L 4 R 151/05

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 RA 5481/02
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 4 R 151/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. November 2004 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Der Klägerin werden Verschuldenskosten in Höhe von 500,- Euro auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt (nur noch) die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, hilfs-weise wegen Berufsunfähigkeit, für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis einschließlich 17. Dezember 2004.

Die 1968 geborene Klägerin ist verheiratet und hat keine Kinder. Sie verließ die Schule mit dem erweiterten Hauptschulabschluss und absolvierte vom 1. September 1985 bis zum 13. Ja-nuar 1987 zunächst erfolgreich eine Lehre als Verkäuferin, sodann bis zum 1. Juni 1988 eben-falls erfolgreich eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau. Nachdem sie bis zum 31. Juli 1989 in ihrem erlernten Beruf gearbeitet hatte, gab sie diesen nach eigenen Angaben krank-heitsbedingt auf. Im August und September 1989 war sie als Kassiererin tätig, was sie nach eigenen Angaben ebenfalls aus Krankheitsgründen aufgab. Vom 1. Oktober 1989 bis zum 13. Dezember 1991 wurde sie bei der Beklagten zur Verwaltungsangestellten ausgebildet und zwar zunächst zur Zuarbeiterin, dann zur Bearbeiterin. Daran schloß sich ein zum 30. September 2006 durch Kündigung der Arbeitgeberin beendetes Arbeitsverhältnis bei der Beklagten an. Nach deren Auskunft war die Klägerin zuletzt als Zuarbeiterin an fünf Tagen in der Woche je 7,42 Stunden beschäftigt und wurde nach dem Manteltarifvertrag Angestellte/BfA Vergü-tungsgruppe VI vergütet (Grundvergütung 2.683,84 DM zuzüglich Ortszuschlag von 958,35 DM und allgemeiner Zulage von 196,04 DM). Die Klägerin, die auch in den Jahren zuvor schon hohe Fehlzeiten gehabt hatte, war vom 17. April 2000 bis zum Ende ihres Arbeitsver-hältnisses krank geschrieben, in der Zeit davor, nämlich vom 15. April 1996 bis zum 31. März 2000, war sie als Personalrätin freigestellt.

Die Klägerin ist als Schwerbehinderte anerkannt; mit Widerspruchbescheid vom 1. März 2006 wurde der Grad der Behinderung mit 50 festgestellt.

Unter dem 8. Juni 2000 beantragte die Klägerin die Gewährung einer stationären Rehabilitati-onsmaßnahme im Reha-Zentrum B K mit der Begründung, dort sei sowohl eine orthopädische wie auch eine psychologische Betreuung möglich. Mit Bescheid vom 16. August 2000 wurden ihr medizinische Leistungen zur Rehabilitation bewilligt, die in der Zeit vom 19. September bis zum 17. Oktober 2000 in der Klinik in B S durchgeführt wurden. Am 27. November 2000 be-antragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs-, hilfswei-se wegen Berufsunfähigkeit und gab dabei an, sie halte sich seit Beginn ihrer Krankschreibung am 17. April 2000 für berufs- oder erwerbsunfähig wegen eines Hals-, Brust- und Lendenwir-belsäulensyndroms, eines Bandscheibenvorfalls in der Lendenwirbelsäule, eines Zustand nach Fraktur des ersten Lendenwirbelkörpers, Taubheit der linken Hand und Depressionen. Zum Teil seien ihre Beschwerden auf einen im Jahr 1989 erlittenen Verkehrsunfall zurückzuführen. Ihrem Antrag fügte die Klägerin eine Bescheinigung des behandelnden Orthopäden Dr. S bei, in der es heißt, die Erwerbsfähigkeit sei auf Dauer eingeschränkt, die Reha-Maßnahmen hätten keinen Erfolg gehabt.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten neben dem Bericht über die im Herbst 2000 durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme ein weiterer Entlassungsbericht der Klinik über einen Aufenthalt der Klägerin dort vom 23. Juli bis zum 13. August 1997, ein Befundbericht des Or-thopäden Dr. S vom 2. Juni 2000 vor. Dem vom 1. November 2000 datierenden Entlassungsbe-richt zufolge bestanden bei der Klägerin ein degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom bei Zustand nach Kompressionsfraktur des ersten Lendenwirbelsäulenkörpers 1989, ein Prolaps L 5/S 1 ohne Radikulopathie sowie ein depressiv getöntes psychovegetatives Erschöpfungssyn-drom. Ihr seien, so heißt es, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnden Haltungen ohne häu-figes Bücken, ohne Heben, Tragen und Bewegen von schweren Lasten und ohne Zwangshal-tungen vollschichtig möglich. Empfohlen würden eine stufenweise Wiedereingliederung sowie eine innerbetriebliche Umsetzung, um den psychosozialen Druck in der onkologischen Abtei-lung abzubauen.

Mit Bescheid vom 9. April 2001 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab, weil sie noch in der Lage sei, in ihrem bisherigen Berufsbereich vollschichtig tätig zu sein. Darüber hinaus bestehe ein vollschichtiges Leistungsvermögen für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes.

Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 16. April 2001 Widerspruch ein und führte aus, der Entlassungsbericht der Klinik, auf den der Bescheid offenbar überwiegend gestützt sei, sei in-soweit unvollständig, als die eingeschränkte Gebrauchsfähigkeit ihrer linken Hand nicht be-rücksichtigt worden sei. Auch sei es weder zutreffend, dass sie alle Anwendungen gut vertra-gen habe und der Verlauf unauffällig gewesen sei, noch dass sie im Ergebnis der Behandlun-gen eine frei bewegliche und schmerzlose Wirbelsäule gehabt habe. Die Beschwerden bestün-den weiterhin und beeinflussten sowohl ihren beruflichen als auch den privaten Alltag, so dass es für sie unverständlich sei, dass sie leichte Bürotätigkeiten vollschichtig bewältigen können solle. Die Tätigkeit einer Zuarbeiterin könne man ihres Erachtens auch nur auf geistiger Ebene als leicht einstufen, denn in diesem Bereich werde auch regelmäßig die Vertretung und Mitbe-wältigung von Registraturarbeiten verlangt. Dazu gehörten dann auch Tätigkeiten, die mit Bü-cken, Hocken und Tragen verbunden seien, die übrige Zeit werde am Schreibtisch und am Computer in Zwangshaltung verbracht. Ein Zuarbeiter könne seine Arbeit und Arbeitszeit nicht selbst, insbesondere zeitweise, so einteilen, dass er die Arbeitshaltung nach seinen gesundheit-lichen Bedürfnissen im Stehen, Gehen und Sitzen einrichten könne. Auf dem allgemeinen Ar-beitsmarkt dürfe es unmöglich sein, eine Stelle zu finden, die sämtliche gesundheitlichen Ein-schränkungen berücksichtige. Auch eine innerbetriebliche Umsetzung könne an diesen Fakto-ren wohl nichts ändern, lediglich die mit der Betreuung von Karzinomversicherten und Kin-dern verbundene Belastung wäre dann nicht mehr gegeben. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen könne sie nicht einmal regelmäßig täglich ihren Arbeitsplatz erreichen, um ihre Tätigkeit aufzunehmen und durchzuführen. Den häuslichen Verpflichtungen könne sie nur manchmal und auch nur teilweise nachkommen. Sie sei weiterhin nicht arbeitsfähig. Eine Un-tersuchung beim personalärztlichen Dienst am 24. Januar 2001 habe ergeben, dass eine Dienst-fähigkeit nicht angezeigt sei. Auch eine Umsetzung und die Durchführung des Hamburger Modells seien nicht weiter diskutiert worden. Das Ergebnis der Untersuchung beim MdK habe vorgelegen.

Im Widerspruchsverfahren lag der Beklagten eine sozialmedizinische Stellungnahme des MdK Berlin/Brandenburg e.V., Dr. M, vom 7. März 2001 vor, in der es heißt, bei der Klägerin beste-he eine komplexe somatische und psychische Beschwerdeproblematik. Aufgrund der chroni-schen Rückenbeschwerden bestehe eine langfristige Arbeitsunfähigkeit, eine deutliche psychi-sche Überlagerung der Beschwerdesymptomatik sei jedoch gegeben und eine spezifische Be-handlung bisher nicht ausreichend erfolgt. Dringend eingeleitet werden sollte hier eine ambu-lante Psychotherapie. In Anbetracht der Grunderkrankung und des bisherigen Krankheits- und Therapieverlaufs sei jedoch von einem chronifizierten Geschehen auszugehen und die Er-werbsfähigkeit als erheblich gefährdet bzw. gemindert einzuschätzen.

In der Folgezeit hörte die Beklagte, die der Klägerin mit der Ablehnung ihres Rentenantrages das Angebot der Durchführung einer erneuten stationären Rehabilitationsmaßnahme gemacht hatte, dazu an, dass sie eine derartige Maßnahme nicht mehr für sinnvoll halte und den entspre-chenden Bescheid daher zurücknehmen wolle. Dem entgegnete die Klägerin, dass sie zwar nicht die Durchführung einer rein orthopädischen, wohl aber die Durchführung einer Maßnah-me, die auch ihre psychosomatischen Beschwerden berücksichtige, für sinnvoll halte und wei-terhin begehre. Ihrer Stellungnahme fügte sie ein ärztliches Attest des behandelnden Psycho-therapeuten Dr. P vom 6. August 2001 bei. Des Weiteren übersandte sie ein Attest des Ortho-päden Dr. S vom 8. August 2001.

Auf Veranlassung der Beklagten untersuchte die Neurologin und Psychiaterin Dr. W die Klä-gerin und erstellte am 22. August 2001 ein Gutachten, in welchem sie zu dem Ergebnis kam, dass bei der Klägerin eine Somatisierungsstörung und eine Leidensfixierung, welche sich nicht nur auf das Rückenleiden, sondern z. B. auch noch auf Kopfschmerzen erstrecke, nachweisbar seien. Auffällig gewesen sei die Diskrepanz zwischen der Beschwerdeschilderung, dem lauten Stöhnen und den dann doch eher unauffälligen Bewegungsabläufen. Möglicherweise spiele der nicht bewältigte Übergang von einer freigestellten Personalrätin (vier Jahre bis zum 31.3.2000) zum normalen Arbeitsplatz (wohl vom 1. bis zum 16.4.2000, seitdem fortlaufend krankge-schrieben) für die Ausprägung der seelischen Erkrankung eine nicht unwesentliche Rolle. Auf nervenärztlichem Gebiet sei die Klägerin in der Lage, ihrer letzten beruflichen Tätigkeit als Zuarbeiterin in der Reha-Abteilung oder auch sonstigen beruflichen Tätigkeiten in Vollzeitstel-lung nachzukommen. Ein psychosomatisches Heilverfahren sei außerdem sinnvoll, da die Mo-tivation der Klägerin für eine ambulante Psychotherapie eher begrenzt gewirkt habe. Ein or-thopädisches Gutachten zur Objektivierung der insoweit geklagten Beschwerden sei sinnvoll.

