Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 1378/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4873/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. September 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1956 geborene Klägerin war ab dem 01. Mai 1977 als Plakatdruckerin tätig und absolvierte vom 01. August 1978 bis zum 08. Juli 1981 eine Ausbildung zur Schaufenstergestalterin (Schauwerbegestalterin). Anschließend arbeitete sie als Dekorateurin und Textilverkäuferin. Von 1986 bis 1990 war sie nicht berufstätig, ihren Angaben zufolge, weil sie nach einer Lungenentzündung Depressionen bekommen habe und arbeitsunfähig gewesen sei. Von Dezember 1990 bis Juni 1995 war sie im Verkauf und der Dekoration eines Spielwarenhändlers tätig, diese Stelle kündigte sie wegen eines Umzugs. Ab September 1998 arbeitete sie in Teilzeit als Buchverkäuferin bei einem Buchclub. Ab April 2005 war sie an Lungenentzündung, Depression und Angstzuständen arbeitsunfähig erkrankt. Vom 09. August bis 20. September 2005 erfolgte eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Dr. K., Psychosomatische Abteilung der Klinik S., diagnostizierte im Entlassungsbericht vom 22. September 2005 eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig, eine Hypercholesterinämie und akute Gastritis und meinte, die Klägerin sei in ihrer Tätigkeit als Verkäuferin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in allen Körperhaltungen für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich erwerbsfähig. Ein Arbeitsversuch im Januar 2006 wurde abgebrochen, danach war die Klägerin erneut arbeitsunfähig. Nach ihren Angaben kündigte ihr Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis im September 2006. Ab November 2006 bezog sie Arbeitslosengeld.
Die Klägerin beantragte am 23. Februar 2006 Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. F. vom 09. April 2006. Dieser diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig, und meinte, in ihrem Beruf als Fachverkäuferin sei die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Konzentrations , Kommunikations- und Konfliktfähigkeit und ohne überwiegenden Kontakt zu Kunden oder Kollegen dagegen noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich erwerbsfähig. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 08. Mai 2006 ab. Zu einer etwaigen Berufsunfähigkeit führte sie aus, die Klägerin sei in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf als Verkäuferin mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie leide seit einiger Zeit unter schweren Depressionen und habe sich deshalb in eine psychiatrische Klinik begeben und ein psychosomatisches Heilverfahren absolvieren müssen. Hinzu kämen ein Ganzkörperschmerz und arthrotische Veränderungen der Gelenke. Insbesondere im linken Knie sei die Beweglichkeit schmerzhaft reduziert. Längeres Gehen oder Stehen seien nicht mehr möglich. Die Beklagte erhob den Befundbericht des behandelnden Psychiaters H. vom 29. September 2006 (rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig, sonstige gemischte Angststörung), der den Entlassungsbericht des Psychiatrischen Zentrums N., Dr. D., vom 16. Juni 2005 über eine stationäre Behandlung der Klägerin vom 12. Mai bis 16. Juni 2005 (rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotischen Symptome, Somatisierungsstörung) vorlegte. Die Beklagte ließ die Klägerin außerdem bei der Fachärztin für Orthopädie S. begutachten. Diese diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 06. Dezember 2006 eine Varusgonarthrose beidseits, chronische rezidivierende Cervikobrachial-, BWS- und Lumbalsyndrome, eine S-Skoliose, einen Spreizfuß mit Hallux valgus links, eine beginnende Arthrose des Großzehengrundgelenks und Depressionen. Sie meinte, die Klägerin sei als Verkäuferin im Buchhandel nur noch unter drei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen ohne Vorbeugen, ohne Tragen von mehr als 10 kg und nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, dagegen noch für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich erwerbsfähig. Unter Verweis auf dieses Gutachten wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 15. Februar 2007, zur Post gegeben am selben Tag, zurück. Ausführungen zu einer etwaigen Berufsunfähigkeit der Klägerin finden sich darin nicht.
Die Klägerin erhob am 16. März 2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie trug vor, neben den sich verschlechternden orthopädischen Gesundheitsstörungen sei das Leistungsvermögen in quantitativer Hinsicht insbesondere durch die nervenärztlichen Störungen beeinträchtigt. Lohnbringende Tätigkeiten seien sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch im Bezugsberuf als Verkäuferin nicht mehr regelmäßig in einem Umfang von sechs und mehr Stunden täglich möglich.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG vernahm die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen. Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. R. teilte unter dem 22. Juni 2007 mit, bei der Klägerin bestünden rezidivierende depressive Episoden mit starken Selbstwertproblemen, Kaufsucht besonders in depressiven Phasen, Konflikte mit dem ebenfalls psychisch erkrankten älteren Sohn, eine Kniearthrose 3. Grades bei Achsfehlstellung des linken Beins und ein Übergewicht von zehn kg. Die Klägerin traue sich eine Arbeit von mehr als drei Stunden nicht zu. Da sie mit Konkurrenzsituationen außergewöhnlich schlecht umgehen könne, sei eine Arbeit im Team schwierig. Sie könne nicht lange stehen oder gehen, ohne Beschwerden im Knie zu bekommen. Allgemeinmediziner Dres. G. und St. bekundeten unter dem 01. Juli 2007, bezüglich der Kniegelenksschäden sei durch operative Maßnahmen Besserung eingetreten, die Depressionen seien von wechselnder Ausprägung, die psychosomatisch bedingten Erkrankungen wie die Gastritis, die Neurodermitis und das Globusgefühl im Hals hingen von der Stärke der Depression ab. Eine körperlich leichte, psychisch nicht belastende Arbeit ohne Publikumsverkehr sei ca. vier Stunden am Tag möglich. Fachärztin für Psychiatrie H. gab unter dem 04. Juli 2007 an, die Klägerin leide an einer rezidivierenden depressiven Störung unterschiedlichen Schweregrads und einer sonstigen gemischten Angststörung, sie erhalte seit Oktober 2005 regelmäßig ambulante Psychotherapie, ein Arbeitsversuch im Januar 2006 im Buchclub habe nach kurzer Zeit zu schweren depressiven Dekompensationen geführt. Die Klägerin sei wegen der Schwere der depressiven Störung, des Mangels an Belastbarkeit, Ausdauer und Konzentration sowie der Antriebsstörung allenfalls für unter zwei bis drei Stunden am Tag erwerbsfähig, unabhängig ob als Fachverkäuferin oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Im Auftrag des SG erstattete Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ra. das Gutachten vom 24. Oktober 2007. Darin diagnostizierte er – auf seinem Fachgebiet – eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradig in ausklingender Episode. Ein mittlerer Grad liege nicht vor, da die meisten Alltagsaktivitäten aufrecht erhalten seien. Die Probleme an der letzten Arbeitsstelle beruhten – auch nach Schilderung der Klägerin selbst – weniger auf der Erkrankung als auf den speziellen Stressfaktoren und Belastungen beim letzten Arbeitgeber. Die noch leichte depressive Restsymptomatik mache Arbeiten mit starker nervlicher Belastung und unter hohem Zeitdruck, mit dem Erfordernis des raschen Reagierens, sowie auch das Tragen einer erhöhten Verantwortung für Menschen oder Material nicht mehr zumutbar. Hierzu zähle auch die Tätigkeit in einer stark frequentierten Filialbuchhandlung, wenn die Klägerin als allein Verantwortliche, wenn auch nur stundenweise, das Geschäft führen und hierbei gleichzeitig Kunden bedienen und die Kasse bedienen müsse. Daneben beständen die von Fachärztin für Orthopädie S. beschriebenen Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne