Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 1 AL 3581/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 2674/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Gewährung von Überbrückungsgeld hat.
Der 1965 geborene Kläger ist seit 15.12.1994 approbierter Arzt. Seit dem 18.07.2001 ist er Facharzt für Innere Medizin und seit 10.12.2003 Kardiologe. Nach einer Tätigkeit als Assistenzarzt bis zum 31.08.2003 war der Kläger arbeitslos und bezog mit Unterbrechungen Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 28.02.2005.
Mit Schreiben vom 10.11. und 15.12.2004 (Bl. 141 der Verwaltungsakten) teilte er der Beklagten mit, seit August 2004 stehe er in Verhandlungen wegen der Übernahme einer internistisch/kardiologischen Praxis in H., die er voraussichtlich laut Vertrag vom 14.09.2004 ab 01.01.2004 (gemeint: 2005) übernehmen werde. Eine Zulassung für die Praxis sei am 28.09.2004 beantragt und am 19.11.2004 erteilt worden. Nach dem derzeitigen Stand werde er sich ab dem 01.01.2004 (gemeint: 2005) niederlassen.
Am 30.12.2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Internist/Kardiologe. Im vom Kläger am 17.04.2005 unterzeichneten und bei der Beklagten am 26.04.2005 eingegangenen Antragsformular gab er an, er werde am 01.07.2005 eine selbständige Tätigkeit als Internist/Kardiologe in H. aufnehmen. Mit Schreiben vom 19.05.2005 teilte der Kläger mit, wie schon bei der Vorsprache am 30.12.2004 und einem Telefongespräch Anfang Februar mitgeteilt, werde er sich ab dem 01.07.2005 als Internist und Kardiologe niederlassen. Mit weiterem Schreiben vom 19.05.2005 teilte er mit, er werde ab 01.07.2005 den internistischen Anteil der bisherigen, aus einem dermatologischen und einem internistischen Anteil bestehenden Praxengemeinschaft, übernehmen. Der dermatologische Anteil sei schon ab dem 01.01.2005 (wie auch bei ihm ursprünglich vorgesehen) durch einen Kollegen übernommen worden. Im beigefügten Lebenslauf vom 18.05.2005 führte der Kläger aus, er sei seit 01.01.2005 als Internist/Kardiologe kassenärztlich zugelassen. Seither sei es zu Verzögerungen der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit als niedergelassener Arzt aufgrund des Widerspruchs einer Mitbewerberin gekommen, die sich nach Gewährung einer Abfindung am 11.05.2005 zurückgezogen habe. Am 01.07.2005 sei die Niederlassung als Facharzt für innere Medizin erfolgt.
Mit Bescheid vom 08.06.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, der Kläger habe nicht in engem zeitlichen Zusammenhang (1 Monat) mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 01.07.2005 Arbeitslosengeld bezogen, da sein Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits ab 01.03.2005 erschöpft gewesen sei.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, er habe bereits im März 2005 die selbständige Tätigkeit aufgenommen bzw. Vorbereitungsmaßnahmen hierzu absolviert. So seien auch die im Rahmen des Zulassungsverfahrens entstandenen Aufwendungen betriebsbedingt und einkommenssteuerrechtlich als Betriebsausgaben zu bewerten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2005, auf den Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 06.12.2005 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beklagte habe verkannt, dass schon vorbereitende Handlungen als Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit zu qualifizieren seien, wenn sie zielgerichtet und unmittelbar der Bestreitung des Lebensunterhaltes zu dienen bestimmt seien. Dies sei bei den unmittelbar nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld erfolgten Vorbereitungshandlungen der Fall gewesen. Bereits im November 2004 sei er ab 01.01.2005 vom Zulassungsausschuss für Ärzte im Zulassungsbezirk Nordbaden zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen worden, wobei als Praxisübernahmetermin der 01.01.2005 vertraglich vereinbart gewesen sei. Dieser Termin sei dann auf den 01.02.2005 verschoben