L 9 R 5348/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3216/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 5348/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.

Die 1953 geborene Klägerin kam im November 1970 aus der Türkei in die Bundesrepublik Deutschland. Sie hat keinen Beruf erlernt und war in der Bundesrepublik als Arbeiterin in einer Schneiderin, in der Kugelschreibermontage, als Maschinenbedienerin, Zimmermädchen, Mitarbeiterin in einer Wäscherei und zuletzt von Oktober 1987 bis Mai 2000 als Reinemachefrau beschäftigt. Seit 23. September 1999 war sie arbeitsunfähig, seit Juni 2000 bezog sie Leistungen der Agentur für Arbeit und seit Januar 2005 Arbeitslosengeld II.

Einen Rentenantrag der Klägerin vom 20. November 2000 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Februar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2001 ab. Grundlage hierfür war das Gutachten von Dr. L., Arzt für Innere Medizin und Sozialmedizin, vom 20. Februar 2001. Die Klage hiergegen wies das Sozialgericht (SG) Mannheim mit Urteil vom 21. Mai 2003 (S 11 RJ 1224/01) ab. Im Klageverfahren waren Gutachten von Amts wegen bei dem Orthopäden Dr. St. vom 7. Dezember 2001 und dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie M. vom 16. Februar 2002 sowie auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Privatdozent Dr. R., Chefarzt der Abteilung Orthopädie-Rheumatologie der Sankt Rochus Klinik in Mingolsheim vom 28. August 2002 und bei Dr. M., Arzt für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie, vom 16. April 2003 eingeholt worden. Die Berufung gegen das Urteil des SG Mannheim wies das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 14. September 2004 - L 11 RJ 2656/03 - zurück, nachdem auf Antrag der Klägerin ein psychosomatisches Gutachten bei Prof. Dr. H., Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universität Mainz, vom 11. Dezember 2003 nebst ergänzender Stellungnahme vom 28. Juli 2004 sowie von Amts wegen ein nervenärztliches Gutachten bei Dr. H., Arzt für Neurologie und Psychiatrie, vom 16. Juni 2004 eingeholt worden waren.

Am 6. Dezember 2006 beantragte die Klägerin, bei der seit März 2000 ein Grad der Behinderung von 60 festgestellt ist, erneut die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Im Gutachten vom 16. März 2007 gelangte Medizinaldirektor L., Arzt für Innere Medizin und Sozialmedizin, unter Mitberücksichtigung eines nervenärztlichen Zusatzgutachtens von Dr. Sch. vom 2. Februar 2007 und eines Gutachtens des Orthopäden Dr. Sch. vom 21. Februar 2007 zum Ergebnis, die Klägerin könne zumindest leichte Arbeiten 6 Stunden täglich verrichten. Zu vermeiden seien Zwangshaltungen der Hals- und Rumpfwirbelsäule, ständige Überkopfarbeiten, übertriebene Ansprüche an die Kraftentfaltung der Hände, Schichtarbeit, erhöhte Verletzungsgefahren sowie ungünstige Einflüsse durch Kälte, Nässe und Zugluft. Dabei ging er von folgende Diagnosen aus: • Anhaltende somatoforme Schmerzstörung • Dysthymie • Belastungsbeschwerden der Hände durch Polyarthrosen der Fingergelenke mit gelenknaher Osteoporose im Röntgenbild • Leichte Bewegungsbehinderung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen und altem Bandscheibenvorfall C5/6 ohne neurologische Ausfälle • Mit Tabletten gut eingestellter Diabetes mellitus Typ IIb mit diabetische Fettleber und beginnender Nephropathie • Harninkontinenz I. bis II. Grades mit Drangkomponente • Angabe einer Bronchitis ohne nachW.bare klinische oder funktionelle Beeinträchtigung.

Mit Bescheid vom 21. März 2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin ab, weil weder eine teilW.e noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 3. September 2007 zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 20. September 2007 Klage zum SG Mannheim (S 4 R 3216/07), mit der sie die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung weiterverfolgte.

