L 32 AS 1639/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 63 AS 30052/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1639/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Warmwasserbereitungskosten sind auch dann nur in dem Umfang, in welchem sie bereits pauschaliert im Regelsatz enthalten sind, kein Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II, wenn sie zwar separat ausgewiesen an den Vermieter zu leisten sind, sie jedoch nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch, sondern als Bruchteil des Gesamtverbrauchs nach dem Wohnflächenanteil zu tragen sind.
Die Berufung wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin für das Berufungsverfahren. Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. April 2009 wird aufgehoben, soweit der Beklagte darin verurteilt wird, 150 Euro an die Staatskasse zu zahlen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht, in welchem Umfang der Klägerin im Rahmen des Bezuges von Arbeitslosengeld II nach § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) Kosten für Unterkunft und Heizung im Zeitraum April 2008 bis Juni 2008 sowie Juli 2008 bis September 2008 zustehen.

Die Klägerin ist Mieterin einer 65,93 m² großen Wohnung, deren beheizte Fläche 52,43 m² beträgt. Nach dem Mietvertrag schuldet die Klägerin eine monatliche Nettokaltmiete von 279,32 Euro sowie monatlich 114,51 Euro Betriebskostenumlage, 52,55 Euro Vorauszahlung für die Umlage für Zentralheizung, 17,99 Euro Vorauszahlung für die Umlage für Warmwasser, 10,10 Euro Vorauszahlung für die Umlage für Aufzug und 9,66 Euro Vorauszahlung für die Umlage für Kabel, insgesamt 484,13 Euro monatlich.

Der Warmwasserverbrauch wird dabei nicht durch Warmwasserzähler ermittelt, sondern nach der Quadratmeterfläche der Wohnungen.

Zum 1. Januar 2008 erhöhte sich die Nettokaltmiete auf 303,94 Euro. Die Miete einschließlich Vorauszahlungen erhöhte sich auf seither 525,15 Euro monatlich.

Zunächst bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 29. Februar 2008 für die Zeit vom 1. April 2008 bis 30. September 2008 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 360,- Euro.

Mit Änderungsbescheid vom 23. Mai 2008 bewilligte das JobCenter der Klägerin sowie dem zu ihr gezogenen H R für die Zeit ab 1. Mai 2008 bis 30. September 2008 monatlich jeweils 220 Euro als Kosten für Unterkunft und Heizung (zusammen jeweils 440,- Euro). Als Änderungsgrund nannte es die Aufnahme von H R in die Bedarfsgemeinschaft ab 1. Mai 2008.

Am 1. April 2008 reichte die Klägerin unter anderem einen Untermietvertrag mit HR über ein Zimmer in ihrer Wohnung ein, wonach dieser für Miete und Nebenkosten monatlich 265,50 Euro zu zahlen habe. Das Mietverhältnis begann laut Mietvertrag am 15. Februar 2008.

Mit Änderungsbescheid vom 10. Juli 2008 bewilligte das JobCenter der Klägerin für den Monat April 2008 Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe 160,41 Euro, für Mai 2008 282,83 Euro und dem H R 6,30 Euro, für Juni 2008 der Klägerin 310,47 Euro sowie für Juli und August jeweils 314,47 Euro und für September 2008 284,81 Euro. Die Bescheide vom 25. Februar 2008 und vom 23. Mai 2008 "sowie ggf. Folgebescheide" wurden wegen Änderung der Verhältnisse nach der Begründung gemäß § 48 Sozialgesetzbuch 10. Buch aufgehoben. Gleichzeitig übersandte es der Klägerin ein Anhörungsschreiben, wonach zu Unrecht erhaltene Leistungen zurückgefordert würden. Die Klägerin habe ab 1. April 2008 Einnahmen durch die Untervermietung von Wohnraum gehabt. Des Weiteren sei Herr R wieder in seine eigene Bedarfsgemeinschaft aufgenommen. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 29. Juli 2008 forderte das JobCenter von ihr überzahlte Regelleistungen in Höhe 647,73 Euro und überzahlte Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe 84,98 Euro zurück.

