L 8 U 5952/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 U 1594/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 5952/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. August 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, nach welcher Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) dem Kläger Verletztenrente auf Dauer nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) zu gewähren ist.

Der Kläger erlitt am 25.03.2003 bei einer versicherten Tätigkeit als Mitarbeiter im Versand und Fahrer der Firma C. T. GmbH einen Arbeitsunfall. Er stürzte von einer Lkw-Laderampe rückwärts ca. 1,5 Meter tief (auf sein Knie und) auf den Rücken. Der Kläger erlitt dabei eine LWK-1-Kompressionsfraktur (Einbruch der Grundplatte ohne Hinterkantenbeteiligung) mit lokalem Schmerzsyndrom. Es erfolgte eine konservative Behandlung. Im Zwischenbericht vom 21.05.2003 teilte PD Dr. F. mit, es bestünden immer noch erhebliche Schmerzen. Eine Röntgenkontrolle habe im poststationären Verlauf ergeben, dass ein weiteres Wirbelkörpersyndrom noch stattgefunden habe und die Vorderkante im Sinne einer Keilwirbelbildung mit signifikanter sichtbarer Kyphosierung noch weiter eingesunken sei. Es folgten Behandlungen durch die Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. Ab 17.11.2003 war der Kläger - für 6 Stunden täglich - wieder arbeitsfähig.

Die Beklagte holte das Erste Rentengutachten von Prof. Dr. K., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T., vom 15.01.2004 ein. Prof Dr. K. gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünde an Unfallfolgen eine in Keilform konsolidierte LWK-1-Fraktur mit erklärbarer Schmerzsymptomatik. Unfallunabhängig bestünden degenerative Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule und im lumbosakralen Übergangsbereich. Die MdE betrage ab 17.11.2003 bis zur Dauerrente 20 vH ...

Mit Bescheid vom 17.02.2004 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE von 20 vH. ab 18.11.2003. Bei der Bewertung der MdE wurden als unfallbedingte Beeinträchtigungen berücksichtigt: Schmerzhafte Bewegungseinschränkung im Lendenwirbelsäulenbereich nach knöchern fest verheiltem Stauchungsbruch des 1. Lendenwirbelkörpers.

Ab 04.05.2004 bis 15.08.2004 und ab 21.10.2004 war der Kläger wieder arbeitsunfähig. Der Kläger wurde in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. in der Zeit vom 15.07.2004 bis 10.08.2004 stationär (physio-schmerztherapeutisch) behandelt.

Zur Überprüfung einer Rente auf unbestimmte Zeit holte die Beklagte das Zweite Rentengutachten des PD Dr. F. vom 19.10.2005 ein. PD Dr. F. gelangte nach einer Untersuchung des Klägers am 29.09.2005 in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, beim Kläger bestünden an Unfallfolgen eine knöchern konsolidierte LWK-1-Kompressionsfraktur (keilförmige Deformierung) mit Höhenminderung, Bewegungseinschränkung und glaubhafte Beschwerden. Die MdE betrage 20 vH ...

Mit Bescheid vom 06.12.2005 gewährte die Beklagte dem Kläger Rente auf unbestimmte Zeit in bisheriger Höhe (MdE 20 vH.) weiter. Berücksichtigt wurden als Folgen des Arbeitsunfalles: Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule, keilförmige Deformierung mit Höhenminderung des 1. Lendenwirbelkörpers. Als unfallunabhängig bestehende Beeinträchtigungen wurden ausgeprägte vorbestehende Veränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule im Sinne einer Forestier-Krankheit (Morbus Forestier) sowie degenerative Veränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich (lumbosacraler Übergangsbereich) bewertet.

Gegen den Bescheid vom 06.12.2005 legte der Kläger am 09.01.2006 Widerspruch ein. Er machte geltend, seine Beschwerden rührten alle vom Arbeitsunfall her. Die sehr gravierenden Schmerzen die zu einer Depression geführt hätten seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Die MdE betrage mindestens 50 vH ... Die Beklagte holte die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. T. vom 26.01.2006 ein, der die MdE-Bewertung als korrekt ansah. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2006 wurde der Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 06.12.2005 zurückgewiesen.