worden, weil eine Mitbewerberin gegen die Entscheidung vom 19.11.2004 Widerspruch eingelegt habe. Am 24.01.2005 habe er mit dem weiteren Mitübernehmer der Praxis einen Vertrag über die Praxisgemeinschaft geschlossen. Darin werde u.a. ausgeführt, der Kläger übernehme "voraussichtlich ab dem 01.01.2005" den internistischen Anteil der Praxengemeinschaft. Nachdem die erste Verhandlung über den Einspruch der Mitbewerberin gegen die kassenärztliche Zulassung am 26.01.2005 auf den 11.05.2005 vertagt worden sei, habe die zum 01.02.2005 vereinbarte Übergabe der Praxis nochmals verschoben werden müssen. Gleichwohl sei er ab April 2005 regelmäßig in der Praxis anwesend gewesen, um die problemlose Übernahme vorzubereiten und sich als Nachfolger mit den Patienten bekannt zu machen. In der Sitzung vor dem Berufungsausschuss am 11.05.2005 habe die Mitbewerberin ihren Widerspruch gegen Zahlung einer Abfindung zurückgenommen. Seine gesamte Tätigkeit, insbesondere die Durchführung des Zulassungsverfahrens als notwendiger Voraussetzung für die Behandlung der kassenärztlichen Patienten, sei als Aufnahme der selbständigen Tätigkeit zu werten.
Mit Urteil vom 24.11.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ende des Arbeitslosengeldbezugs am 28.02.2005 und der Aufnahme der Kassenarzttätigkeit am 01.07.2005 könne nicht bejaht werden, da eine Unterbrechung von vier Monaten der Annahme eines engen zeitlichen Zusammenhangs entgegenstehe. Der Kläger habe seine selbständige Tätigkeit auch nicht vor dem 01.07.2005 aufgenommen. Der Beginn einer selbständigen Tätigkeit liege erst vor, wenn eine unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung getätigt werde. Bis zum 01.07.2005 habe der Kläger lediglich Vorbereitungshandlungen vorgenommen. Auch seine Mitarbeit in der Praxis ab April 2005 habe keine selbständige Tätigkeit dargestellt, denn bis 30.06.2005 sei ausschließlich der bisherige Praxisinhaber im Rechtsverkehr aufgetreten. Unbeachtlich sei schließlich die steuerliche Geltendmachung von Kosten.
Gegen das am 27.04.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.05.2007, dem Dienstag nach Pfingsten, Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, unmittelbar nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld habe sein Arbeitseinsatz der selbständigen Tätigkeit zur Bestreitung des Lebensunterhalts als Inhaber der Arztpraxis gedient. Er sei auch umfangreiche Verpflichtungen und Verbindlichkeiten eingegangen. Ab Anfang April 2005 sei er regelmäßig in der Praxis anwesend und dort mit der Vorbereitung der endgültigen Übernahme der Praxis beschäftigt gewesen. Bereits die Durchführung des Antragsverfahrens auf kassenärztliche Zulassung für die bereits vertraglich verbindlich übernommene Praxis sei eine unmittelbar auf den beruflichen Erwerb als selbständiger Arzt mit kassenärztlicher Zulassung gerichtete Handlung gewesen, die auch der Gewinnerzielung gedient habe und bei der er gegenüber dem Zulassungsausschuss bereits als Erwerber der Praxis aufgetreten sei. Darüber hinaus habe er sich zur Organisation administrativer und baulicher Veränderungen nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld häufig in der Praxis aufgehalten. Er sei hierbei bei zahlreichen Behandlungen zugegen gewesen und habe auch teilweise bei der Behandlung der Patienten assistiert, wobei er berechtigt gewesen sei, privatärztliche Leistungen zu erbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. November 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. No¬vember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. März 2005 Überbrückungsgeld nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Überbrückungsgeld.
Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, haben zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld (§ 57 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung des Vierten SGB III-Änderungsgesetzes vom 19.11.2004 ( BGBl. I S. 2902 )).
