L 6 U 8/07

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 6 U 68/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 8/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 15. November 2006 und der Bescheid der Beklagten vom 5. März 2004 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 27. August 2004 werden abgeändert.

Es wird festgestellt, dass beim Kläger ein Zustand nach Verlust des vorderen rechten Kreuzbandes mit sekundärer Exophytenbildung als Folge des Unfalles vom 25. November 2003 vorliegt.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge und das Vorverfahren zur Hälfte zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob ein Arbeitsunfall des Klägers Dauerfolgen hinterlas-sen hat.

Der 1940 geborene Kläger war landwirtschaftlicher Facharbeiter und war am 25. No-vember 2003 mit dem Treiben von Kühen beschäftigt. Um 8.40 Uhr rutschte er auf nassem Gras aus und verdrehte sich das rechte Knie. Danach war er noch bis zum Ende der Arbeitszeit um 16.30 Uhr weiter am Arbeitsplatz. Dieser Sachverhalt ist Gegenstand der Unfallanzeige der G. Ch. Bauerngesellschaft mbH & Co. KG vom 26. November 2003.

Nach dem Durchgangsarztbericht der Fachärzte für Chirurgie B. und S. vom gleichen Tag hatte sich der Kläger an diesem Tag in Behandlung begeben und war ar-beitsunfähig. Er gab dort an, auf einer Wiese weggerutscht und auf die rechte Körper-hälfte gefallen zu sein. An der rechten Brustkorbvorderseite bestünden leichte Schmer-zen ohne Bluterguss. Die Hauptbeschwerden gingen vom rechten Knie aus. Hier seien bei einer deutlichen Weichteilschwellung medial/dorsal Meniskuszeichen auslösbar bei klinisch fester Bandführung und schmerzbedingt endgradiger Bewegungseinschränkung. Daraus ergab sich der Verdacht auf einen medialen Meniskuseinriss rechts. Unfallunabhängig bestünde eine Knorpelerkrankung der rechten Kniescheibe.

Die Auskunft der Krankenkasse über Arbeitsunfähigkeitsdiagnosen seit 1991 enthielt keine Krankheiten im Kniebereich.

In einem Fragebogen gab der Kläger am 9. Dezember 2003 an, beim Ausrutschen sei das rechte Kniegelenk nach außen eingeknickt. Er habe sofort unter Beschwerden gelitten, die sich beim Belasten und Bewegen bemerkbar gemacht hätten. Er habe das Kniegelenk nur noch gering belasten und bewegen können. Frühere Kniegelenksbe-schwerden habe er nicht gehabt. Nach dem Entlassungsbericht vom 21. Januar 2004 der Chirurgischen Klinik des A. -klinikums S. lag beim Kläger ein Kreuz-bandriss des rechten Knies mit Außen- und Innenmeniskushinterhornlappenriss vor. Bei dem stationären Aufenthalt vom 30. November bis 6. Dezember 2003 war beim Kläger arthroskopisch eine vordere Kreuzbandstumpfentfernung und eine Außen- und Innenmeniskusteilentfernung vorgenommen worden. Im Arthroskopiebericht vom 1. Dezember 2003 waren als Art des Schadens ein degenerativer Innenmeniskushin-terhornlappenriss mit Einklemmungstendenz, ein vollständig intraligamentärer Riss des vorderen Kreuzbandes (alt) und ein Außenmeniskushinterhornlappenriss und degene-rativer Außenmeniskusrand vermerkt. An der Kniescheibenrückseite, Trochlea und dem mittleren Schienbeinplateau lagen zweitgradige Knorpelschäden, an der medialen und der lateralen Condyle und dem lateralen Schienbeinplateau erstgradige Knorpel-schäden vor. Nach Auskunft des Chirurgen Dr. B. vom 9. Februar 2004 war der Kläger seit dem 26. Januar wieder arbeitsfähig.

Die Beklagte zog eine Stellungnahme des beratenden Arztes bei, der die Auffassung vertrat, aufgrund der Einstufung des Kreuzbandrisses als alt müsse dieser Folge eines anderen Unfalles sein. Das Geschehen sei zur Herbeiführung eines Kreuzbandrisses auch nicht geeignet gewesen. Für die beschriebenen Schäden an beiden Menisken sei der Unfall Gelegenheitsursache.