Die Klägerin erhob gegen den Bescheid vom 23. Mai 2008 am 16. Juni 2008 Widerspruch. Der Mitbewohner R lebe in abwechselnden Beziehungen, gelegentlich auch bei seiner geschiedenen Ehefrau BR. In der Wohnung seien getrennte Kühlschränke vorhanden. Eine Verfügungsbefugnis über das Vermögen des anderen bestehe nicht. Herr R verfüge über kein eigenes Konto. Auszahlungen erfolgten deshalb auf das Konto der Klägerin. Aus diesem Grund bestehe auch ein Untermietvertrag. Gleichzeitig rügte die Klägerin die Falschberechnung der Kosten der Unterkunft. Die tatsächlichen Kosten betrügen 525 Euro einschließlich Heizung und Warmwasser.

Sie erhob ferner gegen den Bescheid vom 10. Juli 2008 Widerspruch. Eine Warmwasserpauschale in Höhe 6,26 Euro werde anerkannt. Die Einnahmen aus der Untervermietung minderten die Kosten der Unterkunft. Diese stellten sich bis 30. Juni 2008 wie folgt dar: Regelsatz 344 Euro zuzüglich Miete von 515,15 Euro abzüglich 6,26 Warmwasserpauschale abzüglich 309,41 Euro Rente zuzüglich 30 Euro Versicherungspauschale abzüglich 265,50 Euro Untervermietung = 320,98 Euro. Ab 1. Juli 2008 erhöhe sich der Regelsatz, so dass die Berechnung wie folgt zu erfolgen habe: Regelsatz 351 Euro, Miete 525,15 Euro abzüglich Warmwasserpauschale 6,26 Euro abzüglich Rente 309,41 Euro zuzüglich Versicherungspauschale 30 Euro abzüglich Untervermietung 265,59 Euro = 324,98 Euro. Es sei nicht verständlich, im Mai HR als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft anzusehen. In der Zeit zwischen April und September 2008 hätten sich die tatsächlichen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung nicht geändert. Die Rente betrage laut Rentenbescheid nur 309,41 Euro.

Mit Bescheid vom 26. August 2008 bewilligte der Beklagte der Klägerin unter Abänderung der früheren Bescheide vom 29. Februar 2008, 23. Mai 2008 und vom 10. Juli 2008 monatliche Leistungen für Unterkunft und Heizung für April bis Mai 2008 in Höhe von 304,38 Euro, für Juni 2008 335,06 Euro, für Juli und August 2008 336,89 Euro sowie für September 2008 307,23 Euro.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2008 wies der Beklagte den Widerspruch vom 16. Juli 2008 gegen den Bescheid vom 23. Mai 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 10. Juli 2008, 29. Juli 2008 sowie 26. August 2008 zurück. Der Widerspruch sei nur in dem Umfang, die sich aus dem Änderungsbescheid vom 26. August 2008 ergäbe, begründet. Zu den Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II gehörten nicht die für Warmwasserkosten sowie für Kochenergie. Die Aufwendungen hierfür seien in der jeweiligen Regelleistung erfasst. Grundsätzlich seien die tatsächlichen Kosten für Haushaltsenergie zu ermitteln und von den Kosten der Unterkunft abzuziehen. Nur in den Fällen, in denen weder die Mietberechnung noch die Nebenkostenabrechnung Aufschluss über die Höhe der tatsächlichen Kosten gebe, sei ersatzweise der jeweilige Pauschalbetrag für die jeweilige Haushaltsenergie abzuziehen, die durch den Regelsatz abgedeckt sei. So könne vorliegend nicht vorgegangen werden, denn die tatsächlichen Kosten der Warmwasserbereitung seien bezifferbar. Ausweislich der Betriebskostenabrechnung bzw. der Anpassung der Vorauszahlungen vom 22. Oktober 2008 betrügen die Warmwasserkosten hier monatlich 25,03 Euro. Die zu berücksichtigenden Leistungen für Unterkunft und Heizung betrügen mithin 500,12 Euro.