Das SG hörte zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin, den Orthopäden Dr. H., den Pneumologen Dr. J., den Internisten und Arzt für Naturheilverfahren Dr. P., den Urologen Dr. D., den Neurologen und Psychiater Dr. St., den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. A. und den Frauenarzt Dr. Sch. schriftlich als sachverständige Zeugen (Auskünfte vom 13. und 14. Dezember 2007, 4., 6., 10., 21. und 31. Januar 2008). Anschließend holte es Gutachten auf orthopädischem sowie neurologisch-psychiatrischem Gebiet ein. Der Orthopäde Dr. W. stellte im Gutachten vom 6. April 2008 bei der Klägerin folgende Gesundheitsstörungen fest: • Chronisches Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom ohne periphere Nervenwurzelreizsymptomatik, mit mäßiger Bewegungseinschränkung und im Wesentlichen alterstypischen degenerativen Veränderungen • Chronisches Schmerzsyndrom mit vermindertem Antrieb, ausgeprägter Drucküberempfindlichkeit, ohne auffallende äußere Entzündungszeichen, ohne gravierende Bewegungseinschränkung, ohne wesentlich dem Alter vorauseilende degenerative Veränderungen der Extremitätengelenke, bei medikamentös behandelter chronisch-entzündlicher-rheumatischer Erkrankung, ohne HinW.e für einen akuten entzündlichen Schub. Vermeiden müsse die Klägerin regelmäßige mittelschwere bis schwere körperliche Arbeiten mit Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, regelmäßige Arbeiten über Kopf, Arbeiten überwiegend im Bücken oder in Wirbelsäulenzwangshaltungen, ständig im Stehen, Fließband- und Akkordarbeiten, sowie regelmäßiges Heben und Tragen von Lasten über 5 kg pro Hand, Arbeiten in kalter und feuchter Umgebung. Die der Klägerin noch möglichen leichten körperlichen Arbeiten könnten ganzschichtig (ca. 8 Stunden täglich) ausgeübt werden. Eine nervenärztliche Begutachtung werde empfohlen.

Die Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch. stellte bei der Klägerin im Gutachten vom 2. Juli 2008 folgende Gesundheitsstörungen fest: • Chronisch somatoforme Schmerzstörung • Dysthymie • Bekannter Bandscheibenvorfall HWK5/6 ohne neurologische Ausfälle. Leichte körperliche Tätigkeiten mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg (in Spitzen bis 8 kg) in wechselnder Körperhaltung bzw. überwiegend sitzend könne die Klägerin vollschichtig, ca. 8 Stunden täglich, ausführen. Vermeiden müsse sie Tätigkeiten in Zwangshaltungen, mit ständigen Überkopfarbeiten, häufigem Bücken, Treppensteigen, auf Leitern und Gerüsten, Akkord-, Fließband-, Schicht- und Nachtarbeiten sowie Tätigkeiten unter ungünstigen klimatischen Verhältnissen, insbesondere in Kälte und Nässe. Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an Konzentration, Merkfähigkeit, das Anpassungs- und Umstellungsvermögen stellten, die Übernahme von Verantwortung oder Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge beinhalteten, seien nicht möglich.

Mit Urteil vom 31. Oktober 2008 hat das SG die Klage, gestützt auf die Feststellungen der Sachverständigen Dr. W. und Dr. Sch., abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das am 10. November 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. November 2008 Berufung eingelegt und vorgetragen, durch die bei ihr vorliegenden Gesundheitsstörungen sei ihr berufliches Leistungsvermögen wesentlich eingeschränkt. Sie sei nicht mehr in der Lage, 3 bis unter 6 Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig zu sein, und erst recht nicht mindestens 6 Stunden. Die Wechselwirkungen der einzelnen Gesundheitsstörungen seien nicht ausreichend gewürdigt worden. Deswegen werde die Einholung eines psychosomatischen Gutachtens von Amts wegen bzw. hilfsweise gem. § 109 SGG beantragt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 31. Oktober 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 1. Dezember 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

