Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 4876/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1212/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30. Januar 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz (AltTZG) für den am 27.10.1943 geborenen Arbeitnehmer H. Aubele (A.) vorliegen.
A. war bei der Klägerin ab 1975 beschäftigt, zuletzt als Fachangestellter für Bäderbetriebe im Hallenfreizeitbad Aquarena. Am 28.09.2004 gründete die Klägerin im Vorgriff auf das zum 07.07.2005 in Kraft getretene Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die H.-Energie-Logistik GmbH (helog GmbH), deren alleinige Anteilseignerin die Klägerin ist. Seit 01.01.2005 ist das Hallenfreizeitbad Aquarena ein Betrieb der helog GmbH. Bereits am 24.11.2004 widersprach A. gem. § 613a Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Klägerin auf die helog GmbH.
Am 09.11.2005 vereinbarte A. mit der Klägerin Altersteilzeit als Blockmodell, und zwar mit einer Arbeitsphase vom 01.11.2005 bis 31.10.2006 und einer Freistellungsphase vom 01.11.2006 bis 31.10.2007.
Am 22.09.2006 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag auf Vorabentscheidung nach § 12 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 AltTZG. Darin gab sie an, die Wiederbesetzung erfolge mit einer Auszubildenden, die nach Abschluss der Ausbildung bei der Tochtergesellschaft helog GmbH eingestellt werde. Die Beschäftigung in der helog GmbH erfolge nur aus verwaltungstechnischen Gründen. De facto habe es innerhalb der Unternehmensgruppe keinerlei Auswirkungen, ob die Beschäftigung in der helog GmbH oder bei den Stadtwerken Heidenheim AG erfolge.
Mit Bescheid vom 11.10.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Voraussetzungen des § 2 AltTZG seien nach heutiger Sachlage für den Arbeitnehmer A. erfüllt. Die beabsichtigte Wiederbesetzung erfülle jedoch nicht die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AltTZG. Für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung der Wiederbesetzung des § 2 AltTZG sei es zwingende Vorschrift, dass der Arbeitgeber des Altersteilzeitbeschäftigten und der Arbeitgeber des Wiederbesetzers identisch seien. Eine betriebsübergreifende oder konzernbezogene Wiederbesetzung sei nicht zulässig. Die Klägerin und deren Tochtergesellschaft helog GmbH seien rechtlich selbstständige Betriebe, deshalb könne durch eine Einstellung bei der Tochtergesellschaft die Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt werden.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, bei den Stadtwerken Heidenheim AG und dem Tochterunternehmen helog GmbH handele es sich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) um einen "gemeinsamen Betrieb", der sich in demselben Betriebsgebäude befinde, dieselben Betriebsmittel benutze und dieselbe Führung und Verwaltung habe. Die helog GmbH sei gegründet worden, da es nach den Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes notwendig sei, zur Förderung des Wettbewerbs auf dem Energiemarkt die Bereiche Netz und Vertrieb zu trennen. Zu diesem Zweck müssten auch die Mitarbeiter dem entsprechenden Bereich - Netz oder Vertrieb - zugeordnet werden. Deshalb würden neue Mitarbeiter nicht in der Muttergesellschaft, sondern in der Tochtergesellschaft eingestellt. Der in § 3 AltTZG verwendete Begriff des Arbeitgebers sei mit Rücksicht auf den Zweck dieser Regelung weit auszulegen und zumindest dann auch konzernbezogen zu verstehen, wenn es sich um hundertprozentige Tochterunternehmen handele.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2006, auf den Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.12.2006 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und weiter vorgetragen, nach Abschluss der Ausbildung der neu eingestellten Mitarbeiterin C. Sorger (S.) sei deren Einstellung bei der Klägerin infolge des EnWG nicht mehr möglich gewesen. Die Einstellung habe im Hinblick auf die Vorgaben des EnWG bei der das Hallenfreizeitbad Aquarena betreibenden helog GmbH erfolgen müssen.
Ausweislich des Berufsausbildungsvertrages zwischen der Klägerin und S. absolvierte diese vom 01.09.2002 bis 31.08.2005 eine Berufsausbildung. Nachdem S. in den Jahren 2004 und 2005 mehrere Monate arbeitsunfähig erkrankt war, bat sie darum, das dritte Ausbildungsjahr wiederholen zu dürfen. Mit Bescheid vom 28.04.2005 verlängerte das Regierungspräsidium Karlsruhe die Ausbildungszeit von Frau Sorger bis zum 31.08.2006. Ihr Ausbildungsverhältnis endete mit dem erfolgreichen Bestehen der Abschlussprüfung am 05.06.2006. Am 06.07.2006 wurde sie von der helog GmbH - zunächst auf ein Jahr befristet - eingestellt und nach dem Ausscheiden des A. im Umfang dessen Tätigkeit beschäftigt.
Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt hatte, den Bescheid vom 11.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 4 AltTZG anzuerkennen und die Leistungen zu bewilligen, hat das SG mit Urteil vom 30.01.2009 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2006 verurteilt, der Klägerin antragsgemäß Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Umstand, dass das EnWG vom Energieversorger eine Trennung des Netzbereichs von allen anderen wirtschaftlichen Aktivitäten innerhalb des Unternehmens fordere, rechtfertige eine erweiternde Auslegung des Arbeitgeberbegriffs in § 3 AltTZG. Eine Wiederbesetzung der bei der Klägerin durch Altersteilzeit frei gewordenen Stelle wäre sonst in keinem Fall möglich gewesen.
Gegen das am 23.02.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14.03.2009 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Klägerin habe mit A. am 08.11.2005 Altersteilzeitarbeit im Blockmodell ab dem 01.11.2005 bis zum 31.05.2007 vereinbart. Es sei nicht bekannt, ob zu diesem Zeitpunkt bereits geplant gewesen sei, die Auszubildende S. nach Abschluss der Ausbildung (Beginn 01.09.2002, Ende 05.07.2006) als Wiederbesetzerin vorzusehen. Nach Sinn und Zweck des AltTZG solle die Altersteilzeit nur dann gefördert werden, wenn der durch den Altersteilzeitarbeitnehmer konkret frei gemachte Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber wiederbesetzt werde. Nur der Arbeitgeber, der seine Stelle wieder neu besetze, solle Förderleistungen erhalten. Eine weite Auslegung des Arbeitgeberbegriffs sei lediglich nur insoweit möglich, als eine betriebsstättenübergreifende Wiederbesetzung beim Arbeitgeber durch eine Umsetzungskette möglich sei. Eine weitergehende, konzernbezogene Wiederbesetzung sei nicht zulässig und rechtlich auch nicht begründbar. Eine andere Betrachtungsweise sei auch durch die Einführung des EnWG nicht zu rechtfertigen. Eine Förderung wäre allein dann möglich gewesen, wenn A. mit der Tochtergesellschaft einen neuen Arbeitsvertrag geschlossen hätte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30. Januar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine Wiederbesetzung der durch die Altersteilzeit frei gewordenen Stelle sei ohne erweiternde Auslegung des Arbeitgeberbegriffs in § 3 AltTZG in keinem Fall möglich gewesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht im Wege der Vorabentscheidung festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 2 AltTZG für den Arbeitnehmer A. durch die Beschäftigung einer Wiederbesetzerin bei der helog GmbH nicht erfüllt sind.
Gegenstand des Verfahrens ist die Vorabentscheidung nach § 12 Abs. 1 Satz 3 AltTZG. Danach kann in den Fällen des § 3 Abs. 3 AltTZG die Agentur für Arbeit auch vorab entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 2 AltTZG vorliegen. Diese Regelung beruht darauf, dass beim Blockmodell die Fördervoraussetzungen erst ab der Freistellungsphase vollständig erfüllt sind. Soweit die Klägerin die danach zunächst zulässig erhobene Verpflichtungsklage in der mündlichen Verhandlung dahingehend erweitert hat, die Beklagte zu verurteilen, "die Leistungen zu bewilligen", ist die Klage unzulässig, da es an einem hierfür erforderlichen Vorverfahren fehlt (§ 78 SGG).
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AltTZG in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. I S. 2954) setzt der Anspruch auf Leistungen nach § 4 AltTZG voraus, dass der Arbeitgeber aus Anlass des Übergangs des Arbeitnehmers in die Altersteilzeitarbeit einen bei einer Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer oder einen Arbeitnehmer nach Abschluss der Ausbildung auf dem freigemachten oder auf einem in diesem Zusammenhang durch Umsetzung frei gewordenen Arbeitsplatz versicherungspflichtig im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch beschäftigt.
