L 5 KR 139/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 KR 219/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 139/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 5/09 BH
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
zur Beitragshöhe freiwillig krankenversicherter Selbständiger
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22.04.2008 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Beitragshöhe in der Kranken- und Pflegeversicherung des hauptberuflichselbständig tätigen Klägers.

Der 1952 geborene Kläger war bei den Beklagten zuletzt bis 31.03.2005 pflichtversichertes Mitglied als Bezieher von Arbeitslosengeld. Gemäß Bescheid vom 18.01.2005 sowie Bescheid vom 22.12.2005 bezog der Kläger von der Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit A.) vom 31.01.2005 bis zuletzt 31.01.2008 einen Existenzgründungszuschuss für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ( sog. "Ich-AG" gem. § 429 l SGB III).

Auf Antrag vom 30.03.2005 wurde der Kläger als selbständig Erwerbstätiger freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten (Bescheid vom 11.04.2005). Die Beitraghöhe wurde dabei wegen Bezuges eines Existenzgründungszuschusses aus dem 60. Teil der Bezugsgröße errechnet (Beitragsbescheide vom 11.04.2005 und 27.12.2006).

Am 14.06.2007 legte der Kläger den Einkommensteuerbescheid für 2006 vor, welcher ein Einkommen von 7.096,00 Euro auswies, mit dem Antrag, daraus die Beitragshöhe zu errechnen. Dies lehnten die Beklagten mit Bescheid vom 22.06.2007/Widerspruchsbescheid vom 05.07.2007 ab. Freiwillig Versicherte - wie der Kläger - hätten im Allgemeinen Beiträge aus dem den 90. Teil der Bezugsgröße (sog. Mindestbeitragsbemessungsgrundlage) zu entrichten. Hiervon bestehe für hauptberuflich Selbständige, wie dem Kläger, eine Ausnahme, wonach der 30. Teil der Bezugsgröße der Mindestbemessung zu Grunde zu legen sei. Als weitere Unterausnahmen seien entweder bei Nachweis eines geringeren Einkommens der 40. Teil oder - wie im Falle des Klägers - bei Beziehern eines Existenzgründungszuschusses der 60. Teil der Bezugsgröße zu Grunde zu legen. Weil eine weitere Beitragsverringerung nicht möglich sei, könne der Kläger einen noch niedrigeren Beitrag nicht verlangen. Der Argumentation des Klägers, er sei im Vergleich zu Arbeitnehmern, für welche die Mindestbeitragsberechnung nicht existiere, schwerer belastet, folgte die Beklagte ebenso wenig wie dem Vorbringen, der Kläger sei seit den gesetzlichen Neuregelungen der sog Einwohnerversicherung zum 01.04.2007 gar nicht mehr freiwillig, sondern zwangsweise.

Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben und beantragt, den Beitrag zur Krankenversicherung ab 01.07.2007 ausschließlich nach seinem Einkommen aus Gewerbebetrieb in Höhe von 7.096,00 Euro lt. Steuerbescheid für das Jahr 2006 zu bemessen. Er hat zur Begründung vorgetragen, Arbeitnehmer würden ab Überschreiten der Mini-Job-Grenze von 400,00 Euro bei geringen Einkünften nach genau diesen tatsächlichen Einkünften beitragsbelastet. Selbständige jedoch müssten eine Mindestbemessung, im vorliegenden Fall aus 1.225,00 Euro monatlich über sich ergehen lassen, ohne die Möglichkeit, geringere Einkünfte nachzuweisen. Hauptberuflich selbständig Tätige seien damit ohne sachlichen Grund mehr belastet als Arbeitnehmer. Im Übrigen sei er nicht mehr freiwillig Versicherter der Beklagten, weil diese seine Kündigung abgelehnt habe.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und ergänzend ausgeführt, der Kläger habe zwar zum 31.05.2007 die freiwillige Mitgliedschaft gekündigt. Mangels Nachweises einer Anschlussversicherung sei die Unwirksamkeit der Kündigung und das Fortbestehen des Versicherungsverhältnisses über den 31.05.2007 hinaus mit Bescheid vom 06.11.2007 festgestellt worden. Ein dagegen erhobener Widerspruch sei als verfristet verworfen worden.

Mit Urteil vom 22.04.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung zum einen auf die Entscheidung der Beklagten Bezug genommen, zum anderen dargelegt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss des 1. Senats vom 22.05.2001 - 1 BvL 4/96) die Mindestbemessung für beitragspflichtige Selbständige geklärt sei. Im Übrigen sei der Kläger mangels wirksamer Kündigung nach wie vor freiwilliges Mitglied der Beklagten.