Überbrückungsgeld wird danach geleistet, wenn u.a. der Arbeitnehmer in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit oder der vorgeschalteten Teilnahme an einer Maßnahme zu deren Vorbereitung Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder einen Anspruch darauf hätte (§ 57 Abs. 2 Nr. 1a SGB III).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, da der Kläger die selbständige Tätigkeit erst am 01.07.2005 aufgenommen hat (1.) und deshalb zwischen dem Ende des Leistungsbezugs und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit kein enger zeitlicher Zusammenhang mehr besteht (2.).
1. Der Kläger hat die selbständige Tätigkeit am 01.07.2005 aufgenommen. Die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt vor, wenn erstmals eine unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung vorgenommen wird. In den ausschließlich der Vorbereitung dienenden Tätigkeiten kann keine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gesehen werden (Niesel, SGB III, 4. Aufl. § 57 Rn. 6). Die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine selbständige Tätigkeit aufgenommen wird, richtet sich nach Art und Eigenart der betreffenden selbständigen Tätigkeit. Von einer Außenwirkung ist dann auszugehen, wenn die betreffende Handlung geeignet ist, von einer unbestimmten Zahl von Personen öffentlich wahrgenommen werden zu können. Danach sind das Anmieten von Geschäftsräumen und deren Einrichtung noch den Vorbereitungshandlungen zuzurechnen (Stark in Mutschler, SGB III, § 57 Rn. 55). Maßgebliches Unterscheidungskriterium für die Abgrenzung einer Vorbereitungshandlung von der eigentlichen selbständigen Haupttätigkeit ist schließlich, inwieweit die Art der in Frage kommenden Betätigung ihrer Natur nach der späteren laufenden Geschäftstätigkeit des selbständigen Unternehmens entspricht, d.h. ob sie den Charakter des nach außen erkennbaren laufenden Geschäftsbetriebs hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2009 - L 8 AL 4794/07 - in juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Kläger vor dem 01.07.2005 die selbständige Tätigkeit noch nicht aufgenommen. Der Abschluss des Praxisübernahmevertrags am 13.09.2004 stellt keine Aufnahme der selbständigen Tätigkeit dar, sondern ist lediglich Voraussetzung, um diese später ausüben zu können. Aus dem gleichen Grund stellt auch der mit den Praxiskollegen am 24.01.2005 geschlossene Praxisübernahmevertrag nicht die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit dar. Gleiches gilt für die Aufenthalte in der Praxis "zur Organisation administrativer und baulicher Veränderungen". Dies sind, wie dargelegt, typische Vorbereitungshandlungen, um die Voraussetzungen für die spätere Ausübung der selbständigen Tätigkeit zu schaffen. Auch der Umstand, dass der Kläger dem Personal und den Patienten als Praxisnachfolger vorgestellt worden ist, dient lediglich der Vorbereitung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit.
Die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit als Arzt beginnt mit der Aufnahme der Behandlung von Patienten. Zwar kann dies auch allein durch die Behandlung von privat versicherten Patienten erfolgen. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er sei bei zahlreichen Behandlungen zugegen gewesen und habe teilweise auch bei der Behandlung der Patienten assistiert. Eine reine Anwesenheit stellt jedoch nicht die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit dar. Beim Assistieren wird vielmehr eine dem verantwortlich handelnden Arzt, hier dem bisherigen Praxisinhaber, untergeordnete Tätigkeit ausgeübt. Dementsprechend hat der Kläger seine Leistungen auch nicht privatärztlich abgerechnet. Er hat auch lediglich vorgetragen, berechtigt gewesen zu sein, privatärztliche Leistungen zu erbringen. Er hat jedoch nicht vorgetragen und es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass er privatärztliche Leistungen vor dem 01.07.2005 tatsächlich er¬bracht hat. Dem entspricht auch der Vermerk über das Gespräch mit dem Kläger am 14.02.2005, wonach er wegen eines Widerspruchsverfahrens vor der Ärztekammer die Praxis erst im Mai eröffnen könne sowie die Angabe in der Biographie, die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit habe sich wegen des Widerspruchs einer Mitbewerberin verzögert, er habe sich am 01.07.2005 als Facharzt niedergelassen.
