Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 10 R 23/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 266/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 03.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2007 verurteilt, der Klägerin Witwenrente aus der Versicherung des P. B. nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Im Streit ist die Gewährung einer Witwenrente und insbesondere die Frage, ob der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen ist, weil die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat.
Die am 14.05.1970 geborene Klägerin ist die Witwe des am 26.12.1968 geborenen und am 03.05.2006 verstorbenen P. B. (Versicherter). Die Klägerin und der Versicherte kannten sich seit der Schulzeit und lebten seit 1984 in einer Liebesbeziehung. Nach einer vorübergehenden Trennung im Jahre 1986 haben sie im April 1987 ihre Liebesbeziehung wieder aufgenommen. Am 08.07.1989 wurde die gemeinsame Tochter S. geboren, die zunächst bei der Klägerin wohnte. Der Versicherte wohnte in der damaligen Zeit in unmittelbarer Nachbarschaft der Klägerin bei seinen Eltern. Er war gelernter Hochbaufacharbeiter sowie Beton- und Stahlbauer und arbeitete damals bei der Firma H. als Montagearbeiter. Das Sorgerecht für die Tochter S., die eine Lernbehinderung hatte, wurde gemeinsam auf die Klägerin und den Versicherten übertragen. Die Klägerin arbeitete seit 1989 halbtags in einer Videothek und übte seit 2002 zusätzlich eine geringfügige Tätigkeit in einem Solarium aus.
Im Jahre 1996 zogen die Klägerin, der Versicherte und die Tochter S. in eine gemeinsame Wohnung. Der Versicherte unterzog sich 1999 einer Bandscheibenoperation und wurde nach einer langen Rehabilitationsphase im Jahre 2001 arbeitslos. Von Oktober 2004 bis September 2005 befand er sich in einer Umschulungsmaßnahme zum Haustechniker.
Der Versicherte wurde am 03.11.2005 im K,. Klinikum D. wegen Oberbauchbeschwerden stationär aufgenommen. Es wurde ein bösartiger Gallenblasentumor mit Leberbeteiligung diagnostiziert und am 23.11.2005 eine operative Entfernung des Tumors vorgenommen. Die behandelnden Ärzte des Kath. Klinikums Duisburg hatten bei Beendigung der stationären Behandlung am 30.11.2005 aufgrund der vollständigen Entfernung des bösartigen Tumors und aufgrund des Ergebnisses der histologischen Aufarbeitung und Eingruppierung in ein relativ günstiges Tumorstadium die Hoffnung auf eine vollständige Heilung. Zur Verbesserung der Prognose wurde eine onkologische Weiterbehandlung mit einer Strahlen- und Chemotherapie bei dem Internisten und Onkologen Dr. A. eingeleitet. Eine sichere Einschätzung der Lebenserwartung des Klägers war nach Angaben der Klinikärzte zum Zeitpunkt der Entlassung aus der stationären Behandlung nicht möglich.
Die Radio- und Chemotherapie wurde in der Zeit vom 15.12.2005 bis zum 20.01.2006 durchgeführt. Im Rahmen einer CT-Verlaufsuntersuchung vom 09.03.2006 wurde im Vergleich zu einer Voruntersuchung vom 08.12.2005 eine deutliche Befundverschlechterung aufgrund einer erheblichen Zunahme der Lebermetastasierung festgestellt.
Die Klägerin und der Versicherte heirateten am 31.03.2006 standesamtlich. Am 04.04.2006 musste sich der Versicherte erneut in stationäre Behandlung des Kath. Klinikums Duisburg begeben, weil ein Magengeschwür aufgebrochen war. Aus diesem Grund konnte die Chemotherapie nicht fortgeführt werden. Der Versicherte wurde am 25.04.2006 aus der stationären Behandlung entlassen und verstarb am 03.05.2006 zu Hause bei der Klägerin.
Der Versicherte hatte am 25.01.2006 einen Antrag auf Bewilligung einer medizinischen Reha-Maßnahme gestellt. Die Beklagte veranlasste eine gutachterliche Untersuchung durch Dr. A., die am 09.02.2006 durchgeführt wurde. Dr. A. kam zu dem Ergebnis, dass der Versicherte derzeit nicht rehabilitationsfähig und nicht in der Lage sei, eine lohnbringende Tätigkeit auszuüben. Da unter entsprechender Therapie Zustandsänderungen nicht auszuschließen seien, bleibe der weitere Verlauf abzuwarten. Eine Besserung sei nicht unwahrscheinlich, so dass eine Befristung der Leistungsminderung bis Januar 2009 vorgeschlagen wurde. Daraufhin teilte die Beklagte dem Versicherten mit, dass bei ihm eine volle Erwersminderung auf Zeit vorliege und der Reha-Antrag als Rentenantrag gelte. Er wurde gebeten, einen formularmäßigen Rentenantrag bei der Stadtverwaltung oder einem Service-Center zu stellen. Dieser Antrag wurde am 23.03.2006 beim Service-Center Duisburg durch persönliche Vorsprache der Eltern W. und U. B. gestellt, die von dem Versicherten hierzu bevollmächtigt worden waren. Mit Bescheid vom 02.06.2006 bewilligte die Beklagte rückwirkend für die Zeit vom 01.11.2005 bis zum 31.05.2006 die Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Am 11.05.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente. Die Beklagte lehnte die Bewilligung einer Witwenrente mit Bescheid vom 03.08.2006 ab, weil die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Witwenrentenanspruch bestehe in einem solchen Fall nur dann, wenn nachgewiesen sei, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruches auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei. Ein anderer alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat sei nicht nachgewiesen worden. Entscheidend sei, dass sich die Klägerin und der Versicherte im Zeitpunkt der Heirat bzw. des Heiratsentschlusses über den grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakter der Erkrankung im Klaren gewesen seien. Auch in den Fällen, in denen eine auf unbestimmte Zeit angelegte Bindung bereits seit Jahren bestanden hätte und nur die formelle Legalisierung unterblieben sei, gelte die Vermutung, dass es sich um eine Versorgungsehe handeln würde.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 25.08.2006 Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass es sich nicht um eine Versorgungsehe gehandelt habe. Vielmehr sei die Heirat allein aus dem Grund erfolgt, dass sie ihre langjährige Beziehung, aus der eine gemeinsame Tochter hervorgegangen sei, legitimieren wollte. Ihre Beziehung habe bereits seit Jahren bestanden und sie hätten ihre Tochter S. gemeinsam erzogen sowie sämtliche Einkünfte gemeinsam für die Sicherstellung des Lebensunterhaltes der gesamten Familie verwendet. Aufgrund besonderer Lebensumstände seien sie immer wieder daran gehindert worden, ihre schon lange bestehende Heiratsabsicht umzusetzen. Eine Heiratsabsicht hätte bereits seit dem Zeitpunkt der Geburt der gemeinsamen Tochter S. bestanden. Zuletzt sei eine Heirat deshalb verschoben worden, weil der Versicherte eine Umschulungsmaßnahme durchgeführt habe und anschließend die Krebsoperation erfolgen musste. Nach der Operation im November 2005 und nach der im Dezember 2005 erfolgten CT-Nachuntersuchung hätten sie die erfreuliche Nachricht erhalten, dass eine erneute Metastasenbildung nicht stattgefunden habe und prophylaktisch eine Bestrahlungs- und Chemotherapie durchgeführt werden sollte, um einen erneuten Ausbruch der Krankheit zu verhindern. In dieser Zeit habe sich der Gesundheitszustand des Versicherten gebessert und es habe keine Anzeichen dafür gegeben, dass die Krankheit zum Tode führen würde. Im Januar 2006 hätten sie beschlossen, nach Abschluss der Chemo- und Bestrahlungstherapie zu heiraten. Erst am 09.03.2006 sei erneut eine CT-Untersuchung erfolgt,
bei der dann festgestellt worden sei, dass sich erneut Metastasen in der Leber gebildet hätten. Auch zu diesem Zeitpunkt hätten die behandelnden Ärzte keinerlei Aussagen zur Lebensdauer des Versicherten getroffen. Am 31.03.2006 habe dann die lang ersehnte und geplante Trauung vor dem Standesbeamten stattfinden können. Der Gesundheitszustand des Versicherten sei so stabil gewesen, dass mit einem kurzfristigem Ableben nicht zu rechnen gewesen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 16.01.2007 mit der Begründung zurück, für das Vorliegen einer Versorgungsehe spreche vorliegend die schwere Erkrankung des Versicherten im Zeitpunkt der Eheschließung. Es habe zumindest seit November 2005 ein fortgeschrittenes Krebsleiden der Gallenblase mit Befall der Leber vorgelegen, das durch die anschließende Strahlenbehandlung und Chemotherapie nicht mehr richtungsweisend habe beeinflusst werden können. Es könne mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin und dem Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung der lebensbedrohliche Charakter der Krankheit bekannt gewesen seien. Ein die gesetzliche Vermutung widerlegender Grund für die Heirat sei nicht nachgewiesen worden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Vermutung nur durch besondere objektiv erkennbare Umstände entkräftet werden könne.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 12.02.2007 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, ein Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente bestehe, weil der Nachweis erbracht worden sei, dass der überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruches auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei. Vielmehr sei der vorrangige Zweck der Heirat die Legalisierung des bis dahin bestehenden eheähnlichen Zusammenlebens in Gestalt einer formal geschlossenen Eheschließung gewesen. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass sie bereits seit 1984 eine Beziehung gehabt und seit 1996 in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammen mit der Tochter S. zusammengelebt hätten. Sie hätten bereits zu früheren Zeitpunkten eine Heiratsabsicht gehabt, die aufgrund besonderer Lebensumstände nicht realisiert worden sei. Der konkrete Heiratsentschluss sei im Januar 2006 gefasst worden. Zu diesem Zeitpunkt seien sowohl die Klägerin als auch der Versicherte aufgrund der erfolgreich verlaufenen Operation davon ausgegangen, dass der Versicherte die Erkrankung überwinden werde. Erst im April 2006 habe sich durch den Ausbruch eines Magengeschwürs und den Abbruch der Chemotherapie eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten ergeben. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Ärzte den Versicherten und sie darauf hingewiesen, dass die Krebserkrankung der inneren Organe fortschreiten würde und die Lebenserwartung nur noch begrenzt sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2007 zu verurteilen, ihr Witwenrente aus der Versicherung des Pascal Bruckschen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei nicht widerlegt worden. Die insoweit erforderlichen besonderen, objektiv erkennbaren Umstände zur Widerlegung der durch das Gesetz aufgestellten Vermutung würden fehlen. Dabei sollte sich die Ermittlung auf nach außen in Erscheinung tretende Tatsachen beschränken und nur diese bewertet werden. Zum Zeitpunkt des konkreten Heiratsentschlusses im Januar 2006 habe man von einer infausten Prognose ausgehen und mit dem Tod des Versicherten in absehbarer Zeit rechnen müssen. In diesem Zusammenhang sei nicht erheblich, ob die Klägerin und der Versicherte damit gerechnet hätten, dass der Versicherte das erste Jahr nach der Heirat überleben würde bzw. die Hoffnung oder Erwartung gehabt hätten, die lebensbedrohliche Erkrankung zu überstehen. Entscheidend sei allein, dass der Tod des Versicherten als Folge seiner Karzinomerkrankung in nicht all zu ferner Zukunft unter Anstellung vernünftiger und naheliegender Erwägungen als konkrete und nicht abwegige Möglichkeit erwartet werden musste. Es lägen hier keine objektiv beweisbaren und nachvollziehbaren anderen Gründe für die Heirat vor. Insbesondere seien die für die Verschiebung der früheren Hochzeitspläne vorgebrachten Gründe (Bandscheibenvorfall, Arbeitslosigkeit, Umschulung) nicht nachvollziehbar. Der Umstand, dass bereits eine langjährige
Lebensgemeinschaft vorgelegen habe und die Eheschließung erst nach Offenbarwerden der tödlichen Erkrankung erfolgt sei, spreche eher für eine Versorgungsabsicht und deute darauf hin, dass die Eheschließung ohne die tödliche Erkrankung des einen Partners weiterhin nicht erfolgt wäre. Das vorrangige Motiv der Eheschließung sei vorliegend nicht eine Heirat aus einer beiderseitigen Liebesbeziehung heraus, sondern eher, dass die Versorgung gesichert werden sollte.