Dagegen hat der Kläger Berufung eingelegt und geltend gemacht, er sei gegenüber Arbeitnehmern unverhältnismäßig mehr belastet, weil er anders als diese nicht nach seinen tatsächlichen Einkünften beitragspflichtig sei. Er sei überbelastet, weil die Krankenversicherung einen wesentlichen Teil seines Einkommens verschlinge. Im Übrigen dürfe er weder als freiwillig Versicherter Zwangsbeiträgen unterworfen noch als Pflichtversicherter mit unverhältnismäßig hohen Beitragspflichten überbelastet werden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 22.04.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.07.2007 zu verurteilen, den Beitrag zur Krankenversicherung ab 01.07.2007 befristet bis 31.01.2008 ausschließlich nach seinem Einkommen aus Gewerbebetrieb in Höhe von 7.096,00 Euro im Veranlagungszeitraum 2006 zu bemessen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), aber nicht begründet. Streitgegenständlich ist der Bescheid der beiden Beklagten vom 22.06.2007 /Widerspruchsbescheid vom 05.07.2007, mit welchem die Beitragshöhe bis 31.01.2008 festgesetzt wurde; die Zeit nach Ende des Bezuges eines Existenzgründungszuschusses ab 01.02.2008 hingegen ist Gegenstand des Parallelverfahrens L 5 KR 195/09. Streitbefangen ist trotz Antrags des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Augsburg nicht nur der Krankenversicherungs- sondern auch der Pflegeversicherungsbeitrag, weil der Kläger in beiden Versicherungszweigen einen geringeren Beitrag erreichen will.

Im Einverständnis aller Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung, §§ 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG.

Die streitige Entscheidung ist zu Recht ergangen, der Kläger ist durch sie nicht in seinen Rechten verletzt. Die Beklagten haben zutreffend die Mindestbeitragsbemessungsgrundlage herangezogen.

Der Krankenversicherungsbeitrag des Klägers bemisst sich im streitigen Zeitraum gem. § 240 Abs. 4 Satz 2 letzte Alternative SGB V iVm § 12 der Satzung der Beklagten zu 1) aus dem 60. Teil der Bezugsgröße. Denn der Kläger war ab 31.01.2005 bis 30.01.2008 Empfänger eines Existenzgründungszuschusses. Er war auch freiwilliges Mitglied der Beklagten, die ihn auf Antrag vom 30.03.2005 mit bestandskräftigem Bescheid vom 11.04.2005 als freiwilliges krankenversichertes Mitglied aufgenommen hat.

Aus dieser Versicherung ist der Kläger auch nicht ausgeschieden. Die Kündigung zum 31.05.2007 ist nicht wirksam geworden, wie die Beklagte mit Bescheid vom 06.11.2007 festgestellt hat. Zwar dürfen freiwillig Versicherte die Krankenversicherung kündigen. Diese wird entfaltet aber nur Wirksamkeit, falls der Versicherte einen anderweitigen Anschluss-Versicherungsschutz nachweist. Einen solchen Nachweis hat der Kläger nicht erbracht. Ergänzend ist auszuführen, dass der Kläger bei den Beklagten nicht nach der Regelung in § 5 Nr. 13 SGB V versichert ist. Diese Regelung ist als Auffangtatbestand mit Wirkung zum 01.04.2007 in das SGB V aufgenommen worden und setzt voraus, dass die betroffenen Personen "keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben". Hierzu bestimmt § 5 Abs. 8 a SGB V unzweifelhaft, dass keine Versicherungspflicht nach Nr. 13 entsteht, sofern die Betroffenen als freiwilliges Mitglied - wie hier der Kläger - versichert sind.

Der Kläger macht zu Unrecht eine Ungleichbehandlung von Selbständigen und Arbeitnehmern geltend. Der Gesetzgeber war nämlich befugt, für hauptberuflich Selbständige eine Mindestbemessungsgrundlage einzuführen. Denn diese haben es in der Hand, durch Geltendmachung von tätigkeitsbezogenen Ausgaben die Einkommenssituation zu beeinflussen - was abhängig Beschäftigten nicht möglich ist. Um zu vermeiden, dass durch die Gestaltungsmöglichkeiten selbständig Tätiger die Solidargemeinschaft im Endeffekt die Krankenversicherungsbeiträge Selbständiger weitgehend trägt, durfte der Gesetzgeber aus sachlichem Grunde eine Mindestbemessungsgrundlage einführen.

Der Kläger wird auch nicht übermäßig belastet, weil er als Gegenleistung für die monatlichen Beiträge den Schutz der gesetzlichen Krankenversicherung erhält.

In Bezug auf die Beklagte zu 2) gelten diese Ausführungen für die Höhe der Beiträge entsprechend (§ 57 Abs. 4 SGB XI iVm § 240 Abs. 4 Satz 2 l. Alt. SGB V iVm § 8 der Satzung der Beklagten zu 2) iVm § 12 der Satzung der Beklagten zu 1).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.
Rechtskraft
Aus
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