L 10 AS 395/10 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 94 AS 814/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 395/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerin wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Mit Beschluss vom 04. Februar 2009 hat das Sozialgericht Berlin den Antrag der im Leistungsbezug nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch stehenden Antragsstellerin abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung zu verpflichten, ihr die für die Monate September und Oktober 2009 in Höhe von jeweils 165,70 EUR bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung auszuzahlen. Am Ende des Beschlusses hat das Sozialgericht unter Berufung auf die §§ 144 Abs 1 und 2, 172 Abs 3 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausgeführt, seine Entscheidung sei unanfechtbar. Hiergegen hat die Antragstellerin am 18. Februar 2009 Nichtzulassungsbeschwerde erhoben.

Die Nichtzulassungsbeschwerde war als unzulässig zu verwerfen, weil sie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht vorgesehen ist.

Zu Recht sind zunächst das Sozialgericht wie auch die Antragstellerin davon ausgegangen, dass eine Beschwerde gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 172 Abs 3 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht statthaft ist. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. So liegt der Fall hier. Eine Berufung (ohne besondere Zulassungsentscheidung durch das Sozialgericht) wäre nur statthaft, wenn ihr Wert den gemäß § 144 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGG maßgeblichen Betrag von 750,00 EUR überstiege. Einen solchen Wert erreicht das Begehren der Antragstellerin nicht (2 x 165,70 EUR = 331,40 EUR). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 144 Abs 1 Satz 2 SGG, wonach die Berufungsbeschränkung nicht gilt, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, denn hier stehen nur Leistungen/Auszahlungen für zwei Monate in Streit. Die Zulässigkeit der Beschwerde ergibt sich auch dann nicht, wenn unter der Annahme, dass der Streitgegenstand des vorliegenden einstweiligen Verfahrens Gegenstand eines Klageverfahrens wäre, in einem solchen Verfahren vom Sozialgericht oder Landessozialgericht die Berufung zuzulassen wäre. Dies hypothetische Prüfung findet nicht statt, da die Regelungen über die Zulassung der Berufung (§§ 144, 145 SGG) in § 172 SGG keine Entsprechung finden. Eine Beschwerde gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes kann auch nicht (weder vom Sozialgericht noch vom Landessozialgericht) zugelassen werden. Dafür gibt es in Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes keine gesetzliche Grundlage. § 145 Abs 1 Satz 1 SGG sieht eine Nichtzulassungsbeschwerde nur für den Fall vor, dass das Sozialgericht die Zulassung einer (nach § 144 Abs 1 SGG grundsätzlich ausgeschlossenen) Berufung abgelehnt hat. Damit ist (nur) das Rechtsmittel benannt, das gegen sozialgerichtliche Urteile gegeben ist (vgl § 143 SGG). § 172 SGG nimmt auf § 145 SGG nicht Bezug. Einer analogen Anwendung dieser Vorschrift auf Eilverfahren steht schon das Gebot der Rechtsmittelklarheit entgegen (vgl Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 30. April 2003 – 1 PBvU 1/02BVerfGE 107, 395). Zudem sind die in § 144 Abs 2 SGG genannten Zulassungsgründe erkennbar auf Hauptsacheverfahren zugeschnitten und besteht in Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes schon wegen der Vorläufigkeit gerichtlicher Eilentscheidungen ein geringeres Bedürfnis an obergerichtlicher Überprüfung bzw Klärung. Für den Fall eines schweren Verfahrensmangels in Form einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (was hier nicht in Rede steht) ist im Übrigen inzwischen generell für den Fall nicht gegebener Rechtsmittel (also für nach § 172 Abs 3 Nr 1 SGG nicht beschwerdefähige Eilverfahren) mit dem außerordentlichen Rechtsbehelf der Anhörungsrüge (§ 178a SGG) eine eigenständige gerichtliche Abhilfemöglichkeit geschaffen worden. Auch aus der Zivilprozessordnung lässt sich für die Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde im vorliegenden Zusammenhang nichts herleiten (vgl zu alledem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. September 2009 – L 5 AS 1426/09 B ER; Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 01. September 2008 – L 5 AS 70/08 NZB; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. Mai 2008 – L 9 B 85/08 AS ER)

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved