissen viel-mehr erst ab dem Monat berücksichtigt, der auf den Monat folgt, in dem der Beklagten ein ent-sprechender Nachweises für die Änderung der Einkommenssituation vorgelegt wurde (vgl. § 165 Abs. 1a Satz 3 SGB VI). Entsprechend hat die Beklagte die vom Steuerberater des Klägers S. für den Zeitraum ab Januar 2007 ermittelten, voraussichtlich geringer ausfallenden Einkünfte auch nicht bereits ab Januar 2007 berücksichtigt, sondern erst ab Juni 2007. Denn erst mit Eingang des Widerspruchs des Klägers gegen den Bescheid vom 24.04.2007 bei der Beklagten am 16.05.2007, dem die Bestätigung des Steuerberaters S. beigefügt war, dass die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb von Januar bis Mai 2007 voraussichtlich lediglich 699,20 EUR be-tragen, ist bei der Beklagten ein entsprechender "Nachweis" eingegangen. Entsprechend konnte die Änderung ab Beginn des Folgemonats, mithin ab 01.06.2007, berücksichtigt werden.

Gleichermaßen nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagte aufgrund der im Einkommensteuer-bescheid für das Jahr 2005 vom 14.08.2006 ausgewiesenen Einkünfte des Klägers die zu ent-richtenden Beiträge ab 01.11.2006 mit dem höheren Beitrag neu berechnet hat. Der von der Be-klagten insoweit herangezogene Zeitpunkt war im Hinblick auf § 165 Abs. 1 Satz 8 SGB VI, wonach Änderungen des Arbeitseinkommens spätestens ab Beginn des 3. Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommenssteuerbescheids zu berücksichtigen sind, der für den Kläger günstigste Zeitpunkt für die Neuberechnung. Denn beim 01.11.2007 handelt es sich um den Beginn des 3. Kalendermonats nach Ausfertigung des Einkommenssteuerbescheids vom 14.08.2006.

Zutreffend bezog die Beklagte die im Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2005 aus-gewiesenen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 4.260,- EUR auf den Zeitraum, in dem der Kläger tatsächlich seinen Gewerbebetrieb im Jahr 2005 betrieb; die erfolgte Hochrechnung auf ein Jahreseinkommen führte dazu, dass der Beitragsberechnung das tatsächlich durch die gewerbliche Tätigkeit erzielte Monatseinkommen der Berechnung des monatlichen Rentenbeitrages zu Grunde gelegt wurde. Dies ist nicht zu beanstanden, weil nach den steuerrechtlichen Vorgaben (vgl. § 8a der Einkommenssteuer-Durchführungsverordnung 2000 [BGBl. I, S. 718]), auf die nach § 15 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) abzustellen ist, im Falle einer Betriebseröffnung während des Wirtschaftsjahres (= Kalenderjahr) auf das so genannte Rumpfwirtschaftsjahr abzustellen ist und deshalb zur Feststellung des maßgeblichen Arbeitseinkommens der für die Zeit der gewerblichen Tätigkeit ermittelte steuerliche Gewinn in Bezug zur Dauer der gewerblichen Tätigkeit zu setzen, also das während der gewerblichen Tätigkeit erzielte Monatsentgelt maßgebend ist (siehe BSG, Urteil vom 22.09.1999, B 5 RJ 54/98 R in SozR 3-2600 § 34 Nr. 2 zur vergleichbaren Problematik bei der Anrechnung von Einkommen).

Da die Berufung des Klägers nach alledem keinen Erfolg haben kann, ist diese zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Für die Zulassung der Revision besteht keine Veranlassung.
Rechtskraft
Aus
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