Mit Bescheid vom 5. März 2004 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 25. November 2003 als Arbeitsunfall an und stellte eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 25. Januar 2004 fest. Danach bestehe kein Anspruch auf Leistungen. Der vollständige Riss des vorderen Kreuzbandes und die Außen- und Innenmeniskushinterhornlappenrisse rechts seien keine Unfallfolgen. Ursache der Kniegelenksschäden seien vorbe-stehende degenerative Veränderungen. Der Arbeitsunfall habe nur in einer Verdrehung des rechten Knies bestanden. Die Betriebstätigkeit sei nur Gelegenheitsursache für das Auftreten der Beschwerden gewesen.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 1. April 2004 Widerspruch. Er habe in der Vergangenheit nie Knieprobleme gehabt, so dass er einen alten Kreuzbandriss nicht nachvollziehen könne. Vielmehr weise das Kniegelenk durch den Unfall keine ausrei-chende Stabilität mehr auf, wie ein erneutes Umknicken mit Sturz am 10. Februar 2004 mit nachfolgender Arbeitsunfähigkeit belege.

Die Beklagte zog den Bericht des Pathologen PD Dr. B. -S. vom 4. Dezember 2003 bei, der aus einer ersten Probe Faserknorpel mit mittelgradigen degenerativen Veränderungen und aus einer zweiten Probe Material aus dem Bandapparat mit frischer Zerstörung (Destruktion) auf dem Boden deutlicher degenerativer Vorschäden diagnostizierte.

Die Beklagte zog ein Gutachten des Chirurgen Dr. med. S. vom 12. Juli 2004 bei, der die Auffassung vertrat, ein Zusammenhang zwischen den Gesundheitsstörungen am rechten Kniegelenk und dem Ereignis vom 25. November 2003 bestehe nicht. Es handele sich lediglich um die Manifestation eines unfallunabhängigen Schadensbildes anlässlich dieses Ereignisses. Hinweise auf einen frischen Kniebinnenschaden durch den Unfall in Form eines blutigen Gelenkergusses oder andere Befunde für eine frische Kniegelenksbinnenschädigung seien nicht erhoben worden. Der histologische Untersu-chungsbefund stütze die Bewertung des Kniebinnenschadens durch den Operateur, indem an den Meniskuspräparaten und dem vorderen Kreuzband ausgeprägte chroni-sche Veränderungen beschrieben seien. Das erstmalige Auftreten von Beschwerden lasse sich durch das Einschlagen von Meniskusteilstücken in das Innere des Kniege-lenkes und dadurch ausgelöste Blockadezeichen erklären. Sollte es erst am 25. November 2003 zur Zusammenhangstrennung des vorderen Kreuzbandes gekommen sein, wäre "die" wesentliche Teilursache des vorderen Kreuzbandschadens der vorbestehende Verschleiß. Die aktuellen Gesundheitsschäden bestünden in einem Teilverlust des rechten Innen- und Außenmeniskus nach operativer Teilentfernung, dem Verlust des vorderen Kreuzbandes und einer muskulär kompensierbaren vorderen und innenseitigen Kapsel-Bandlockerung am rechten Kniegelenk, dort an den Gelenk-flächen und im Kniescheiben-Oberschenkelgelenk Knorpelschäden, reizlose Arthro-skopienarben und röntgenologische Veränderungen am rechten Kniegelenk.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2004 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Er blieb bei der abgegebenen Begründung und schloss sich der Einschätzung von Dr. S. an.

Mit der am 24. September 2004 beim Sozialgericht Stendal eingegangenen Klage hat der Kläger sein Anliegen weiterverfolgt.

Das Gericht hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG ein Gutachten des Fach-arztes für Chirurgie und Durchgangsarztes Dr. B. vom 15. Juli 2005 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 40 - 50 d. A. Bezug genommen wird. Der Sachverständige hat eine Muskelverschmächtigung im Bereich des rechten Ober-schenkels und eine Knieschwellung rechts, weiterhin dort den Verlust des vorderen Kreuzbandes mit sekundärer Exophytenbildung und Teilresektion beider Menisken des rechten Kniegelenkes als Unfallfolge eingeschätzt. Ein erst- bis zweitgradiger Knorpel-schaden des rechten Kniegelenkes im retropatellaren und Gleitbettbereich wie auch im medialen und lateralen Kompartment sowie degenerative Veränderungen im Meniskus- und Kreuzbandbereich seien unfallunabhängig.