Daraufhin veranlasste die Beklagte die Untersuchung der Klägerin durch die Chirurgin und Sportmedizinerin Dr. M, die unter dem 16. September 2001 ein weiteres Gutachten erstellte. In diesem sind die Diagnosen Ischialgie bei flachem Prolaps L 5/S 1, Schulterteilsteife bei Dor-salgie, Cerviko-Cephalsyndrom und Verdacht auf Psychosomatose aufgeführt. Die Klägerin habe, so heißt es in dem Gutachten, überwiegend über Beschwerden im Bereich der gesamten Wirbelsäule geklagt. Bei der Untersuchung hätten im Bereich der Lendenwirbelsäule deutliche Funktionsstörungen festgestellt werden können, die sich jedoch nicht allein aus dem vorliegen-den flachen Prolaps bei L5/S 1 erklären ließen. Es seien sicher auch die massive muskuläre Verspannung lumbal und eine gewisse Angst vor Schmerzen für die deutlichen Einschränkun-gen verantwortlich. Die Klägerin sei aus chirurgisch-orthopädischer Sicht in ihrer bisherigen Tätigkeit als Verwaltungsangestellte vollschichtig einsetzbar, jedoch werde die Ansicht der Vorgutachterin geteilt, dass ein deutlicher psychosomatisch-komplexer Befund vorliege und ein psychosomatisches Heilverfahren anzustreben sei. Eingeschränkt sei das Leistungsvermö-gen der Klägerin nur insoweit, als das Heben und Tragen schwerer Lasten, unphysiologische Körperhaltungen sowie anhaltende Überkopfarbeiten und Arbeiten in Kälte und Nässe vermie-den werden müssten.

Aufgrund des Ergebnisses der beiden Gutachten bewilligte die Beklagte der Klägerin die Durchführung einer weiteren Rehabilitationsmaßnahme. Sie erfolgte vom 20. Februar bis zum 3. April 2002 in der R-Rehabilitationsklinik in BK. Im Entlassungsbericht der Klinik heißt es, bei der Klägerin bestünden eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, ein degeneratives Lendenwirbelsäulensyndrom sowie ein Zustand nach Kompressionsfraktur, ein Prolaps L5 /S 1, ein Zerviko-Brachialsyndrom, Spannungskopfschmerzen sowie Adipositas. Es bestünden quantitative und qualitative Leistungseinschränkungen für die letzte Tätigkeit und auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Aus orthopädischer Sicht könne die Klägerin noch körperlich leich-te Tätigkeiten im Haltungswechsel vollschichtig verrichten, wobei das Heben und Tragen von Lasten über 15 kg Gewicht, das Ersteigen von Leitern und Gerüsten, das Arbeiten in Zwangs-haltungen, Überkopfarbeiten und Tätigkeiten in Nässe und Zugluft zu meiden seien. Im Hin-blick auf eine Verstärkung der Symptomatik aufgrund noch nicht hinreichend aufgearbeiteter traumatisierender Lebensereignisse und einer latenten Partnerproblematik sei die Klägerin als arbeitsunfähig entlassen worden.

Mit Bescheid vom 22. Juli 2002 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, sie sei noch in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf als Verwal-tungsangestellte und auch auf dem allgemeinen Arbeitsfeld vollschichtig tätig zu sein, so dass sie weder berufs- noch erwerbsunfähig oder erwerbsgemindert sei.

Daraufhin hat die Klägerin am 22. August 2002 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben, um ihr Begehren weiterzuverfolgen. Sie hat ärztliche Atteste bzw. Stellungnahmen des Orthopäden und Sportmediziners Dr. G vom 2. September 2002 und vom 13. März 2003, der Orthopäden Dr. Wund Dr. S vom 21. November 2002, der Orthopäden Dr. W und Dr. S vom 13. März 2003, der Radiologin A über eine Magnetresonanztomographie der Lendenwirbelsäule vom 20. Mai 2003, der S über einen stationären Aufenthalt dort vom 4. bis zum 19. November 2003, der Internistin Dr. R vom 4. Juli 2004 sowie eine gutachtliche Stellungnahme zum Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung vom 4. September 2004 in Ablichtung zu den Akten gereicht. Schließlich hat die Klägerin zahlreiche Unterlagen, unter anderem über Bildschirmar-beitsplätze, Fibromyalgie, Arthrose und die Scheuermann’sche Krankheit sowie die letzte dienstliche Beurteilung aus der Zeit vor der Freistellung wegen der Personalratstätigkeit in Ab-lichtung zu den Akten gereicht.