die genannten Anforderungen sollten für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich bei einer Fünf-Tage-Woche durchführbar sein, wenn die orthopädischen Einschränkungen beachtet würden. Betriebsunübliche Pausen sein nicht notwendig, die Wegefähigkeit sei erhalten. In den nächsten zwölf Monaten sei mit einer weiteren Besserung der depressiven Restsymptomatik zu rechnen. Wegen der Stabilisierung des psychischen Befundes seit der Begutachtung durch Dr. F. könne man nicht mehr von einer mittel-, sondern nur noch von einer leichtgradigen Symptomatik ausgehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. September 2008 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin könne noch sechs Stunden arbeitstäglich körperlich leichte Arbeiten verrichten, wobei die – im einzelnen genannten – qualitativen Einschränkungen auf orthopädischem und psychiatrischem Gebiet beachtet werden müssten. Für diese Leistungsbeurteilung berufe sich das SG auf die Rentengutachten von Dr. F. und Fachärztin für Orthopädie S. sowie auf das während des Klagverfahrens eingeholte Gutachten von Dr. Ra ... Soweit die behandelnden Ärzte von einem geringeren quantitativen Leistungsvermögen ausgingen, sei den sozialmedizinisch erfahrenen ärztlichen Sachverständigen der Vorzug zu geben. Mit dem beschriebenen Leistungsvermögen sei die Klägerin auch nicht berufsunfähig. Sie könne zwar nicht mehr die überwiegend im Stehen auszuübende Tätigkeit als Verkäuferin oder Buchverkäuferin ausüben, ihr könne jedoch ein zumutbarer Verweisungsberuf benannt werden. Selbst wenn sie als gelernte Angestellte mit einer Ausbildung von bis zu drei Jahren einzustufen wäre, woran das SG auf Grund der seit September 1998 ausgeübten Tätigkeit als Buchverkäuferin Zweifel habe, weil es sich hierbei um eine geringer qualifizierte Tätigkeit handeln und somit eine Lösung vom erlernten Beruf eingetreten sein könne, so wären der Klägerin noch Tätigkeiten einer kaufmännischen Angestellten oder Ver¬waltungs¬angestellten für Bürohilfstätigkeiten im kaufmännisch-verwaltenden Bereich von Handels- oder Wirtschaftsunternehmen oder Behörden zumutbar. Es handle sich um leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung. Diese Aufgaben müsste die Klägerin als gelernte Kraft unschwer nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten ausüben können.
Die Klägerin hat am 17. Oktober 2008 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Das Gutachten von Dr. Ra. sei in sich widersprüchlich. Er führe einerseits aus, die Prognose sei ungewiss, andererseits aber gehe es von einer weiteren Besserung in den nächsten sechs bis zwölf Monaten aus. Auch habe Fachärztin für Psychiatrie H. ein Leistungsvermögen von allenfalls unter zwei bis drei Stunden angegeben. Weiterhin hätten sich die orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen kontinuierlich verschlechtert. Wegen der fortschreitenden Arthrose im linken Kniegelenk sei eine Umstellungsosteotomie wohl zwischenzeitlich durchgeführt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. September 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2007 zu verurteilen, ihr ab dem 01. März 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und ihre Entscheidungen.
Der Berichterstatter des Senats hat Facharzt für Orthopädie Fi. und erneut Fachärztin für Psychiatrie H. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Frau H. hat unter dem 12. März 2008 die Behandlungstermine der Klägerin seit 2006 angegeben (2007 und 2008 je fünf , 2009 bislang einmal). Die Klägerin sei im Sommer 2007 mäßiggradig stabilisiert und bis Februar 2008 ausreichend stabil gewesen, im April 2008 habe sie sich in depressiver Verfassung gezeigt, im Mai und September 2008 sei sie ausreichend stabil gewesen, im Oktober 2008 wegen der Umstellungsosteotomie in Sorge und Angst und am 04. Februar 2009 nach der Operation und wegen des dritten Scheiterns des älteren Sohnes im Staatsexamen "psychisch an ihre Grenze angelangt". Die rezidivierende depressive Störung sei zuletzt mittelgradig ausgeprägt gewesen. Eine ambulante Psychotherapie sei über einen längeren Zeitraum durchgeführt worden. Die Klägerin sei durchgängig nicht berufsfähig gewesen. Herr Fi. hat unter dem 11. Februar 2009 (Eingang beim LSG am 29. Juli 2009) unter Vorlage von Arztbriefen bekundet, die Klägerin im Juli 2008 und Januar 2009 behandelt zu haben. Die Umstellungsosteotomie sei am 21. Oktober 2008 durchgeführt worden. Außerdem leide die Klägerin an einer Varusgonarthrose links mehr als rechts, einer postoperativen Beinverkürzung 1,5 cm rechts und einem Knick-Senk-Fuß beidseits. Die Achsfehlstellung habe sich postoperativ deutlich verbessert. Eine abschließende Beurteilung der Schmerzreduktion und der Verlängerung der Gehstrecke sei noch nicht möglich gewesen.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 08. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2007 ist rechtmäßig.
1. Der Klägerin steht zunächst kein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu.
a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann jedoch auch bei einem vollen oder nur eingeschränkten Restleistungsvermögen ein Anspruch auf eine Rente wegen (voller) Erwerbsminderung bestehen, wenn nämlich der für den Versicherten (noch) in Betracht kommende Arbeitsmarkt verschlossen ist. So kann ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bestehen, wenn der Versicherte nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann oder den täglichen Weg zur Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zurücklegen kann, wobei dies der Fall ist, wenn er nicht mindestens viermal täglich 500 m in höchstens 20 Minuten zurücklegen kann. Ebenso besteht trotz eines noch sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn der Versicherte an einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen leidet oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt. Und bei einer teilweisen Erwerbsminderung, also einer Minderung des Leistungsvermögens auf drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB VI) kann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ("Arbeitsmarktrente") verlangt werden, wenn der Versicherte keinen leidensgerechten Teilzeitarbeitsplatz innehat und ihm der Rentenversicherungsträger oder die Bundesagentur für Arbeit binnen eines Jahres ab Antragstellung keinen solchen Arbeitsplatz anbieten können.
b) Nach diesen Voraussetzungen ist die Klägerin weder voll noch – bei inzwischen fehlender Teilzeittätigkeit würde dies zu einer "Arbeitsmarktrente" führen – teilweise erwerbsgemindert. Sie ist vielmehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich bei einer Fünf-Tage-Woche erwerbstätig zu sein.
aa) Die orthopädischen Beeinträchtigungen der Klägerin beschränken ihr quantitatives Leistungsvermögen nicht.
Auf diesem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer Varusgonarthrose links mehr als rechts bei Achsfehlstellung sowie zweifacher Arthroskopie und Umstellungsosteotomie Oktober 2008 mit postoperativer Beinverkürzung 1,5 cm rechts, an einem Knick-Senk-Spreizfuß beidseits und an chronisch rezidivierenden Cervikobrachial-, BWS- und Lumbalsyndromen bei linkskonvexer S Skoliose der Wirbelsäule. Dies entnimmt der Senat dem im Widerspruchsverfahren erstatteten Gutachten der Fachärztin für Orthopädie S. vom 05. Dezember 2006 und der im Berufungsverfahren eingeholten Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Fi ... Letzterer hat die aktuellen Befunde der unteren Gliedmaßen nach der Operation im Jahre 2008 mitgeteilt, Fachärztin für Orthopädie S. hat insoweit den Zustand bei ihrer Begutachtung 2006 und außerdem die Schäden an der Wirbelsäule beschrieben. Die Diagnosen sind auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen worden, der vom SG beauftragte neurologisch-psychiatrische Sachverständige Dr. Ra. hat sie in seinem Gutachten aufgenommen.