Das Gericht hat Befundberichte des den Versicherten in der Zeit von November 2005 bis April 2006 behandelnden Onkologen Dr. A., des behandelnden Hausarztes Dr. H. und der behandelnden Klinikärzte des Klinikums D. eingeholt, wo der Versicherte in der Zeit vom 03.11. bis zum 30.11.2005 stationär behandelt wurde. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf Bl. 34 bis 45 und Bl. 53 der Gerichtsakte Bezug genommen. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Einzelheiten der Beziehung der Klägerin mit dem Versicherten, der Heiratsabsicht, der Lebensumstände der Klägerin und des Versicherten sowie des Umganges mit der Erkrankung des Versicherten Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen U. und W. B. (Eltern des Versicherten), A. und A. N. (Eltern der Klägerin), C. P. und D. W ... Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.07.2008 (Blatt 84 bis 97 der Gerichtsakte) und auf die Sitzungsniederschrift vom 16.12.2009 (Bl 125 bis 130 Gerichtsakte) Bezug genommen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Versicherten betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente hat.
Nach § 46 Abs 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Anspruch auf große Witwenrente besteht, wenn die Witwe ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erzieht, das 47. Lebensjahr vollendet hat oder erwerbsgemindert ist (§ 46 Abs 2 SGB V I). Ein Anspruch auf Witwenrente ist nach § 46 Abs 2 a SGB VI nicht gegeben, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen.
Der Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ist nicht nach § 46 Abs 2 a SGB VI ausgeschlossen. Zwar hat die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 31.03.2006 bis zum 03.05.2006. Es liegen jedoch besondere Umstände vor, aufgrund derer trotz der kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen.
Als besonderer Umstand im Sinn des § 46 Abs 2 a SGB VI sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des Zweckes der Heirat kommt nicht in Betracht, weil dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würde (BSG vom 05.05.2009, Az: B 13 R 55/08 R). Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich – isoliert – zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung, ob die Ehe mit dem Ziel der Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen worden ist, mit einzubeziehen.
Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass es auf die – ggfs. auch voneinander abweichenden – Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten ankommt. Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe ist dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei beiden Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG vom 05.05.2009, Az: B 13 R 55/08 R mwN).
Zur Überzeugung des Gerichts steht aufgrund der Anhörung der Klägerin und der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass für die Klägerin der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat und bei dem Versicherten zumindest auch andere, von der Versorgungsabsicht verschiedene Beweggründe vorgelegen haben.
Dabei hat das Gericht zunächst den Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt des gemeinsamen Heiratsentschlusses berücksichtigt, dem stets eine gewichtige Bedeutung beizumessen ist, da die besonderen Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, um so gewichtiger sein müssen, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung bzw. des konkreten Heiratsentschlusses gewesen ist (vgl. BSG vom 05.05.2009, Az: B 13 R 55/08 R). Der für die Beurteilung des Krankheitszustandes des Versicherten maßgebliche Zeitpunkt ist der Januar 2006, da nach den glaubhaften Angaben der Klägerin zu diesem Zeitpunkt die Heirat konkret besprochen worden ist und der gemeinsame Entschluss gefasst worden ist, nach Beendigung der Chemotherapie und der Bestrahlungstherapie zu heiraten. Die Angaben der Klägerin, dass es der Gesundheitszustand des Versicherten zu diesem Zeitpunkt zugelassen habe, sich entsprechende Gedanken zu machen und den Plan für eine Heirat zu fassen, erscheint vor dem Hintergrund der ärztlichen Berichte glaubhaft. Danach hatte sich der Leistungszustand des Versicherten nach dem Bericht des Onkologen Dr. A, unter der vom 15.12.2005 bis zum 20.01.2006 durchgeführten Radio- und Chemotherapie zunächst verschlechtert. Der Hausarzt Dr. H. beschreibt
den Gesundheitszustand des Versicherten in seinem Befundbericht vom 13.08.2007 dahingehend, dass sich der Versicherte nach seiner Operation vom Vorjahr und nach anfänglichen Schwierigkeiten im Januar und Februar 2006 zunehmend erholt habe. Es sei sogar eine Gewichtszunahme eingetreten, so dass es in Verbindung mit der Chemo- und Strahlentherapie bei dem Versicherten zu der Meinungsbildung gekommen sei, dass er wieder ganz gesund werden könnte. Vor diesem Hintergrund ist die Angabe der Klägerin, sie und der Versicherte hätten in dieser Phase im Januar 2006 konkret den Entschluss gefasst, zu heiraten, nachvollziehbar und überzeugend.
Bezogen auf diesen Zeitpunkt ist festzustellen, dass der Versicherte an einer schweren und grundsätzlich lebensbedrohlichen Krankheit litt. Bei dem Versicherten war Anfang November 2005 ein bösartiger Gallenblasentumor mit Leberbeteiligung festgestellt worden, der am 23.11.2005 im K. Klinikum D. operativ entfernt wurde. Hinsichtlich der Verlaufsprognose und der Lebenserwartung des Versicherten gab es seitens der behandelnden Ärzte jedoch sehr unterschiedliche Einschätzungen. Die behandelnden Ärzte des K. Klinikums D. teilten in dem Befundbericht vom 26.04.2007 mit, dass sie aufgrund der vollständigen Entfernung des bösartigen Tumors und aufgrund des Ergebnisses der histologischen Aufarbeitung und der Eingruppierung in ein relativ günstiges Tumorstadium bei Beendigung der stationären Behandlung am 30.11.2005 die Hoffnung auf eine vollständige Heilung gehabt hätten. Dabei sei ihnen bewusst gewesen, dass fortgeschrittene Gallenblasenkarzinome prinzipiell eine sehr niedrige 5-Jahres-Überlebensrate (maximal 15 vom Hundert) hätten. Zur Verbesserung der Prognose sei eine onkologische Weiterbehandlung mit Strahlen- und Chemotherapie bei Dr. A. eingeleitet worden. Der den Versicherten weiter behandelnde Onkologe Dr. A. hat dagegen in seinem Befundbericht vom 23.04.2007 ausgeführt, dass die Prognose von Anfang an, dh ab der Diagnosestellung im November 2005 schlecht bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als infaust einzustufen gewesen sei und dass das Therapiekonzept rein palliativ gewesen sei. Der behandelnde Hausarzt Dr. H. schließlich teilt in seinem Befundbericht vom 23.05.2007 mit, eine Prognose habe wegen der Therapiemaßnahmen nicht vorgenommen werden können und eine Heilung sei nach der Operation und entsprechender Chemo- und Radiotherapie zumindest nicht ausgeschlossen gewesen. Somit lag zum Zeitpunkt des konkreten Heiratsentschlusses im Januar 2006 eine schwere, grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung vor, die durch eine Operation und eine Chemo- und Radiotherapie behandelt worden war und deren Heilung zumindest durch die behandelnden Ärzte des K ...
Klinikums D. und den Hausarzt Dr. H. als möglich angesehen wurde, während der behandelnde Onkologe von einer infausten Prognose ausging. Auch der Ärztliche Dienst der Beklagten ging aufgrund einer am 09.02.2006 durchgeführten Untersuchung des Versicherten im Rahmen des Rehabilitationsverfahrens von einer Besserungsmöglichkeit aus, da unter entsprechender Therapie Zustandsänderungen nicht auszuschließen seien, so dass eine Befristung der Leistungsminderung bis Januar 2009 befürwortet wurde.
Darüber hinaus ist hinsichtlich des Gesundheits- und Krankheitszustandes des Versicherten zu berücksichtigen, dass weder die Klägerin noch der Versicherte zu dem Zeitpunkt, als sie den Heiratsentschluss fassten, die Vorstellung hatten, dass mit dem baldigen Versterben des Versicherten gerechnet werden müsste. Dies steht aufgrund der eingeholten Befundberichte der behandelnden Ärzte und der Vernehmung der Zeugen zur Überzeugung des Gerichtes fest. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten im Rahmen der Beurteilung der Versorgungsabsicht und der gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechenden Umstände auch auf die Kenntnis bzw. die fehlende Kenntnis der Ehegatten von der ungünstigen Verlaufsprognose der nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung des Versicherten an (vgl. BSG vom 05.05.2009, B 13 R 55/08 R; LSG Schleswig-Holstein vom 11.05.2009, Az: L 8 R 162/07; LSG Niedersachsen-Bremen vom 28.08.2008, Az: L 1 R 193/06; LSG Sachen-Anhalt vom 20.09.2007, Az: L 3 RJ 126/05).
Den behandelnden Ärzten des K. Klinikums D, war kein Gespräch mit dem Versicherten über die Prognose seiner Erkrankung erinnerlich. Der behandelnde Onkologe Dr. A., der als einziger behandelnder Arzt von einer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehenden infausten Prognose ausging, teilte dem Gericht mit, dass alle seine Versuche, das Gespräch auf die begrenzte Lebenszeit und die kontinuierliche Progression der Erkrankung zu lenken, gescheitert seien, da der Versicherte sich diesem Thema nicht habe öffnen können bzw. er nicht im Stande gewesen sei, seine Verdrängungsmechanismen zu durchbrechen. Der behandelnde Hausarzt Dr. H. führte in seinem Befundbericht aus, der Versicherte sei über sein Leiden und die Schwere der Erkrankung aufgeklärt gewesen, sei aber nach seiner Operation offensichtlich von seiner Heilung überzeugt gewesen. Natürlich habe er und seine mitbehandelnde Kollegin den Versicherten in seiner Meinung, dass er wieder ganz gesund werden könnte, unterstützen müssen.
Diese Einschätzung des behandelnden Hausarztes, nach der der Versicherte nach der durchgeführten Operation davon überzeugt war, wieder ganz gesund zu werden, wird bestätigt durch die Angaben der Klägerin und der Zeugen. Die Klägerin schilderte glaubhaft, der Versicherte sei immer sehr optimistisch gewesen und immer davon ausgegangen, dass er es schon schaffen werde, wobei bei ihm aber auch immer sehr viel Angst spürbar gewesen sei. Der Zeuge W. bestätigt die Einschätzung des behandelnden Hausarztes, indem er ausführte, er habe den Eindruck gehabt, der Versicherte habe nach der Durchführung der Chemo- und Bestrahlungstherapie mit dem Thema Krebs abgeschlossen gehabt und die Erkrankung als überstanden angesehen. Er sei der Überzeugung gewesen, die Krankheit überwunden zu haben. Die Zeugin U. B. schilderte glaubhaft, der Versicherte sei nach der überstandenen Leberoperation total optimistisch und euphorisch gewesen. Er habe das Gefühl gehabt, jetzt alles überstanden zu haben und habe sehr optimistisch in die Zukunft geblickt. Der Zeuge W. B. hat ausgesagt, der Versicherte habe die Erkrankung nicht akzeptiert, sei sehr optimistisch gewesen und habe nicht daran gedacht, dass er in den nächsten Monaten sterben würde. Dies entspricht den Angaben des Zeugen N., wonach der Versicherte nach der Operation sehr guter Dinge und optimistisch gewesen sei und richtig Lebensmut gefasst habe. Insoweit ergibt sich ein völlig widerspruchsfreies und in sich stimmiges Gesamtbild, wonach der Versicherte im Zeitpunkt des Heiratsentschlusses im Januar 2006 seine Krankheit in der Weise verarbeitet hatte, dass er davon überzeugt war, die Erkrankung aufgrund der Operation und der anschließenden Chemo- und Radiotherapie überwunden zu haben.