Danach müssen grundsätzlich der Arbeitgeber des in Altersteilzeit Beschäftigten und der Arbeitgeber des Wiederbesetzers identisch sein. Denn nur derjenige Arbeitgeber ist nach dem eindeutigen Wortlaut in § 3 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG Adressat des Beschäftigungsgebots, der mit einem seiner bisherigen Arbeitnehmer eine Altersteilzeitvereinbarung getroffen hat. Auch nach den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 14/1831 S. 1 und 7) ist eine Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes die wichtigste Voraussetzung für die Förderung der Altersteilzeit (ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2009 - L 7 AL 3936/07 - in juris, Rn. 36 ff.).
Eine solche Identität des Arbeitgebers liegt bei rechtlich selbständigen Konzernunternehmen, wie im Falle der Klägerin und der helog GmbH, nicht vor. Insbesondere ist die rechtliche Verbundenheit der Klägerin und der helog GmbH unbeachtlich. Der Senat macht sich die rechtliche Beurteilung des 7. Senats des LSG Baden-Württemberg im zitierten Urteil zu eigen, wonach das Arbeitsrecht keinen besonderen Konzernbegriff kennt und deshalb Bindungen des Arbeitgebers an andere Unternehmen unmittelbar keine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 43).
Dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei der Klägerin und der helog GmbH um einen gemeinsamen Betrieb i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG handelt. Ein gemeinsamer Betrieb liegt danach vor, wenn mindestens zwei Unternehmen die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Mittel für einen oder mehrere einheitliche arbeitsrechtliche Zwecke zusammenfassen, ordnen, gezielt einsetzen und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird (ErfK/Eisenmann, 7. Aufl., § 1 BetrVG Rn 14). Denn dies ist allein von Bedeutung für die Frage, wie der Betrieb zu definieren ist, für den Betriebsräte zu errichten sind. Im Übrigen zeigt gerade der Umstand, dass ein Betriebsübergang stattgefunden hat, dass es auf die betriebsverfassungsrechtliche Definition des Betriebs nicht ankommt.
Auch die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs und des Widerspruchs des A. gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 4 BGB stehen der von der Klägerin vertretenen Auffassung entgegen. Widerspricht der Arbeitnehmer frist- und formgerecht dem Übergang des Arbeitsverhältnisses, bleibt das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers zum bisherigen Arbeitgeber bestehen, der Arbeitsplatz des widersprechenden Arbeitnehmers ist dagegen auf den neuen Betriebsinhaber übergegangen (vgl. ErfK/Preis, § 613a BGB Rn. 101). Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass der Arbeitsplatz des A. am 01.01.2005 auf die helog GmbH übergegangen ist. Auch wenn A. verpflichtet gewesen wäre, zunächst beim Betriebserwerber zu arbeiten (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.1998 - 8 AZR 139/97 - BAGE 88, 196), konnte sich die am 09.11.2005 getroffene Vereinbarung über Altersteilzeit zwischen der Klägerin und A. rechtlich nicht mehr auf diesen Arbeitsplatz beziehen, da es sich nicht mehr um einen Arbeitsplatz bei der Klägerin gehandelt hat.
Legt man im Übrigen die Ausführungen der Beklagten im Antrag zugrunde - de facto habe es innerhalb der Unternehmensgruppe keinerlei Auswirkungen, ob die Beschäftigung in der helog GmbH oder den Stadtwerken Heidenheim erfolge - ist nicht ersichtlich, warum die Anstellung der S. nicht bei der Klägerin hätte erfolgen können.
Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob der Arbeitgeberbegriff in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AltTZG erweiternd auszulegen ist in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer dem Betriebsübergang nach § 613a BGB widerspricht, nachdem bereits eine Vereinbarung über Altersteilzeit getroffen worden ist. Denn der vorliegend zugrundeliegende Sachverhalt ist anders gelagert. Die Klägerin hat erst nach dem Widerspruch des A. gegen den Betriebsübergang mit diesem die Vereinbarung über Altersteilzeit getroffen. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie, dass sie für den Arbeitnehmer A. keinen neuen Arbeitnehmer einstellen wird, sondern dass die Neubesetzung des Arbeitsplatzes allenfalls beim neuen Arbeitgeber stattfinden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die streitgegenständlichen Leistungen gemäß § 4 AltTZG Sozialleistungen nach § 19b Sozialgesetzbuch Erstes Buch sind, ist die Klägerin Leistungsempfängerin i.S.d. § 183 SGG (BSG, Urteil v. 31.03.2007 - B 11a AL 9/06 R - in juris).
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz (AltTZG) für den am 27.10.1943 geborenen Arbeitnehmer H. Aubele (A.) vorliegen.