Die Beklagte hat eine vom 8. April 2003 datierende berufskundliche Stellungnahme zur Tätig-keit einer Zuarbeiterin zu den Akten gereicht.

Die Kammer hat die beim Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin -Versorgungsamt - über die Klägerin geführte Schwerbehindertenakte beigezogen und die Ablichtung eines ärztli-ches Gutachtens zum Antrag nach dem Schwerbehindertengesetz vom 30. Mai 2000 zu den Akten genommen. Sie hat Befundberichte eingeholt des Neurologen und Psychiaters Dr. P vom 14. Oktober 2002, des Orthopäden Dr. S vom 16. Oktober 2002, des Orthopäde Dr. L vom 1. September 2003, der Internistin Dr. R vom 14. September 2003, des psychologischen Psycho-therapeuten Dr. H vom 22. Oktober 2003 sowie von Dr. A, leitende Ärztin für Rheumatologie, physikalische Therapie und Sportmedizin der S vom 20. Januar 2004, dem die vom 10. De-zember 2003 datierende ausführliche Epikrise über einen Aufenthalt der Klägerin dort im No-vember 2003 beilag.

Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Neurologe und Psychiater Prof. Dr. G nach Unter-suchung der Klägerin unter dem 24. Januar 2003 ein Sachverständigengutachten erstellt. Darin kommt er zu dem Ergebnis, bei der Klägerin bestünden eine Depression mit somatoformer Stö-rung, ein Zustand nach LWK 1-Fraktur sowie degenerative Veränderungen im Bereich des Skelettsystems. Gegenüber den vorliegenden ärztlichen Unterlagen seien keine grundsätzlich neuen Befunde erhoben worden. Die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei durch die erwähnten Leiden qualitativ beeinträchtigt, so dass ihr nur noch leichte körperliche Arbeiten in wechseln-der Körperhaltung und ohne zu große Stressbelastung zumutbar seien. Sie könne, ohne auf Kosten der Gesundheit zu arbeiten, noch regelmäßig vollschichtig leichte körperliche Arbeiten ohne Einfluss besonderer klimatischer Belastungen, im Gehen, Stehen und Sitzen, unter mäßi-gem Zeitdruck, in festgelegtem Arbeitsrhythmus, an laufenden Maschinen, unter Heben und Tragen leichter Lasten, auch in Wechselschicht verrichten. Nicht mehr möglich seien Arbeiten in Nachtschicht, auf Leitern und Gerüsten oder mit einseitiger körperlicher Belastung. Die Klägerin benötige keine betriebsunüblichen Pausen und sei in ihrer Wegefähigkeit nicht einge-schränkt.

Des Weiteren hat der Orthopäde, Rheumatologe und Handchirurg Prof. Dr. S die Klägerin un-tersucht und unter dem 12. Mai 2004 ein Sachverständigengutachten erstellt, in welchem er ausführt, auf orthopädisch-rheumatologischem Fachgebiet bestünden eine leichte Fehlform des Achsorgans im Rahmen eines Überlastungssyndroms bei Übergewicht, mäßige degenerative Veränderungen des Achsorgans und ein Bandscheibenvorfall L 5/S 1 mit leichten Nervenwur-zelreizerscheinungen, ein Senk-Spreiz-Knickfuß-Leiden und ein chronisches Halswirbelsäu-lensyndrom. Weiterhin habe eine mit einem chronischen Schmerzsyndrom einhergehende Fibromyalgie diagnostiziert werden können. Zusammenfassend könne die Klägerin noch leich-te Frauenarbeiten in geschlossenen Räumen ohne Einfluss von extremer Feuchtigkeit, Zugluft und Nässe verrichten. Sie könne überwiegend im Gehen, Stehen oder Sitzen arbeiten, ein freier Wechsel der Haltungsarten sei nicht erforderlich. Sie sollte in der Lage sein, zwei- bis dreimal stündlich ihre Körperhaltung zumindest für einige Minuten zu wechseln. Einseitige körperliche Belastungen seien nicht zumutbar, weshalb die Klägerin nicht unter Zeitdruck und in festgeleg-ten Arbeitsrhythmen tätig sein könne. Sie könne an laufenden Maschinen arbeiten, sofern ein abwechslungsreiches Bewegungsspiel möglich sei. Das Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg, gelegentlich bis 10 kg, sei zumutbar. Die Klägerin solle nicht im Wechsel- oder Nachtschich-ten arbeiten, auch nicht auf Leitern und Gerüsten. In der Ausübung geistiger Tätigkeiten, die ihrem Bildungsniveau entsprächen, schränkten die festgestellten Leiden die Klägerin nicht ein. Sie könne noch für die volle übliche Arbeitszeit von mindestens acht Stunden tätig sein, benö-tige keine zusätzlichen Pausen und sei uneingeschränkt wegefähig.

Mit Urteil vom 9. November 2004 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bei der Klägerin bestehe nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ein vollschichtiges Leistungsvermögen für ihre bisherige Tätigkeit als Verwaltungsangestellte.