Schließlich hatte auch die Klägerin zu dem Zeitpunkt, in dem sie sich gemeinsam mit dem Versicherten für die Heirat entschied, keine Kenntnis von einem zu erwartenden ungünstigen Verlauf der Erkrankung des Versicherten. Sie schilderte glaubhaft, dass die behandelnden Ärzte mit der Einschätzung der Erkrankung und insbesondere mit der Einschätzung der Frage vorsichtig gewesen seien, ob die Krebserkrankung später wieder auftreten würde. Man habe ihr gesagt, dass die Operation gut verlaufen sei und dass anschließend eine Bestrahlungs- und Chemotherapie durchgeführt werden solle. Auch später habe man ihr immer wieder gesagt, man solle abwarten, es müssten noch Untersuchungen durchgeführt werden und man könne noch keine sichere Prognose treffen. Erst am 09.03.2006, als
im Rahmen einer CT-Untersuchung neue Metastasen festgestellt worden seien, habe man ihnen gesagt, dass es nicht so gut aussehen würde. Man habe aber nie einen Zeitraum genannt, wie lange der Versicherte noch an Lebensperspektive haben würde. Somit war der Klägerin im Zeitpunkt des Heiratsentschlusses im Januar 2006 allenfalls die Möglichkeit bewusst, dass die Krebserkrankung später noch einmal auftreten könne. Zwar hatte sich diese Möglichkeit zum Zeitpunkt der Aufgebotsbestellung am 09.03.2006 bzw. der Eheschließung am 31.03.2006 realisiert. Auf diesen Zeitpunkt ist aber nicht entscheidend abzustellen, weil es sich insoweit nur um die konsequente Umsetzung des bereits im Januar 2006 gefassten Heiratsentschlusses handelte.
Als objektiver Umstand ist darüber hinaus zu würdigen, dass zum Zeitpunkt des Heiratsentschlusses ein gemeinsames minderjähriges Kind vorhanden war und im Haushalt der Klägerin und des Versicherten lebte. Die gemeinsame Tochter S. war zu dem Zeitpunkt 16 Jahre alt. Der Umstand, dass ein gemeinsames minderjähriges Kind vorhanden ist und die weitere Betreuung und Erziehung des Kindes durch den überlebenden Ehegatten gesichert werden soll, kann gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechen (LSG Sachsen-Anhalt vom 20.09.2007, Az: L 3 RJ 126/05; LSG NRW vom 31.08.2007, Az: L 13 R 3/07; Verbandskommentar § 46 SGB VI Rn 9).
Ein weiterer objektiver Umstand ist das langjährige Zusammenleben der Klägerin und des Versicherten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Dieser Umstand kann je nach Dauer und Ausgestaltung nach den Umständen des Einzelfalles den gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestand erfüllen (BSG vom 02.02.2001, Az: B 2 U 379/00 B). Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob sich die Partner in der Zeit vor der Eheschließung bewusst gegen ein Zusammenleben in einer Ehe entschieden und einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft den Vorzug gegeben haben oder ob sie die Möglichkeit einer Heirat bereits früher ins Auge gefasst hatten (vgl. LSG Schleswig-Holstein vom 07.03.2007, Az: L 8 R 207/06; LSG Schleswig-Holstein vom 11.05.2009, Az: L 8 R 162/07).
Schließlich ist als äußerer Umstand zu berücksichtigen, dass sowohl die Klägerin als auch der Versicherte während der Dauer ihres Zusammenlebens beide berufstätig waren, wobei
der Versicherte bis zu seiner Arbeitslosigkeit im Jahre 2001 einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachging und die Klägerin halbtags und zusätzlich im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses arbeitete. Dies bedeutet, dass die Klägerin auch nach dem Tod des Versicherten durch die Ausübung einer – nunmehr vollschichtigen – Erwerbstätigkeit finanziell abgesichert ist und sich zudem durch ihre langjährige Berufstätigkeit eine eigene Rentenanwartschaft aufgebaut hat.
Unter Berücksichtigung dieser objektiven Umstände und der von der Klägerin vorgetragenen inneren Umstände steht aufgrund der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Entschluss der Klägerin zur Eheschließung nicht allein oder überwiegend auf der Absicht beruhte, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, sondern dass das maßgebliche Motiv der Klägerin die gegenseitige Zuneigung und der Wunsch nach einer Legitimation ihrer langjährigen partnerschaftlichen Beziehung zu dem Versicherten gewesen ist, die bereits in der Zeit vor der Eheschließung aufgrund des langjährigen Zusammenlebens, der gemeinsamen Haushaltsführung und der gemeinsamen Erziehung der Tochter durch ein gegenseitiges Füreinandereinstehen im Rahmen einer Liebesbeziehung charakterisiert war. Insoweit stellt sich die Heirat als Fortsetzung einer seit mehr als 20 Jahre bestehenden ernsthaften partnerschaftlichen Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Kind aufgrund einer Liebesbeziehung dar.
Maßgebliches Indiz für die Motivlage der Klägerin ist der Umstand, dass die Klägerin und der Versicherte zum Zeitpunkt des Heiratsentschlusses bereits seit über 20 Jahren eine Liebesbeziehung hatten, aus der die 1989 geborene Tochter S. hervorgegangen ist, dass sie seit 10 Jahren gemeinsam mit der Tochter in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammenlebten und bereits zu früheren Zeitpunkten Heiratsabsichten hatten, die aus unterschiedlichen Gründen nicht realisiert wurden. Vor diesem Hintergrund erscheint es aus Sicht des Gerichtes ausgeschlossen, dass sich die Klägerin und der Versicherte in früherer Zeit auf eine auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaft geeinigt hatten und erst angesichts des sich verschlechternden gesundheitlichen Zustandes des Versicherten den Entschluss gefasst haben, eine Ehe zu schließen, um der Klägerin als Witwe eine Versorgung zu verschaffen.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist nachgewiesen, dass die Klägerin und der Versicherte bereits in früheren Lebensphasen die Absicht hatten, zu heiraten, ohne dass dabei ein konkreter Hochzeitstermin geplant war oder dass bereits Vorbereitungen für eine konkret anstehende Hochzeit getroffen worden waren. Nach den Angaben der Klägerin wurde im Jahre 1996, als sie mit dem Versicherten und der Tochter S. in eine gemeinsame Wohnung gezogen sind, das erste Mal konkret über eine Hochzeit gesprochen. Damals fehlten infolge der Einrichtung der neuen Wohnung die finanziellen Mittel für eine Hochzeit, zumal der Versicherte die Vorstellung von einer großen Hochzeitsfeier hatte. Im Jahre 1999 wurde das Thema Heirat von der Klägerin wieder aufgegriffen, wobei eine Bandscheibenoperation des Versicherten mit längerer Rehabilitationsphase dazwischen kam. Auch in der Folgezeit hätten sie öfter über ihren Heiratswunsch gesprochen, wobei sie aufgrund der im Jahre 2001 eingetretenen Arbeitslosigkeit des Versicherten zunächst andere Sorgen gehabt hätten, als eine Hochzeit zu arrangieren.
Diese Angaben der Klägerin werden bestätigt durch die Aussage des Zeugen W., der mit der Klägerin und dem Versicherten freundschaftlich verbunden war und sich konkret erinnerte, mit ihnen in dem Zeitraum 1998 oder 1999 über deren Heiratswunsch und deren Hochzeitspläne gesprochen zu haben, die sich später zerschlagen hätten, weil der Versicherte am Rücken operiert werden musste. Auch der Zeuge C. P. hat glaubhaft bekundet, mit dem Versicherten 1999 über s Heiraten gesprochen zu haben und von ihm erfahren zu haben, dass er vorhabe, zu heiraten. Schließlich hat der Zeuge W. ausgesagt, dass die Klägerin und der Versicherte kurz vor der im Jahre 2001 eingetretenen Arbeitslosigkeit sich nochmals mit dem Thema Heiraten beschäftigt hätten. Aufgrund der eingetretenen Arbeitslosigkeit hätten sie von diesen Überlegungen wieder Abstand genommen und zunächst die weitere berufliche Entwicklung abwarten wollen. Dies wird bestätigt durch die Aussage der Zeugin U. B., wonach ihr der Versicherte kurz vor Eintritt der Arbeitslosigkeit gesagt habe, dass er und die Klägerin heiraten wollten, wobei sie diesen Zeitpunkt – irrtümlich – 3 bis 3/1 Jahre vor seinem Tod ansiedelte. Nach Eintritt der Arbeitslosigkeit habe der Versicherte ihr dann mitgeteilt, sie wollten nach seiner Umschulung heiraten. Auch der Zeuge W. B. hat bekundet, der Versicherte habe ihn ungefähr 4 oder 5 Jahre vor seinem Tod auf das Thema Heiraten angesprochen und ihm mitgeteilt, dass er demnächst heiraten werde. Er habe ihn in diesem Entschluss bestärkt und darauf hingewiesen, dass es ja langsam Zeit werde. Allerdings habe sich dann die Heirat verzögert, weil der Versicherte kurze Zeit später arbeitslos geworden sei.
Insoweit ergibt sich aus den Angaben der Klägerin und den glaubhaften gemachten Aussagen der Zeugen das stimmige und widerspruchsfreie Gesamtbild, wonach sich die Klägerin und der Versicherte bereits lange vor dem Auftreten der schweren Erkrankung des Versicherten grundsätzlich darin einig waren, dass sie heiraten wollten. Dabei war ihre Bereitschaft zu einer Heirat zu unterschiedlichen Zeitpunkten soweit gereift und konkretisiert, dass sie bereits mit Freunden und Verwandten über ihre Heiratsabsichten gesprochen haben. Allerdings war ihre Heiratsabsicht in diesen Lebensphasen noch nicht so verfestigt, dass sie sich durch die jeweils entgegenstehenden äußeren Umstände (finanzieller Engpass, Bandscheibenoperation des Versicherten, Arbeitslosigkeit des Versicherten, Umschulungsmaßnahme) nicht hätten davon abbringen lassen. Gleichwohl steht damit fest, dass sich die Klägerin und der Versicherte zu keinem Zeitpunkt aus Überzeugung gegen eine Eheschließung und bewusst für die gesellschaftlich weitgehend akzeptierte Form des Zusammenlebens in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft entschieden hatten.