Hiergegen richtet sich die Klage der Klägerin vor dem Sozialgericht Berlin (SG). Sie bewohne mit HR eine gemeinsame Wohnung im Rahmen einer Wohngemeinschaft. Dieser zahle die Hälfte der Miete und die Hälfte der Nebenkosten als Untermieter. Nachzahlungen an Strom und Betriebskosten würden geteilt. Auch Herr R erhalte von der Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Bei ihm werde die so genannte Warmwasserpauschale in Höhe von 6,53 Euro bis Juni und 6,63 Euro ab Juli 2008 abgezogen. Es sei fehlerhaft, bei der Klägerin monatlich 25,03 Euro zu berücksichtigen. Dieser Wert spiegele nämlich nicht den tatsächlichen Warmwasserverbrauch der Klägerin wieder. Die Kosten der Warmwasserbereitung würden ausschließlich nach dem Verbrauch berechnet. Nach der Entscheidung des BSG vom 27. Februar 2008 (B 14/11b AS 15/07 R) dürften die konkreten Kosten der Warmwasserbereitung aber nur dann berücksichtigt werden, wenn in einem Haushalt technische Vorrichtungen vorhanden seien, die eine isolierte Erfassung der Kosten für Warmwasserbereitung ermöglichten.

In der mündlichen Verhandlung am 21. April 2009 hat der Vorsitzende den Beklagten auf die von der Klägerin angeführte Entscheidung des BSG hingewiesen und ein Anerkenntnis angeregt. Er hat ihn auch auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung wegen Missbräuchlichkeit der Rechtsverteidigung hingewiesen. Das SG hat den Beklagten am selben Tag verurteilt, unter Abänderung des Bescheides vom 29. Februar 2008 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 23. Mai 2008, vom 10. Juli 2008 und vom 26. August 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2008 von den tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung lediglich eine Pauschale für die Warmwasserbereitung für den Zeitraum April bis Juni 2008 monatlich lediglich 6,56 Euro und für den Zeitraum Juli bis September 2008 monatlich lediglich 6,63 Euro abzuziehen. Es hat den Beklagten ferner verurteilt, 150 Euro an die Staatskasse zu zahlen. Es sei mittlerweile höchstrichterlich geklärt, dass der tatsächlich in Rechnung gestellte Betrag des Warmwasserverbrauches nur dann von den Kosten der Unterkunft und Heizung abgezogen werden dürfe, wenn in einem Haushalt technische Vorrichtungen vorhanden seien, die eine isolierte Erfassung der Kosten für Warmwasserbereitung ermöglichten (wörtliches Zitat aus BSG, Urteil vom 27. Februar 2008, a.a.O. Rdnr 27). Nach dem Mietvertrag der Klägerin würden die Warmwasserkosten anteilig nach Quadratmeterfläche der Wohnungen auf die einzelnen Mieter umgelegt. Sie könne also die Kosten des Warmwasserverbrauches nicht oder allenfalls nur zu einem völlig untergeordneten Teil selbst steuern. Nach Überzeugung der Kammer seien in der Regelleistung von 347,- Euro 6,56 Euro Kosten für Warmwasserbereitung enthalten. Berechnungsgrundlage sei die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 (EVS 03), auf deren Grundlage gemäß § 28 Abs. 3 Satz 4 und 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 3 der Regelsatzverordnung vom 3. Juni 2004 (BGBl. I 2004, 1067) in der Fassung vom 20. November 2006 (BGBl. I 2006, 2657) der Eckregelsatz für Leistungen nach dem SGB XII und damit gemäß § 20 Abs. 4 Satz 2 SGB II auch für die Leistungen nach dem SGB II ab 1. Januar 2007 neu berechnet worden seien. Die durchschnittlichen monatlichen Ausgaben je Haushalt in der Abteilung 04 (Wohnung, Energie, Wohnungsinstandhaltung) hätten laut EVS 03 322,32 Euro entsprochen. Hiervon wäre als regelsatzrelevant 24,49 Euro anerkannt, was den in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Regelsatzverordnung ausgewiesenen vom Hundertsatz von 8 % der im Eckregelsatz anerkannten Ausgaben dieser Abteilung entspreche. Unter Abzug der auf die Ausgaben für "Instandhaltung und Schönheitsreparatur Material und Handwerker" entfallenden Summe von 2,74 Euro (nämlich 1,53 Euro + 1,21 Euro) verblieben für den Bereich "Strom (auch Solarenergie): Mieterhaushalte" insgesamt 21,75 Euro. Eine weitere Aufgliederung des Betrages in Einzelpositionen könne weder den Materialien noch der EVS 03 entnommen werden. Da in der Regel der gesamte elektrische Energieverbrauch eines Haushaltes über einen Zähler gemessen werde, lasse sich der Energieaufwand für Warmwasserbereitung nicht exakt messen, sondern lediglich schätzen. Mangels anderer Anhaltspunkte greife die Kammer in Übereinstimmung mit dem Urteil des BSG vom 27. Februar 2008 auf die Empfehlung des Deutschen Vereins aus dem Jahre 1991 zurück, nach der auf der Grundlage verschiedener Modellrechnungen die Kosten der Warmwasserbereitung mit 30 % des im sozialhilferechtlichen Regelsatz enthaltenen Betrages für Haushaltsenergie anzusetzen seien. 30 % des in der Regelleistung von 345,- Euro enthaltenen Betrages für Strom entsprächen 6,53 Euro Kosten der Warmwasserbereitung. Der Regelsatz sei zum 1. Juli 2007 um 0,54 % dynamisiert worden, wodurch sich bei Aufrundung einer Erhöhung auf 347,- Euro ergäben (Bezugnahme auf Bekanntmachung des Bundesministerium für Arbeit und Soziales vom 18. Juni 2007, BGBl. I 2007, 11039). Dementsprechend sei auch der für Strom bzw. Haushaltsenergie anerkannte Betrag in Höhe von 21,75 Euro um 0,5 % zu dynamisieren, woraus sich für die Zeit ab Juli 2007 bis einschließlich Juni 2008 ein relevanter Betrag für Haushaltsenergie in Höhe von 21,87 Euro monatlich und damit Kosten der Warmwasserbereitung von 6,56 Euro ergäbe. Zum 1. Juli 2008 sei eine weitere Dynamisierung um 1,1 % erfolgt. Der Regelsatz betrage seither 351,- Euro (Bezugnahme auf Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 26. Juli 2008, BGBl. I 2008, 11002). Eine entsprechende Aufstockung des Betrages für Haushaltsenergie um 1,1 % ergäbe den Betrag von 22,11 Euro, davon 30 % seien 6,63 Euro monatlich.