Zur Begründung hat er ausgeführt, das geschilderte Unfallereignis erfülle den Tatbe-stand eines Arbeitsunfalles und sei von der Beklagten auch als solcher anerkannt. Ein Sturz aus einer schnelleren Laufart bei einem Körpergewicht von etwa 90 Kilogramm zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens und dabei Verdrehung des rechten Kniegelenkes stelle einen ausreichenden Unfallmechanismus für eine Kreuzbandverletzung im Knie-gelenk dar. Die zusätzliche Zerreißung beider Menisken spreche ebenfalls für eine er-hebliche Gewalteinwirkung auf das rechte Kniegelenk. Die Verletzung des Kreuzban-des sei auch die Voraussetzung für eine gleichzeitige Verletzung beider Menisken. Die festgestellten degenerativen Veränderungen überstiegen nicht deutlich die altersent-sprechende Norm. Sie seien bei der Entstehung der Unfallfolgen nicht von Bedeutung. Sie seien auch nicht als eine durch den Unfall verschlimmerte vorbestehende Gesund-heitsstörung anzusehen, weil sie zuvor noch keine Gesundheitsstörung dargestellt hätten. Ein längeres Zurückliegen der Kreuzband- und Meniskusverletzungen sei auch auszuschließen, weil sie dann zu einer deutlichen nachfolgenden Arthrose geführt haben müssten. Knieverletzungen seien jedoch seit dem Jahr 1991 nicht doku-mentiert. Die histologische Aufarbeitung des Präparates beschreibe keine Narbenbil-dung an den durchtrennten Gewebeanteilen. Die Zerstörung der Bandstrukturen werde als frisch bezeichnet. Der im Operationsbericht gemachte Zusatz "alt" könne auch im Sinne eines Alters von einigen Tagen gewertet werden. Er lasse sich auf den Zeitraum beziehen, nach dem eine direkte Wiedervereinigung der Kreuzbandstrukturen nicht mehr sinnvoll gewesen sei. Die Funktionsbeeinträchtigungen seien durch die
unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen des Knorpel- und Bandapparates nicht zu erklären. Eine Alltagsbelastung hätte nicht zu den Rissen geführt. Damit sei der Unfall die wesentliche Ursache. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit unterschreite ein renten-berechtigendes Ausmaß.

Das Sozialgericht hat eine Auskunft des Facharztes für Chirurgie Oberarzt Dr. R. vom 19. April 2006 als Operateur der Arthroskopie eingeholt. Dieser hat angegeben, er verwende die Bezeichnung "alt" im Hinblick auf einen Zeitraum von sechs Tagen nicht.

Mit Gerichtsbescheid vom 15. November 2006 hat das Sozialgericht die Klage abge-wiesen. Es hat ausgeführt, die Kammer sei zu der Überzeugung gelangt, dass das Unfallereignis vom 25. November 2003 nur eine Distorsion des rechten Kniegelenkes verursacht habe. Das Fehlen weiterer Unfallfolgen ergebe sich aus dem Gutachten von Dr. S ... Es sei schlüssig und nachvollziehbar. Dr. B. habe den Operationsbe-richt falsch interpretiert, da Operateur Dr. R. von einem vor dem Unfallereignis liegenden Schaden ausgehe.

Gegen den ihm am 2. Dezember 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger noch im gleichen Monat Berufung eingelegt. Er hält das Gutachten von Dr. B. für zutreffend und meint, die Äußerung von Dr. R. stelle lediglich eine Interpretation des Operationsberichtes dar, wie sie auch Dr. B. geliefert habe. Vor dem Unfalltag habe er keine Beschwerden im Knie gehabt. Verletzungen des vorliegenden Ausmaßes hätten aber zwangsläufig zu Beschwerden führen müssen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stendal vom 15. November 2006 aufzu-heben, den Bescheid der Beklagten vom 5. März 2004 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 27. August 2004 abzuändern und festzustellen, dass ein Zustand nach Verlust des vorderen rechten Kreuzbandes mit sekundärer Exophytenbildung und Teilentfernung beider rechten Menisken sowie eine Knieschwellung und Verschmächtigung der Oberschenkelmuskulatur rechts als Folgen des Unfalles vom 25. November 2003 vorliegen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist darauf, die vom Kläger behauptete Beschwerdefreiheit vor dem Unfaller-eignis sei bereits in ihre Entscheidung eingeflossen. Bei der Arthroskopie nach dem Unfall habe sich aber kein Hinweis auf einen frischen Kniebinnenschaden ergeben. Ein unfallbedingter Erstkörperschaden habe nicht bestätigt werden können. Auch eine Ver-schlimmerung vorbestehender degenerativer Veränderungen komme nicht in Betracht, da vor dem Unfallereignis keine Krankheit vorgelegen habe. Vielmehr habe es sich um eine Schadensanlage gehandelt.