Der weitere Zeitablauf und die Umstände der Eheschließung enthalten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin neben ihren bereits seit langem bestehenden Beweggründen für die Heirat, nämlich die gegenseitige Zuneigung und der Wunsch nach einer Legitimation der langjährigen Partnerschaft, andere Motive hinzugetreten sind und eine wesentliche Rolle gespielt haben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass nunmehr Versorgungsgesichtspunkte in den Vordergrund gerückt sind und die Aussicht auf eine Hinterbliebenenversorgung ein wesentliches Motiv geworden ist. Die Klägerin hat vielmehr für das Gericht nachvollziehbar ihre inneren Beweggründe beschrieben, wonach sie sich nach dem Auftreten der schweren Erkrankung des Versicherten endgültig entschieden hat, ihren lange bestehenden Heiratswunsch umzusetzen und nicht mehr länger von äußeren, scheinbar entgegenstehenden Umständen wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder fehlende Finanzierbarkeit eines großen Hochzeitsfestes abhängig zu machen. Danach hat sich für die Klägerin die emotionale Bindung zwischen ihr und dem Versicherten seit dem Auftreten der Krebserkrankung des Versicherten intensiviert, was ihre Einstellung zu der bereits lange ins Auge gefassten Heirat beeinflusst hat. Die Klägerin hat dies anschaulich dahingehend beschrieben, dass es für sie früher nicht das Wichtigste gewesen sei, einen Trauschein in der Tasche zu haben. Sie habe jedoch durch die Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden der schweren Erkrankung des Versicherten, der
Durchführung der Operation und der anschließenden Chemo- und Bestrahlungstherapie das Gefühl gehabt, dass sie gemeinsam durch so viele Höhen und Tiefen gegangen seien, dass sie nunmehr unbedingt habe heiraten wollen. Der Versicherte und sie hätten das Empfinden gehabt, dass sie das letzte halbe Jahr noch mehr zusammengeschweißt hätte, so dass sie aus diesem Grund unbedingt hätten heiraten wollen, sobald die Chemo- und Bestrahlungstherapie abgeschlossen sei. Vor dem Hintergrund der nachgewiesenen, bereits vor dem Auftreten der Erkrankung bestehenden langjährigen Heiratsabsicht ist der Umstand, dass sich diese Absicht aufgrund der tiefgehenden emotionalen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem gemeinsam Kampf gegen die schwere Krankheit des Versicherten zu einem konkreten Heiratsentschluss verdichtet haben, nachvollziehbar und verständlich. Insoweit hat bei der Klägerin eine Verschiebung der bisherigen Wertigkeiten stattgefunden, die Einfluss auf die Intensität ihres grundsätzlich schon langjährig bestehenden Wunsches hatte, die beiderseitige Liebesbeziehung durch den Akt der Eheschließung zu bekräftigen und nach Außen hin zu manifestieren.
Die Angaben der Klägerin zur Entwicklung ihrer Liebesbeziehung zu dem Versicherten und zu ihren inneren Beweggründen hinsichtlich des im Januar 2006 gefassten Entschlusses, den Versicherten zu heiraten, waren aus Sicht des Gerichtes glaubhaft. Die Angaben waren völlig widerspruchsfrei und ergaben ein in sich stimmiges Bild von der Person des Versicherten, der Klägerin und der Beziehung der beiden zueinander. Die Klägerin erschien dem Gericht uneingeschränkt glaubwürdig, da sie eher zurückhaltend und erkennbar gewissenhaft die Fragen des Gerichtes nach der Entwicklung der Beziehung zu dem Versicherten, den Heiratsabsichten und dem konkreten Heiratsentschluss, den Umständen der Heirat und dem Krankheitsverlauf des Versicherten beantwortet hat, wobei ihr eine tendenzgerichtete, dramatisierende oder übertreibende Darstellungsweise fremd ist.
Soweit die Beklagte die Rechtsansicht vertreten hat, auf die innere Motivationslage der Klägerin komme es nicht an, da eine Bewertung allein aufgrund der nach Außen tretenden Tatsachen vorzunehmen sei und nur besondere objektiv erkennbare Umstände zur Widerlegung der durch das Gesetz aufgestellten Vermutung herangezogen werden könnten, ist dies aus Sicht des Gerichtes nicht überzeugend. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, ist eine Beschränkung auf objektiv nach Außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des
Zweckes der Heirat nicht zulässig da andernfalls die Möglichkeit, die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe zu entkräften, in nicht hinzunehmender Weise eingeschränkt würde (vgl. BSG vom 31.08.2007, Az: L 13 R 3/07). Macht eine Hinterbliebene von sich aus oder auf Befragen entsprechende Angaben und sind diese glaubhaft, so sind auch diese persönlichen Gründe in die Gesamtbetrachtung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Falles zu würdigen.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertreten hat, speziell aus der Zeugenaussage der Zeugin U. B. ergebe sich, dass der Versorgungsgedanke der überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, ist dies aus Sicht des Gerichts in keiner Weise überzeugend. Die Zeugin U. B. schilderte eine Situation unmittelbar vor der Durchführung der Leberoperation, in der der Versicherte große Angst vor der Operation gehabt habe und sie gebeten habe, dafür zu sorgen, dass die Klägerin und ihre Tochter das Geld aus einer Lebensversicherung bekommen würden, falls ihm etwas passieren sollte. Hintergrund dieser Bitte war der Umstand, dass die Lebensversicherung auf die Eltern des Versicherten lief. Es erscheint nachvollziehbar, dass sich der Versicherte unmittelbar vor einer schweren und lebensbedrohlichen Operation Gedanken darüber macht, was aus seiner Lebensversicherung wird, falls er die Operation nicht überleben sollte. Es ist auch naheliegend, dass es ihm ein Anliegen ist, dass die Mittel aus der Lebensversicherung nicht seinen Eltern, sondern seiner Lebensgefährtin und seinem Kind zukommen. Daraus eine generalisierte Versorgungsabsicht des Versicherten und damit auch eine Versorgungsabsicht hinsichtlich der späteren Heirat herzuleiten, erscheint aus Sicht des Gerichtes nicht zulässig. Dies gilt auch für den von der Zeugin Bruckschen geschilderten Ratschlag, den sie bei dieser Gelegenheit dem Versicherten gegeben hat, nämlich, dass er bald heiraten solle. Die Zeugin hat in diesem Zusammenhang ausgesagt, dies sei während der Zeit der Krankheit das einzige Mal gewesen, dass sie dem Versicherten zu einer Heirat geraten habe. Daraus zu folgern, der Versicherte habe sich wegen dieses Ratschlages seiner Mutter allein aus Versorgungsabsichten heraus später zu der Heirat entschlossen, ist aus Sicht des Gerichtes in keiner Weise überzeugend. Jedenfalls kann ausgeschlossen werden, dass die Klägerin in der von der Beklagten angenommenen Art und Weise beeinflusst worden ist, da sie von der Zeugin U. B. einen entsprechenden Ratschlag nicht bekommen hat. Insoweit hat die Zeugin B. ausgesagt, der Klägerin allein
unter dem Gesichtspunkt zu einer Heirat geraten zu haben, damit sie die notwendigen Auskünfte der Ärzte über den Gesundheitszustand und die Erkrankung des Versicherten bekommen würde. Selbst wenn man unterstellt, dass sich die Klägerin davon hat beeinflussen lassen, was von ihr nicht bestätigt wurde, würde es sich um eine Motivation handeln, die gegen eine Versorgungsabsicht sprechen würde.
Nach alledem ist nachgewiesen, dass die maßgeblichen Motive der Klägerin für die Heirat die gegenseitige Zuneigung und der Wunsch nach einer Legitimation ihrer langjährigen Partnerschaft mit dem Versicherten war und der Versorgungsgedanke bei ihr keine Rolle gespielt hat. Bereits aus diesem Grund sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in der Gesamtbetrachtung zumindest als gleichwertig anzusehen (vgl. BSG vom 05.05.2009, Az: B 13 R 55/08 R).
Hinzu kommt, dass zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass auch bei dem Versicherten andere, von einer Versorgungsabsicht abweichende Beweggründe für die Heirat mitbestimmend waren. Auch der Versicherte hatte lange Zeit vor dem Auftreten der Erkrankung mehrfach einen Heiratswunsch geäußert und diesen gegenüber Freunden und Verwandten zum Ausdruck gebracht. Dies ist von den Zeugen P., W., U. B., W. B. und A. N. glaubhaft bestätigt worden. Nach den Angaben der Zeugin U. B. wollte der Versicherte bereits zum Zeitpunkt der Geburt der gemeinsamen Tochter S. heiraten. Auch der Zeuge N. sagte aus, dass ihm der Versicherte bereits kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter gesagt habe, er würde gerne heiraten. Damit steht fest, dass der Versicherte zumindest auch aus der gleichen Motivation wie die Klägerin geheiratet hat, nämlich wegen der gegenseitigen Zuneigung, wegen des Verantwortungsgefühles dem gemeinsamen Kind gegenüber und wegen des Wunsches der Legitimation der langjährigen Partnerschaft. Zudem steht fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt des Heiratsentschlusses im Januar 2006 keine Kenntnis davon hatte, dass seine Erkrankung eine ungünstige Verlaufsprognose hatte und seine Lebenserwartung nur noch gering war. Zu diesem Zeitpunkt war er davon überzeugt, die Krankheit aufgrund der Operation und der anschließenden Chemo- und Radiotherapie überwunden zu haben. Aus diesen Gründen kann ausgeschlossen werden, dass eine Versorgungsabsicht das tragende Motiv seines Heiratsentschlusses gewesen ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob er sich zumindest auch von Versorgungsgesichtspunkten hat leiten lassen. Jedenfalls stand das Motiv, für die Klägerin einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen, nicht im Vordergrund.
Unter Berücksichtigung aller objektiven Umstände und unter Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten ergibt sich in der Gesamtbetrachtung, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen deutlich überwiegen, so dass die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Die Klägerin hat nicht bereits ab dem Todestag, sondern erst ab dem 01.06.2006 einen Anspruch auf Witwenrente, da dem Versicherten im Sterbemonat eine Erwerbsminderungsrente zu leisten war (§ 99 Abs 2 SGB VI). Ob der Klägerin eine kleine oder eine große Witwenrente zusteht, hängt davon ab, in welchem Zeitraum eine Erziehung der Tochter S. im Sinne des § 46 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI bzw. eine in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge im Sinne des § 46 Abs 2 S 3 SGB VI vorgelegen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Im Streit ist die Gewährung einer Witwenrente und insbesondere die Frage, ob der Anspruch auf Witwenrente ausgeschlossen ist, weil die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat.
Die am 14.05.1970 geborene Klägerin ist die Witwe des am 26.12.1968 geborenen und am 03.05.2006 verstorbenen P. B. (Versicherter). Die Klägerin und der Versicherte kannten sich seit der Schulzeit und lebten seit 1984 in einer Liebesbeziehung. Nach einer vorübergehenden Trennung im Jahre 1986 haben sie im April 1987 ihre Liebesbeziehung wieder aufgenommen. Am 08.07.1989 wurde die gemeinsame Tochter S. geboren, die zunächst bei der Klägerin wohnte. Der Versicherte wohnte in der damaligen Zeit in unmittelbarer Nachbarschaft der Klägerin bei seinen Eltern. Er war gelernter Hochbaufacharbeiter sowie Beton- und Stahlbauer und arbeitete damals bei der Firma H. als Montagearbeiter. Das Sorgerecht für die Tochter S., die eine Lernbehinderung hatte, wurde gemeinsam auf die Klägerin und den Versicherten übertragen. Die Klägerin arbeitete seit 1989 halbtags in einer Videothek und übte seit 2002 zusätzlich eine geringfügige Tätigkeit in einem Solarium aus.