Ferner habe die Kammer es als missbräuchlich angesehen, dass der Beklagte trotz der mittlerweile von der höchstrichterlichen Rechtsprechung eindeutig geklärten Frage im Hinblick auf die Höhe des Abzugs der Kosten für die Warmwasserversorgung bei fehlenden technischen Vorrichtungen für eine konkretere Fassung des Verbrauchs ungeachtet ausführlicher richterlicher Hinweise an seiner abweichenden Auffassung festgehalten habe. Das JobCenter habe sich nicht einmal ansatzweise mit der einschlägigen Rechtsprechung des BSG auseinandergesetzt. Es habe seinen Standpunkt auch nicht rechtlich untermauert, zumal eine Berufung nicht in Betracht komme. Der Beklagte habe seine Rechtsverteidigung trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit in missbräuchlicher Weise fortgesetzt.

Gegen diese Entscheidung hat sich zunächst die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten gewendet. Seine Rechtsauffassung, dass alle an den Vermieter zu leistenden Kosten der Warmwasserbereitung mit dem Regelsatz abgegolten seien und nicht Bestandteil der zu erstattenden Kosten für Unterkunft und Heizung gemäß § 23 Abs. 1 SGB II seien, stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG. Zwar führe das BSG im Urteil vom 27. Februar 2008 (B 14/11 b AS 15/07 R) aus (Rdnr. 20), dass grundsätzlich gemäß § 22 Abs. 1 SGB II ein Anspruch auf Übernahme der vollständigen und tatsächlichen Kosten für die Bereitstellung von Warmwasser bestehe. Die Kosten der Warmwasserbereitung seien jedoch von der Regelleistung umfasst. Diese Auffassung hätten auch die neueren Urteile (vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 48/08 R - und vom 25. Juni 2008 - B 11 b AS 35/06 R -) aufrechterhalten. Da die Regelleistung eine Pauschale sei, habe das BSG konsequent als Wert der Warmwasserbereitung einen pauschalen Betrag angesetzt. Nur wenn die Kosten für die Warmwasserbereitung konkret ermittelbar seien, würden diese Kosten von den zu übernehmenden für Unterkunft und Heizung abgezogen. Der Wert der nicht übernommenen Kosten könne nach Ansicht des BSG höher sein als der angesetzte pauschale Wert, der in der Regelleistung für die Warmwasserbereitung enthalten sei. Die Kosten der Warmwasserbereitung seien also nicht Bestandteil der Kosten der Unterkunft und Heizung, sondern der Regelleistung. Also seien die Leistungsträger generell nicht verpflichtet, Kosten der Warmwasserbereitung als Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen, soweit diese von den übrigen Kosten getrennt werden könnten. Die Auffassung werde von anderen Kammern des Sozialgerichts Berlin geteilt, bzw. jedenfalls die grundsätzliche Bedeutung anerkannt. Die Annahme eines Missbrauches im Sinne des § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG sei deshalb nicht nachvollziehbar.

