L 6 R 123/06

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 19 RA 2636/03
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 123/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der VEB Zentraler Projektierungs- und Rationalisierungsbetrieb Borsdorf war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Sein Hauptzweck bestand nicht n der industriellen massenahften Fertigung von Sachgütern.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) Beschäftigungszeiten vom 2. November 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.

Der 1946 geborene Kläger schloss sein Studium an der Technischen Universität D. im Jahr 1971 als Diplomingenieur (Urkunde vom 20. Januar 1971) ab. Mit Urkunde vom 23. September 1974 wurde ihm von der Technischen Hochschule Karl-Marx-Stadt das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung Fachingenieur für Automatisierungstechnik zu führen. Seit 1970 war er beim VEB Zentrales Projektierungsbüro der Leder-, Schuh- und Rauchwarenindustrie als Projektingenieur beschäftigt.

Der VEB Zentrales Projektierungsbüro der Lederwarenindustrie wurde am 9. April 1953 in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen. Mit Eintragung vom 26. Oktober 1956 wurde er in "VEB Zentrales Projektierungsbüro der Leder-, Schuh- und Rauchwarenindustrie" umbenannt. Dieser war seit dem 1. Januar 1979 Kombinatsbetrieb des VEB Kombinat Kunstleder und Pelzverarbeitung L. Mit Eintragung vom 28. November 1984 wurde er in "VEB Zentraler Projektierungs- und Rationalisierungsbetrieb Borsdorf" (im Folgenden: VEB ZPRB) umbenannt. Als letzte Eintragung wurde in der Spalte 5 am 30. Juli 1990 vermerkt: "Umwandlung gem. TreuhandG vom 17. Juni 1990 HRB-Nr. 365" Rechtsnachfolger des VEB ZPRB war die Ingenieurbetrieb für Bau- und Anlagenplanung GmbH i.A. B. Diese wurde am 30. Juli 1990 in das Handelsregister eingetragen. Laut vorläufiger Konzeption für die Geschäftstätigkeit vom 30. Juli 1990 sollten zum Tätigkeitsbereich u.a. die Planung und Errichtung von kompletten Industrieanlagen bzw. von deren Teilen, von Gebäuden und kommunalen Einrichtungen im In- und Ausland, die Erbringung von Spezialleistungen im Sinne technischer Studien und Projektierungsleistungen der Fachgebiete Technologie, Ausrüstungen, Rohrleitungen, Anlagen und spezielle Lösungen der Mess-, Steuer- und Regeltechnik, Bau-, Elektro-, Wärme-, Lüftungs- und Klimatechnik gehören.

Eine Versorgungszusage erhielt der Kläger vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zahlte er nicht. Seinen Antrag vom 24. Juni 2003 auf Feststellung der Beschäftigungszeiten vom 2. November 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juli 2003 ab. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2003 wies sie den Widerspruch zurück. Rationalisierungs- und Projektierungsbetriebe zählten nicht zu den volkseigenen Produktionsbetrieben i. S. der Zweiten Durchführungsbestimmung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben.

Im Klageverfahren hat der Kläger ergänzend zu seinem Widerspruch ausgeführt, im VEB ZPRB sei volkseigen projektiert, konstruiert, rationalisiert und produziert worden. Die Beklagte hat mitgeteilt, der VEB ZPRB sei in der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR der Wirtschaftsgruppe 63310 (Projektierung ohne Bauprojektierung) zugeordnet gewesen.

Das Sozialgericht hat den ehemaligen Betriebsdirektor J. sowie den ehemaligen Direktor für Vorbereitung H. schriftlich befragt und in der mündlichen Verhandlung am 9. Dezember 2005 als Zeugen vernommen. Bezüglich deren Aussage wird auf die Anlagen zur Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Mit Urteil vom 9. Dezember 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Betriebszweck des VEB ZPRB sei nicht durch die industrielle Massenfertigung von Sachgütern geprägt gewesen.