Hiergegen erhob der Kläger am 27.04.2006 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG), mit dem Ziel der Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 50 vH ...

Die Beklagte legte den Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen vom 25.05.2006 über eine interdisziplinäre Schmerztherapie des Klägers vor.

Das SG holte Befundberichte von Dr. B. (Orthopäde) vom 14.10.2006, Dr. M. (Internist) vom 29.10.2006 und Dr. L. (Neurologe und Psychiater) vom 07.07.2006 ein.

Weiter beauftragte das SG von Amts wegen Prof. Dr. O., Universitätsklinikum M., mit der Erstattung eines unfallchirurgischen Gutachtens. Prof. Dr. O. gelangte in seinem Gutachten vom 14.05.2007 zu dem Ergebnis, unfallabhängig bestehe beim Kläger eine Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule mit erheblich gesteigertem Finger-Boden-Abstand (40 cm), eine eingeschränkte Beweglichkeit der BWS und LWS, eine mangelnde Entfaltbarkeit der LWS und schmerzhafte Minderung der Belastbarkeit der LWS mit gürtelförmig ausstrahlenden Schmerzen, etwa über dem L 1 Dermatom; röntgenologisch eine in starker Kyphosierung gesinterte, ggf. pseudarthrotisch ausgeheilte ehemalige LWK-1-Fraktur; ansonsten seien degenerative Veränderungen der LWS nicht relevant über das altersentsprechende Maß ausgebildet. Für eine Verschlimmerung durch verstärktes Schmerzerleben könne eine vorbestehende Depression ggf. wirksam geworden sein. Für die festgestellte Arbeitsunfähigkeit seien über den 12.11.2004 hinaus sicher nicht ausschließlich die Unfallfolgen begründend. Die Unfallfolgen bedingten eine MdE von 20 vH. voraussichtlich auf Dauer. Der Kläger wandte gegen das Gutachten des Prof. Dr. O. ein, es sei von den tatsächlichen Feststellungen her unrichtig und deshalb unbrauchbar. Prof. Dr. O. nahm zu den Einwendungen des Klägers ergänzend zu seinem Gutachten mit Schreiben vom 09.07.2007 Stellung.

Außerdem holte das SG von Amts wegen das neurologisch-psychiatrische Gutachten von Prof. Dr. W., G., vom 07.09.2007 ein. Prof. Dr. W. gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, auf neurologischem Gebiet seien keine Nervenläsionen zu erkennen, die eine eigenständige MdE begründen. Eine depressive Anpassungsstörung aufgrund anhaltender Schmerzen erscheine möglich. Aufgrund des nur marginalen zeitlichen Zusammenhangs und konkurrierender Faktoren lasse sich jedoch nicht mit der geforderten überwiegenden Wahrscheinlichkeit herausarbeiten, dass die unfallbedingte Wirbelsäulenproblematik wesentlich zur Entwicklung der depressiven Symptomatik beigetragen habe. Hierfür spreche auch die Angabe einer weiteren Verschlechterung in den letzten Jahren, die kaum auf das Unfallereignis zurückgeführt werden könne. Die auf chirurgischem Gebiet genannte MdE liege eher am unteren Rand des möglichen Ermessensspielraumes. Die verstärkte, in den letzten Jahren progrediente Schmerzwahrnehmung im Rahmen einer depressiven Störung sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit als Unfallfolge zu interpretieren. Der Kläger erhob gegen das Gutachten des Prof. Dr. W. Einwendungen.

Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG holte das SG das nervenärztliche Gutachten von Dr. L. vom 04.03.2008 ein. Dr. L. gelangte in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, die beim Kläger bestehende chronische Schmerzsymptomatik als auch eine daraus entspringende depressive Störung seien mit Wahrscheinlichkeit ursächlich im Sinne der Entstehung auf den Unfall vom 25.03.2003 zurückzuführen. Andere schlüssige Ursachen für die ausgeprägte depressive Entwicklung ließen sich beim besten Willen nicht erkennen. Die MdE aufgrund der Unfallfolgen betrage 50 vH. spätestens seit der Erfassung der vollen Ausprägung der depressiven Symptomatik im Juli 2006. Zuvor gelte die MdE, die von unfallchirurgischer Seite geschätzt worden sei.