Im Jahre 1996 zogen die Klägerin, der Versicherte und die Tochter S. in eine gemeinsame Wohnung. Der Versicherte unterzog sich 1999 einer Bandscheibenoperation und wurde nach einer langen Rehabilitationsphase im Jahre 2001 arbeitslos. Von Oktober 2004 bis September 2005 befand er sich in einer Umschulungsmaßnahme zum Haustechniker.
Der Versicherte wurde am 03.11.2005 im K,. Klinikum D. wegen Oberbauchbeschwerden stationär aufgenommen. Es wurde ein bösartiger Gallenblasentumor mit Leberbeteiligung diagnostiziert und am 23.11.2005 eine operative Entfernung des Tumors vorgenommen. Die behandelnden Ärzte des Kath. Klinikums Duisburg hatten bei Beendigung der stationären Behandlung am 30.11.2005 aufgrund der vollständigen Entfernung des bösartigen Tumors und aufgrund des Ergebnisses der histologischen Aufarbeitung und Eingruppierung in ein relativ günstiges Tumorstadium die Hoffnung auf eine vollständige Heilung. Zur Verbesserung der Prognose wurde eine onkologische Weiterbehandlung mit einer Strahlen- und Chemotherapie bei dem Internisten und Onkologen Dr. A. eingeleitet. Eine sichere Einschätzung der Lebenserwartung des Klägers war nach Angaben der Klinikärzte zum Zeitpunkt der Entlassung aus der stationären Behandlung nicht möglich.
Die Radio- und Chemotherapie wurde in der Zeit vom 15.12.2005 bis zum 20.01.2006 durchgeführt. Im Rahmen einer CT-Verlaufsuntersuchung vom 09.03.2006 wurde im Vergleich zu einer Voruntersuchung vom 08.12.2005 eine deutliche Befundverschlechterung aufgrund einer erheblichen Zunahme der Lebermetastasierung festgestellt.
Die Klägerin und der Versicherte heirateten am 31.03.2006 standesamtlich. Am 04.04.2006 musste sich der Versicherte erneut in stationäre Behandlung des Kath. Klinikums Duisburg begeben, weil ein Magengeschwür aufgebrochen war. Aus diesem Grund konnte die Chemotherapie nicht fortgeführt werden. Der Versicherte wurde am 25.04.2006 aus der stationären Behandlung entlassen und verstarb am 03.05.2006 zu Hause bei der Klägerin.
Der Versicherte hatte am 25.01.2006 einen Antrag auf Bewilligung einer medizinischen Reha-Maßnahme gestellt. Die Beklagte veranlasste eine gutachterliche Untersuchung durch Dr. A., die am 09.02.2006 durchgeführt wurde. Dr. A. kam zu dem Ergebnis, dass der Versicherte derzeit nicht rehabilitationsfähig und nicht in der Lage sei, eine lohnbringende Tätigkeit auszuüben. Da unter entsprechender Therapie Zustandsänderungen nicht auszuschließen seien, bleibe der weitere Verlauf abzuwarten. Eine Besserung sei nicht unwahrscheinlich, so dass eine Befristung der Leistungsminderung bis Januar 2009 vorgeschlagen wurde. Daraufhin teilte die Beklagte dem Versicherten mit, dass bei ihm eine volle Erwersminderung auf Zeit vorliege und der Reha-Antrag als Rentenantrag gelte. Er wurde gebeten, einen formularmäßigen Rentenantrag bei der Stadtverwaltung oder einem Service-Center zu stellen. Dieser Antrag wurde am 23.03.2006 beim Service-Center Duisburg durch persönliche Vorsprache der Eltern W. und U. B. gestellt, die von dem Versicherten hierzu bevollmächtigt worden waren. Mit Bescheid vom 02.06.2006 bewilligte die Beklagte rückwirkend für die Zeit vom 01.11.2005 bis zum 31.05.2006 die Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Am 11.05.2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Witwenrente. Die Beklagte lehnte die Bewilligung einer Witwenrente mit Bescheid vom 03.08.2006 ab, weil die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Witwenrentenanspruch bestehe in einem solchen Fall nur dann, wenn nachgewiesen sei, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruches auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei. Ein anderer alleiniger oder überwiegender Zweck der Heirat sei nicht nachgewiesen worden. Entscheidend sei, dass sich die Klägerin und der Versicherte im Zeitpunkt der Heirat bzw. des Heiratsentschlusses über den grundsätzlich lebensbedrohlichen Charakter der Erkrankung im Klaren gewesen seien. Auch in den Fällen, in denen eine auf unbestimmte Zeit angelegte Bindung bereits seit Jahren bestanden hätte und nur die formelle Legalisierung unterblieben sei, gelte die Vermutung, dass es sich um eine Versorgungsehe handeln würde.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 25.08.2006 Widerspruch und trug zur Begründung vor, dass es sich nicht um eine Versorgungsehe gehandelt habe. Vielmehr sei die Heirat allein aus dem Grund erfolgt, dass sie ihre langjährige Beziehung, aus der eine gemeinsame Tochter hervorgegangen sei, legitimieren wollte. Ihre Beziehung habe bereits seit Jahren bestanden und sie hätten ihre Tochter S. gemeinsam erzogen sowie sämtliche Einkünfte gemeinsam für die Sicherstellung des Lebensunterhaltes der gesamten Familie verwendet. Aufgrund besonderer Lebensumstände seien sie immer wieder daran gehindert worden, ihre schon lange bestehende Heiratsabsicht umzusetzen. Eine Heiratsabsicht hätte bereits seit dem Zeitpunkt der Geburt der gemeinsamen Tochter S. bestanden. Zuletzt sei eine Heirat deshalb verschoben worden, weil der Versicherte eine Umschulungsmaßnahme durchgeführt habe und anschließend die Krebsoperation erfolgen musste. Nach der Operation im November 2005 und nach der im Dezember 2005 erfolgten CT-Nachuntersuchung hätten sie die erfreuliche Nachricht erhalten, dass eine erneute Metastasenbildung nicht stattgefunden habe und prophylaktisch eine Bestrahlungs- und Chemotherapie durchgeführt werden sollte, um einen erneuten Ausbruch der Krankheit zu verhindern. In dieser Zeit habe sich der Gesundheitszustand des Versicherten gebessert und es habe keine Anzeichen dafür gegeben, dass die Krankheit zum Tode führen würde. Im Januar 2006 hätten sie beschlossen, nach Abschluss der Chemo- und Bestrahlungstherapie zu heiraten. Erst am 09.03.2006 sei erneut eine CT-Untersuchung erfolgt,
bei der dann festgestellt worden sei, dass sich erneut Metastasen in der Leber gebildet hätten. Auch zu diesem Zeitpunkt hätten die behandelnden Ärzte keinerlei Aussagen zur Lebensdauer des Versicherten getroffen. Am 31.03.2006 habe dann die lang ersehnte und geplante Trauung vor dem Standesbeamten stattfinden können. Der Gesundheitszustand des Versicherten sei so stabil gewesen, dass mit einem kurzfristigem Ableben nicht zu rechnen gewesen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 16.01.2007 mit der Begründung zurück, für das Vorliegen einer Versorgungsehe spreche vorliegend die schwere Erkrankung des Versicherten im Zeitpunkt der Eheschließung. Es habe zumindest seit November 2005 ein fortgeschrittenes Krebsleiden der Gallenblase mit Befall der Leber vorgelegen, das durch die anschließende Strahlenbehandlung und Chemotherapie nicht mehr richtungsweisend habe beeinflusst werden können. Es könne mit hinreichender Sicherheit angenommen werden, dass der Klägerin und dem Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung der lebensbedrohliche Charakter der Krankheit bekannt gewesen seien. Ein die gesetzliche Vermutung widerlegender Grund für die Heirat sei nicht nachgewiesen worden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Vermutung nur durch besondere objektiv erkennbare Umstände entkräftet werden könne.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 12.02.2007 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, ein Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente bestehe, weil der Nachweis erbracht worden sei, dass der überwiegende Zweck der Heirat nicht die Begründung eines Anspruches auf Hinterbliebenenversorgung gewesen sei. Vielmehr sei der vorrangige Zweck der Heirat die Legalisierung des bis dahin bestehenden eheähnlichen Zusammenlebens in Gestalt einer formal geschlossenen Eheschließung gewesen. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass sie bereits seit 1984 eine Beziehung gehabt und seit 1996 in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammen mit der Tochter S. zusammengelebt hätten. Sie hätten bereits zu früheren Zeitpunkten eine Heiratsabsicht gehabt, die aufgrund besonderer Lebensumstände nicht realisiert worden sei. Der konkrete Heiratsentschluss sei im Januar 2006 gefasst worden. Zu diesem Zeitpunkt seien sowohl die Klägerin als auch der Versicherte aufgrund der erfolgreich verlaufenen Operation davon ausgegangen, dass der Versicherte die Erkrankung überwinden werde. Erst im April 2006 habe sich durch den Ausbruch eines Magengeschwürs und den Abbruch der Chemotherapie eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Versicherten ergeben. Zu diesem Zeitpunkt hätten die Ärzte den Versicherten und sie darauf hingewiesen, dass die Krebserkrankung der inneren Organe fortschreiten würde und die Lebenserwartung nur noch begrenzt sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 03.08.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.01.2007 zu verurteilen, ihr Witwenrente aus der Versicherung des Pascal Bruckschen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe sei nicht widerlegt worden. Die insoweit erforderlichen besonderen, objektiv erkennbaren Umstände zur Widerlegung der durch das Gesetz aufgestellten Vermutung würden fehlen. Dabei sollte sich die Ermittlung auf nach außen in Erscheinung tretende Tatsachen beschränken und nur diese bewertet werden. Zum Zeitpunkt des konkreten Heiratsentschlusses im Januar 2006 habe man von einer infausten Prognose ausgehen und mit dem Tod des Versicherten in absehbarer Zeit rechnen müssen. In diesem Zusammenhang sei nicht erheblich, ob die Klägerin und der Versicherte damit gerechnet hätten, dass der Versicherte das erste Jahr nach der Heirat überleben würde bzw. die Hoffnung oder Erwartung gehabt hätten, die lebensbedrohliche Erkrankung zu überstehen. Entscheidend sei allein, dass der Tod des Versicherten als Folge seiner Karzinomerkrankung in nicht all zu ferner Zukunft unter Anstellung vernünftiger und naheliegender Erwägungen als konkrete und nicht abwegige Möglichkeit erwartet werden musste. Es lägen hier keine objektiv beweisbaren und nachvollziehbaren anderen Gründe für die Heirat vor. Insbesondere seien die für die Verschiebung der früheren Hochzeitspläne vorgebrachten Gründe (Bandscheibenvorfall, Arbeitslosigkeit, Umschulung) nicht nachvollziehbar. Der Umstand, dass bereits eine langjährige
Lebensgemeinschaft vorgelegen habe und die Eheschließung erst nach Offenbarwerden der tödlichen Erkrankung erfolgt sei, spreche eher für eine Versorgungsabsicht und deute darauf hin, dass die Eheschließung ohne die tödliche Erkrankung des einen Partners weiterhin nicht erfolgt wäre. Das vorrangige Motiv der Eheschließung sei vorliegend nicht eine Heirat aus einer beiderseitigen Liebesbeziehung heraus, sondern eher, dass die Versorgung gesichert werden sollte.
Das Gericht hat Befundberichte des den Versicherten in der Zeit von November 2005 bis April 2006 behandelnden Onkologen Dr. A., des behandelnden Hausarztes Dr. H. und der behandelnden Klinikärzte des Klinikums D. eingeholt, wo der Versicherte in der Zeit vom 03.11. bis zum 30.11.2005 stationär behandelt wurde. Insoweit wird wegen der Einzelheiten auf Bl. 34 bis 45 und Bl. 53 der Gerichtsakte Bezug genommen. Darüber hinaus ist hinsichtlich der Einzelheiten der Beziehung der Klägerin mit dem Versicherten, der Heiratsabsicht, der Lebensumstände der Klägerin und des Versicherten sowie des Umganges mit der Erkrankung des Versicherten Beweis erhoben worden durch Vernehmung der Zeugen U. und W. B. (Eltern des Versicherten), A. und A. N. (Eltern der Klägerin), C. P. und D. W ... Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 03.07.2008 (Blatt 84 bis 97 der Gerichtsakte) und auf die Sitzungsniederschrift vom 16.12.2009 (Bl 125 bis 130 Gerichtsakte) Bezug genommen.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und der den Versicherten betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig im Sinne des § 54 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung einer Witwenrente hat.
Nach § 46 Abs 1 SGB VI haben Witwen, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tod des versicherten Ehegatten Anspruch auf kleine Witwenrente, wenn der versicherte Ehegatte die allgemeine Wartezeit erfüllt hat. Anspruch auf große Witwenrente besteht, wenn die Witwe ein eigenes Kind oder ein Kind des versicherten Ehegatten, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erzieht, das 47. Lebensjahr vollendet hat oder erwerbsgemindert ist (§ 46 Abs 2 SGB V I). Ein Anspruch auf Witwenrente ist nach § 46 Abs 2 a SGB VI nicht gegeben, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen.
Der Anspruch der Klägerin auf Witwenrente ist nicht nach § 46 Abs 2 a SGB VI ausgeschlossen. Zwar hat die Ehe der Klägerin mit dem Versicherten weniger als ein Jahr gedauert, nämlich vom 31.03.2006 bis zum 03.05.2006. Es liegen jedoch besondere Umstände vor, aufgrund derer trotz der kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen.
Als besonderer Umstand im Sinn des § 46 Abs 2 a SGB VI sind alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles anzusehen, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen. Eine Beschränkung auf objektiv nach außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des Zweckes der Heirat kommt nicht in Betracht, weil dann die Möglichkeiten des hinterbliebenen Ehegatten, die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe zu entkräften, in unzulässiger Weise beschnitten würde (BSG vom 05.05.2009, Az: B 13 R 55/08 R). Allerdings sind die von dem hinterbliebenen Ehegatten behaupteten inneren Umstände für die Heirat nicht nur für sich – isoliert – zu betrachten, sondern vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der jeweiligen Eheschließung bestehenden äußeren Umstände in die Gesamtwürdigung, ob die Ehe mit dem Ziel der Erlangung einer Hinterbliebenenversorgung geschlossen worden ist, mit einzubeziehen.
Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass es auf die – ggfs. auch voneinander abweichenden – Beweggründe (Motive, Zielvorstellungen) beider Ehegatten ankommt. Die Annahme des anspruchsausschließenden Vorliegens einer Versorgungsehe ist dann nicht gerechtfertigt, wenn die Gesamtbetrachtung und Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten für die Heirat ergibt, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt den Versorgungszweck überwiegen oder zumindest gleichwertig sind. Es ist daher auch nicht zwingend, dass bei beiden Ehegatten andere Beweggründe als Versorgungsgesichtspunkte für die Eheschließung ausschlaggebend waren. Vielmehr sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in ihrer Gesamtbetrachtung auch dann noch als zumindest gleichwertig anzusehen, wenn nachweislich für einen der Ehegatten der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat (BSG vom 05.05.2009, Az: B 13 R 55/08 R mwN).
Zur Überzeugung des Gerichts steht aufgrund der Anhörung der Klägerin und der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass für die Klägerin der Versorgungsgedanke bei der Eheschließung keine Rolle gespielt hat und bei dem Versicherten zumindest auch andere, von der Versorgungsabsicht verschiedene Beweggründe vorgelegen haben.
Dabei hat das Gericht zunächst den Gesundheits- bzw. Krankheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt des gemeinsamen Heiratsentschlusses berücksichtigt, dem stets eine gewichtige Bedeutung beizumessen ist, da die besonderen Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, um so gewichtiger sein müssen, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung bzw. des konkreten Heiratsentschlusses gewesen ist (vgl. BSG vom 05.05.2009, Az: B 13 R 55/08 R). Der für die Beurteilung des Krankheitszustandes des Versicherten maßgebliche Zeitpunkt ist der Januar 2006, da nach den glaubhaften Angaben der Klägerin zu diesem Zeitpunkt die Heirat konkret besprochen worden ist und der gemeinsame Entschluss gefasst worden ist, nach Beendigung der Chemotherapie und der Bestrahlungstherapie zu heiraten. Die Angaben der Klägerin, dass es der Gesundheitszustand des Versicherten zu diesem Zeitpunkt zugelassen habe, sich entsprechende Gedanken zu machen und den Plan für eine Heirat zu fassen, erscheint vor dem Hintergrund der ärztlichen Berichte glaubhaft. Danach hatte sich der Leistungszustand des Versicherten nach dem Bericht des Onkologen Dr. A, unter der vom 15.12.2005 bis zum 20.01.2006 durchgeführten Radio- und Chemotherapie zunächst verschlechtert. Der Hausarzt Dr. H. beschreibt
den Gesundheitszustand des Versicherten in seinem Befundbericht vom 13.08.2007 dahingehend, dass sich der Versicherte nach seiner Operation vom Vorjahr und nach anfänglichen Schwierigkeiten im Januar und Februar 2006 zunehmend erholt habe. Es sei sogar eine Gewichtszunahme eingetreten, so dass es in Verbindung mit der Chemo- und Strahlentherapie bei dem Versicherten zu der Meinungsbildung gekommen sei, dass er wieder ganz gesund werden könnte. Vor diesem Hintergrund ist die Angabe der Klägerin, sie und der Versicherte hätten in dieser Phase im Januar 2006 konkret den Entschluss gefasst, zu heiraten, nachvollziehbar und überzeugend.
Bezogen auf diesen Zeitpunkt ist festzustellen, dass der Versicherte an einer schweren und grundsätzlich lebensbedrohlichen Krankheit litt. Bei dem Versicherten war Anfang November 2005 ein bösartiger Gallenblasentumor mit Leberbeteiligung festgestellt worden, der am 23.11.2005 im K. Klinikum D. operativ entfernt wurde. Hinsichtlich der Verlaufsprognose und der Lebenserwartung des Versicherten gab es seitens der behandelnden Ärzte jedoch sehr unterschiedliche Einschätzungen. Die behandelnden Ärzte des K. Klinikums D. teilten in dem Befundbericht vom 26.04.2007 mit, dass sie aufgrund der vollständigen Entfernung des bösartigen Tumors und aufgrund des Ergebnisses der histologischen Aufarbeitung und der Eingruppierung in ein relativ günstiges Tumorstadium bei Beendigung der stationären Behandlung am 30.11.2005 die Hoffnung auf eine vollständige Heilung gehabt hätten. Dabei sei ihnen bewusst gewesen, dass fortgeschrittene Gallenblasenkarzinome prinzipiell eine sehr niedrige 5-Jahres-Überlebensrate (maximal 15 vom Hundert) hätten. Zur Verbesserung der Prognose sei eine onkologische Weiterbehandlung mit Strahlen- und Chemotherapie bei Dr. A. eingeleitet worden. Der den Versicherten weiter behandelnde Onkologe Dr. A. hat dagegen in seinem Befundbericht vom 23.04.2007 ausgeführt, dass die Prognose von Anfang an, dh ab der Diagnosestellung im November 2005 schlecht bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als infaust einzustufen gewesen sei und dass das Therapiekonzept rein palliativ gewesen sei. Der behandelnde Hausarzt Dr. H. schließlich teilt in seinem Befundbericht vom 23.05.2007 mit, eine Prognose habe wegen der Therapiemaßnahmen nicht vorgenommen werden können und eine Heilung sei nach der Operation und entsprechender Chemo- und Radiotherapie zumindest nicht ausgeschlossen gewesen. Somit lag zum Zeitpunkt des konkreten Heiratsentschlusses im Januar 2006 eine schwere, grundsätzlich lebensbedrohliche Erkrankung vor, die durch eine Operation und eine Chemo- und Radiotherapie behandelt worden war und deren Heilung zumindest durch die behandelnden Ärzte des K ...
Klinikums D. und den Hausarzt Dr. H. als möglich angesehen wurde, während der behandelnde Onkologe von einer infausten Prognose ausging. Auch der Ärztliche Dienst der Beklagten ging aufgrund einer am 09.02.2006 durchgeführten Untersuchung des Versicherten im Rahmen des Rehabilitationsverfahrens von einer Besserungsmöglichkeit aus, da unter entsprechender Therapie Zustandsänderungen nicht auszuschließen seien, so dass eine Befristung der Leistungsminderung bis Januar 2009 befürwortet wurde.
Darüber hinaus ist hinsichtlich des Gesundheits- und Krankheitszustandes des Versicherten zu berücksichtigen, dass weder die Klägerin noch der Versicherte zu dem Zeitpunkt, als sie den Heiratsentschluss fassten, die Vorstellung hatten, dass mit dem baldigen Versterben des Versicherten gerechnet werden müsste. Dies steht aufgrund der eingeholten Befundberichte der behandelnden Ärzte und der Vernehmung der Zeugen zur Überzeugung des Gerichtes fest. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten im Rahmen der Beurteilung der Versorgungsabsicht und der gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechenden Umstände auch auf die Kenntnis bzw. die fehlende Kenntnis der Ehegatten von der ungünstigen Verlaufsprognose der nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung des Versicherten an (vgl. BSG vom 05.05.2009, B 13 R 55/08 R; LSG Schleswig-Holstein vom 11.05.2009, Az: L 8 R 162/07; LSG Niedersachsen-Bremen vom 28.08.2008, Az: L 1 R 193/06; LSG Sachen-Anhalt vom 20.09.2007, Az: L 3 RJ 126/05).
Den behandelnden Ärzten des K. Klinikums D, war kein Gespräch mit dem Versicherten über die Prognose seiner Erkrankung erinnerlich. Der behandelnde Onkologe Dr. A., der als einziger behandelnder Arzt von einer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehenden infausten Prognose ausging, teilte dem Gericht mit, dass alle seine Versuche, das Gespräch auf die begrenzte Lebenszeit und die kontinuierliche Progression der Erkrankung zu lenken, gescheitert seien, da der Versicherte sich diesem Thema nicht habe öffnen können bzw. er nicht im Stande gewesen sei, seine Verdrängungsmechanismen zu durchbrechen. Der behandelnde Hausarzt Dr. H. führte in seinem Befundbericht aus, der Versicherte sei über sein Leiden und die Schwere der Erkrankung aufgeklärt gewesen, sei aber nach seiner Operation offensichtlich von seiner Heilung überzeugt gewesen. Natürlich habe er und seine mitbehandelnde Kollegin den Versicherten in seiner Meinung, dass er wieder ganz gesund werden könnte, unterstützen müssen.