Das Gericht hat Unterlagen der Hausärztin des Klägers Dipl.-med. W. , Bl. 110 - 116 d. A., über einen Zeitraum seit dem 17. Juli 1992 beigezogen. Daraus ergibt sich kein Hinweis auf Behandlungen im Zusammenhang mit den Knien. Dr. B. hat mitgeteilt, er habe den Kläger erstmals im Nachgang des Unfalls vom 25. November 2003 behan-delt.

Bei der Entscheidung hat die Akte der Beklagten – Az. 1570 U 20.63746.0 – vorgele-gen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung hat teilweise Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 5. März 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 27. August 2004 beschwert den Kläger im Sinne von §§ 157, 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte darin zu Unrecht die Feststellung weiterer Unfallfolgen abgelehnt hat. Im Rahmen der statthaft erhobenen Anfechtungs- und Feststellungskla-ge gem. §§ 54 Abs. 1 S. 1; 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG hat der Kläger Anspruch auf die Feststellung des Zustandes nach Verlust des vorderen Kreuzbandes rechts mit sekundärer Exophytenbildung als Unfallfolgen im Sinne von § 26 Abs. 2 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII) in der Fassung v. 7. 8. 1996 (BGBl. I S. 1254). Der Riss des vorderen Kreuzbandes ist mit der erforderlichen, keine ernsten Zweifel mehr hinterlassenden Wahrscheinlichkeit Folge des Unfalls des Klägers vom 25. No-vember 2003. Maßgeblich ist für den Zusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urt. v. 9.5.06 – B 2 U 1/05 RSozR 4-2700 § 8 Nr. 17). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Das Gericht folgt insoweit der Einschätzung des Sachverständigen Dr. B ... Der Unfall-mechanismus stellt der Art nach eine isolierte Gefährdung des vorderen Kreuzbandes dar. Das durchgehend glaubhaft geschilderte Ausrutschen gehört wegen der auftretenden plötzlichen Beschleunigung zu den gefährdenden Mechanismen (Weber/Ludolph, a.a.O., Kap. VI 1.2.4., S. 4 f.). Der Kreuzbandriss ist zeitlich im Zusammenhang mit dem Unfallereignis entstanden. Das Gericht hält die Einschätzung Dr. R. , er habe bei der Operation einen alten Kreuzbandriss vorgefunden, für widerlegt. Dagegen spricht die zur Klärung der Frische der Verletzung geeignete (Weber/Ludolph, a.a.O., S. 6: "bis zu einem Ablauf von vier Monaten annähernd sicher") feingewebliche Untersuchung, aus der ein frischer Kreuzbandriss hervorgeht. Es liegt nahe, dass bei der feingeweblichen Untersuchung im mikroskopischen Bereich Feinheiten erkennbar werden, die bei einer Arthroskopie nicht erhoben werden können. Eher gegen einen vorbestehenden Riss als dafür spricht weiterhin die vorgetragene Beschwerdefreiheit des Klägers hinsichtlich der Knie, die in den Behandlungsunterlagen der Hausärztin und den Arbeitsunfähigkeitsdiagnosen der Krankenkasse Bestätigung findet. Angesichts der durchgehenden Tätigkeit des Klägers in der Landwirtschaft wäre bei einer älteren Knieerkrankung Arbeitsunfähigkeit zu erwarten gewesen, wie Dr. B. durch den Hinweis auf fehlende Arbeitsunfähigkeit nachvollziehbar voraussetzt. Es spricht auch nichts für den zufälligen Fund einer früheren Zusammenhangstrennung, weil solche Zufallsbefunde insbesondere nach einer Mehrzahl von Knietraumatisierungen in der Vorgeschichte erhoben werden (Weber/Ludolph, a.a.O., S. 4). Der Erstbefund einer deutlichen Weichteilschwellung des rechten Knies, aus dem sich noch bei der Arthroskopie ergossene Flüssigkeit entleerte, spricht für einen frischen Reizzustand im Knieinneren, der mit einem Kreuzbandriss vereinbar ist. Demgegenüber tritt die fehlende Beschreibung eines Blutergus-ses als Argument gegen einen frischen Kreuzbandriss zurück. Denn eine derartige Verletzung kann auch ohne einen solchen Erguss ablaufen (Weber/Ludolph, a.a.O., S. 5). Dies liegt hier insbesondere nahe, weil die erforderliche Einwirkungsenergie wie auch die durch den Riss entstehende Energie im Knie gegenüber den Verhältnissen bei einem jüngeren Menschen herabgesetzt gewesen sind. Dafür spricht die