Auf Veranlassung des SG nahm Prof. Dr. W. mit Schreiben vom 02.04.2008 zum Gutachten des Dr. L. Stellung.

Mit Urteil vom 26.08.2008 wurde die Klage abgewiesen. Das SG führte zur Begründung seiner Entscheidung aus, nach den im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten seien auf unfallchirurgischem Gebiet die Unfallfolgen mit einer MdE von 20 vH. zu bemessen. Die depressive Störung sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen. Der abweichenden Ansicht von Dr. L. könne das Gericht nicht folgen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.11.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.12.2008 Berufung eingelegt. Er hat zur Begründung ausgeführt, es bestünden Bedenken, ob die auf unfallchirurgischen Gebiet bestehenden Unfallfolgen, insbesondere die Schmerzzustände, bei der Beurteilung der MdE mit 20 vH. ausreichend berücksichtigt worden seien. Prof. Dr. W. habe auf unfallchirurgischem Gebiet die MdE mit 20 vH. eher am unteren Rand des möglichen Ermessenspielraumes gesehen. Es bestehe darüber hinaus als weitere Verletzungsfolge eine depressive Störung, aufgrund derer die MdE erheblich höher zu beurteilen sei. Das SG habe zu Unrecht, gestützt auf das Gutachten von Prof. Dr. W., die Ursächlichkeit des Arbeitsunfalles für die depressive Störung verneint. Dem Gutachten des Dr. L. sei das SG nicht gefolgt, weil sich Dr. L. nicht hinreichend mit konkurrierenden Bedingungen auseinandergesetzt habe. Dies treffe nicht zu. Aus dem Gutachten gehe deutlich hervor, dass Dr. L. sich mit Alternativursachen auseinandergesetzt habe. Nach den Beweisfragen des SG sei nicht nach hypothetischen Ursachen gefragt worden. Entsprechend der Beweisfragen habe Dr. L. die erkennbaren Ursachen in seinem Gutachten abgearbeitet und sich intensiv ohne methodische Mängel mit den vom SG gestellten Fragen befasst. Dr. L. komme im Gutachten mit absolut nachvollziehbarer Begründung zu dem Ergebnis, dass andere schlüssige Ursachen für die ausgeprägte depressive Entwicklung sich beim besten Willen nicht erkennen ließen. Soweit sich die Beklagte auf die Rechtsprechung des BSG beziehe, lasse sie wesentliche Ausführungen im Urteil des BSG außer Betracht. Das Gutachten des Dr. L. habe als einziges Gutachten die psychischen Folgen seines Unfalles zutreffend beleuchtet. An der Entscheidungserheblichkeit des Gutachtens von Dr. L. werde festgehalten. Der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallgeschehen und der Depression sei gegeben. Ursache sei das unfallbedingte chronische Schmerzsyndrom. Die depressive Entwicklung habe den Ausgangspunkt, als er habe erkennen müssen, dass seine frühere Leistungsfähigkeit nicht wieder hergestellt werden könne. Es gebe keine feststellbare konkurrierende Ursache.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 26. August 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 6. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2006 zu verurteilen, ihm Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um mehr als 20 vH. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hat zur Begründung ausgeführt, das Urteil des SG sei nicht zu beanstanden. Ein Anspruch auf Verletztenrente nach einer MdE um 50 vH. vor Juli 2006 sei nach den vorliegenden Gutachten indiskutabel. Allein für die Zeit ab Juli 2006 finde das Begehren des Klägers eine scheinbare Stütze, die sich jedoch als nicht tragfähig erweise. Das Gutachten von Dr. L. werde den unfallversicherungsrechtlichen Grundsätzen und der Rechtsprechung des BSG zum Ursachenzusammenhang nicht gerecht. Dr. L. habe sich auch nicht hinreichend mit etwaigen Alternativursachen auseinandergesetzt. Beim Kläger hätten sich unabhängig von dessen tatsächlicher Situation erhebliche unerfüllte Versorgungswünsche ausgebildet, die die beim Kläger entstandene depressive Symptomatik in entscheidender Weise verursacht hätten. Eine Begründung hierzu, bzw. ob die Versorgungswünsche des Klägers nicht bestehen, habe Dr. L. nicht abgegeben, obwohl hierzu Anlass bestanden habe. Auch die Bedenken des Klägers, dass die unfallchirurgischen Beschwerden bei der Beurteilung der MdE nicht hinreichend berücksichtigt worden seien, erwiesen sich als unbegründet. Hinsichtlich der von Dr. L. angenommenen Höhe der MdE von 50 vH. bleibe dieser eine Begründung schuldig. Dass sich Dr. L. mit den vom SG gestellten Fragen befasse, helfe nicht weiter. Das Gutachten von Dr. L. könne für die Entscheidung des Rechtsstreites keine Entscheidungsgrundlage sein.