Der Senat hat mit Beschluss vom 15. September 2009 die Berufung zugelassen.

Der Beklagte beruft sich ergänzend auf eine Argumentationshilfe der zuständigen Berliner Senatsverwaltung vom 16. Juni 2008. Danach sei davon auszugehen, dass die Warmwasserbereitungskosten nur dann in Betriebskostenabrechnungen gesondert aufgeführt werden könnten, wenn die konkrete Erfassung über die Zähler oder sonstige Vorrichtungen technisch möglich sei.

Er beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 21. April 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass sie zur Tragung der Warmwasserkosten völlig unabhängig von ihrem konkreten Verbrauch alleine nach der Quadratmeteranzahl der Wohnung herangezogen werde.

Im Erörterungstermin am 16. November 2009 sind die Beteiligten auf die Absicht hingewiesen worden, im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu entscheiden.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte im Beschlusswege nach § 153 Abs. 4 SGG entscheiden. Er hält einstimmig die Berufung für unbegründet. Eine mündliche Verhandlung ist nicht erforderlich.

Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Beklagte von den tatsächlich an den Mieter zu zahlenden Kosten für die Warmwasserbereitung nur die insoweit im Regelsatz enthaltenen Pauschalen, also nach der Berechnung des SG 6,56 Euro monatlich für die Monate April bis Juni 2008 bzw. 6,63 Euro für den Zeitraum Juli bis September 2008, abziehen darf.

Er muss deshalb für die Monate April bis Mai 2008 monatlich 322,78 Euro an Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 SGB II bewilligen, für Juni 2008 353,53 Euro, für Juli 2008 und August 2008 je 355,29 Euro und für September 2008 325,63 Euro.

Auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen Urteil wird nach § 153 Abs. 2 SGG zunächst verwiesen.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes, von der aus Sicht des hier entscheidenden Senates jedenfalls nicht zu Gunsten des Beklagten abzuweichen ist, sind separat erfasste Kosten für Warmwasserbereitung nur dann von den an den Vermieter zu leistenden Nebenkosten abzuziehen und nicht als Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II zu erstatten, wenn die tatsächlichen Kosten erfasst sind. Nur dann –und das ist das maßgebliche Argument- liegt es in der Hand des Hilfebedürftigen, seinen Warmwasserverbrauch zu steuern und zu versuchen, mit dem ihm durch die Regelleistung zur Verfügung gestellten Rahmen auszukommen (so BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 48/08 R - Rdnr. 25).

Die von der Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in der zitierten Argumentationshilfe vertretene Auffassung, dass Warmwasserbereitungskosten nur dann in Betriebskostenabrechnungen gesondert aufgeführt werden könnten, wenn sie konkret erfasst werden könnten, ist eine schlichte Behauptung und bereits rein empirisch falsch. Nicht nur der vorliegende Fall zeigt, dass mietvertraglich eine separate Berechnung der Warmwasserkosten vereinbart sein kann, die konkrete Umlage aber nicht nach dem tatsächlichen Verbrauch, sondern nach dem quadratmetermäßigen Anteil am Gesamtverbrauch zu ermitteln ist. Eine Erfassung der tatsächlichen Kosten im Sinne der BSG-Rechtsprechung liegt hier - wie ausgeführt- nicht vor (vgl. für den gesetzlich angeordneten Regelfall, der Abrechnung nach der Heizkosten-AV, welche in § 8 maximal 70 % der Kosten des Betriebes einer zentralen Warmwasserversorgungsanlage nach dem erfassten Warmwasserverbrauch als umlegbar regelt, die übrigen Kosten hingegen zwingend nach der Wohn- oder Nutzfläche: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Mai 2009 - L 14 AS 1830/08 -).