Gegen das ihr am 13. Januar 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14. Februar 2005, einem Montag, Berufung eingelegt. Sie trägt vor, sie habe der Beklagte mitgeteilt, dass sie seit dem 18. Dezember 2004 wieder in der Lage sei, täglich vier Stunden zu arbeiten, sofern ein Heimarbeitsplatz zur Verfügung gestellt werde. Eine entsprechende Dienstfähigkeit habe die Personalärztin der Beklagten, Frau Dr. Z, mit Datum vom 10. Januar 2005 festgestellt. In Ab-lichtung zu den Akten gereicht hat die Klägerin den Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales vom 1. März 2006, die ebenfalls vom 1. März 2006 datierende ordentliche Kündigung zum 30. September 2006 und ein vom 2. Mai 2006 datierendes Schrei-ben an die Beklagte sowie die Antwort der Beklagten darauf vom 18. Mai 2006.

Schließlich hat der von der Klägerin als Sachverständiger gewählte Internist, Rheumatologe und Sozialmediziner Dr. E die Klägerin untersucht und unter dem 13. Juli 2009 ein Gutachten erstellt. Darin stellt er die Diagnosen "Depressionen mit somatoformer Störung, Fehlstatik der Wirbelsäule bei Zustand nach LWK 1-Fraktur, degenerative Veränderungen im Bereich der LWS, geringer auch der HWS, leichte arthrotische Veränderungen der Schulter- und Kniege-lenke bei Adipositas zweiten Grades". Für eine Kollagenose, wie sie in der Epikrise der Schlossparkklinik vom 10. Dezember 2003 diagnostiziert worden sei, finde sich bei den übri-gen Befunden der Akte ebenso wenig ein Hinweis wie in der Epikrise selbst. Die entsprechen-den Antikörper seien dort wie auch bei der Untersuchung durch ihn negativ gewesen, so dass auch rückblickend eine Kollagenose mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Die damals herangezogenen Beschwerden und Befunde seien auch anders interpretier-bar, nämlich als Mischbild degenerativer Störungen in Verbindung mit somatoformer Störung bei Depression. Bereits damals hätten ein deutliches Übergewicht und die bereits beschriebe-nen Diagnosen bestanden. Sehr zutreffend seien die Gesundheitsstörungen der Klägerin im neurologisch-psychiatrischen Gutachten von Prof. Dr. G und im Entlassungsbericht der R-Rehabilitationsklinik beschrieben. Die Diagnose Depression mit somatoformer Störung könne aus seiner Sicht bestätigt werden. Es handele sich dabei nicht um einen organischen Prozess. Inwieweit eine gestörte Erlebnisverarbeitung vorliege, könne nicht sicher beurteilt werden. Es sei aber zu vermuten, dass neben der Persönlichkeitsstruktur der Klägerin das Unfallgeschehen, welches zur Fraktur des ersten Lendenwirbelkörpers und einem Schleudertrauma der Halswir-belsäule geführt habe, durch den Ehemann als Fahrer verursacht/mitverursacht worden sei. Hinzu komme, dass die Ehe der Klägerin kinderlos geblieben sei, weil der Ehemann nach den vorliegenden Erkenntnissen aus der Aktenlage und den Angaben der Klägerin unfruchtbar sei. Es sei durchaus anzunehmen, dass diese Lebensereignisse die psychische Reaktionsweise mit-verursacht hätten. Der Zusammenhänge sei die Klägerin sich sicherlich nicht bewusst, die So-matisierungsstörung sei geradezu Ausdruck der seelischen Problematik. Aus seiner Sicht sei sie nicht in der Lage, die psychische Fehlhaltung bei zumutbarer Willensanstrengung zu überwin-den. Dazu sei eine über einen längeren Zeitraum durchzuführende analytische Psychotherapie erforderlich. Im zu beurteilenden Zeitraum habe die Klägerin noch körperlich leichte Arbeiten in geschlossenen Räumen, zeitweise auch im Freien, ohne Einfluss von Hitze, Kälte, Zugluft, Staub und Feuchtigkeit verrichten können. Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen in möglichst selbstbestimmtem Wechsel der Haltungsarten und ohne einseitige körperliche Belastung seien ihr möglich. Auch könne sie Arbeiten, die mit dem Heben und Tragen von Lasten mit einem Gewicht bis zu 10 kg verbunden sein, noch ausüben. Zu meiden seien festgelegte Arbeits-rhythmen sowie Akkord- und Fließbandarbeit unter Zeitdruck. Auch Arbeiten im Wechsel von Früh-, Spät- oder Nachtschicht seien der Klägerin nicht mehr zumutbar. Sie könne schließlich nicht auf Leitern und Gerüsten arbeiten und keine Arbeiten verrichten, die mit besonderer Be-lastung für die Wirbelsäule oder die Arme verbunden seien. Die festgestellten Leiden beein-trächtigten die Arbeitsfähigkeit der Klägerin nur in der Ausführung schwieriger geistiger Ar-beiten, mittelschwere und einfache geistige Arbeiten könnten ausgeführt werden. Das Reakti-onsvermögen sei allenfalls durch die Körperfülle leicht beeinträchtigt, nicht jedoch auf der sensomotorischen Ebene. Menschen mit depressiven Erkrankungen seien Arbeiten mit beson-deren Anforderungen an die Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit, insbesondere auch auf neue berufliche Aufgabenfelder, nur schwer zumutbar. Bei der gegebenen Depression der Klä-gerin sei davon auszugehen, dass eine Einschränkung insoweit gegeben sei. Ihr quantitatives Leistungsvermögen sei durch die festgestellten Leiden nicht beeinträchtigt. Auch benötige sie keine unüblichen Pausen und sei wegefähig. Hätte die Klägerin unter Beachtung der genannten Einschränkungen gearbeitet, wäre dies nicht auf Kosten der Gesundheit geschehen; in einer Tätigkeit als Sachbearbeiterin hätte sie keinen zusätzlichen Schaden genommen. Die vorge-nommene Einschätzung sei für den gesamten streitbefangenen Zeitraum von Juli 2000 bis De-zember 2004 gültig.