A. war bei der Klägerin ab 1975 beschäftigt, zuletzt als Fachangestellter für Bäderbetriebe im Hallenfreizeitbad Aquarena. Am 28.09.2004 gründete die Klägerin im Vorgriff auf das zum 07.07.2005 in Kraft getretene Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die H.-Energie-Logistik GmbH (helog GmbH), deren alleinige Anteilseignerin die Klägerin ist. Seit 01.01.2005 ist das Hallenfreizeitbad Aquarena ein Betrieb der helog GmbH. Bereits am 24.11.2004 widersprach A. gem. § 613a Abs. 4 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Klägerin auf die helog GmbH.
Am 09.11.2005 vereinbarte A. mit der Klägerin Altersteilzeit als Blockmodell, und zwar mit einer Arbeitsphase vom 01.11.2005 bis 31.10.2006 und einer Freistellungsphase vom 01.11.2006 bis 31.10.2007.
Am 22.09.2006 stellte die Klägerin bei der Beklagten den Antrag auf Vorabentscheidung nach § 12 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 AltTZG. Darin gab sie an, die Wiederbesetzung erfolge mit einer Auszubildenden, die nach Abschluss der Ausbildung bei der Tochtergesellschaft helog GmbH eingestellt werde. Die Beschäftigung in der helog GmbH erfolge nur aus verwaltungstechnischen Gründen. De facto habe es innerhalb der Unternehmensgruppe keinerlei Auswirkungen, ob die Beschäftigung in der helog GmbH oder bei den Stadtwerken Heidenheim AG erfolge.
Mit Bescheid vom 11.10.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die Voraussetzungen des § 2 AltTZG seien nach heutiger Sachlage für den Arbeitnehmer A. erfüllt. Die beabsichtigte Wiederbesetzung erfülle jedoch nicht die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AltTZG. Für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung der Wiederbesetzung des § 2 AltTZG sei es zwingende Vorschrift, dass der Arbeitgeber des Altersteilzeitbeschäftigten und der Arbeitgeber des Wiederbesetzers identisch seien. Eine betriebsübergreifende oder konzernbezogene Wiederbesetzung sei nicht zulässig. Die Klägerin und deren Tochtergesellschaft helog GmbH seien rechtlich selbstständige Betriebe, deshalb könne durch eine Einstellung bei der Tochtergesellschaft die Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt werden.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein mit der Begründung, bei den Stadtwerken Heidenheim AG und dem Tochterunternehmen helog GmbH handele es sich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) um einen "gemeinsamen Betrieb", der sich in demselben Betriebsgebäude befinde, dieselben Betriebsmittel benutze und dieselbe Führung und Verwaltung habe. Die helog GmbH sei gegründet worden, da es nach den Vorgaben des Energiewirtschaftsgesetzes notwendig sei, zur Förderung des Wettbewerbs auf dem Energiemarkt die Bereiche Netz und Vertrieb zu trennen. Zu diesem Zweck müssten auch die Mitarbeiter dem entsprechenden Bereich - Netz oder Vertrieb - zugeordnet werden. Deshalb würden neue Mitarbeiter nicht in der Muttergesellschaft, sondern in der Tochtergesellschaft eingestellt. Der in § 3 AltTZG verwendete Begriff des Arbeitgebers sei mit Rücksicht auf den Zweck dieser Regelung weit auszulegen und zumindest dann auch konzernbezogen zu verstehen, wenn es sich um hundertprozentige Tochterunternehmen handele.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.11.2006, auf den Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 14.12.2006 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und weiter vorgetragen, nach Abschluss der Ausbildung der neu eingestellten Mitarbeiterin C. Sorger (S.) sei deren Einstellung bei der Klägerin infolge des EnWG nicht mehr möglich gewesen. Die Einstellung habe im Hinblick auf die Vorgaben des EnWG bei der das Hallenfreizeitbad Aquarena betreibenden helog GmbH erfolgen müssen.
Ausweislich des Berufsausbildungsvertrages zwischen der Klägerin und S. absolvierte diese vom 01.09.2002 bis 31.08.2005 eine Berufsausbildung. Nachdem S. in den Jahren 2004 und 2005 mehrere Monate arbeitsunfähig erkrankt war, bat sie darum, das dritte Ausbildungsjahr wiederholen zu dürfen. Mit Bescheid vom 28.04.2005 verlängerte das Regierungspräsidium Karlsruhe die Ausbildungszeit von Frau Sorger bis zum 31.08.2006. Ihr Ausbildungsverhältnis endete mit dem erfolgreichen Bestehen der Abschlussprüfung am 05.06.2006. Am 06.07.2006 wurde sie von der helog GmbH - zunächst auf ein Jahr befristet - eingestellt und nach dem Ausscheiden des A. im Umfang dessen Tätigkeit beschäftigt.
Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung den Antrag gestellt hatte, den Bescheid vom 11.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach § 4 AltTZG anzuerkennen und die Leistungen zu bewilligen, hat das SG mit Urteil vom 30.01.2009 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13.11.2006 verurteilt, der Klägerin antragsgemäß Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz in gesetzlicher Höhe zu bewilligen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Umstand, dass das EnWG vom Energieversorger eine Trennung des Netzbereichs von allen anderen wirtschaftlichen Aktivitäten innerhalb des Unternehmens fordere, rechtfertige eine erweiternde Auslegung des Arbeitgeberbegriffs in § 3 AltTZG. Eine Wiederbesetzung der bei der Klägerin durch Altersteilzeit frei gewordenen Stelle wäre sonst in keinem Fall möglich gewesen.
Gegen das am 23.02.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 14.03.2009 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die Klägerin habe mit A. am 08.11.2005 Altersteilzeitarbeit im Blockmodell ab dem 01.11.2005 bis zum 31.05.2007 vereinbart. Es sei nicht bekannt, ob zu diesem Zeitpunkt bereits geplant gewesen sei, die Auszubildende S. nach Abschluss der Ausbildung (Beginn 01.09.2002, Ende 05.07.2006) als Wiederbesetzerin vorzusehen. Nach Sinn und Zweck des AltTZG solle die Altersteilzeit nur dann gefördert werden, wenn der durch den Altersteilzeitarbeitnehmer konkret frei gemachte Arbeitsplatz durch den Arbeitgeber wiederbesetzt werde. Nur der Arbeitgeber, der seine Stelle wieder neu besetze, solle Förderleistungen erhalten. Eine weite Auslegung des Arbeitgeberbegriffs sei lediglich nur insoweit möglich, als eine betriebsstättenübergreifende Wiederbesetzung beim Arbeitgeber durch eine Umsetzungskette möglich sei. Eine weitergehende, konzernbezogene Wiederbesetzung sei nicht zulässig und rechtlich auch nicht begründbar. Eine andere Betrachtungsweise sei auch durch die Einführung des EnWG nicht zu rechtfertigen. Eine Förderung wäre allein dann möglich gewesen, wenn A. mit der Tochtergesellschaft einen neuen Arbeitsvertrag geschlossen hätte.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30. Januar 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine Wiederbesetzung der durch die Altersteilzeit frei gewordenen Stelle sei ohne erweiternde Auslegung des Arbeitgeberbegriffs in § 3 AltTZG in keinem Fall möglich gewesen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig und begründet. Die Beklagte hat mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht im Wege der Vorabentscheidung festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 2 AltTZG für den Arbeitnehmer A. durch die Beschäftigung einer Wiederbesetzerin bei der helog GmbH nicht erfüllt sind.
Gegenstand des Verfahrens ist die Vorabentscheidung nach § 12 Abs. 1 Satz 3 AltTZG. Danach kann in den Fällen des § 3 Abs. 3 AltTZG die Agentur für Arbeit auch vorab entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 2 AltTZG vorliegen. Diese Regelung beruht darauf, dass beim Blockmodell die Fördervoraussetzungen erst ab der Freistellungsphase vollständig erfüllt sind. Soweit die Klägerin die danach zunächst zulässig erhobene Verpflichtungsklage in der mündlichen Verhandlung dahingehend erweitert hat, die Beklagte zu verurteilen, "die Leistungen zu bewilligen", ist die Klage unzulässig, da es an einem hierfür erforderlichen Vorverfahren fehlt (§ 78 SGG).
Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AltTZG in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl. I S. 2954) setzt der Anspruch auf Leistungen nach § 4 AltTZG voraus, dass der Arbeitgeber aus Anlass des Übergangs des Arbeitnehmers in die Altersteilzeitarbeit einen bei einer Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer oder einen Arbeitnehmer nach Abschluss der Ausbildung auf dem freigemachten oder auf einem in diesem Zusammenhang durch Umsetzung frei gewordenen Arbeitsplatz versicherungspflichtig im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch beschäftigt.