Wegen Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie zwei Band Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgereicht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente für unbestimmte Zeit wegen der Folgen des von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalles vom 25.03.2003 nach einer MdE um mehr als 20. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 06.12.2005 - in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2006 - ist rechtmäßig.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern (§ 56 Abs. 1 SGB VII). Durch das Wort "infolge" drückt § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wie zuvor § 548 Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) durch das Wort "bei" aus, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen der in innerem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehenden Verrichtung und dem Unfall als auch zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden bzw. dem Tod erforderlich ist. Diese sogenannte doppelte Kausalität wird nach herkömmlicher Dogmatik bezeichnet als die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität. Für beide Bereiche der Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung sowie der Beweismaßstab der - überwiegenden - Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 12). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m.w.N.).

Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.

Welcher Umstand entweder für den Eintritt eines Arbeitsunfalls oder - worauf es bei der Feststellung der haftungsausfüllenden Kausalität entscheidend ankommt - für den Eintritt des Schadens als wesentlich angesehen werden muss, ist durch eine wertende Betrachtung aller in Frage kommenden Umstände zu ermitteln (vgl. insgesamt BSG Urteil vom 09.12.2003 -B 2 U 8/03 R - SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.).

Bei mehreren Ursachen ist sozialrechtlich allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende (Mit-)Ursache auch wesentlich war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist, scheidet damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus (ständige Rechtsprechung; vgl. stellvertretend zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R., veröffentlicht in juris).

Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.w.H.). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).

Während der ersten drei Jahre nach dem Versicherungsfall soll der Unfallversicherungsträger die Rente als vorläufige Entschädigung festsetzen, wenn der Umfang der MdE noch nicht abschließend festgestellt werden kann (§ 62 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Spätestens mit Ablauf von drei Jahren nach dem Versicherungsfall wird die vorläufige Entschädigung als Rente auf unbestimmte Zeit geleistet. Bei der erstmaligen Feststellung der Rente nach der vorläufigen Entschädigung kann der Vomhundertsatz der MdE abweichend von der vorläufigen Entschädigung festgestellt werden, auch wenn sich die Verhältnisse nicht geändert haben (§ 62 Abs. 2 SGB VII). Dass eine Veränderung der gesundheitlichen Verhältnisse nicht eingetreten ist, wie der Kläger geltend macht, ist daher nicht entscheidungserheblich.

Die Bemessung der MdE wird vom BSG in ständiger Rechtsprechung als Tatsachenfeststellung gewertet, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffende Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2; BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8, S 36 m.w.N.). Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit sich derartige Beeinträchtigungen auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22, 23; BSGE 82, 212 = SozR 3-2200 § 581 Nr. 5). Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE geschätzt werden (BSG SozR 3-2200 § 581 Nr. 8). Die zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind deshalb bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel (BSG a.a.O.; BSG Urteil vom 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Die Erfahrungswerte bilden in der Regel die Basis für einen Vorschlag, den der medizinische Sachverständige zur Höhe der MdE unterbreitet, die aber nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend sind (BSG Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 31/02 R -; BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr. 1). Die Feststellung der Höhe der MdE als tatsächliche Feststellung erfordert stets die Würdigung der hierfür notwendigen Beweismittel im Rahmen freier richterlicher Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG (BSG, Urteil vom 13.09.2005 - B 2 U 4/04 R - veröffentlicht in juris m.H. auf BSG, SozR 3-2200 § 581 Nr. 8; Urteil vom 18.03.2003 a.a.O.).