Im Berufungsverfahren trägt der Kläger vor, Aufgabenprofil des VEB ZPRB sei die Herstellung von Einzel- und Sondermaschinen wie auch Anlagen in kleineren Stückzahlen gewesen. Hinsichtlich der Definition des volkseigenen Betriebes dürfte es keinen Unterschied machen, ob an einem Fließband zum Beispiel Drehmaschinen in größerer Stückzahl hergestellt oder mit entsprechendem zeitlichem Aufwand Sondermaschinen bzw. Kleinserien produziert werden. Letztendlich entscheidend sei die Erzeugung von Produkten, wobei auch unter den Bedingungen der DDR-Volkswirtschaft gerade im Bereich Maschinenbau sehr große volkseigene Produktionsbetriebe wie das Werkzeugmaschinenkombinat "Fritz Heckardt" oder das Schwermaschinenkombinat "Ernst Thälmann" auch Großserienprodukte der Modernisierung unterworfen hätten, sofern die hierfür gegebenen Möglichkeiten entsprechend der volkswirtschaftlichen Planung vorlagen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Juli 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. November 2003 zu verurteilen, die Zeiten vom 2. November 1970 bis 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie die währenddessen erzielten Entgelte und sonstigen Sachverhalte im Sinne des AAÜG festzustellen und dem Rentenversicherungsträger mitzuteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, der VEB ZPRB habe keine industrielle, also serienmäßig wiederkehrende, Produktion von Sachgütern betrieben.

Der Senat hat den Beteiligten Unterlagen, die bei der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben archiviert sind sowie die Niederschrift aus dem Erörterungstermin am 18. Juni 2007 aus einem anderen beim erkennenden Senat anhängig gewesenen Verfahren (Az.: L 6 R 92/05) übersandt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozessakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 2. November 1970 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Das AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar. Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.

Der Kläger erfüllt jedoch beide Voraussetzungen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Er war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte weder früher eine Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten noch war er auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Ein Anwendungsfall einer gesetzlich fingierten Anwartschaft ist nicht schon dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatte; vielmehr muss der Betroffene nach den Regeln des Versorgungssystems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später ausgeschieden sein (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 12/04 R, nach juris). Nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 62 (S. 487)) erfolgte die Erteilung einer Versorgungszusage ausschließlich durch Aushändigung eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung". Ein solches Dokument (Versicherungsurkunde) ist dem Kläger nicht ausgehändigt worden. Mangels Einbeziehung konnte er nicht aus einem Versorgungssystem in diesem Sinne ausscheiden.

Der Kläger war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01 R, Az.: B 4 RA 3/02 R, BSG, Urteil vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 34/01 R - Az.: B 4 RA 10/02 R, nach juris).

Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 93 (S. 844)) nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i. V. m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung geführt (persönliche Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung – BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 4/04 R, 18. Juni 2003 – Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z. B.: BSG, Urteil vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 32/01 R und vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).

Mit Erwerb des Ingenieurtitels am 20. Januar 1971 erfüllt der Kläger die persönliche Voraussetzung. Es kann auch unterstellt werden, dass er als Projektingenieur eine seiner Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet hat (vgl. hierzu, BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - Az.: B 4 RS 17/07 R). Er war am 30. Juni 1990 jedoch nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt.

Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion (bzw. zum hier nicht in Betracht kommenden Bauwesen) hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – Az.: B 4 RA 18/03 R, nach juris) des VEB muss auf die industrielle, massenhafte und standardisierte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (sog. fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein. Die Auslegung der Versorgungsordnung durch die Staatsorgane und deren Verwaltungspraxis in der DDR spielt dagegen bei der heutigen Auslegung keine Rolle (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 – Az.: B 4 RA 41/01 R, nach juris). Aus diesem Grund ist allein die Tätigkeit in einem solchen Massenproduktionsbetrieb von besonderer volkswirtschaftlicher Bedeutung gewesen und hat die durch die ZAVO-techInt bezweckte Privilegierung der technischen Intelligenz in solchen Betrieben gerechtfertigt (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - Az.: B 4 RA 57/03 R, nach juris). Der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen. Ein Betrieb, dessen Betriebszweck in der Projektierung von Bauinvestitionen liegt, ist kein volkseigener Produktionsbetrieb in diesem Sinne (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007, m.w.N., nach juris). Der Betriebszweck der "Rationalisierung" ist ebenfalls keine betriebliche Tätigkeit, die auf die Massenproduktion von Bauwerken oder Gütern gerichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - Az.: B 4 RA 8/04 R, nach juris). Ein Betrieb mit einem solchen Betriebszweck verfolgt vielmehr eine Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Vorschläge zur Effizienzsteigerung in (anderen) Produktionsbetrieben zu unterbreiten.