Danach müssen grundsätzlich der Arbeitgeber des in Altersteilzeit Beschäftigten und der Arbeitgeber des Wiederbesetzers identisch sein. Denn nur derjenige Arbeitgeber ist nach dem eindeutigen Wortlaut in § 3 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG Adressat des Beschäftigungsgebots, der mit einem seiner bisherigen Arbeitnehmer eine Altersteilzeitvereinbarung getroffen hat. Auch nach den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 14/1831 S. 1 und 7) ist eine Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes die wichtigste Voraussetzung für die Förderung der Altersteilzeit (ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.12.2009 - L 7 AL 3936/07 - in juris, Rn. 36 ff.).
Eine solche Identität des Arbeitgebers liegt bei rechtlich selbständigen Konzernunternehmen, wie im Falle der Klägerin und der helog GmbH, nicht vor. Insbesondere ist die rechtliche Verbundenheit der Klägerin und der helog GmbH unbeachtlich. Der Senat macht sich die rechtliche Beurteilung des 7. Senats des LSG Baden-Württemberg im zitierten Urteil zu eigen, wonach das Arbeitsrecht keinen besonderen Konzernbegriff kennt und deshalb Bindungen des Arbeitgebers an andere Unternehmen unmittelbar keine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis haben (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rn. 43).
Dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei der Klägerin und der helog GmbH um einen gemeinsamen Betrieb i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG handelt. Ein gemeinsamer Betrieb liegt danach vor, wenn mindestens zwei Unternehmen die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Mittel für einen oder mehrere einheitliche arbeitsrechtliche Zwecke zusammenfassen, ordnen, gezielt einsetzen und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird (ErfK/Eisenmann, 7. Aufl., § 1 BetrVG Rn 14). Denn dies ist allein von Bedeutung für die Frage, wie der Betrieb zu definieren ist, für den Betriebsräte zu errichten sind. Im Übrigen zeigt gerade der Umstand, dass ein Betriebsübergang stattgefunden hat, dass es auf die betriebsverfassungsrechtliche Definition des Betriebs nicht ankommt.
Auch die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs und des Widerspruchs des A. gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 4 BGB stehen der von der Klägerin vertretenen Auffassung entgegen. Widerspricht der Arbeitnehmer frist- und formgerecht dem Übergang des Arbeitsverhältnisses, bleibt das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers zum bisherigen Arbeitgeber bestehen, der Arbeitsplatz des widersprechenden Arbeitnehmers ist dagegen auf den neuen Betriebsinhaber übergegangen (vgl. ErfK/Preis, § 613a BGB Rn. 101). Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass der Arbeitsplatz des A. am 01.01.2005 auf die helog GmbH übergegangen ist. Auch wenn A. verpflichtet gewesen wäre, zunächst beim Betriebserwerber zu arbeiten (vgl. BAG, Urteil vom 19.03.1998 - 8 AZR 139/97 - BAGE 88, 196), konnte sich die am 09.11.2005 getroffene Vereinbarung über Altersteilzeit zwischen der Klägerin und A. rechtlich nicht mehr auf diesen Arbeitsplatz beziehen, da es sich nicht mehr um einen Arbeitsplatz bei der Klägerin gehandelt hat.
Legt man im Übrigen die Ausführungen der Beklagten im Antrag zugrunde - de facto habe es innerhalb der Unternehmensgruppe keinerlei Auswirkungen, ob die Beschäftigung in der helog GmbH oder den Stadtwerken Heidenheim erfolge - ist nicht ersichtlich, warum die Anstellung der S. nicht bei der Klägerin hätte erfolgen können.
Dahingestellt bleiben kann deshalb, ob der Arbeitgeberbegriff in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AltTZG erweiternd auszulegen ist in den Fällen, in denen ein Arbeitnehmer dem Betriebsübergang nach § 613a BGB widerspricht, nachdem bereits eine Vereinbarung über Altersteilzeit getroffen worden ist. Denn der vorliegend zugrundeliegende Sachverhalt ist anders gelagert. Die Klägerin hat erst nach dem Widerspruch des A. gegen den Betriebsübergang mit diesem die Vereinbarung über Altersteilzeit getroffen. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie, dass sie für den Arbeitnehmer A. keinen neuen Arbeitnehmer einstellen wird, sondern dass die Neubesetzung des Arbeitsplatzes allenfalls beim neuen Arbeitgeber stattfinden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Da die streitgegenständlichen Leistungen gemäß § 4 AltTZG Sozialleistungen nach § 19b Sozialgesetzbuch Erstes Buch sind, ist die Klägerin Leistungsempfängerin i.S.d. § 183 SGG (BSG, Urteil v. 31.03.2007 - B 11a AL 9/06 R - in juris).
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
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