Keine dieser orthopädischen Gesundheitsstörungen verursacht Bewegungseinschränkungen oder andere funktionelle Einbußen. Fachärztin für Orthopädie S. hatte die Klägerin nach der anerkannten Neutral-Null-Methode untersucht und in ihrem Gutachten freie Beweglichkeit aller untersuchter Gelenke der oberen und unteren Gliedmaßen beschrieben. Lediglich im rechten Schultergelenk fand sich eine - geringfügige - Einschränkung bei der Retroversion (rückwärtige Extension) auf 40° (links: 70°). Selbst bei dem stark beeinträchtigten rechten Knie konnte Fachärztin für Orthopädie S. eine volle Flexion von 130° feststellen. Dagegen verursachen die Gesundheitsbeeinträchtigungen der unteren Gliedmaßen und auch an Rumpf und Wirbelsäule Schmerzen. Fachärztin für Orthopädie S. hat insoweit rezidivierende Schmerzen mit Ausstrahlungen an Nacken, Rücken und Beinen beschrieben, außerdem Klopf- und Druckschmerzen verschiedenen Grades bei der Untersuchung. Als erheblich hat sie allerdings nur die Schmerzen am linken Knie eingestuft. Weiterhin hatte die Klägerin über Schmerzen der HWS vor allem bei Arbeiten in Kopfvorbeuge geklagt. Als Ursache hatte Fachärztin für Orthopädie S. muskuläre Dysbalancen ausgemacht. Wegen der progredienten Schmerzen des linken Kniegelenks erfolgte im Oktober 2008 die Umstellungsosteotomie, die nach den vom Facharzt für Orthopädie Fi. vorgelegten Arztbriefen ohne Komplikationen verlief, so dass sich insoweit keine Einschränkungen feststellen lassen.
Diese funktionellen Beeinträchtigungen und Schmerzen führen nur zu qualitativen Leistungseinschränkungen, da sie vor allem belastungsabhängig sind. Der Klägerin ist es nicht mehr zumutbar, ausschließlich im Gehen oder überwiegend im Stehen zu arbeiten, dies würde Knieschmerzen verursachen. Auch bestimmte Wirbelsäulenzwangshaltungen (Kopfvorbeuge) sind ausgeschlossen. Wie bei Einschränkungen der Wirbelsäule üblich sind außerdem das Heben und Tragen schwerer Lasten ausgeschlossen, wobei Fachärztin für Orthopädie S. die Grenze bei zehn kg sieht. Einschränkungen des quantitativen Leistungsvermögens, also des Durchhaltevermögens für eine sechsstündige Erwerbstätigkeit, sind nicht ersichtlich, zumal Dauerschmerzen jedenfalls nicht in einem stärkeren Ausmaß bestehen. Dies entnimmt der Senat nicht nur dem Gutachten der Fachärztin für Orthopädie S ... In diese Richtung spricht auch, dass die Klägerin ihrem eigenen Vorbringen bei den Gutachtern zufolge noch den Haushalt in ihrer mehr als 100 qm großen Wohnung mit Garten führt, ohne eine Haushaltshilfe zu haben oder erhebliche Unterstützung von Mann und Söhnen zu erhalten.
bb) Auch auf psychiatrischem Gebiet liegen keine relevanten quantitativen Leistungseinschränkungen vor.
Die Klägerin leidet, wie sich insbesondere in den Gutachten des Dr. F. vom 09. April 2006 und des Dr. Ra. vom 24. Oktober 2007 ergibt, an einer rezidivierenden depressiven Störung, wohl auch mit Elementen einer Angststörung, wobei das Ausmaß der Störung jedenfalls seit Antragstellung zwischen leicht- und mittelgradig schwankt: Dr. F. hatte eine mittelgradige Störung beschrieben, Dr. Ra. dagegen ein nur noch leichtes, abklingendes Ausmaß. Die behandelnden Psychiaterin H. hat in ihren beiden Zeugenaussagen, zuletzt vom 12. März 2009, bestätigt, dass das Ausmaß der Depression zwischen diesen beiden Werten schwankt. Hiernach war die Klägerin seit Sommer 2007 überwiegend "mäßiggradig stabilisiert", nur im Oktober 2007, April 2008 und Oktober 2008 (vor der OP am Knie) war ein mittleres Niveau erreicht. Auch bei der letzten Untersuchung im Februar 2009 (nach der OP und dem Scheitern des Sohnes im Staatsexamen) war keine schwere Depression erreicht, hierzu hatte Frau H. "zuletzt mittelgradig" angegeben.
Psychische Erkrankungen dieser Art ziehen nicht nur die insbesondere von Dr. Ra. beschriebenen qualitativen Einschränkungen nach sich (keine Arbeiten mit starker nervlicher Belastung, unter hohem Zeitdruck, mit raschem Reagieren, mit erhöhter Verantwortung und - bei der Klägerin wohl im Vordergrund - mit vertieften Kontakten zu Kunden und vor allem Kollegen und/oder Vorgesetzten). Auch das Durchhaltevermögen ist eingeschränkt. Der Senat ist jedoch wie das SG der Ansicht, dass eine Einschränkung auf unter sechs Stunden arbeitstäglich nicht vorliegt. Dr. Ra. hat in seinem Gutachten überzeugend herausgearbeitet, dass die Klägerin eine solche Zeitspanne täglich noch arbeiten kann. Hierfür spricht der erhalten gebliebene geregelte Tagesablauf mit der genannten Hausarbeit. Vor allem aber ergibt sich - darin ist Dr. Ra. zu folgen -, dass die Probleme der Klägerin an ihrem bisherigen Arbeitsplatz im Buchclub auf der Art der dort geschuldeten Tätigkeit und an der früheren Einsatzstelle vor allem auch auf Konflikten mit Kollegen und Vorgesetzten beruhten. Diese Einschätzung, die bereits Dr. F. in seinem Gutachten vom 09. April 2006 abgegeben hat, haben die Aussagen der behandelnden Ärzte, insbesondere der Psychiaterin H., nicht erschüttern können. Frau H. hat selbst - höchstens - mittelgradige Ausprägungen der depressiven Störung beschrieben, die aber jeweils nur einen Monat oder kurze Zeit mehr angedauert haben, dazwischen hat sie die Klägerin jeweils als stabilisiert beschrieben. Eine dauerhafte, also mehr als sechs Monate andauernde, schwere Depression ist für die Zeit seit Antragstellung nicht dokumentiert, anders als möglicherweise in früheren Zeiten, in denen die Klägerin zum Teil stationär behandelt werden musste.
cc) Auf weiteren Fachgebieten leidet die Klägerin lediglich an phasenweise auftretenden Erkrankungen, nämlich Gastritis, seltenen Lungenentzündungen und Neurodermitis. Diese hängen aber in Auftreten und Intensität von der Ausprägung der Depression ab. Dies haben die behandelnden Ärzte Dres. G. und St. in ihrer Aussage vom 01. Juli 2007 beschrieben. Auch sind diese Erkrankungen behandelbar, die Hauterkrankungen z. B. mit einer Cortisonsalbe (vgl. insoweit den von Dres. G./St. vorgelegten Arztbrief des Hautarztes Dr. U. vom 23. Februar 2007) und erreichen keinen mindestens sechsmonatigen Dauerzustand.
dd) Betriebsunübliche Arbeitsbedingungen sind nicht einzuhalten. Auch ist die Klägerin nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Gutachter und der behandelnden Ärzte in der Lage, Auto zu fahren bzw. öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und viermal täglich mehr als 500 m in höchstens 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen.