Neben diesen auf tatsächlichem Gebiet liegenden Umständen für die Bemessung der MdE sind aus der gesetzlichen Definition der MdE sowie den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung fließende rechtliche Vorgaben zu beachten (SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Bestanden bei dem Versicherten vor dem Versicherungsfall bereits gesundheitliche, auch altersbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit (sog. Vorschäden), werden diese nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und der einhelligen Auffassung in der Literatur für die Bemessung der MdE berücksichtigt, wenn die Folgen des Versicherungsfalles durch die Vorschäden beeinflusst werden. Denn Versicherte unterliegen mit ihrem individuellen Gesundheitszustand vor Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, a.a.O. m.H.a.: BSGE 63, 207, 211, 212 = SozR 2200 § 581 Nr 28).

Hiervon ausgehend steht dem Kläger ein Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um mehr als 20 vH. nicht zu. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten ist nicht zu beanstanden.

Als Folge des Arbeitsunfalles vom 25.03.2003 besteht beim Kläger eine in starker Kyphosierung gesinterte, ggf. pseudarthrotisch ausgeheilte LWK-1-Fraktur, mit einer Einschränkung der Beweglichkeit der Wirbelsäule und einer schmerzhaften Minderung der Belastung der Lendenwirbelsäule, wie Prof. Dr. O. in seinem Gutachten vom 14.05.2007 ausgeführt hat. In Übereinstimmung mit der Bewertung von PD Dr. F. in seinem Zweiten Rentengutachten vom 19.10.2005 gelangte Prof. Dr. O. zu der Bewertung, dass diese verbliebenen Unfallfolgen der LWK-1-Fraktur mit einer MdE von 20 vH. zu bewerten sind. Dieser Bewertung schließt sich der Senat an. Sie entspricht den unfallversicherungsrechtlichen Erfahrungswerten. Danach ist bei einem stabil verheilten Wirbelkörperbruch mit Bandscheibenbeteiligung und statisch wirksamen Achsenknick eine MdE von 10 bis 20 vH. gerechtfertigt. Diesem Verletzungsmuster entsprechen die beim Kläger verbliebenen Folgen seiner LWK-1-Fraktur. Hierauf hat die Beklagte im Berufungsverfahren zutreffend hingewiesen. Eine MdE von über 20 vH. wäre erst dann gerechtfertigt, wenn beim Kläger ein Wirbelkörperbruch mit Bandscheibenbeteiligung, Instabilität und statisch wirksamen Achsenknick als Unfallfolgen verblieben wären (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, Nummer 8.3.2.8, Seite 536), was jedoch beim Kläger nach den Gutachten des Prof. Dr. O. und PD Dr. F. wie auch nach den sonst vorliegenden Befunden nicht der Fall ist. Die Beklagte hat damit den eröffneten Bewertungsrahmen voll ausgeschöpft, weshalb der vom Kläger geteilten Ansicht von Prof. Dr. W. in seinem Gutachten vom 07.09.2007, die Bewertung auf unfallchirurgischem Gebiet mit einer MdE von 20 vH. läge am unteren Rand des möglichen Ermessensspielraums, schon deshalb nicht gefolgt werden kann. Ob auch eine MdE-Bewertung mit 10 v.H. gerechtfertigt wäre, wie die Beklagte außerdem im Berufungsverfahren ausgeführt hat, bedarf vorliegend keiner Entscheidung, nachdem eine solche Bewertung der MdE nicht erfolgt ist. Daneben bestehen im Bereich der Wirbelsäule des Klägers (unstreitig) ausgeprägte degenerative Veränderungen der Brustwirbelsäule (Spondylosis hyperostotica, Morbus Forestiere) und eine Unkarthrose der Halswirbelsäule, wie sich aus der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage des Dr. B. vom 14.10.2006 an das SG ergibt, die unfallunabhängig bestehen und deren funktionelle Auswirkungen bei der Bildung des Gesamt-MdE nicht berücksichtigt werden können. Eine Höherbewertung der unfallbedingten MdE, weil die Unfallverletzung eine unfallvorbestehende funktionsgeminderte Wirbelsäule betroffen und eine stärkere funktionelle Einbuße bewirkt hätte, ist nach den oben dargelegten Grundsätzen zur Berücksichtigung vorbestehender Erkrankungen nicht geboten. Nach Prof. Dr. O. war zum Unfallzeitpunkt die LWS nicht relevant über das altersentsprechende Maß hinaus degenerativer verändert. Der unmittelbar an den gebrochenen Lendenwirbelkörper angrenzende 12. Brustwirbelkörper war nahezu frei von allen Anbauten. Eine besondere funktionelle Auswirkung auf die LWK-1-Fraktur ist daher nicht erkennbar. Prof. Dr. O. hat eine solche auch nicht beschrieben.