Die Klägerin, die auch die Leistungsbeurteilung von Dr. E für unzutreffend hält, beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. November 2004 sowie den Bescheid vom 9. April 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Juli 2002 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, ihr für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis zum 17. Dezember 2004 Rente wegen Erwerbs-, hilfsweise wegen Berufsunfähig-keit zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend und sieht ihre Auffassung durch die Ergebnisse der im Laufe des Verfahrens angestellten medizinischen Ermittlungen, insbesonde-re der Sachverständigengutachten, bestätigt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (zwei Bände) und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Be-klagten (VSNR) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, insbesondere ist sie statthaft und form- und fristgerecht erhoben (§ 143 und 151 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), sie ist aber nicht be-gründet. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die Klage - unter anderem für den jetzt nur noch streitbefangenen Zeitraum - abgewiesen, denn einen Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat die Klägerin nicht.

Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 44 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fas-sung (künftig: a. F.) erfüllt die Klägerin nicht. Diese Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall noch anwendbar. Zwar wurde sie durch das Gesetz vom 29. Dezember 2000 (BGBl. I Sei-te 827) durch eine andere ersetzt und zwar sind grundsätzlich gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI (in der nunmehr geltenden Fassung, künftig: n. F.) die Vorschriften dieses Gesetzbuches von dem Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an auf einen Sachverhalt oder Anspruch auch dann anzuwenden, wenn er bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden hat. Indessen gilt dies nicht ausnahmslos. Ge-mäß § 300 Abs. 2 SGB VI n. F. sind aufgehobene oder durch das Gesetz ersetzte Vorschriften nämlich auch nach dem Zeitpunkt ihrer Aufhebung noch auf den bis dahin bestehenden An-spruch anzuwenden, wenn dieser bis zum Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhe-bung geltend gemacht wird. In § 302 b Abs. 1 SGB VI n. F. ist zudem die Fortgeltung des alten Rechts für vor In Kraft Treten des neuen Rechts entstandene Ansprüche auf Rente wegen Be-rufs- oder Erwerbsunfähigkeit noch speziell geregelt.

Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit haben nach § 44 Abs. 1 SGB VI a. F. Versi-cherte, wenn sie erwerbsunfähig sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsunfä-higkeit drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Zwar sind wie von der Beklagten bereits im Verwaltungsverfahren zutreffend festgestellt die beiden letztgenann-ten Voraussetzungen im Zeitpunkt der Antragstellung erfüllt, die Klägerin war aber jedenfalls bis zum 17. Dezember 2004 nicht erwerbsunfähig.

Nach § 44 Abs. 2 SGB VI a. F. sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Re-gelmäßigkeit auszuüben oder aber Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 630,00 DM (entspricht 322,11 EUR) monatlich übersteigt. Erwerbsunfähig ist unter anderem der-jenige nicht, der eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann, dabei ist die jeweilige Arbeits-marktlage nicht zu berücksichtigen (§ 44 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SBG VI a. F.). Dies ist hier der Fall. Die Klägerin konnte in der Zeit bis zum 17. Dezember 2004 ihre letzte, körperlich nur geringfügig beanspruchende Tätigkeit als zuarbeitende Verwaltungsangestellte noch ausüben. Ihr Restleistungsvermögen hätte auch hingereicht, um andere Arbeiten zu verrichten und voll-schichtig erwerbstätig zu sein.

Die Gesundheit der Klägerin ist und war im hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 17. Dezem-ber 2004, wie sich aus den vorliegenden zahlreichen medizinischen Unterlagen, insbesondere den Befundberichten der behandelnden Ärzte, den Entlassungsberichten der Rehabilitationskli-niken und den Sachverständigengutachten ergibt, insbesondere beeinträchtigt durch eine De-pression mit somatoformer Störung sowie degenerative Veränderungen im Bereich des Skelett-systems und erhebliches Übergewicht. Dabei steht die anhaltende psychische Problematik deutlich im Vordergrund. Bereits in dem Gutachten der Neurologin und Psychiaterin Dr. W vom 22. August 2001 heißt es, es bestünden eine Somatisierungsstörung und eine Leidensfixie-rung, welche sich nicht nur auf das Rückenleiden, sondern z.B. auch noch auf Kopfschmerzen erstrecke. Auffällig gewesen sei die Diskrepanz zwischen der Beschwerdeschilderung, dem lauten Stöhnen und den dann doch eher unauffälligen Bewegungsabläufen. Die Einschätzung findet sich in den Ausführungen der Chirurgin und Sportmedizinerin Dr. M im Gutachten vom 16. September 2001 bestätigt. Sie stellte zwar im Bereich der Lendenwirbelsäule deutliche Funktionseinschränkungen fest, konstatierte jedoch, dass sich diese nicht allein aus dem fla-chen Bandscheibenvorfall bei L5/S1 erklären ließen. Auch in dem Entlassungsbericht der Re-habilitationsklinik in B K ist eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung als erste Diagnose genannt. Sowohl Prof. Dr. G als auch der zuletzt als Sachverständiger tätig gewordene Dr. E-heben die psychische Problematik hervor; Prof. Dr. S beschreibt auf seinem Fachgebiet ge-sundheitliche Störungen, die - gerade in Anbetracht der Lebensführung der Klägerin - über das altersübliche Maß kaum hinausgehen dürften.