2. Der Kläger hat bis zur Erschöpfung des Leistungsanspruchs am 28.02.2005 Arbeitslosengeld bezogen. Damit liegen zwischen der Beendigung des Leistungsbezugs und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit 4 Monate. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Bezug der Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ist bei einem zeitlichen Abstand von 4 Monaten nicht mehr gegeben.
Der Gesetzgeber hat einen zeitlichen Abstand von etwa einem Monat als unschädlich angesehen. Durch das Zweite SGB III-Änderungsgesetz vom 31.07.1999 wurde § 57 Abs. 2 Nr. 1 SGB III geändert. Während sich bis dahin die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit unmittelbar an den Bezug der Entgeltersatzleistung anschließen musste, genügte nun der Leistungsbezug "in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit". In der Begründung des Gesetzesentwurfs wird hierzu ausgeführt, dass zwischen dem vorherigen Leistungsbezug oder der geförderten Beschäftigung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Übergangszeitraum (etwa ein Monat) liegen dürfe. Eine als absolut verstandene Unmittelbarkeit des Übergangs werde den praktischen Erfordernissen bei der Existenzgründung, die keinen punktuellen Vorgang darstelle, nicht gerecht (BT-Drucks. 14/873 S. 12).
Auch in der Literatur wird überwiegend ein enger zeitlicher Zusammenhang noch bei einer Übergangsphase bis zu einem Monat angenommen (vgl. Stratmann in Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005, § 57 Rn. 8). Dahingestellt bleiben kann, ob der enge zeitliche Zusammenhang noch als gewahrt angesehen werden kann, wenn die Dauer eines Monats nur um wenige Tage überschritten ist. Jedenfalls bei einem zeitlichen Abstand zwischen Bezug der Entgeltersatzleistung und Aufnahme der selbständigen Tätigkeit von mehr als drei Monaten bzw. zwölf Wochen besteht kein enger zeitlicher Zusammenhang mehr (Hessisches LSG, Urteil vom 14.03.2001 - L 6 AL 1340/00; Stark in PK-SGB III, § 57 Rn. 6).
Hierbei kommt es nicht darauf an, auf welchen Umständen dieser zeitliche Abstand beruht. Unbeachtlich ist insbesondere, dass sich die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen verzögert hat. Der Gesetzeswortlaut stellt nämlich allein auf den zeitlichen Abstand ab. Nur bei einer verspäteten Antragstellung kann diese zur Vermeidung einer unbilligen Härte gem. § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III zugelassen werden (vgl. Bayer. LSG, Urteil vom 10.05.2005 - L 8 AL 380/04 - in juris). Auch das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Zehntes Buch Gesetzbuch (SGB X) ist nicht einschlägig, da hierdurch allein das Nachholen von durch gesetzliche Fristen zeitlich begrenzten Handlungen ermöglicht werden soll, die innerhalb der bestimmten gesetzlichen Frist ohne Verschulden des Betroffenen nicht vorgenommen worden sind (KassKomm-Krasney, § 27 SGB X Rn. 2). Bei der Regelung in § 57 SGB III handelt es sich jedoch nicht um eine gesetzliche Frist.
Im Übrigen ist die Planungssicherheit für den Antragsteller dadurch gegeben, dass er hinsichtlich des der Erfüllung einer Anwartschaftszeit ähnlichen Merkmals des Vorbezuges leicht feststellen kann, ob eine Förderung für ihn in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2007 - B 11a AL 11/06 R - SozR 4-4300 § 57 Nr. 2).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, nachdem seit dem 01.08.2006 das Überbrückungsgeld und der Existenzgründungszuschuss durch den Gründungszuschuss als einheitliches Förderinstrument ersetzt worden sind und dieser u.a. voraussetzt, dass der Arbeitnehmer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 90 Tagen verfügt.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger Anspruch auf Gewährung von Überbrückungsgeld hat.
Der 1965 geborene Kläger ist seit 15.12.1994 approbierter Arzt. Seit dem 18.07.2001 ist er Facharzt für Innere Medizin und seit 10.12.2003 Kardiologe. Nach einer Tätigkeit als Assistenzarzt bis zum 31.08.2003 war der Kläger arbeitslos und bezog mit Unterbrechungen Arbeitslosengeld bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 28.02.2005.