Weitere bei der Bildung des Gesamt-MdE zu berücksichtigende Unfallfolgen liegen beim Kläger zur Überzeugung des Senats nicht vor. Dies gilt insbesondere für die depressive Störung, die in keinem rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhang mit dem angeschuldigten Arbeitsunfall steht. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat aufgrund des Gutachtens von Prof. Dr. W. vom 07.09.2007. Der davon abweichenden Ansicht von Dr. L. in seinem Gutachten vom 04.03.2008 folgt der Senat nicht.

Zwar hält Prof. Dr. W. in seinem Gutachten vom 09.07.2007 es für durchaus möglich, dass beim Kläger eine depressive Anpassungsstörung aufgrund anhaltender Schmerzen besteht. Er kommt jedoch wegen eines nur marginalen zeitlichen Zusammenhangs sowie konkurrierender Faktoren zu dem für den Senat nachvollziehbaren und plausiblen Ergebnis, dass nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit die unfallbedingte Wirbelsäulenproblematik wesentlich zur Entwicklung der depressiven Symptomatik beigetragen hat.

Für diese Ansicht spricht, dass eine depressive Verstimmung des Klägers trotz bestehender Schmerzsymptomatik im Zwischenbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen vom 31.08.2004, also erst ca. 1 ½ Jahre nach dem Unfallereignis, erstmals erwähnt wird. Auch Dr. L. hat in seiner schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage an das SG vom 07.07.2006 mitgeteilt, der Kläger habe ihm davon berichtet, dass er inzwischen mit den Nerven völlig am Ende sei, seitdem er seit Oktober 2004 nicht mehr der Lage sei zu arbeiten. Weiter hat Dr. L. in seinem Gutachten vom 04.03.2008 mitgeteilt, dass die volle Ausprägung der depressiven Symptomatik beim Kläger erstmals im Juli 2006 psychiatrisch erfasst worden sei.

Zudem spricht gegen einen rechtlich wesentlichen Zusammenhang der depressiven Symptomatik mit dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall, dass nach dem Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Tübingen vom 26.5.2006, den die Beklagte im Klageverfahren vorgelegt hat, eine Schmerzproblematik beim Kläger durch ein extremes Schon- und Vermeidungsverhalten aufrecht erhalten wird und dass beim Kläger Versorgungswünsche vorliegen, die als konkurrierende Ursachen rechtlich wesentlich ursächlich für das Entstehen der depressiven Symptomatik beim Kläger sein können. Außerdem ist die Schmerzsymptomatik als mögliche Ursache der depressiven Entwicklung auch aus weiteren Gründen nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich auf den Unfall zurückzuführen.