Das Leistungsvermögen der Klägerin ist und war durch die gesundheitlichen Störungen in der von den Sachverständigen nahezu gleich beschriebenen Weise eingeschränkt. In schlüssiger und nachvollziehbarer Weise stellen die Gutachter dar, dass es wegen der Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden beschränkt ist auf die Verrichtung körperlich leichter Arbeiten in vor-zugsweise wechselnder Körperhaltung. Wirbelsäulen- und gelenkbelastende Tätigkeiten, Hal-tungen und Einflüsse müsse die Klägerin, so führen sie aus, meiden. Wegen der Depression mit somatoformer Störung solle sie nicht unter besonderem Stress und Zeitdruck oder in Nacht-schicht und möglichst auch nicht in Wechselschicht arbeiten. Besondere Anforderungen an die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit könnten vermutlich nicht gestellt werden. Alle als Gut-achter tätig gewordenen Ärzte haben der Klägerin ein in quantitativer Hinsicht uneinge-schränktes Leistungsvermögen attestiert. Die Klägerin braucht nach der übereinstimmenden Auffassung aller Gutachter keine zusätzlichen, betriebsunüblichen Pausen, ihre Wegefähigkeit ist erhalten. Dem Ergebnis der nach Auffassung des Senats schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten der im erst- und zweitinstanzlichen Verfahren tätig gewordenen Sachverständigen und insbesondere der durch die Sachverständigen erfolgten Leistungsbeurteilung schließt der Senat sich aus eigener Überzeugung an.

Ein Anspruch auf die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit folgt hier auch nicht daraus, dass aufgrund einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder des Vorliegens einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung eine konkrete Verweisungstä-tigkeit zu benennen wäre, die Beklagte aber keine benannt hat und auch keine ersichtlich ist. Hinweise darauf, dass ein Fall der Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder des Vorliegens einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung vorliegen könnte, fin-den sich hier nicht.

Auch dem Hilfsantrag der Klägerin ist kein Erfolg beschieden, denn sie hat auch keinen An-spruch auf die Gewährung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit.

Nach § 43 Abs. 2 SGB VI a. F. sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Ver-sicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entspre-chen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.

Ausgangspunkt für die Beurteilung des Vorliegens von Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf". Dies ist in der Regel die letzte nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte Beschäf-tigung oder Tätigkeit, hier also die einer Zuarbeiterin in der Verwaltung. Diesen Beruf konnte die Klägerin, davon ist der Senat überzeugt, in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum 17. Dezember 2004 noch ausüben.

Als Zuarbeiterin war die Klägerin, wie sich aus der von ihr insoweit unwidersprochen geblie-benen berufskundlichen Stellungnahme vom 8. April 2003 ergibt, zuständig für das Aufstellen und Berechnen des Übergangsgeldes während der gewährten Maßnahmen, das Aufstellen von Feststellungsbögen im Zuzahlungsverfahren, das Bearbeiten der Anträge auf Verlängerung von Leistungen, soweit zuständig, sowie das Zusammenstellen der nachgewiesenen Beitragsleis-tungen für die Prüfung der Zuständigkeit und der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen. Neben der Durchsicht der Akten und den zwischendurch zu führenden Telefonaten hatte sie als Zuarbeiterin ihre Aufgaben ausschließlich mittels Computer zu erledigen; für den jeweiligen Sachverhalt hatte sie das maßgebende Bearbeitungsprogramm aufzurufen und die erforderli-chen Daten in die Bildschirmmasken einzugeben. Die Intensität der täglichen Bildschirmarbeit betrug nach Auffassung sowohl der Klägerin als auch der Beklagten schätzungsweise 90 %. Als Vertretung für die Registraturkraft war die Klägerin auch zuständig für das Verwalten der Akten in der Arbeitseinheit.