Mit Schreiben vom 10.11. und 15.12.2004 (Bl. 141 der Verwaltungsakten) teilte er der Beklagten mit, seit August 2004 stehe er in Verhandlungen wegen der Übernahme einer internistisch/kardiologischen Praxis in H., die er voraussichtlich laut Vertrag vom 14.09.2004 ab 01.01.2004 (gemeint: 2005) übernehmen werde. Eine Zulassung für die Praxis sei am 28.09.2004 beantragt und am 19.11.2004 erteilt worden. Nach dem derzeitigen Stand werde er sich ab dem 01.01.2004 (gemeint: 2005) niederlassen.
Am 30.12.2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Überbrückungsgeld zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Internist/Kardiologe. Im vom Kläger am 17.04.2005 unterzeichneten und bei der Beklagten am 26.04.2005 eingegangenen Antragsformular gab er an, er werde am 01.07.2005 eine selbständige Tätigkeit als Internist/Kardiologe in H. aufnehmen. Mit Schreiben vom 19.05.2005 teilte der Kläger mit, wie schon bei der Vorsprache am 30.12.2004 und einem Telefongespräch Anfang Februar mitgeteilt, werde er sich ab dem 01.07.2005 als Internist und Kardiologe niederlassen. Mit weiterem Schreiben vom 19.05.2005 teilte er mit, er werde ab 01.07.2005 den internistischen Anteil der bisherigen, aus einem dermatologischen und einem internistischen Anteil bestehenden Praxengemeinschaft, übernehmen. Der dermatologische Anteil sei schon ab dem 01.01.2005 (wie auch bei ihm ursprünglich vorgesehen) durch einen Kollegen übernommen worden. Im beigefügten Lebenslauf vom 18.05.2005 führte der Kläger aus, er sei seit 01.01.2005 als Internist/Kardiologe kassenärztlich zugelassen. Seither sei es zu Verzögerungen der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit als niedergelassener Arzt aufgrund des Widerspruchs einer Mitbewerberin gekommen, die sich nach Gewährung einer Abfindung am 11.05.2005 zurückgezogen habe. Am 01.07.2005 sei die Niederlassung als Facharzt für innere Medizin erfolgt.
Mit Bescheid vom 08.06.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab mit der Begründung, der Kläger habe nicht in engem zeitlichen Zusammenhang (1 Monat) mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit am 01.07.2005 Arbeitslosengeld bezogen, da sein Anspruch auf Arbeitslosengeld bereits ab 01.03.2005 erschöpft gewesen sei.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, er habe bereits im März 2005 die selbständige Tätigkeit aufgenommen bzw. Vorbereitungsmaßnahmen hierzu absolviert. So seien auch die im Rahmen des Zulassungsverfahrens entstandenen Aufwendungen betriebsbedingt und einkommenssteuerrechtlich als Betriebsausgaben zu bewerten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.11.2005, auf den Bezug genommen wird, wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 06.12.2005 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beklagte habe verkannt, dass schon vorbereitende Handlungen als Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit zu qualifizieren seien, wenn sie zielgerichtet und unmittelbar der Bestreitung des Lebensunterhaltes zu dienen bestimmt seien. Dies sei bei den unmittelbar nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld erfolgten Vorbereitungshandlungen der Fall gewesen. Bereits im November 2004 sei er ab 01.01.2005 vom Zulassungsausschuss für Ärzte im Zulassungsbezirk Nordbaden zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen worden, wobei als Praxisübernahmetermin der 01.01.2005 vertraglich vereinbart gewesen sei. Dieser Termin sei dann auf den 01.02.2005 verschoben worden, weil eine Mitbewerberin gegen die Entscheidung vom 19.11.2004 Widerspruch eingelegt habe. Am 24.01.2005 habe er mit dem weiteren Mitübernehmer der Praxis einen Vertrag über die Praxisgemeinschaft geschlossen. Darin werde u.a. ausgeführt, der Kläger übernehme "voraussichtlich ab dem 01.01.2005" den internistischen Anteil der Praxengemeinschaft. Nachdem die erste Verhandlung über den Einspruch der Mitbewerberin gegen die kassenärztliche Zulassung am 26.01.2005 auf den 11.05.2005 vertagt worden sei, habe die zum 01.02.2005 vereinbarte Übergabe der Praxis nochmals verschoben werden müssen. Gleichwohl sei er ab April 2005 regelmäßig in der Praxis anwesend gewesen, um die problemlose Übernahme vorzubereiten und sich als Nachfolger mit den Patienten bekannt zu machen. In der Sitzung vor dem Berufungsausschuss am 11.05.2005 habe die Mitbewerberin ihren Widerspruch gegen Zahlung einer Abfindung zurückgenommen. Seine gesamte Tätigkeit, insbesondere die Durchführung des Zulassungsverfahrens als notwendiger Voraussetzung für die Behandlung der kassenärztlichen Patienten, sei als Aufnahme der selbständigen Tätigkeit zu werten.