feingewebliche Untersuchung des Bandgewebes, wonach die frische Zerstörung auf dem Boden deutlicher degenerativer Veränderungen erfolgte, Zustände, aus denen heraus es die Beklagte und Dr. S. sogar für möglich erachten, dass eine Zusammen-hangstrennung unbemerkt und jedenfalls ohne Behandlungsbedarf eintreten kann. Schließlich spricht es auch nicht gegen einen unfallbedingten Riss, dass die an den Menisken aufgetretenen Risse (auch) typische Spätfolge eines Kreuzbandrisses sind (so Zilch/Weber, Orthopädie, 1989, S. 452). Dieser Mechanismus ist bei einer frischen Kreuzbandzerstörung auszuschließen. Dies ist auch möglich, weil es sich bei dem dargestellten Zusammenhang nur um eine von vielen möglichen Ursachen einer Meniskusschädigung handelt. Für den Riss ist auch das Unfallereignis wesentlich. Das Unfallereignis stellt eine neben den vorbestehenden Abbauveränderungen wesentliche Ursache dar, wie Dr. B. im Ergebnis zutreffend einschätzt. Das zum Sturz führende Ausrutschen selbst stellt ein allgemein seltenes Ereignis dar, das nicht als Alltagsereignis einzustufen ist. Ist nämlich die ursächliche Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSG, Urt. v. 9. 5. 2006 – B 2 U 1/05 R – zitiert nach Juris). Hier ist nachvollziehbar, dass die bei dem Unfallereig-nis konkret auf die reißende Stelle einwirkende und schon allgemein dazu geeignete Kraft nicht durch beliebige Alltagsereignisse ersetzbar ist. Eventuell bestehende Vor-schäden können dabei die Unfallfolgen begünstigt haben, ohne dem Ausrutschen das Gewicht einer wesentlichen Teilursache zu nehmen. Dr. S. lässt insoweit nicht erkennen, dass es bei der Abgrenzung einer wesentlichen Teilursache nicht um die Suche nach einer ("die") wesentlichen Ursache, sondern ggf. auch um eine von meh-reren wesentlichen Ursachen gehen kann. Soweit Dr. B. die Exophytenbildung im medialen Anteil des Oberschenkelsulcus als mittelbare Folge des Kreuzbandrisses einordnet, ist dies nachvollziehbar. Die Klage ist nicht begründet, soweit es um die Feststellung des Zustandes nach Teilentfernung beider Menisken als Unfallfolge geht. Diese sind nicht mit der erforderli-chen Wahrscheinlichkeit Folge des Unfalles. Gegen eine unfallbedingte Verursachung spricht die Einstufung des Innenmeniskusrisses als degenerativ im Arthroskopiebericht und die Anmerkung eines "degenerativen" Außenmeniskusrandes. Dagegen spricht nicht entscheidend der Bericht über die feingewebliche Untersuchung, der degenerative Veränderungen, wenn auch mittelgradig, bestätigt. Insoweit nimmt Dr. B. bei seiner Zusammenhangserörterung keine ausreichende Trennung zwischen Kreuzband einerseits und Menisken andererseits vor und übersieht das Fehlen eines positiven Hinweises für einen Unfallbezug der Meniskusrisse. Insbesondere gelten für die Möglichkeit eines unbemerkten Verlaufes der Meniskusrisse allein nicht die gleichen Erwägungen wie bei einer Kombinationsverletzung von Kreuzband und Menisken, bei der die Stabilität des Band- und Knorpelapparates in eine Richtung vollständig aufge-hoben ist. Insoweit ist die Auffassung Dr. S. , der Meniskusschaden könne unbemerkt vorbestanden haben, schlüssig. Davon geht er zumindest mittelbar aus, wenn er darstellt, ein älterer Meniskusriss könne bei dem Unfall durch Einschlagen von Lappenfetzen in das Gelenk erstmals symptomatisch geworden sein. Eine Muskelverschmächtigung und eine Knieschwellung sind schon deswegen nicht als Unfallfolge festzustellen, weil die gemessenen Seitenunterschiede zu links zu gering sind, um sie im Sinne eines Krankheitsbildes als nachgewiesen anzusehen. Dr. B. beschreibt an keinem Messpunkt im Beinverlauf eine Seitendifferenz von mehr als einem Zentimeter. Darin ist keine Gesundheitsstörung zu erkennen, wie Dr. Springer für entsprechende Differenzen bei der Muskelverschmächtigung im Hinblick auf eine Messfehlertoleranz und die funktionelle Bedeutungslosigkeit solcher Differenzen überzeugend ausführt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht.
Rechtskraft
Aus
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