Keine Einigkeit besteht unter den Beteiligten hinsichtlich der mit der Ausübung der von der Klägerin verrichteten Tätigkeiten verbundenen Belastung. Der Senat teilt die Auffassung der Arbeitgeberin und Beklagten, dass mit ihnen keine übermäßige Stressbelastung verbunden, der Stressfaktor vielmehr als durchschnittlich anzusehen und hier nicht besonders zu gewichten ist; Publikumsverkehr gibt es in diesem Bereich nicht, Nacht- und Wechselschichten sind nicht zu leisten. Die Arbeit selbst ist als körperlich leicht zu bezeichnen. Dies gilt auch für die offenbar vertretungsweise zu übernehmende Verteilung und den Transport der Akten, denn insoweit können Aktenwagen benutzt werden. Die Arbeit wird überwiegend im Sitzen verrichtet, wobei jede Bürotätigkeit der beschriebenen Art die Möglichkeit zum Haltungswechsel gibt. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind weder Schreibtischarbeiten im Allgemeinen noch Computer-arbeiten im Besonderen als Arbeiten in Zwangshaltung anzusehen. Sie sind auch nicht notwen-digerweise mit wirbelsäulen- oder gelenkbelastenden Haltungen und Einflüssen verbunden. Vielmehr obliegt es (auch) dem Einzelnen, der Gefahr von Verspannungen und ungesunder Haltung entgegenzuwirken.

Den so beschriebenen Anforderungen bzw. dem so beschriebenen Belastungsprofil kann und konnte die Klägerin mit dem festgestellten Leistungsvermögen gerecht werden. Auch ange-sichts der bei ihr bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen, insbesondere im psychischen Bereich, steht ihrem vollschichtigen Einsatz im bisherigen Beruf nichts entgegen. Soweit sie die Tätigkeit in der für Krebspatienten zuständigen Abteilung als belastend empfunden hatte, war die Arbeitgeberin und Beklagte bereit, dem durch innerbetriebliche Umsetzung zu begeg-nen. Nach Auffassung des Senats hatte die Klägerin einen für sie idealen Arbeitsplatz. Dass sie dies nicht so empfunden hat und auch heute nicht so sieht, vermag einen Rentenanspruch nicht zu begründen.

Soweit in dem Antrag der Klägerin schließlich zugleich auch das Begehren enthalten sein soll-te, ihr eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI n. F. zu gewähren, ist die Klage ebenfalls unbegründet. Erwerbsgemindert ist nämlich nach § 43 Abs. 3 SGB VI n. F. nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes min-destens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Dies ist hier, wobei auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann, der Fall. Zum einen kann die Klägerin noch vollschichtig tätig sein, zum anderen kann sie dies unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, so etwa in ihrem bisherigen Beruf.

Dass die von der Klägerin als Anfangs- und Endzeitpunkt der begehrten Rente gewählten Da-ten mit den gesetzlichen Vorschriften über den Beginn und die Dauer von Renten wegen ver-minderter Erwerbsfähigkeit schwer in Einklang zu bringen sind bzw. wären, bedarf angesichts des Umstands, dass die Voraussetzungen für die Gewährung einer solchen Rente nicht vorlie-gen, keiner weiteren Ausführungen.

Die Kostenentscheidung findet ihre Grundlage in § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Ver-fahrens Rechnung.

Die Entscheidung über die Auferlegung von Verschuldenskosten beruht auf § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Danach kann das Gericht einem Beteiligten die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass er den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Miss-bräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt und er auf die Möglichkeit der Kostenauferle-gung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 34 Bundesverfas-sungsgerichtsgesetz (Beschlüsse vom 11. Dezember 2001, 1 BvR 1821/01, und vom 18. Sep-tember 2000, 2 BvR 1407/00, beide zitiert nach juris) ist die Missbräuchlichkeit der Rechtsver-folgung unter anderem dann zu bejahen, wenn an einer Berufung festgehalten wird, deren of-fensichtliche Aussichtslosigkeit jeder verständige Dritte erkennen kann (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24. Januar 2008, L 6 RA 72/04, zitiert nach juris). Die Klägerin hat den Rechtsstreit fortgeführt, obwohl sowohl ihr selbst als auch ihrem Prozessbevollmächtigten die Aussichtslosigkeit der Berufung in Anbetracht der übereinstimmenden Einschätzung von fünf medizinischen Sachverständigen, dass sie im entscheidungserheblichen Zeitraum über ein hinsichtlich ihrer bisherigen Tätigkeit vollschichtiges Leistungsvermögen verfügte, hätte be-wusst sein müssen. Auch nach ausdrücklichem Hinweis der Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung auf die angesichts der Beweislage fehlenden Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsmittels wie auch die Möglichkeit der Kostenauferlegung hat sie auf dem Erlass eines Urteils bestanden.

Durch die missbräuchliche Fortführung des Rechtsstreits und die notwendig gewordene Ent-scheidung des Senats sind dem Gericht und damit der Staatskasse vermeidbare Kosten, etwa in Form allgemeiner Gerichtshaltungskosten und Personalkosten, ursächlich entstanden. Der Se-nat hat sich bei der Schätzung dieser Kosten gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 282 ZPO (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 192 Rdnr. 14 m.w.N.) daran orientiert, dass für das Absetzen des schriftlichen Urteils als Zeitaufwand min-destens drei Richterarbeitsstunden anzusetzen sind, die bereits 1986/1987 für das erstinstanzli-che Verfahren "vorsichtig" auf je 350,- bis 450,- DM (178,95 bis 230,08 Euro) geschätzt wur-den (vgl. Goedelt in SGb 1986, 493). Der Betrag von 500,- Euro ist damit jedenfalls nicht zu hoch angesetzt. Der Senat hält eine Festsetzung in dieser Höhe jedoch auch für ausreichend und angemessen.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGG genann-ten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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