Mit Urteil vom 24.11.2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ende des Arbeitslosengeldbezugs am 28.02.2005 und der Aufnahme der Kassenarzttätigkeit am 01.07.2005 könne nicht bejaht werden, da eine Unterbrechung von vier Monaten der Annahme eines engen zeitlichen Zusammenhangs entgegenstehe. Der Kläger habe seine selbständige Tätigkeit auch nicht vor dem 01.07.2005 aufgenommen. Der Beginn einer selbständigen Tätigkeit liege erst vor, wenn eine unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung getätigt werde. Bis zum 01.07.2005 habe der Kläger lediglich Vorbereitungshandlungen vorgenommen. Auch seine Mitarbeit in der Praxis ab April 2005 habe keine selbständige Tätigkeit dargestellt, denn bis 30.06.2005 sei ausschließlich der bisherige Praxisinhaber im Rechtsverkehr aufgetreten. Unbeachtlich sei schließlich die steuerliche Geltendmachung von Kosten.
Gegen das am 27.04.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.05.2007, dem Dienstag nach Pfingsten, Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, unmittelbar nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld habe sein Arbeitseinsatz der selbständigen Tätigkeit zur Bestreitung des Lebensunterhalts als Inhaber der Arztpraxis gedient. Er sei auch umfangreiche Verpflichtungen und Verbindlichkeiten eingegangen. Ab Anfang April 2005 sei er regelmäßig in der Praxis anwesend und dort mit der Vorbereitung der endgültigen Übernahme der Praxis beschäftigt gewesen. Bereits die Durchführung des Antragsverfahrens auf kassenärztliche Zulassung für die bereits vertraglich verbindlich übernommene Praxis sei eine unmittelbar auf den beruflichen Erwerb als selbständiger Arzt mit kassenärztlicher Zulassung gerichtete Handlung gewesen, die auch der Gewinnerzielung gedient habe und bei der er gegenüber dem Zulassungsausschuss bereits als Erwerber der Praxis aufgetreten sei. Darüber hinaus habe er sich zur Organisation administrativer und baulicher Veränderungen nach dem Ende des Bezugs von Arbeitslosengeld häufig in der Praxis aufgehalten. Er sei hierbei bei zahlreichen Behandlungen zugegen gewesen und habe auch teilweise bei der Behandlung der Patienten assistiert, wobei er berechtigt gewesen sei, privatärztliche Leistungen zu erbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. November 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 08. Juni 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. No¬vember 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. März 2005 Überbrückungsgeld nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Überbrückungsgeld.
Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden oder vermeiden, haben zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf Überbrückungsgeld (§ 57 Abs. 1 SGB III in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung des Vierten SGB III-Änderungsgesetzes vom 19.11.2004 ( BGBl. I S. 2902 )).