Diese Einschätzung des behandelnden Hausarztes, nach der der Versicherte nach der durchgeführten Operation davon überzeugt war, wieder ganz gesund zu werden, wird bestätigt durch die Angaben der Klägerin und der Zeugen. Die Klägerin schilderte glaubhaft, der Versicherte sei immer sehr optimistisch gewesen und immer davon ausgegangen, dass er es schon schaffen werde, wobei bei ihm aber auch immer sehr viel Angst spürbar gewesen sei. Der Zeuge W. bestätigt die Einschätzung des behandelnden Hausarztes, indem er ausführte, er habe den Eindruck gehabt, der Versicherte habe nach der Durchführung der Chemo- und Bestrahlungstherapie mit dem Thema Krebs abgeschlossen gehabt und die Erkrankung als überstanden angesehen. Er sei der Überzeugung gewesen, die Krankheit überwunden zu haben. Die Zeugin U. B. schilderte glaubhaft, der Versicherte sei nach der überstandenen Leberoperation total optimistisch und euphorisch gewesen. Er habe das Gefühl gehabt, jetzt alles überstanden zu haben und habe sehr optimistisch in die Zukunft geblickt. Der Zeuge W. B. hat ausgesagt, der Versicherte habe die Erkrankung nicht akzeptiert, sei sehr optimistisch gewesen und habe nicht daran gedacht, dass er in den nächsten Monaten sterben würde. Dies entspricht den Angaben des Zeugen N., wonach der Versicherte nach der Operation sehr guter Dinge und optimistisch gewesen sei und richtig Lebensmut gefasst habe. Insoweit ergibt sich ein völlig widerspruchsfreies und in sich stimmiges Gesamtbild, wonach der Versicherte im Zeitpunkt des Heiratsentschlusses im Januar 2006 seine Krankheit in der Weise verarbeitet hatte, dass er davon überzeugt war, die Erkrankung aufgrund der Operation und der anschließenden Chemo- und Radiotherapie überwunden zu haben.
Schließlich hatte auch die Klägerin zu dem Zeitpunkt, in dem sie sich gemeinsam mit dem Versicherten für die Heirat entschied, keine Kenntnis von einem zu erwartenden ungünstigen Verlauf der Erkrankung des Versicherten. Sie schilderte glaubhaft, dass die behandelnden Ärzte mit der Einschätzung der Erkrankung und insbesondere mit der Einschätzung der Frage vorsichtig gewesen seien, ob die Krebserkrankung später wieder auftreten würde. Man habe ihr gesagt, dass die Operation gut verlaufen sei und dass anschließend eine Bestrahlungs- und Chemotherapie durchgeführt werden solle. Auch später habe man ihr immer wieder gesagt, man solle abwarten, es müssten noch Untersuchungen durchgeführt werden und man könne noch keine sichere Prognose treffen. Erst am 09.03.2006, als
im Rahmen einer CT-Untersuchung neue Metastasen festgestellt worden seien, habe man ihnen gesagt, dass es nicht so gut aussehen würde. Man habe aber nie einen Zeitraum genannt, wie lange der Versicherte noch an Lebensperspektive haben würde. Somit war der Klägerin im Zeitpunkt des Heiratsentschlusses im Januar 2006 allenfalls die Möglichkeit bewusst, dass die Krebserkrankung später noch einmal auftreten könne. Zwar hatte sich diese Möglichkeit zum Zeitpunkt der Aufgebotsbestellung am 09.03.2006 bzw. der Eheschließung am 31.03.2006 realisiert. Auf diesen Zeitpunkt ist aber nicht entscheidend abzustellen, weil es sich insoweit nur um die konsequente Umsetzung des bereits im Januar 2006 gefassten Heiratsentschlusses handelte.
Als objektiver Umstand ist darüber hinaus zu würdigen, dass zum Zeitpunkt des Heiratsentschlusses ein gemeinsames minderjähriges Kind vorhanden war und im Haushalt der Klägerin und des Versicherten lebte. Die gemeinsame Tochter S. war zu dem Zeitpunkt 16 Jahre alt. Der Umstand, dass ein gemeinsames minderjähriges Kind vorhanden ist und die weitere Betreuung und Erziehung des Kindes durch den überlebenden Ehegatten gesichert werden soll, kann gegen die Annahme einer Versorgungsehe sprechen (LSG Sachsen-Anhalt vom 20.09.2007, Az: L 3 RJ 126/05; LSG NRW vom 31.08.2007, Az: L 13 R 3/07; Verbandskommentar § 46 SGB VI Rn 9).
Ein weiterer objektiver Umstand ist das langjährige Zusammenleben der Klägerin und des Versicherten in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Dieser Umstand kann je nach Dauer und Ausgestaltung nach den Umständen des Einzelfalles den gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestand erfüllen (BSG vom 02.02.2001, Az: B 2 U 379/00 B). Dabei ist insbesondere von Bedeutung, ob sich die Partner in der Zeit vor der Eheschließung bewusst gegen ein Zusammenleben in einer Ehe entschieden und einer auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaft den Vorzug gegeben haben oder ob sie die Möglichkeit einer Heirat bereits früher ins Auge gefasst hatten (vgl. LSG Schleswig-Holstein vom 07.03.2007, Az: L 8 R 207/06; LSG Schleswig-Holstein vom 11.05.2009, Az: L 8 R 162/07).
Schließlich ist als äußerer Umstand zu berücksichtigen, dass sowohl die Klägerin als auch der Versicherte während der Dauer ihres Zusammenlebens beide berufstätig waren, wobei
der Versicherte bis zu seiner Arbeitslosigkeit im Jahre 2001 einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachging und die Klägerin halbtags und zusätzlich im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses arbeitete. Dies bedeutet, dass die Klägerin auch nach dem Tod des Versicherten durch die Ausübung einer – nunmehr vollschichtigen – Erwerbstätigkeit finanziell abgesichert ist und sich zudem durch ihre langjährige Berufstätigkeit eine eigene Rentenanwartschaft aufgebaut hat.
Unter Berücksichtigung dieser objektiven Umstände und der von der Klägerin vorgetragenen inneren Umstände steht aufgrund der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Entschluss der Klägerin zur Eheschließung nicht allein oder überwiegend auf der Absicht beruhte, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen, sondern dass das maßgebliche Motiv der Klägerin die gegenseitige Zuneigung und der Wunsch nach einer Legitimation ihrer langjährigen partnerschaftlichen Beziehung zu dem Versicherten gewesen ist, die bereits in der Zeit vor der Eheschließung aufgrund des langjährigen Zusammenlebens, der gemeinsamen Haushaltsführung und der gemeinsamen Erziehung der Tochter durch ein gegenseitiges Füreinandereinstehen im Rahmen einer Liebesbeziehung charakterisiert war. Insoweit stellt sich die Heirat als Fortsetzung einer seit mehr als 20 Jahre bestehenden ernsthaften partnerschaftlichen Gemeinschaft mit einem gemeinsamen Kind aufgrund einer Liebesbeziehung dar.
Maßgebliches Indiz für die Motivlage der Klägerin ist der Umstand, dass die Klägerin und der Versicherte zum Zeitpunkt des Heiratsentschlusses bereits seit über 20 Jahren eine Liebesbeziehung hatten, aus der die 1989 geborene Tochter S. hervorgegangen ist, dass sie seit 10 Jahren gemeinsam mit der Tochter in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammenlebten und bereits zu früheren Zeitpunkten Heiratsabsichten hatten, die aus unterschiedlichen Gründen nicht realisiert wurden. Vor diesem Hintergrund erscheint es aus Sicht des Gerichtes ausgeschlossen, dass sich die Klägerin und der Versicherte in früherer Zeit auf eine auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaft geeinigt hatten und erst angesichts des sich verschlechternden gesundheitlichen Zustandes des Versicherten den Entschluss gefasst haben, eine Ehe zu schließen, um der Klägerin als Witwe eine Versorgung zu verschaffen.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme ist nachgewiesen, dass die Klägerin und der Versicherte bereits in früheren Lebensphasen die Absicht hatten, zu heiraten, ohne dass dabei ein konkreter Hochzeitstermin geplant war oder dass bereits Vorbereitungen für eine konkret anstehende Hochzeit getroffen worden waren. Nach den Angaben der Klägerin wurde im Jahre 1996, als sie mit dem Versicherten und der Tochter S. in eine gemeinsame Wohnung gezogen sind, das erste Mal konkret über eine Hochzeit gesprochen. Damals fehlten infolge der Einrichtung der neuen Wohnung die finanziellen Mittel für eine Hochzeit, zumal der Versicherte die Vorstellung von einer großen Hochzeitsfeier hatte. Im Jahre 1999 wurde das Thema Heirat von der Klägerin wieder aufgegriffen, wobei eine Bandscheibenoperation des Versicherten mit längerer Rehabilitationsphase dazwischen kam. Auch in der Folgezeit hätten sie öfter über ihren Heiratswunsch gesprochen, wobei sie aufgrund der im Jahre 2001 eingetretenen Arbeitslosigkeit des Versicherten zunächst andere Sorgen gehabt hätten, als eine Hochzeit zu arrangieren.
Diese Angaben der Klägerin werden bestätigt durch die Aussage des Zeugen W., der mit der Klägerin und dem Versicherten freundschaftlich verbunden war und sich konkret erinnerte, mit ihnen in dem Zeitraum 1998 oder 1999 über deren Heiratswunsch und deren Hochzeitspläne gesprochen zu haben, die sich später zerschlagen hätten, weil der Versicherte am Rücken operiert werden musste. Auch der Zeuge C. P. hat glaubhaft bekundet, mit dem Versicherten 1999 über s Heiraten gesprochen zu haben und von ihm erfahren zu haben, dass er vorhabe, zu heiraten. Schließlich hat der Zeuge W. ausgesagt, dass die Klägerin und der Versicherte kurz vor der im Jahre 2001 eingetretenen Arbeitslosigkeit sich nochmals mit dem Thema Heiraten beschäftigt hätten. Aufgrund der eingetretenen Arbeitslosigkeit hätten sie von diesen Überlegungen wieder Abstand genommen und zunächst die weitere berufliche Entwicklung abwarten wollen. Dies wird bestätigt durch die Aussage der Zeugin U. B., wonach ihr der Versicherte kurz vor Eintritt der Arbeitslosigkeit gesagt habe, dass er und die Klägerin heiraten wollten, wobei sie diesen Zeitpunkt – irrtümlich – 3 bis 3/1 Jahre vor seinem Tod ansiedelte. Nach Eintritt der Arbeitslosigkeit habe der Versicherte ihr dann mitgeteilt, sie wollten nach seiner Umschulung heiraten. Auch der Zeuge W. B. hat bekundet, der Versicherte habe ihn ungefähr 4 oder 5 Jahre vor seinem Tod auf das Thema Heiraten angesprochen und ihm mitgeteilt, dass er demnächst heiraten werde. Er habe ihn in diesem Entschluss bestärkt und darauf hingewiesen, dass es ja langsam Zeit werde. Allerdings habe sich dann die Heirat verzögert, weil der Versicherte kurze Zeit später arbeitslos geworden sei.
Insoweit ergibt sich aus den Angaben der Klägerin und den glaubhaften gemachten Aussagen der Zeugen das stimmige und widerspruchsfreie Gesamtbild, wonach sich die Klägerin und der Versicherte bereits lange vor dem Auftreten der schweren Erkrankung des Versicherten grundsätzlich darin einig waren, dass sie heiraten wollten. Dabei war ihre Bereitschaft zu einer Heirat zu unterschiedlichen Zeitpunkten soweit gereift und konkretisiert, dass sie bereits mit Freunden und Verwandten über ihre Heiratsabsichten gesprochen haben. Allerdings war ihre Heiratsabsicht in diesen Lebensphasen noch nicht so verfestigt, dass sie sich durch die jeweils entgegenstehenden äußeren Umstände (finanzieller Engpass, Bandscheibenoperation des Versicherten, Arbeitslosigkeit des Versicherten, Umschulungsmaßnahme) nicht hätten davon abbringen lassen. Gleichwohl steht damit fest, dass sich die Klägerin und der Versicherte zu keinem Zeitpunkt aus Überzeugung gegen eine Eheschließung und bewusst für die gesellschaftlich weitgehend akzeptierte Form des Zusammenlebens in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft entschieden hatten.