2. Der Klägerin steht auch nicht die weiterhin begehrte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.
a) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs (vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 09. Oktober 2007 - B 5b/8 KN 2/07 R - = veröffentlicht in Juris). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Maßstab kann aber auch eine länger zurückliegende Tätigkeit sein, wenn sie das Berufsleben erheblich geprägt hat und sich der Versicherte bereits aus gesundheitlichen Gründen von ihr gelöst hatte.
Nach dem - auch - für die Angestelltenberufe entwickelten Mehrstufenschema des BSG werden die Gruppen des unausgebildeten Angestellten, des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren, des Angestellten mit längerer Ausbildung regelmäßig von drei Jahren und schließlich des Angestellten mit einer dreijährigen Ausbildung und zusätzlichen Zugangsvoraussetzungen wie z. B. Meisterprüfung, Abschluss einer Hochschule, Fachhochschule oder Fachschule ("Angestellter von hoher beruflicher Qualität") unterschieden. Eine Verweisung zur Abwendung von Berufsunfähigkeit ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils nächstniedrigen Gruppe möglich. Erforderlich ist, dass Kenntnisse und Fähigkeiten in einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung erworben werden können (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 23).
b) Nach diesen Voraussetzungen ist die Klägerin nicht berufsunfähig.
aa) Bezugsberuf der Klägerin ist die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Buchverkäuferin. Diesen Beruf hatte sie zuletzt über einen längeren Zeitraum ausgeübt. Es ist nicht zurückzugehen auf den Ausbildungsberuf der Klägerin als Schauwerbegestalterin. Als "Dekorateurin" hatte sie ihren eigenen Angaben zufolge bis Oktober 1982 (zuletzt in einem Baumarkt) gearbeitet und dann erneut von Dezember 1990 bis Juni 1995 als "Verkäuferin/Dekorateurin" in einem Spielwarengeschäft. Selbst wenn diese, bis 1995 ausgeübte Tätigkeit noch ihrem Ausbildungsberuf entsprochen hat - woran Zweifel bestehen, weil die verkaufende Tätigkeit in den Vordergrund getreten sein dürfte -, dann hat sich die Klägerin von diesem Beruf 1995 gelöst, und zwar nicht aus gesundheitlichen Gründen. Sie hat ihre Stellung in dem Spielwarengeschäft ihren Angaben zufolge "wegen Umzugs" gelöst. Außerdem war sie ab 1998 mehr als sieben Jahre lediglich als Buchverkäuferin tätig, ohne dass für diese Zeit Versuche beschrieben sind, in den erlernten Beruf als Schauwerbegestalterin bzw. Dekorateurin zurückzukehren.
bb) Es kann offen bleiben, ob die Klägerin diesen Beruf generell nicht mehr ausüben kann oder die Schwierigkeiten in ihrer letzten Berufstätigkeit auf speziellen, individuellen Umständen an ihrem konkreten Arbeitsplatz beruhten. Selbst wenn eine Tätigkeit als Verkäuferin - die überwiegend im Stehen und Gehen ausgeführt wird und notwendigerweise mit Publikumskontakt verbunden ist, also der Klägerin eventuell nicht mehr zugemutet werden kann - ausscheidet, kann die Klägerin auf andere Berufe verwiesen werden, wie es auch das SG angenommen hat.
Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit der Klägerin ist als Angestelltenberuf mit einer Ausbildungsdauer von bis zu zwei Jahren einzuordnen. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin nicht das volle Tätigkeitsfeld einer Buchhändlerin, zu dem z. B. auch der Einkauf von Büchern, die Gestaltung der Verkaufsräume und betriebswirtschaftliche Kenntnisse gehören, ausgefüllt hat. Nur die Ausbildung zum Buchhändler dauert aber drei Jahre. Die Klägerin war vielmehr als Verkäuferin tätig, also in einem zweijährigen Ausbildungsberuf (Angaben zur Dauer aus dem BerufeNet der Bundesagentur für Arbeit, http://www.berufenet.de). Von dieser Tätigkeit aus kann die Klägerin auch auf alle Berufe Angestellter ohne Ausbildung verwiesen werden, also auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, für die sie - wie ausgeführt - sechs Stunden und mehr erwerbsfähig ist.
Und selbst wenn die Tätigkeit der Klägerin als Buchverkäuferin in die dritte Stufe des Schemas, also als Angestelltenberuf mit einer Ausbildung von drei Jahren, einzuordnen wäre, könnte sie verwiesen werden, und zwar auf kaufmännische Tätigkeiten im Innendienst, etwa als Bürohilfskraft, wie es auch das SG getan hat (vgl. das auch im angegriffenen Gerichtsbescheid zitierte Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 05. Mai 2006, L 4 R 1183/05, veröffentlicht in Juris, Rn. 26). Der Senat hat im Hinblick auf die Ausbildung der Klägerin und unter Berücksichtigung ihrer langjährigen Tätigkeiten im Verkauf, zuletzt im Buchhandel, keinen Zweifel, dass sie über die fachliche Qualifikation verfügt, entsprechenden Tätigkeiten nach nur kurzer Einarbeitung vollwertig nachzugehen. Diese Arbeiten sind der Klägerin auch gesundheitlich zumutbar. Bei den genannten Arbeiten handelt es sich um klassische Bürotätigkeiten, mithin um körperlich leichte Tätigkeiten, die in geschlossenen Räumen ohne Einfluss nennenswerter klimatischer Einflüsse im freien Wechsel der Haltungsarten zu erbringen sind, weder mit einseitiger körperlicher Belastung, der Einnahme von Zwangshaltungen, einem Einsatz an laufenden Maschinen, dem Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten oder dem Heben und Tragen von Lasten einhergehen noch unter besonderem Zeitdruck wie im Akkord oder am Fließband zu erbringen sind (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Mit Publikumsverkehr sind diese Tätigkeiten nicht verbunden. Der Kontakt mit Vorgesetzten und Kollegen ist nicht gesteigert und entspricht dem im Arbeitsleben Üblichen. Diese Tätigkeiten entsprechen damit dem oben geschilderten Leistungsvermögen der Klägerin.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am 1956 geborene Klägerin war ab dem 01. Mai 1977 als Plakatdruckerin tätig und absolvierte vom 01. August 1978 bis zum 08. Juli 1981 eine Ausbildung zur Schaufenstergestalterin (Schauwerbegestalterin). Anschließend arbeitete sie als Dekorateurin und Textilverkäuferin. Von 1986 bis 1990 war sie nicht berufstätig, ihren Angaben zufolge, weil sie nach einer Lungenentzündung Depressionen bekommen habe und arbeitsunfähig gewesen sei. Von Dezember 1990 bis Juni 1995 war sie im Verkauf und der Dekoration eines Spielwarenhändlers tätig, diese Stelle kündigte sie wegen eines Umzugs. Ab September 1998 arbeitete sie in Teilzeit als Buchverkäuferin bei einem Buchclub. Ab April 2005 war sie an Lungenentzündung, Depression und Angstzuständen arbeitsunfähig erkrankt. Vom 09. August bis 20. September 2005 erfolgte eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme. Dr. K., Psychosomatische Abteilung der Klinik S., diagnostizierte im Entlassungsbericht vom 22. September 2005 eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig, eine Hypercholesterinämie und akute Gastritis und meinte, die Klägerin sei in ihrer Tätigkeit als Verkäuferin sowie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in allen Körperhaltungen für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich erwerbsfähig. Ein Arbeitsversuch im Januar 2006 wurde abgebrochen, danach war die Klägerin erneut arbeitsunfähig. Nach ihren Angaben kündigte ihr Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis im September 2006. Ab November 2006 bezog sie Arbeitslosengeld.