Unter Berücksichtigung dieser vom BSG aufgestellten Grundsätze und der Auswertung der vorliegenden Unterlagen sowie der Bewertung der Aussagen der Zeugen J. und H., die im Wege des Urkundenbeweises zu verwerten sind, hat nach der Überzeugung des Senats dem VEB ZPRB nicht die Massenproduktion von serienmäßigen Sachgütern das Gepräge gegeben.

Zu der Entstehung des VEB ZPRB führt der Zeuge J. in seiner Aussage vor dem Sozialgericht Altenburg aus, dass dieser aus der Zusammenlegung des ehemaligen Projektierungsbüros und des ehemaligen Rationalisierungsbüros der Lederindustrie im Jahr 1985 hervorgegangen ist. In B. waren das Stammhaus mit der Betriebsleitung sowie der Rationalisierungsbetrieb ansässig. Zum Stammhaus gehörte auch die technische Vorbereitung, die schlüsselfertige Anlagen konzipiert, geplant und die Ausführung überwacht hat. Die Anlagen wurden schlüsselfertig errichtet und an den Auftraggeber übergeben. Es handelte sich dabei um Einzelanfertigungen für die Betriebe des Kombinates Kunstleder- und Pelzverarbeitung. Der ehemalige Rationalisierungsbetrieb hat ebenfalls Einzelanlagen für die Kunstlederindustrie gefertigt. Durch die Einzelfertigung hat sich der Betrieb in eine Nische der DDR-Wirtschaft begeben. Da die Serienfertigung für den Export erbracht wurde, die inländischen Betriebe zur Aufrechterhaltung ihrer Produktion jedoch Bedarf hatten, konnte dieser so abgedeckt werden. In seiner Aussage im Erörterungstermin am 18. Juni 2007 (Az.: L 6 R 92/05) erklärt der Zeuge, dass die Tätigkeit des VEB ZPRB die Projektierung, Bauleitung, Planung und die industrielle Kooperation umfasste. Die Maschinen wurden importiert, deren Einsatz aber durch den VEB ZPRB geplant und projektiert. Bei dem VEB ZPRB handelte es sich um einen sogenannten Generalauftragnehmer (GAN), der allerdings nicht in das zentrale Register eingetragen, sondern durch Sondergenehmigung des Ministers hierzu bestimmt wurde. Insoweit habe auch die Grundsatzordnung für die Generalauftragnehmerschaft bei strukturbestimmten Industrieinvestitionen vom 26. Juni 1968 gegolten. Im Betriebsteil B., in dem insgesamt ca. 169 bis 179 Personen beschäftigt waren, waren ca. 60 Mitarbeiter mit der Projektierung und ca. 30 Mitarbeiter mit der Leitung der Baustellen beschäftigt. Im Betriebsteil W., in dem zwischen 60 und 80 Mitarbeiter beschäftigt waren, wurde die Software entwickelt und die erforderliche - nicht vorhandene - Hardware gebaut. Es handelte sich dabei um Einzelanfertigungen, nicht um eine Massenproduktion. Dort wurden die Steuerungstechnik für die Lederindustrie in der DDR und auch Schaltschränke in Einzelfertigung hergestellt. Bei der Außenstelle L. handelte es sich um ein Architekturbüro, in dem nur Planungen durchgeführt wurden. In der Außenstelle Lz. wurde Rohrleitungstechnik projektiert. Die Mitarbeiter auf den Baustellen führten die Bauleitung an diesen Orten durch.