Gegen einen rechtlich wesentlichen Zusammenhang der depressiven Symptomatik mit dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall spricht, dass der Kläger nach dem Unfallereignis zunächst nur über Schmerzen lokal im thorakolumbalen Übergangsbereich bzw. im Bereich der Lendenwirbelsäule geklagt hat, wie sich aus zu den Verwaltungsakten gelangten ärztlichen Unterlagen (z.B. Bericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 17.07.2003, Zwischenbericht des Krankenhauses Bietigheim vom 13.05.2004) ergibt. Im weiteren zeitlichen Verlauf hat der Kläger dann über zunehmende Schmerzen auch in anderen Körperregionen geklagt, die nicht auf die LWK-1-Fraktur zurückgeführt werden können. So hat der Kläger zunächst allgemein über Rückenschmerzen geklagt (Stellungnahme Dr. T. vom 12.11.2004, Zweites Rentengutachten Dr. F., Gutachten Prof. Dr. O. vom 14.05.2007), für die auch die unfallunabhängig bestehende ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Brustwirbelsäule (Spondylosis hyperostotica, Morbus Forestiere) und eine Unkarthrose der Halswirbelsäule bedeutsam sein können, wie Dr. T. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme an die Beklagte vom 26.01.2006 ausgeführt hat. Für eine solche Ursache sprechen auch die Angaben des Klägers im Schriftsatz vom 15.06.2007 an das SG, er habe bei der Untersuchung der Lenden- und Brustwirbelsäule durch Prof. Dr. O. besonders starke Druck- und Klopfschmerzen gehabt, wobei Prof. Dr. O. selbst keine erhöhte Druck- und Klopfempfindlichkeit der BWS und LWS verifizieren konnte. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. W. hat der Kläger dann im psychologischen Testverfahren von der Brustwirbelsäule ausgehende Schmerzen mit Ausstrahlung sowohl in den Hinterkopf als auch in die Schultern und auch in beide Iliosacralfugen, was nicht auf die LWK-1-Fraktur beziehbar ist, in der Schmerzzeichnung dargestellt, andererseits aber auch von Rückenschmerzen - als Hauptproblem - und zudem von der Wirbelsäule ausgehende zum Nacken ausstrahlende Kopfschmerzen, Schmerzen in beiden Schultern mit Ausstrahlung in beide Hände geklagt. Die begutachtende Untersuchung ergab aber keine Nervenschädigung, insbesondere keine auf den 1. LWK bezogene radikuläre Symptomatik, und als Ergebnis der testpsychologischen Untersuchung fand sich insgesamt ein indifferentes, subjektives Schmerzbild. Bei der Untersuchung durch Dr. L. im Rahmen der Begutachtung hat der Kläger neben Rückenschmerzen über Schmerzen im Bereich des rechten Unterschenkels und des rechten Fußes geklagt. Danach sind die anfänglich vorhandenen Schmerzen im thorakolumbalen Übergangsbereich mit der Zeit durch - unfallunabhängige - Schmerzen in anderen Körperregion überlagert worden und die auf die LWK-1-Fraktur beziehbaren Schmerzen stehen, wenn überhaupt in dem vom Kläger zuletzt angegebenen Umfang vorhanden, völlig im Hintergrund der geklagten Schmerzsymptomatik. Dass sich diese Schmerzentwicklung auf die LWK-1-Fraktur, und damit rechtlich wesentlich auf den streitgegenständlichen Arbeitsunfall zurückführen lässt, ist nach den eingeholten Gutachten wie auch aus den sonst zahlreich zu den Akten gelangten medizinischen Unterlagen auch nicht ersichtlich. Selbst wenn daher diese Schmerzentwicklung durch ein Ursache-Wirkungs-Gefüge (Zunahme der Depression durch das Schmerzsyndrom, die wiederum eine erhöhte Schmerzwahrnehmung bedingt), wie Dr. L. in seinem Gutachten ausgeführt hat und wovon auch Prof. Dr. W. in seinem Gutachten als Möglichkeit ausgeht, geprägt wäre, ist damit ein unfallbedingter Zusammenhang der Depression nicht zu begründen.