Überbrückungsgeld wird danach geleistet, wenn u.a. der Arbeitnehmer in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit oder der vorgeschalteten Teilnahme an einer Maßnahme zu deren Vorbereitung Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch bezogen hat oder einen Anspruch darauf hätte (§ 57 Abs. 2 Nr. 1a SGB III).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt, da der Kläger die selbständige Tätigkeit erst am 01.07.2005 aufgenommen hat (1.) und deshalb zwischen dem Ende des Leistungsbezugs und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit kein enger zeitlicher Zusammenhang mehr besteht (2.).
1. Der Kläger hat die selbständige Tätigkeit am 01.07.2005 aufgenommen. Die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt vor, wenn erstmals eine unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung vorgenommen wird. In den ausschließlich der Vorbereitung dienenden Tätigkeiten kann keine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit gesehen werden (Niesel, SGB III, 4. Aufl. § 57 Rn. 6). Die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine selbständige Tätigkeit aufgenommen wird, richtet sich nach Art und Eigenart der betreffenden selbständigen Tätigkeit. Von einer Außenwirkung ist dann auszugehen, wenn die betreffende Handlung geeignet ist, von einer unbestimmten Zahl von Personen öffentlich wahrgenommen werden zu können. Danach sind das Anmieten von Geschäftsräumen und deren Einrichtung noch den Vorbereitungshandlungen zuzurechnen (Stark in Mutschler, SGB III, § 57 Rn. 55). Maßgebliches Unterscheidungskriterium für die Abgrenzung einer Vorbereitungshandlung von der eigentlichen selbständigen Haupttätigkeit ist schließlich, inwieweit die Art der in Frage kommenden Betätigung ihrer Natur nach der späteren laufenden Geschäftstätigkeit des selbständigen Unternehmens entspricht, d.h. ob sie den Charakter des nach außen erkennbaren laufenden Geschäftsbetriebs hat (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.12.2009 - L 8 AL 4794/07 - in juris).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Kläger vor dem 01.07.2005 die selbständige Tätigkeit noch nicht aufgenommen. Der Abschluss des Praxisübernahmevertrags am 13.09.2004 stellt keine Aufnahme der selbständigen Tätigkeit dar, sondern ist lediglich Voraussetzung, um diese später ausüben zu können. Aus dem gleichen Grund stellt auch der mit den Praxiskollegen am 24.01.2005 geschlossene Praxisübernahmevertrag nicht die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit dar. Gleiches gilt für die Aufenthalte in der Praxis "zur Organisation administrativer und baulicher Veränderungen". Dies sind, wie dargelegt, typische Vorbereitungshandlungen, um die Voraussetzungen für die spätere Ausübung der selbständigen Tätigkeit zu schaffen. Auch der Umstand, dass der Kläger dem Personal und den Patienten als Praxisnachfolger vorgestellt worden ist, dient lediglich der Vorbereitung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit.
Die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit als Arzt beginnt mit der Aufnahme der Behandlung von Patienten. Zwar kann dies auch allein durch die Behandlung von privat versicherten Patienten erfolgen. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, er sei bei zahlreichen Behandlungen zugegen gewesen und habe teilweise auch bei der Behandlung der Patienten assistiert. Eine reine Anwesenheit stellt jedoch nicht die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit dar. Beim Assistieren wird vielmehr eine dem verantwortlich handelnden Arzt, hier dem bisherigen Praxisinhaber, untergeordnete Tätigkeit ausgeübt. Dementsprechend hat der Kläger seine Leistungen auch nicht privatärztlich abgerechnet. Er hat auch lediglich vorgetragen, berechtigt gewesen zu sein, privatärztliche Leistungen zu erbringen. Er hat jedoch nicht vorgetragen und es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass er privatärztliche Leistungen vor dem 01.07.2005 tatsächlich er¬bracht hat. Dem entspricht auch der Vermerk über das Gespräch mit dem Kläger am 14.02.2005, wonach er wegen eines Widerspruchsverfahrens vor der Ärztekammer die Praxis erst im Mai eröffnen könne sowie die Angabe in der Biographie, die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit habe sich wegen des Widerspruchs einer Mitbewerberin verzögert, er habe sich am 01.07.2005 als Facharzt niedergelassen.