In dem gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten vom 28. Dezember 2009 kommt Dr. M., Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt die Rhein-Haardt-Klinik Bad Dürkheim, unter Mitberücksichtigung eines psychologischen Interviews einer türkisch-sprachigen Dipl.-Psychologin unter transkulturellen Gesichtspunkten einschließlich Testpsychologie zum Ergebnis, bei der Klägerin lägen auf psychiatrisch-psychotherapeutischem Fachgebiet folgende Gesundheitsstörungen vor: • Leichtgradige anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD 10 F: 45.4 mit Einschränkung der Arbeitsschwere, der Arbeitshaltung, des Bewegungs- und Haltungsapparates sowie für Kälteexposition) • Sehr leichtgradige, grenzwertige chronisch-depressive Verstimmung im Sinne einer Dysthymia (ICD 10 F: 34.1 ohne Einschränkung der psychischen Belastbarkeit) • Bewusste bzw. bewusstseinsnahe Akzentuierung der Beschwerden im Rahmen des Rentenbegehrens (ICD 10 F: 68.0 ohne weitere Leistungseinschränkung) auf nicht fachpsychiatrischem Gebiet: • Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus Typ II, gut eingestellt, mit Einschränkung der Arbeitsorganisation. Aufgrund der Neigung zur somatoformen Schmerzfehlverarbeitung sei die Klägerin nicht mehr in der Lage, dauerhaft körperlich schwere und mittelschwere Tätigkeiten sowie Tätigkeiten ständig im Stehen und Gehen zu verrichten. Vermeiden müsse sie Tätigkeiten häufig in Wirbelsäulenzwangshaltungen, häufige Überkopfarbeiten, Arbeiten häufig in gebückter und knieender Stellung sowie in häufiger Kälteexposition. Aufgrund des Diabetes mellitus seien Nacht- und Wechselschichttätigkeiten nicht mehr zumutbar. Unter Berücksichtigung dieser qualitativen Einschränkungen könne die Klägerin vollschichtig (8 Stunden täglich) einer geregelten Tätigkeit unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nachgehen.

Mit Verfügung vom 4. Februar 2010 hat der Senat auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Nach Vorlage des Attestes von Dr. A. vom 15. Februar 2010 hat der Senat mit Verfügung vom 25. Februar 2010 darauf hingewiesen, dass sich aus dem ärztlichen Attest keine Gesichtspunkte ergäben, die die zahlreichen umfassenden gutachterlichen Beurteilung infrage stellen würden und Gründe für eine nochmalige mündliche Verhandlung nicht ersichtlich seien.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG, die Vorakten des LSG sowie die Akten des Senats Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Das angefochtene Urteil des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da die Klägerin keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zum Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Mit Schreiben vom 4. und 25. Februar 2010 hat der Senat die Beteiligten auch auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze wenn sie voll erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bzw. bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit zurückgelegt und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (s. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

Darüber hinaus ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI generell nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigten (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Klägerin ist, an diesem gesetzlichen Maßstab orientiert, zur Überzeugung des Senats nicht erwerbsgemindert.

Eine Erwerbsminderung die Klägerin, das heißt ein Absinken ihrer beruflichen und körperlichen Leistungsfähigkeit auf ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von weniger als sechs Stunden täglich, lässt sich zur Überzeugung des Senats nicht belegen. Dies ergibt sich im Wesentlichen aus der Gesamtwürdigung der im vorangegangenen Rentenverfahren eingeholten Gutachten des Arztes für Innere Medizin und Sozialmedizin Dr. L. vom 20. Februar 2001, des Orthopäden Dr. St. vom 7. Dezember 2001, des Arztes für Neurologie und Psychiatrie M. vom 16. Februar 2002, PD Dr. R., Arzt für Orthopädie und Rheumatologie, vom 28. August 2002, des Neurologen und Psychiaters Dr. H. vom 16. Juni 2004 sowie der im jetzigen Rentenverfahren eingeholten Gutachten des MD L., Arzt für Innere Medizin und Sozialmedizin, vom 16. März 2007, des Arztes für Innere Medizin, Neurologie und Psychiatrie Dr. Sch. vom 2. Februar 2007, des Orthopäden Dr. Sch. vom 21. Februar 2007, des Orthopäden Dr. W. vom 6. April 2008, der Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch. vom 2. Juli 2008 und des gem. § 109 SGG eingeholten Gutachtens des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. vom 28. Dezember 2009.