Die Klägerin beantragte am 23. Februar 2006 Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste das Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. F. vom 09. April 2006. Dieser diagnostizierte eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig, und meinte, in ihrem Beruf als Fachverkäuferin sei die Klägerin nur noch drei bis unter sechs Stunden, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für Tätigkeiten ohne besondere Anforderungen an die Konzentrations , Kommunikations- und Konfliktfähigkeit und ohne überwiegenden Kontakt zu Kunden oder Kollegen dagegen noch sechs Stunden und mehr arbeitstäglich erwerbsfähig. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 08. Mai 2006 ab. Zu einer etwaigen Berufsunfähigkeit führte sie aus, die Klägerin sei in der Lage, in ihrem bisherigen Beruf als Verkäuferin mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie leide seit einiger Zeit unter schweren Depressionen und habe sich deshalb in eine psychiatrische Klinik begeben und ein psychosomatisches Heilverfahren absolvieren müssen. Hinzu kämen ein Ganzkörperschmerz und arthrotische Veränderungen der Gelenke. Insbesondere im linken Knie sei die Beweglichkeit schmerzhaft reduziert. Längeres Gehen oder Stehen seien nicht mehr möglich. Die Beklagte erhob den Befundbericht des behandelnden Psychiaters H. vom 29. September 2006 (rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradig, sonstige gemischte Angststörung), der den Entlassungsbericht des Psychiatrischen Zentrums N., Dr. D., vom 16. Juni 2005 über eine stationäre Behandlung der Klägerin vom 12. Mai bis 16. Juni 2005 (rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotischen Symptome, Somatisierungsstörung) vorlegte. Die Beklagte ließ die Klägerin außerdem bei der Fachärztin für Orthopädie S. begutachten. Diese diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 06. Dezember 2006 eine Varusgonarthrose beidseits, chronische rezidivierende Cervikobrachial-, BWS- und Lumbalsyndrome, eine S-Skoliose, einen Spreizfuß mit Hallux valgus links, eine beginnende Arthrose des Großzehengrundgelenks und Depressionen. Sie meinte, die Klägerin sei als Verkäuferin im Buchhandel nur noch unter drei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für leichte Tätigkeiten, zeitweise im Stehen, Gehen und Sitzen ohne Vorbeugen, ohne Tragen von mehr als 10 kg und nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, dagegen noch für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich erwerbsfähig. Unter Verweis auf dieses Gutachten wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 15. Februar 2007, zur Post gegeben am selben Tag, zurück. Ausführungen zu einer etwaigen Berufsunfähigkeit der Klägerin finden sich darin nicht.
Die Klägerin erhob am 16. März 2007 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie trug vor, neben den sich verschlechternden orthopädischen Gesundheitsstörungen sei das Leistungsvermögen in quantitativer Hinsicht insbesondere durch die nervenärztlichen Störungen beeinträchtigt. Lohnbringende Tätigkeiten seien sowohl auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als auch im Bezugsberuf als Verkäuferin nicht mehr regelmäßig in einem Umfang von sechs und mehr Stunden täglich möglich.
Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das SG vernahm die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen. Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin Dr. R. teilte unter dem 22. Juni 2007 mit, bei der Klägerin bestünden rezidivierende depressive Episoden mit starken Selbstwertproblemen, Kaufsucht besonders in depressiven Phasen, Konflikte mit dem ebenfalls psychisch erkrankten älteren Sohn, eine Kniearthrose 3. Grades bei Achsfehlstellung des linken Beins und ein Übergewicht von zehn kg. Die Klägerin traue sich eine Arbeit von mehr als drei Stunden nicht zu. Da sie mit Konkurrenzsituationen außergewöhnlich schlecht umgehen könne, sei eine Arbeit im Team schwierig. Sie könne nicht lange stehen oder gehen, ohne Beschwerden im Knie zu bekommen. Allgemeinmediziner Dres. G. und St. bekundeten unter dem 01. Juli 2007, bezüglich der Kniegelenksschäden sei durch operative Maßnahmen Besserung eingetreten, die Depressionen seien von wechselnder Ausprägung, die psychosomatisch bedingten Erkrankungen wie die Gastritis, die Neurodermitis und das Globusgefühl im Hals hingen von der Stärke der Depression ab. Eine körperlich leichte, psychisch nicht belastende Arbeit ohne Publikumsverkehr sei ca. vier Stunden am Tag möglich. Fachärztin für Psychiatrie H. gab unter dem 04. Juli 2007 an, die Klägerin leide an einer rezidivierenden depressiven Störung unterschiedlichen Schweregrads und einer sonstigen gemischten Angststörung, sie erhalte seit Oktober 2005 regelmäßig ambulante Psychotherapie, ein Arbeitsversuch im Januar 2006 im Buchclub habe nach kurzer Zeit zu schweren depressiven Dekompensationen geführt. Die Klägerin sei wegen der Schwere der depressiven Störung, des Mangels an Belastbarkeit, Ausdauer und Konzentration sowie der Antriebsstörung allenfalls für unter zwei bis drei Stunden am Tag erwerbsfähig, unabhängig ob als Fachverkäuferin oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Im Auftrag des SG erstattete Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. Ra. das Gutachten vom 24. Oktober 2007. Darin diagnostizierte er – auf seinem Fachgebiet – eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradig in ausklingender Episode. Ein mittlerer Grad liege nicht vor, da die meisten Alltagsaktivitäten aufrecht erhalten seien. Die Probleme an der letzten Arbeitsstelle beruhten – auch nach Schilderung der Klägerin selbst – weniger auf der Erkrankung als auf den speziellen Stressfaktoren und Belastungen beim letzten Arbeitgeber. Die noch leichte depressive Restsymptomatik mache Arbeiten mit starker nervlicher Belastung und unter hohem Zeitdruck, mit dem Erfordernis des raschen Reagierens, sowie auch das Tragen einer erhöhten Verantwortung für Menschen oder Material nicht mehr zumutbar. Hierzu zähle auch die Tätigkeit in einer stark frequentierten Filialbuchhandlung, wenn die Klägerin als allein Verantwortliche, wenn auch nur stundenweise, das Geschäft führen und hierbei gleichzeitig Kunden bedienen und die Kasse bedienen müsse. Daneben beständen die von Fachärztin für Orthopädie S. beschriebenen Einschränkungen auf orthopädischem Fachgebiet. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten ohne die genannten Anforderungen sollten für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich bei einer Fünf-Tage-Woche durchführbar sein, wenn die orthopädischen Einschränkungen beachtet würden. Betriebsunübliche Pausen sein nicht notwendig, die Wegefähigkeit sei erhalten. In den nächsten zwölf Monaten sei mit einer weiteren Besserung der depressiven Restsymptomatik zu rechnen. Wegen der Stabilisierung des psychischen Befundes seit der Begutachtung durch Dr. F. könne man nicht mehr von einer mittel-, sondern nur noch von einer leichtgradigen Symptomatik ausgehen.