2. Der Kläger hat bis zur Erschöpfung des Leistungsanspruchs am 28.02.2005 Arbeitslosengeld bezogen. Damit liegen zwischen der Beendigung des Leistungsbezugs und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit 4 Monate. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Bezug der Entgeltersatzleistung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ist bei einem zeitlichen Abstand von 4 Monaten nicht mehr gegeben.
Der Gesetzgeber hat einen zeitlichen Abstand von etwa einem Monat als unschädlich angesehen. Durch das Zweite SGB III-Änderungsgesetz vom 31.07.1999 wurde § 57 Abs. 2 Nr. 1 SGB III geändert. Während sich bis dahin die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit unmittelbar an den Bezug der Entgeltersatzleistung anschließen musste, genügte nun der Leistungsbezug "in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit". In der Begründung des Gesetzesentwurfs wird hierzu ausgeführt, dass zwischen dem vorherigen Leistungsbezug oder der geförderten Beschäftigung und der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit ein Übergangszeitraum (etwa ein Monat) liegen dürfe. Eine als absolut verstandene Unmittelbarkeit des Übergangs werde den praktischen Erfordernissen bei der Existenzgründung, die keinen punktuellen Vorgang darstelle, nicht gerecht (BT-Drucks. 14/873 S. 12).
Auch in der Literatur wird überwiegend ein enger zeitlicher Zusammenhang noch bei einer Übergangsphase bis zu einem Monat angenommen (vgl. Stratmann in Niesel, SGB III, 3. Aufl. 2005, § 57 Rn. 8). Dahingestellt bleiben kann, ob der enge zeitliche Zusammenhang noch als gewahrt angesehen werden kann, wenn die Dauer eines Monats nur um wenige Tage überschritten ist. Jedenfalls bei einem zeitlichen Abstand zwischen Bezug der Entgeltersatzleistung und Aufnahme der selbständigen Tätigkeit von mehr als drei Monaten bzw. zwölf Wochen besteht kein enger zeitlicher Zusammenhang mehr (Hessisches LSG, Urteil vom 14.03.2001 - L 6 AL 1340/00; Stark in PK-SGB III, § 57 Rn. 6).
Hierbei kommt es nicht darauf an, auf welchen Umständen dieser zeitliche Abstand beruht. Unbeachtlich ist insbesondere, dass sich die Aufnahme der selbständigen Tätigkeit aus dem Kläger nicht zurechenbaren Gründen verzögert hat. Der Gesetzeswortlaut stellt nämlich allein auf den zeitlichen Abstand ab. Nur bei einer verspäteten Antragstellung kann diese zur Vermeidung einer unbilligen Härte gem. § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III zugelassen werden (vgl. Bayer. LSG, Urteil vom 10.05.2005 - L 8 AL 380/04 - in juris). Auch das Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Zehntes Buch Gesetzbuch (SGB X) ist nicht einschlägig, da hierdurch allein das Nachholen von durch gesetzliche Fristen zeitlich begrenzten Handlungen ermöglicht werden soll, die innerhalb der bestimmten gesetzlichen Frist ohne Verschulden des Betroffenen nicht vorgenommen worden sind (KassKomm-Krasney, § 27 SGB X Rn. 2). Bei der Regelung in § 57 SGB III handelt es sich jedoch nicht um eine gesetzliche Frist.
Im Übrigen ist die Planungssicherheit für den Antragsteller dadurch gegeben, dass er hinsichtlich des der Erfüllung einer Anwartschaftszeit ähnlichen Merkmals des Vorbezuges leicht feststellen kann, ob eine Förderung für ihn in Betracht kommt (vgl. BSG, Urteil vom 31.03.2007 - B 11a AL 11/06 R - SozR 4-4300 § 57 Nr. 2).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor, nachdem seit dem 01.08.2006 das Überbrückungsgeld und der Existenzgründungszuschuss durch den Gründungszuschuss als einheitliches Förderinstrument ersetzt worden sind und dieser u.a. voraussetzt, dass der Arbeitnehmer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 90 Tagen verfügt.
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