Dem Beklagten ist allerdings beizupflichten, dass diese Rechtsprechung des BSG in sich nicht ohne Widersprüche ist. Einerseits sollen die Kosten für Warmwasserversorgung aus dem Regelsatz zu erbringen sein, obgleich sie im Regelfall Teil der an den Vermieter zu zahlenden Miete darstellen. Dies steht im Kontrast zu der Rechtsprechung, dass die Kosten für andere mitgemietete Objekte und Dienstleistungen, für die durch mietvertragliche Vereinbarung ebenfalls Beträge an den Vermieter zu zahlen sind (Kabelnutzungsgebühren, Möblierungszuschläge etc.) Kosten der Unterkunft sein sollen, obgleich die Aufwendungen für solche Güter und Dienstleistungen an sich ebenfalls im Regelsatz enthalten sind (vgl. BSG a.a.O. Rdnr. 16 ff. für Kabelnutzungsgebühren sowie für Möblierungszuschläge). Dies würde eher dafür sprechen, mit dem Sächsischen Landessozialgericht (Urteil vom 29. März 2007 - L 3 AS 101/06 -) die an den Vermieter zu zahlenden Kosten für die Warmwasserbereitung generell als Kosten für Unterkunft und Heizung anzusehen. Gegen die Argumentation des Beklagten ist aber jedenfalls mit dem BSG (Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/ 11 b AS 15/07 - Rdnr. 23) einzuwenden, dass die Kosten der Warmwasserbereitung nicht generell bereits in der Regelleistung enthalten sind, sondern nur in Höhe des Betrages, welcher im Regelsatz hierfür vorgesehen ist. Nur insoweit würden die Hilfebedürftigen nämlich doppelt Leistungen erhalten, wenn dies unberücksichtigt würde. Diese konkrete Berücksichtigung widerspricht ihrerseits allerdings dem Prinzip der Regelleistung, welche die Leistung gerade pauschal unabhängig von den konkreten Bedürfnissen und Erfordernissen des Hilfebedürftigen gewährt. So sollen nach der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG (vgl. B. v. 16.07.2009 - B 14 AS 121/08 B - Rdnr. 9) - soweit ersichtlich- Stromkosten, die nicht zum Heizen verwendet werden, auch dann nicht Teil der Kosten der Unterkunft sein, wenn - zum Beispiel bei Untermietverhältnissen- die Kosten für Strom an den Vermieter zu leisten sind und der für Strom im Regelsatz enthaltene Betrag abgezogen wird.

Soweit das SG die maßgeblichen Warmwasserkostenpauschalen auf der Grundlage der EVS 03 errechnet hat, folgt dem der Senat jedenfalls für den Zeitraum bis Juni 2008 nicht. Er behält seine Auffassung aufrecht, dass die Berechnung, die das BSG im genannten Urteil vom 27.02.2008 aufgestellt hat, einfach zu dynamisieren ist (so Beschlüsse vom Beschlüsse vom 29.07.2008 - L 32 B 1458/08 AS ER - und vom 9.12.2008 - L 32 B 2223/08 AS ER -; ebenso jetzt BSG, U. v. 22.09.2009 - B 4 AS 8/09 R - Rdnr.28ff). Die abweichende Berechnung wirkt sich aber nicht zu Gunsten des Beklagten als des Berufungsklägers aus.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG. Die Entscheidung des SG, dem Beklagten Verschuldenskosten nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen, war aufzuheben. Sie ist Teil der Kostenentscheidung, über welche das Landessozialgericht von Amts wegen (neu) zu entscheiden hatte. Der Beklagte hat den Rechtsstreit nicht missbräuchlich fortgeführt im Sinne des § 192 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG, obgleich das SG zutreffend die Frage des konkreten Abzuges für Warmwasserbereitung für die konkrete Fallvariante als von der Rechtsprechung des BSG geklärt angesehen hat. Wie ausgeführt, kann der Beklagte auf Widersprüche dieser Rechtsprechung hinweisen. § 192 SGG zwingt einen Beteiligten nicht dazu, eine höchstrichterliche Rechtsprechung nicht mehr angreifen zu können. Auf die Qualität der Ausführungen kann es dabei regelmäßig nicht ankommen: Die Missbräuchlichkeit setzt die Erkenntnis der Erfolglosigkeit voraus. Zudem ist hier die Argumentation des Beklagten zumindest teilweise bereits aus den Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid ersichtlich gewesen, so dass auch insoweit nicht von einem Beharren auf der Klage trotz erkannter völliger Aussichtslosigkeit ausgegangen werden kann.

Die Revision ist nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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