Mit Gerichtsbescheid vom 30. September 2008 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin könne noch sechs Stunden arbeitstäglich körperlich leichte Arbeiten verrichten, wobei die – im einzelnen genannten – qualitativen Einschränkungen auf orthopädischem und psychiatrischem Gebiet beachtet werden müssten. Für diese Leistungsbeurteilung berufe sich das SG auf die Rentengutachten von Dr. F. und Fachärztin für Orthopädie S. sowie auf das während des Klagverfahrens eingeholte Gutachten von Dr. Ra ... Soweit die behandelnden Ärzte von einem geringeren quantitativen Leistungsvermögen ausgingen, sei den sozialmedizinisch erfahrenen ärztlichen Sachverständigen der Vorzug zu geben. Mit dem beschriebenen Leistungsvermögen sei die Klägerin auch nicht berufsunfähig. Sie könne zwar nicht mehr die überwiegend im Stehen auszuübende Tätigkeit als Verkäuferin oder Buchverkäuferin ausüben, ihr könne jedoch ein zumutbarer Verweisungsberuf benannt werden. Selbst wenn sie als gelernte Angestellte mit einer Ausbildung von bis zu drei Jahren einzustufen wäre, woran das SG auf Grund der seit September 1998 ausgeübten Tätigkeit als Buchverkäuferin Zweifel habe, weil es sich hierbei um eine geringer qualifizierte Tätigkeit handeln und somit eine Lösung vom erlernten Beruf eingetreten sein könne, so wären der Klägerin noch Tätigkeiten einer kaufmännischen Angestellten oder Ver¬waltungs¬angestellten für Bürohilfstätigkeiten im kaufmännisch-verwaltenden Bereich von Handels- oder Wirtschaftsunternehmen oder Behörden zumutbar. Es handle sich um leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung. Diese Aufgaben müsste die Klägerin als gelernte Kraft unschwer nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten ausüben können.
Die Klägerin hat am 17. Oktober 2008 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Das Gutachten von Dr. Ra. sei in sich widersprüchlich. Er führe einerseits aus, die Prognose sei ungewiss, andererseits aber gehe es von einer weiteren Besserung in den nächsten sechs bis zwölf Monaten aus. Auch habe Fachärztin für Psychiatrie H. ein Leistungsvermögen von allenfalls unter zwei bis drei Stunden angegeben. Weiterhin hätten sich die orthopädischen Gesundheitsbeeinträchtigungen kontinuierlich verschlechtert. Wegen der fortschreitenden Arthrose im linken Kniegelenk sei eine Umstellungsosteotomie wohl zwischenzeitlich durchgeführt worden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. September 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2007 zu verurteilen, ihr ab dem 01. März 2006 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und ihre Entscheidungen.
Der Berichterstatter des Senats hat Facharzt für Orthopädie Fi. und erneut Fachärztin für Psychiatrie H. schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Frau H. hat unter dem 12. März 2008 die Behandlungstermine der Klägerin seit 2006 angegeben (2007 und 2008 je fünf , 2009 bislang einmal). Die Klägerin sei im Sommer 2007 mäßiggradig stabilisiert und bis Februar 2008 ausreichend stabil gewesen, im April 2008 habe sie sich in depressiver Verfassung gezeigt, im Mai und September 2008 sei sie ausreichend stabil gewesen, im Oktober 2008 wegen der Umstellungsosteotomie in Sorge und Angst und am 04. Februar 2009 nach der Operation und wegen des dritten Scheiterns des älteren Sohnes im Staatsexamen "psychisch an ihre Grenze angelangt". Die rezidivierende depressive Störung sei zuletzt mittelgradig ausgeprägt gewesen. Eine ambulante Psychotherapie sei über einen längeren Zeitraum durchgeführt worden. Die Klägerin sei durchgängig nicht berufsfähig gewesen. Herr Fi. hat unter dem 11. Februar 2009 (Eingang beim LSG am 29. Juli 2009) unter Vorlage von Arztbriefen bekundet, die Klägerin im Juli 2008 und Januar 2009 behandelt zu haben. Die Umstellungsosteotomie sei am 21. Oktober 2008 durchgeführt worden. Außerdem leide die Klägerin an einer Varusgonarthrose links mehr als rechts, einer postoperativen Beinverkürzung 1,5 cm rechts und einem Knick-Senk-Fuß beidseits. Die Achsfehlstellung habe sich postoperativ deutlich verbessert. Eine abschließende Beurteilung der Schmerzreduktion und der Verlängerung der Gehstrecke sei noch nicht möglich gewesen.
Beide Beteiligte haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid der Beklagten vom 08. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Februar 2007 ist rechtmäßig.
1. Der Klägerin steht zunächst kein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung zu.
a) Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung und nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Artikel 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann jedoch auch bei einem vollen oder nur eingeschränkten Restleistungsvermögen ein Anspruch auf eine Rente wegen (voller) Erwerbsminderung bestehen, wenn nämlich der für den Versicherten (noch) in Betracht kommende Arbeitsmarkt verschlossen ist. So kann ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bestehen, wenn der Versicherte nur unter betriebsunüblichen Bedingungen arbeiten kann oder den täglichen Weg zur Arbeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zurücklegen kann, wobei dies der Fall ist, wenn er nicht mindestens viermal täglich 500 m in höchstens 20 Minuten zurücklegen kann. Ebenso besteht trotz eines noch sechsstündigen Leistungsvermögens für leichte Tätigkeiten ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn der Versicherte an einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen leidet oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt. Und bei einer teilweisen Erwerbsminderung, also einer Minderung des Leistungsvermögens auf drei bis unter sechs Stunden arbeitstäglich (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB VI) kann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ("Arbeitsmarktrente") verlangt werden, wenn der Versicherte keinen leidensgerechten Teilzeitarbeitsplatz innehat und ihm der Rentenversicherungsträger oder die Bundesagentur für Arbeit binnen eines Jahres ab Antragstellung keinen solchen Arbeitsplatz anbieten können.
b) Nach diesen Voraussetzungen ist die Klägerin weder voll noch – bei inzwischen fehlender Teilzeittätigkeit würde dies zu einer "Arbeitsmarktrente" führen – teilweise erwerbsgemindert. Sie ist vielmehr in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sechs Stunden und mehr arbeitstäglich bei einer Fünf-Tage-Woche erwerbstätig zu sein.
aa) Die orthopädischen Beeinträchtigungen der Klägerin beschränken ihr quantitatives Leistungsvermögen nicht.