Dieser Aussage entspricht im Wesentlichen die Aussage des Zeugen H. Danach waren im Stammhaus B. im Mai/Juni 1990 ca. 100 Personen beschäftigt, davon 70 im Bereich der Projektierung, ca. 30 für den Generalauftragnehmer und den Hauptauftragnehmer (HAN) technologische Ausrüstung. Zirka 25 Beschäftigte waren auf den GAN-Baustellen Bernsdorf, Dessau und Tannenbergstal tätig. In der Projektierung wurden Bauprojekte für den Industriebereich projektiert, die Abteilung Elektrotechnik war zuständig für die Starkstromplanung, die Abteilung Wärmeanlagen für die Projektierung von Heizung, Lüftung und Sanitär. Die Abteilung Vorbereitung koordinierte die Arbeiten der einzelnen an der Projektierung beteiligten Abteilungen. Der GAN hat die Oberkoordinierung der technischen Ausrüstung und aller am Bau Beteiligten verantwortet; der HAN hat die entsprechenden Teile beschafft und diese zusammengebaut. Im Betriebsteil W. gab es ca. 60 Beschäftigte, von denen etwa 30 Arbeitnehmer in der Projektierung und Forschung und ca. 30 im Steuerungsbau tätig waren. Dort wiederum war ca. die Hälfte der Beschäftigten für die Steuerungen der im Rationalisierungsbetrieb L gebauten Maschinen zuständig, die andere Hälfte hat Steuerungen für Kombinatsbetriebe errichtet. Seiner Schätzung nach wurden ca. 70 Prozent der Arbeitszeit für das eigene Kombinat, ca. 30 Prozent für sonstige Betriebe aufgewandt. Die Frage nach der Herstellung von Maschinen oder sonstiger Produkte in großer Stückzahl i. S. einer Massenfertigung verneinte der Zeuge. Eine Massenfertigung - die Herstellung von Tragegestellen für Rucksäcke - erfolgte lediglich im Rahmen der Konsumgüterproduktion, die jeder Betrieb erbringen musste.

Die industrielle (serienmäßige wiederkehrende) Fertigung von Sachgütern, wie dies für die Produktionsbetriebe der Industrie kennzeichnend ist, war nach den Aussagen der Zeugen J. und H. danach gerade nicht Hauptzweck des VEB ZPRB, weil die Industrieanlagen, die dort geplant wurden und deren Inbetriebnahme der Betrieb gewährleistete, keine serienmäßige Massenfertigung von genormten Teilen erforderte. Die Zeugen bestätigten übereinstimmend, dass es sich bei den projektierten Anlagen um Einzelanfertigungen handelte und allenfalls Kleinserienfertigungen erfolgten. Der Betrieb erbrachte damit im Wesentlichen Dienstleistungen in Form der Projektierung von industriellen Anlagen bis zu deren Inbetriebnahme. Dem entspricht auch der Sprachgebrauch der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme. Danach wurde einem GAN vom Investitionsauftraggeber die Durchführung von Investitionsvorhaben auf vertraglicher Basis übertragen (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O.). Ein anderer Betriebszweck lässt sich auch nicht der vorläufigen Geschäftskonzeption der Rechtsnachfolgerin des VEB ZPRB - der Ingenieurbetrieb für Bau- und Anlagenplanung GmbH i.A. - vom 30. Juli 1990 entnehmen.

Der VEB ZPRB war auch kein Betrieb, der einem volkseigenen Produktionsbetrieb nach § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt gleichgestellt war. Dort sind Betriebe oder Einrichtungen der Rationalisierung und Projektierung nicht aufgeführt.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) liegt gegenüber denjenigen, die in das Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten, bereits in den Versorgungsordnungen angelegte Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, sowie Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 4. August 2004 – Az.: 1 BvR 15557/01, jeweils nach juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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