Bei der Klägerin liegen im Wesentlichen Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischem Gebiet vor. Im Vordergrund stehend sieht der Senat die auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet vorliegenden Erkrankungen an, da für die von der Klägerin am ganzen Körper angegebenen Schmerzen kein entsprechendes organisches Korrelat vorliegt. Zwar hat der Orthopäde Dr. H. als sachverständiger Zeuge in der Auskunft vom 13. Dezember 2007 ausgeführt, er habe bei der Klägerin im Jahr 2006 labordiagnostisch eine chronische Polyarthritis im Sinne eines systemischen entzündlichen Krankheitsprozesses, der alle Gelenke betreffen könne, festgestellt und eine entsprechende Medikation eingeleitet. Jedoch waren die entsprechenden Laboruntersuchungen anlässlich der Begutachtung durch Dr. L. im März 2007 unauffällig und sowohl der Orthopäde Dr. Sch. (Gutachten vom 21. Februar 2007) als auch der Orthopäde Dr. W. (Gutachten vom 6. April 2008) konnten keine entsprechenden klinischen Befunde erheben. Es fehlten nach Dr. W. die typischen organpathologischen Veränderungen, wie die typische Klinik mit entzündlichen Gelenkschwellungen, Rötungen oder Überwärmungen und die typisch abgrenzbaren Schmerzen über funktionsbeeinträchtigten Extremitäten- und Gelenkabschnitten. Röntgenologisch konnten höhergradige destruktive, rheumatisch-entzündliche Gelenkschäden ausgeschlossen werden. Somit konnte die von Dr. H. diagnostizierte und medikamentös behandelte chronische Polyarthritis die von der Klägerin geklagten Ganzkörperschmerzen nicht erklären. Wegen der Diskrepanz zwischen dem chronischen Schmerzsyndrom auf der einen Seite und den relativ geringen organpathologischen Veränderungen und Funktionsbeeinträchtigungen auf der anderen Seite hat der Orthopäde Dr. W. eine nervenärztliche Begutachtung angeregt, die anschließend die Neurologin und Psychiaterin Dr. Sch. vorgenommen hat. Schließlich ist auch der im Berufungsverfahren tätig gewordene Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. M. zu dem Ergebnis gelangt, dass die diskutierte Diagnose einer chronischen Polyarthritis derzeit keine Gutachtensrelevanz hat. Bei den Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem Gebiet handelt es sich um eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie um eine Dysthymie, die allerdings nur leicht ausgeprägt ist. Darüber hinaus liegen auf orthopädischem Gebiet ein chronisches Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom (bei altem Bandscheibenvorfall C5/6) ohne periphere Nervenwurzelreizsymptomatik mit mäßigen Bewegungseinschränkungen und auf internistischem Gebiet ein mit Tabletten gut eingestellter Diabetes mellitus Typ IIb vor.

Die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen schränken die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin zwar in qualitativer, nicht aber in quantitativer Hinsicht ein. Damit ist die Klägerin nicht gehindert, weiterhin körperlich leichte Arbeiten in wechselnder oder sitzender Körperhaltung mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten, wie das SG im einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil an, sieht deshalb insoweit gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Ergänzend ist auszuführen, dass auch unter Berücksichtigung der weiteren Ermittlung des Senats, d.h. des gem. § 109 SGG bei Dr. M. auf Antrag der Klägerin eingeholten Gutachtens vom 28. Dezember 2009 nebst eines psychologischen Interviews einer türkisch-sprachigen Dipl.-Psychologin unter transkulturellen Gesichtspunkten einschließlich Testpsychologie, nicht feststellbar ist, dass das berufliche Leistungsvermögen der Klägerin auf unter 6 Stunden täglich herabgesunken ist. Vielmehr wurden bei den psychologischen Untersuchungen nicht nur ein suboptimales Leistungsverhalten nachgewiesen, sondern so ausgeprägte Fehlleistungen, die nur mit einer Aggravation zu erklären sind. Sowohl die Dysthymie als auch die anhaltende somatoforme Schmerzstörung sind nur leichtgradig ausgeprägt, wie Dr. M. nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat, wobei eine konsequente psychiatrische Behandlung nicht durchgeführt wird. Vielmehr sucht die Klägerin ihre Psychiater nur sporadisch auf und insbesondere dann, wenn sie Atteste für ihr Rentenbegehren benötigt, wie der Senat der sachverständigen Zeugenauskunft von Dr. St. vom 10. Januar 2008 entnimmt. Angesichts dessen stimmt Dr. M. in seiner Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Klägerin mit den bisherigen orthopädischen, internistischen und nervenärztlichen Gutachten überein, in denen ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten bescheinigt wurde.

Nach alledem war das angefochtene Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Berufung der Klägerin musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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