Auf diesem Fachgebiet leidet die Klägerin an einer Varusgonarthrose links mehr als rechts bei Achsfehlstellung sowie zweifacher Arthroskopie und Umstellungsosteotomie Oktober 2008 mit postoperativer Beinverkürzung 1,5 cm rechts, an einem Knick-Senk-Spreizfuß beidseits und an chronisch rezidivierenden Cervikobrachial-, BWS- und Lumbalsyndromen bei linkskonvexer S Skoliose der Wirbelsäule. Dies entnimmt der Senat dem im Widerspruchsverfahren erstatteten Gutachten der Fachärztin für Orthopädie S. vom 05. Dezember 2006 und der im Berufungsverfahren eingeholten Zeugenaussage des behandelnden Orthopäden Fi ... Letzterer hat die aktuellen Befunde der unteren Gliedmaßen nach der Operation im Jahre 2008 mitgeteilt, Fachärztin für Orthopädie S. hat insoweit den Zustand bei ihrer Begutachtung 2006 und außerdem die Schäden an der Wirbelsäule beschrieben. Die Diagnosen sind auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen worden, der vom SG beauftragte neurologisch-psychiatrische Sachverständige Dr. Ra. hat sie in seinem Gutachten aufgenommen.
Keine dieser orthopädischen Gesundheitsstörungen verursacht Bewegungseinschränkungen oder andere funktionelle Einbußen. Fachärztin für Orthopädie S. hatte die Klägerin nach der anerkannten Neutral-Null-Methode untersucht und in ihrem Gutachten freie Beweglichkeit aller untersuchter Gelenke der oberen und unteren Gliedmaßen beschrieben. Lediglich im rechten Schultergelenk fand sich eine - geringfügige - Einschränkung bei der Retroversion (rückwärtige Extension) auf 40° (links: 70°). Selbst bei dem stark beeinträchtigten rechten Knie konnte Fachärztin für Orthopädie S. eine volle Flexion von 130° feststellen. Dagegen verursachen die Gesundheitsbeeinträchtigungen der unteren Gliedmaßen und auch an Rumpf und Wirbelsäule Schmerzen. Fachärztin für Orthopädie S. hat insoweit rezidivierende Schmerzen mit Ausstrahlungen an Nacken, Rücken und Beinen beschrieben, außerdem Klopf- und Druckschmerzen verschiedenen Grades bei der Untersuchung. Als erheblich hat sie allerdings nur die Schmerzen am linken Knie eingestuft. Weiterhin hatte die Klägerin über Schmerzen der HWS vor allem bei Arbeiten in Kopfvorbeuge geklagt. Als Ursache hatte Fachärztin für Orthopädie S. muskuläre Dysbalancen ausgemacht. Wegen der progredienten Schmerzen des linken Kniegelenks erfolgte im Oktober 2008 die Umstellungsosteotomie, die nach den vom Facharzt für Orthopädie Fi. vorgelegten Arztbriefen ohne Komplikationen verlief, so dass sich insoweit keine Einschränkungen feststellen lassen.
Diese funktionellen Beeinträchtigungen und Schmerzen führen nur zu qualitativen Leistungseinschränkungen, da sie vor allem belastungsabhängig sind. Der Klägerin ist es nicht mehr zumutbar, ausschließlich im Gehen oder überwiegend im Stehen zu arbeiten, dies würde Knieschmerzen verursachen. Auch bestimmte Wirbelsäulenzwangshaltungen (Kopfvorbeuge) sind ausgeschlossen. Wie bei Einschränkungen der Wirbelsäule üblich sind außerdem das Heben und Tragen schwerer Lasten ausgeschlossen, wobei Fachärztin für Orthopädie S. die Grenze bei zehn kg sieht. Einschränkungen des quantitativen Leistungsvermögens, also des Durchhaltevermögens für eine sechsstündige Erwerbstätigkeit, sind nicht ersichtlich, zumal Dauerschmerzen jedenfalls nicht in einem stärkeren Ausmaß bestehen. Dies entnimmt der Senat nicht nur dem Gutachten der Fachärztin für Orthopädie S ... In diese Richtung spricht auch, dass die Klägerin ihrem eigenen Vorbringen bei den Gutachtern zufolge noch den Haushalt in ihrer mehr als 100 qm großen Wohnung mit Garten führt, ohne eine Haushaltshilfe zu haben oder erhebliche Unterstützung von Mann und Söhnen zu erhalten.
bb) Auch auf psychiatrischem Gebiet liegen keine relevanten quantitativen Leistungseinschränkungen vor.
Die Klägerin leidet, wie sich insbesondere in den Gutachten des Dr. F. vom 09. April 2006 und des Dr. Ra. vom 24. Oktober 2007 ergibt, an einer rezidivierenden depressiven Störung, wohl auch mit Elementen einer Angststörung, wobei das Ausmaß der Störung jedenfalls seit Antragstellung zwischen leicht- und mittelgradig schwankt: Dr. F. hatte eine mittelgradige Störung beschrieben, Dr. Ra. dagegen ein nur noch leichtes, abklingendes Ausmaß. Die behandelnden Psychiaterin H. hat in ihren beiden Zeugenaussagen, zuletzt vom 12. März 2009, bestätigt, dass das Ausmaß der Depression zwischen diesen beiden Werten schwankt. Hiernach war die Klägerin seit Sommer 2007 überwiegend "mäßiggradig stabilisiert", nur im Oktober 2007, April 2008 und Oktober 2008 (vor der OP am Knie) war ein mittleres Niveau erreicht. Auch bei der letzten Untersuchung im Februar 2009 (nach der OP und dem Scheitern des Sohnes im Staatsexamen) war keine schwere Depression erreicht, hierzu hatte Frau H. "zuletzt mittelgradig" angegeben.
Psychische Erkrankungen dieser Art ziehen nicht nur die insbesondere von Dr. Ra. beschriebenen qualitativen Einschränkungen nach sich (keine Arbeiten mit starker nervlicher Belastung, unter hohem Zeitdruck, mit raschem Reagieren, mit erhöhter Verantwortung und - bei der Klägerin wohl im Vordergrund - mit vertieften Kontakten zu Kunden und vor allem Kollegen und/oder Vorgesetzten). Auch das Durchhaltevermögen ist eingeschränkt. Der Senat ist jedoch wie das SG der Ansicht, dass eine Einschränkung auf unter sechs Stunden arbeitstäglich nicht vorliegt. Dr. Ra. hat in seinem Gutachten überzeugend herausgearbeitet, dass die Klägerin eine solche Zeitspanne täglich noch arbeiten kann. Hierfür spricht der erhalten gebliebene geregelte Tagesablauf mit der genannten Hausarbeit. Vor allem aber ergibt sich - darin ist Dr. Ra. zu folgen -, dass die Probleme der Klägerin an ihrem bisherigen Arbeitsplatz im Buchclub auf der Art der dort geschuldeten Tätigkeit und an der früheren Einsatzstelle vor allem auch auf Konflikten mit Kollegen und Vorgesetzten beruhten. Diese Einschätzung, die bereits Dr. F. in seinem Gutachten vom 09. April 2006 abgegeben hat, haben die Aussagen der behandelnden Ärzte, insbesondere der Psychiaterin H., nicht erschüttern können. Frau H. hat selbst - höchstens - mittelgradige Ausprägungen der depressiven Störung beschrieben, die aber jeweils nur einen Monat oder kurze Zeit mehr angedauert haben, dazwischen hat sie die Klägerin jeweils als stabilisiert beschrieben. Eine dauerhafte, also mehr als sechs Monate andauernde, schwere Depression ist für die Zeit seit Antragstellung nicht dokumentiert, anders als möglicherweise in früheren Zeiten, in denen die Klägerin zum Teil stationär behandelt werden musste.