Gegen eine rechtlich wesentliche Verursachung der depressiven Störung des Klägers durch den streitgegenständlichen Arbeitsunfall sprechen auch die von der Lebensgefährtin des Klägers bei der Untersuchung des Klägers durch Prof. Dr. W. ergänzend gemachten Angaben, vor ein oder zwei Jahren habe dem Kläger ein Professor erklärt, dass die obere und untere Wirbelsäule bereits sehr porös sei; seit der Kläger dies wisse, sei er richtig depressiv geworden, was im Jahr 2004, als der Kläger noch gekämpft habe, noch nicht der Fall gewesen sei. Nach diesen Angaben ist eher wahrscheinlich, dass die beim Kläger unfallunabhängig bestehenden degenerativen Veränderungen der Brustwirbelsäule und der Halswirbelsäule rechtlich wesentliche Ursache der depressiven Störung des Kläger sind, wofür auch die testpsychologisch bestätigte empfundene indifferente Schmerzwahrnehmung (in nicht vom Unfall betroffenen Körperregionen) spricht.

Wenn Prof. Dr. W. im Gutachten vom 07.09.2007 meint, dass beim Kläger eine unfallbedingte depressive Störung aufgrund anhaltender Schmerzen möglich erscheint, ist damit ein denkbarer medizinischer Unfallzusammenhang nach der naturwissenschaftlichen Bedingungstheorie angesprochen, der nach juristisch wertender Betrachtung aus den oben genannten Gründen nicht wesentlich ist. Die bloße Möglichkeit reicht überdies, wie oben ausgeführt, zur Herstellung eines rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhangs mit dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall sowieso nicht aus.

Der davon abweichenden Ansicht von Dr. L. in seinem Gutachten vom 04.03.2008 kann nicht gefolgt werden. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren unter Bezug die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 09.05.2005 - B 2 U 1/05 R -) zutreffend darauf hingewiesen, dass ein rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang nicht schon dann anzunehmen ist, wenn andere Ursachenfaktoren nicht nachweisbar seien. Außerdem trifft es - wie oben ausgeführt - nicht zu, dass für die Entstehung der depressiven Störung des Klägers keine konkurrierenden Ursachen vorstellbar sind, wovon Dr. L. in seinem Gutachten und der Kläger aber ausgehen.

Soweit der Kläger einwendet, die depressive Entwicklung habe ihren Ausgangspunkt genommen, als er habe erkennen müssen, dass sein frühere Leistungsfähigkeit nicht wieder hergestellt werden könne und er seinen Arbeitsplatz verloren habe, rechtfertigt dies die Annahme eines rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhangs mit dem streitgegenständlichen Arbeitsunfall ebenso nicht. Die genauen Gründe für den Arbeitsplatzverlust sind nicht belegt. Der Kläger hat hierfür neben der geringen körperlichen Belastungsfähigkeit auch psychische Gründe angegeben. Die Depression und die Schmerzsymptomatik sind aber, wie oben dargelegt, keine Unfallfolgen. Außerdem haben Prof. Dr. W. und Dipl. Psychologe P. übereinstimmend Verdeutlichungstendenzen bei Begehrensvorstellungen beschrieben, die für die mangelnde Belastungsfähigkeit mit ausschlaggebend waren. Diese ebenfalls unfallunabhängige Ursache für den Arbeitsplatzverlust ist entgegen der von Dr. L. vertretenen Auffassung für den Senat überzeugend dargelegt. Beide Ärzte haben nachvollziehbar auf die häusliche Gegebenheiten abgestellt, die das extreme Schon- und Vermeidungsverhalten des Klägers unterstützten. Die von Prof. Dr. W. beobachtete Interaktion zwischen dem Kläger und seiner Lebensgefährtin stützt diese Schlussfolgerung. Der Hinweis von Dr. L., dass beide Partner selbstständig seien und in getrennten Wohnungen lebten, ist nicht geeignet, dies zu entkräften. Die von Prof. Dr. W. beobachtete beziehungsimmanente Interaktion, die vom Streben geprägt war, der jeweiligen Erwartungshaltung des Partners gerecht zu werden, beruht auf einer entsprechenden personalen Beziehungsdynamik, die von zwei Untersuchern, Prof. Dr. W. und Dipl. Psychologe P., beschrieben wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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