Der weitere Zeitablauf und die Umstände der Eheschließung enthalten keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin neben ihren bereits seit langem bestehenden Beweggründen für die Heirat, nämlich die gegenseitige Zuneigung und der Wunsch nach einer Legitimation der langjährigen Partnerschaft, andere Motive hinzugetreten sind und eine wesentliche Rolle gespielt haben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass nunmehr Versorgungsgesichtspunkte in den Vordergrund gerückt sind und die Aussicht auf eine Hinterbliebenenversorgung ein wesentliches Motiv geworden ist. Die Klägerin hat vielmehr für das Gericht nachvollziehbar ihre inneren Beweggründe beschrieben, wonach sie sich nach dem Auftreten der schweren Erkrankung des Versicherten endgültig entschieden hat, ihren lange bestehenden Heiratswunsch umzusetzen und nicht mehr länger von äußeren, scheinbar entgegenstehenden Umständen wie Arbeitslosigkeit, Krankheit oder fehlende Finanzierbarkeit eines großen Hochzeitsfestes abhängig zu machen. Danach hat sich für die Klägerin die emotionale Bindung zwischen ihr und dem Versicherten seit dem Auftreten der Krebserkrankung des Versicherten intensiviert, was ihre Einstellung zu der bereits lange ins Auge gefassten Heirat beeinflusst hat. Die Klägerin hat dies anschaulich dahingehend beschrieben, dass es für sie früher nicht das Wichtigste gewesen sei, einen Trauschein in der Tasche zu haben. Sie habe jedoch durch die Erfahrungen im Zusammenhang mit dem Bekanntwerden der schweren Erkrankung des Versicherten, der
Durchführung der Operation und der anschließenden Chemo- und Bestrahlungstherapie das Gefühl gehabt, dass sie gemeinsam durch so viele Höhen und Tiefen gegangen seien, dass sie nunmehr unbedingt habe heiraten wollen. Der Versicherte und sie hätten das Empfinden gehabt, dass sie das letzte halbe Jahr noch mehr zusammengeschweißt hätte, so dass sie aus diesem Grund unbedingt hätten heiraten wollen, sobald die Chemo- und Bestrahlungstherapie abgeschlossen sei. Vor dem Hintergrund der nachgewiesenen, bereits vor dem Auftreten der Erkrankung bestehenden langjährigen Heiratsabsicht ist der Umstand, dass sich diese Absicht aufgrund der tiefgehenden emotionalen Erfahrungen im Zusammenhang mit dem gemeinsam Kampf gegen die schwere Krankheit des Versicherten zu einem konkreten Heiratsentschluss verdichtet haben, nachvollziehbar und verständlich. Insoweit hat bei der Klägerin eine Verschiebung der bisherigen Wertigkeiten stattgefunden, die Einfluss auf die Intensität ihres grundsätzlich schon langjährig bestehenden Wunsches hatte, die beiderseitige Liebesbeziehung durch den Akt der Eheschließung zu bekräftigen und nach Außen hin zu manifestieren.
Die Angaben der Klägerin zur Entwicklung ihrer Liebesbeziehung zu dem Versicherten und zu ihren inneren Beweggründen hinsichtlich des im Januar 2006 gefassten Entschlusses, den Versicherten zu heiraten, waren aus Sicht des Gerichtes glaubhaft. Die Angaben waren völlig widerspruchsfrei und ergaben ein in sich stimmiges Bild von der Person des Versicherten, der Klägerin und der Beziehung der beiden zueinander. Die Klägerin erschien dem Gericht uneingeschränkt glaubwürdig, da sie eher zurückhaltend und erkennbar gewissenhaft die Fragen des Gerichtes nach der Entwicklung der Beziehung zu dem Versicherten, den Heiratsabsichten und dem konkreten Heiratsentschluss, den Umständen der Heirat und dem Krankheitsverlauf des Versicherten beantwortet hat, wobei ihr eine tendenzgerichtete, dramatisierende oder übertreibende Darstellungsweise fremd ist.
Soweit die Beklagte die Rechtsansicht vertreten hat, auf die innere Motivationslage der Klägerin komme es nicht an, da eine Bewertung allein aufgrund der nach Außen tretenden Tatsachen vorzunehmen sei und nur besondere objektiv erkennbare Umstände zur Widerlegung der durch das Gesetz aufgestellten Vermutung herangezogen werden könnten, ist dies aus Sicht des Gerichtes nicht überzeugend. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, ist eine Beschränkung auf objektiv nach Außen tretende Umstände bei der Ermittlung der Beweggründe für die Heirat bzw. des
Zweckes der Heirat nicht zulässig da andernfalls die Möglichkeit, die gesetzliche Annahme einer Versorgungsehe zu entkräften, in nicht hinzunehmender Weise eingeschränkt würde (vgl. BSG vom 31.08.2007, Az: L 13 R 3/07). Macht eine Hinterbliebene von sich aus oder auf Befragen entsprechende Angaben und sind diese glaubhaft, so sind auch diese persönlichen Gründe in die Gesamtbetrachtung einzustellen und unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände des Falles zu würdigen.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertreten hat, speziell aus der Zeugenaussage der Zeugin U. B. ergebe sich, dass der Versorgungsgedanke der überwiegende Zweck der Heirat gewesen sei, ist dies aus Sicht des Gerichts in keiner Weise überzeugend. Die Zeugin U. B. schilderte eine Situation unmittelbar vor der Durchführung der Leberoperation, in der der Versicherte große Angst vor der Operation gehabt habe und sie gebeten habe, dafür zu sorgen, dass die Klägerin und ihre Tochter das Geld aus einer Lebensversicherung bekommen würden, falls ihm etwas passieren sollte. Hintergrund dieser Bitte war der Umstand, dass die Lebensversicherung auf die Eltern des Versicherten lief. Es erscheint nachvollziehbar, dass sich der Versicherte unmittelbar vor einer schweren und lebensbedrohlichen Operation Gedanken darüber macht, was aus seiner Lebensversicherung wird, falls er die Operation nicht überleben sollte. Es ist auch naheliegend, dass es ihm ein Anliegen ist, dass die Mittel aus der Lebensversicherung nicht seinen Eltern, sondern seiner Lebensgefährtin und seinem Kind zukommen. Daraus eine generalisierte Versorgungsabsicht des Versicherten und damit auch eine Versorgungsabsicht hinsichtlich der späteren Heirat herzuleiten, erscheint aus Sicht des Gerichtes nicht zulässig. Dies gilt auch für den von der Zeugin Bruckschen geschilderten Ratschlag, den sie bei dieser Gelegenheit dem Versicherten gegeben hat, nämlich, dass er bald heiraten solle. Die Zeugin hat in diesem Zusammenhang ausgesagt, dies sei während der Zeit der Krankheit das einzige Mal gewesen, dass sie dem Versicherten zu einer Heirat geraten habe. Daraus zu folgern, der Versicherte habe sich wegen dieses Ratschlages seiner Mutter allein aus Versorgungsabsichten heraus später zu der Heirat entschlossen, ist aus Sicht des Gerichtes in keiner Weise überzeugend. Jedenfalls kann ausgeschlossen werden, dass die Klägerin in der von der Beklagten angenommenen Art und Weise beeinflusst worden ist, da sie von der Zeugin U. B. einen entsprechenden Ratschlag nicht bekommen hat. Insoweit hat die Zeugin B. ausgesagt, der Klägerin allein
unter dem Gesichtspunkt zu einer Heirat geraten zu haben, damit sie die notwendigen Auskünfte der Ärzte über den Gesundheitszustand und die Erkrankung des Versicherten bekommen würde. Selbst wenn man unterstellt, dass sich die Klägerin davon hat beeinflussen lassen, was von ihr nicht bestätigt wurde, würde es sich um eine Motivation handeln, die gegen eine Versorgungsabsicht sprechen würde.
Nach alledem ist nachgewiesen, dass die maßgeblichen Motive der Klägerin für die Heirat die gegenseitige Zuneigung und der Wunsch nach einer Legitimation ihrer langjährigen Partnerschaft mit dem Versicherten war und der Versorgungsgedanke bei ihr keine Rolle gespielt hat. Bereits aus diesem Grund sind die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe in der Gesamtbetrachtung zumindest als gleichwertig anzusehen (vgl. BSG vom 05.05.2009, Az: B 13 R 55/08 R).
Hinzu kommt, dass zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass auch bei dem Versicherten andere, von einer Versorgungsabsicht abweichende Beweggründe für die Heirat mitbestimmend waren. Auch der Versicherte hatte lange Zeit vor dem Auftreten der Erkrankung mehrfach einen Heiratswunsch geäußert und diesen gegenüber Freunden und Verwandten zum Ausdruck gebracht. Dies ist von den Zeugen P., W., U. B., W. B. und A. N. glaubhaft bestätigt worden. Nach den Angaben der Zeugin U. B. wollte der Versicherte bereits zum Zeitpunkt der Geburt der gemeinsamen Tochter S. heiraten. Auch der Zeuge N. sagte aus, dass ihm der Versicherte bereits kurz nach der Geburt der gemeinsamen Tochter gesagt habe, er würde gerne heiraten. Damit steht fest, dass der Versicherte zumindest auch aus der gleichen Motivation wie die Klägerin geheiratet hat, nämlich wegen der gegenseitigen Zuneigung, wegen des Verantwortungsgefühles dem gemeinsamen Kind gegenüber und wegen des Wunsches der Legitimation der langjährigen Partnerschaft. Zudem steht fest, dass der Versicherte zum Zeitpunkt des Heiratsentschlusses im Januar 2006 keine Kenntnis davon hatte, dass seine Erkrankung eine ungünstige Verlaufsprognose hatte und seine Lebenserwartung nur noch gering war. Zu diesem Zeitpunkt war er davon überzeugt, die Krankheit aufgrund der Operation und der anschließenden Chemo- und Radiotherapie überwunden zu haben. Aus diesen Gründen kann ausgeschlossen werden, dass eine Versorgungsabsicht das tragende Motiv seines Heiratsentschlusses gewesen ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob er sich zumindest auch von Versorgungsgesichtspunkten hat leiten lassen. Jedenfalls stand das Motiv, für die Klägerin einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente zu begründen, nicht im Vordergrund.
Unter Berücksichtigung aller objektiven Umstände und unter Abwägung der Beweggründe beider Ehegatten ergibt sich in der Gesamtbetrachtung, dass die von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggründe insgesamt gesehen deutlich überwiegen, so dass die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung zu begründen.
Die Klägerin hat nicht bereits ab dem Todestag, sondern erst ab dem 01.06.2006 einen Anspruch auf Witwenrente, da dem Versicherten im Sterbemonat eine Erwerbsminderungsrente zu leisten war (§ 99 Abs 2 SGB VI). Ob der Klägerin eine kleine oder eine große Witwenrente zusteht, hängt davon ab, in welchem Zeitraum eine Erziehung der Tochter S. im Sinne des § 46 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI bzw. eine in häuslicher Gemeinschaft ausgeübte Sorge im Sinne des § 46 Abs 2 S 3 SGB VI vorgelegen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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