cc) Auf weiteren Fachgebieten leidet die Klägerin lediglich an phasenweise auftretenden Erkrankungen, nämlich Gastritis, seltenen Lungenentzündungen und Neurodermitis. Diese hängen aber in Auftreten und Intensität von der Ausprägung der Depression ab. Dies haben die behandelnden Ärzte Dres. G. und St. in ihrer Aussage vom 01. Juli 2007 beschrieben. Auch sind diese Erkrankungen behandelbar, die Hauterkrankungen z. B. mit einer Cortisonsalbe (vgl. insoweit den von Dres. G./St. vorgelegten Arztbrief des Hautarztes Dr. U. vom 23. Februar 2007) und erreichen keinen mindestens sechsmonatigen Dauerzustand.
dd) Betriebsunübliche Arbeitsbedingungen sind nicht einzuhalten. Auch ist die Klägerin nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Gutachter und der behandelnden Ärzte in der Lage, Auto zu fahren bzw. öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und viermal täglich mehr als 500 m in höchstens 20 Minuten zu Fuß zurückzulegen.
2. Der Klägerin steht auch nicht die weiterhin begehrte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.
a) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Regelaltersgrenze Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI).
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs (vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 09. Oktober 2007 - B 5b/8 KN 2/07 R - = veröffentlicht in Juris). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 45). Maßstab kann aber auch eine länger zurückliegende Tätigkeit sein, wenn sie das Berufsleben erheblich geprägt hat und sich der Versicherte bereits aus gesundheitlichen Gründen von ihr gelöst hatte.
Nach dem - auch - für die Angestelltenberufe entwickelten Mehrstufenschema des BSG werden die Gruppen des unausgebildeten Angestellten, des Angestellten mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren, des Angestellten mit längerer Ausbildung regelmäßig von drei Jahren und schließlich des Angestellten mit einer dreijährigen Ausbildung und zusätzlichen Zugangsvoraussetzungen wie z. B. Meisterprüfung, Abschluss einer Hochschule, Fachhochschule oder Fachschule ("Angestellter von hoher beruflicher Qualität") unterschieden. Eine Verweisung zur Abwendung von Berufsunfähigkeit ist grundsätzlich nur auf eine Tätigkeit der jeweils nächstniedrigen Gruppe möglich. Erforderlich ist, dass Kenntnisse und Fähigkeiten in einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitung erworben werden können (BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 23).
b) Nach diesen Voraussetzungen ist die Klägerin nicht berufsunfähig.
aa) Bezugsberuf der Klägerin ist die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Buchverkäuferin. Diesen Beruf hatte sie zuletzt über einen längeren Zeitraum ausgeübt. Es ist nicht zurückzugehen auf den Ausbildungsberuf der Klägerin als Schauwerbegestalterin. Als "Dekorateurin" hatte sie ihren eigenen Angaben zufolge bis Oktober 1982 (zuletzt in einem Baumarkt) gearbeitet und dann erneut von Dezember 1990 bis Juni 1995 als "Verkäuferin/Dekorateurin" in einem Spielwarengeschäft. Selbst wenn diese, bis 1995 ausgeübte Tätigkeit noch ihrem Ausbildungsberuf entsprochen hat - woran Zweifel bestehen, weil die verkaufende Tätigkeit in den Vordergrund getreten sein dürfte -, dann hat sich die Klägerin von diesem Beruf 1995 gelöst, und zwar nicht aus gesundheitlichen Gründen. Sie hat ihre Stellung in dem Spielwarengeschäft ihren Angaben zufolge "wegen Umzugs" gelöst. Außerdem war sie ab 1998 mehr als sieben Jahre lediglich als Buchverkäuferin tätig, ohne dass für diese Zeit Versuche beschrieben sind, in den erlernten Beruf als Schauwerbegestalterin bzw. Dekorateurin zurückzukehren.
bb) Es kann offen bleiben, ob die Klägerin diesen Beruf generell nicht mehr ausüben kann oder die Schwierigkeiten in ihrer letzten Berufstätigkeit auf speziellen, individuellen Umständen an ihrem konkreten Arbeitsplatz beruhten. Selbst wenn eine Tätigkeit als Verkäuferin - die überwiegend im Stehen und Gehen ausgeführt wird und notwendigerweise mit Publikumskontakt verbunden ist, also der Klägerin eventuell nicht mehr zugemutet werden kann - ausscheidet, kann die Klägerin auf andere Berufe verwiesen werden, wie es auch das SG angenommen hat.
Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit der Klägerin ist als Angestelltenberuf mit einer Ausbildungsdauer von bis zu zwei Jahren einzuordnen. Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin nicht das volle Tätigkeitsfeld einer Buchhändlerin, zu dem z. B. auch der Einkauf von Büchern, die Gestaltung der Verkaufsräume und betriebswirtschaftliche Kenntnisse gehören, ausgefüllt hat. Nur die Ausbildung zum Buchhändler dauert aber drei Jahre. Die Klägerin war vielmehr als Verkäuferin tätig, also in einem zweijährigen Ausbildungsberuf (Angaben zur Dauer aus dem BerufeNet der Bundesagentur für Arbeit, http://www.berufenet.de). Von dieser Tätigkeit aus kann die Klägerin auch auf alle Berufe Angestellter ohne Ausbildung verwiesen werden, also auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, für die sie - wie ausgeführt - sechs Stunden und mehr erwerbsfähig ist.
Und selbst wenn die Tätigkeit der Klägerin als Buchverkäuferin in die dritte Stufe des Schemas, also als Angestelltenberuf mit einer Ausbildung von drei Jahren, einzuordnen wäre, könnte sie verwiesen werden, und zwar auf kaufmännische Tätigkeiten im Innendienst, etwa als Bürohilfskraft, wie es auch das SG getan hat (vgl. das auch im angegriffenen Gerichtsbescheid zitierte Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 05. Mai 2006, L 4 R 1183/05, veröffentlicht in Juris, Rn. 26). Der Senat hat im Hinblick auf die Ausbildung der Klägerin und unter Berücksichtigung ihrer langjährigen Tätigkeiten im Verkauf, zuletzt im Buchhandel, keinen Zweifel, dass sie über die fachliche Qualifikation verfügt, entsprechenden Tätigkeiten nach nur kurzer Einarbeitung vollwertig nachzugehen. Diese Arbeiten sind der Klägerin auch gesundheitlich zumutbar. Bei den genannten Arbeiten handelt es sich um klassische Bürotätigkeiten, mithin um körperlich leichte Tätigkeiten, die in geschlossenen Räumen ohne Einfluss nennenswerter klimatischer Einflüsse im freien Wechsel der Haltungsarten zu erbringen sind, weder mit einseitiger körperlicher Belastung, der Einnahme von Zwangshaltungen, einem Einsatz an laufenden Maschinen, dem Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten oder dem Heben und Tragen von Lasten einhergehen noch unter besonderem Zeitdruck wie im Akkord oder am Fließband zu erbringen sind (LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Mit Publikumsverkehr sind diese Tätigkeiten nicht verbunden. Der Kontakt mit Vorgesetzten und Kollegen ist nicht gesteigert und entspricht dem im Arbeitsleben Üblichen. Diese Tätigkeiten entsprechen damit dem oben geschilderten Leistungsvermögen der Klägerin.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
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